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Die Grenzboten. Jg. 64, 1905, Erstes Vierteljahr.

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Bilder aus dem deutsch-französische" Kriege

kommt die Zeit, von der der Franzose sagt: on rsxröQÄ Kxurs. Der Musketier
wird sein wollnes Kopftuch ablegen, der Kanonier wird seine Bärentatzen von
Fausthandschuhen ausziehn, der Dragoner sich der wollnen Nachtmütze entledigen,
die er noch unter dem Helme trägt. Und wenn alle die Schalen und Hüllen des
Winters gefallen sind, werden wir drei sogenannte Ruhetage putzen und flicken,
Schneider und Schuster werden in einem anständigen Quartier angestrengt arbeiten,
und es wird eine Parade geleistet werden wie nie!

Als wir am 18. Morgens den Marsch nach Westen antraten, zweifelte gar
niemand, daß das Verfolgung sei. Das stille Gefühl des Sieges wurde auch bald
feste Überzeugung. Man merkte es schon an der wenig ängstlichen Marschsicherung,
daß wir nicht viel zu fürchten hatten. Welch froher Ausmarsch! Sieg und Früh¬
ling! Zuerst rieselten noch Schneekörner herab, und schwankende Wolkengestalten
begleiteten unfern Marsch talauf. Durch den Nebel sah man immer nur das
Nächste ganz, das aber sehr deutlich; alles andre trat gleich in die graue Undurch-
sichtigkeit zurück. Um so frischer marschierte man in die fremde Landschaft. Es
war ein verwirrendes Spiel, wie Bänme und Häuser auftauchten und untersanken.
Als aber die Sonne durchdrang, waren die Schatten so wunderbar blau, und es
rauschten die Bäche so voll und so laut, schon hatte hier außen der Schnee die
Felder verlassen und die Bäche geschwellt. Wir haben dasselbe Ziel, schien zu¬
traulich der Bach zu sagen, an dem wir entlang ins Tal des Doubs hinunter¬
stiegen, machen wir den Weg zusammen, und verplaudern wir die Stunden. Hier
standen die Mühlen nicht still, wie weiter oben, auch die Fabriken feierten nicht.
Man zeigte uns in Beaucourt ein großes neues Gebäude, wo trotz dem Kriege
ruhig die feine Arbeit an dem Uhrwerk immer weiter gegangen war. Hier war
nicht jedes Gemäuer blatternarbig von Schüssen. Die Vorhut machte noch Ge¬
fangne, sie wurden aber nicht rückwärts transportiert, es waren großenteils Halb-
erfrorne, Verhungerte, die gleich auf die Seite gebracht, großenteils in Pflege ge¬
nommen werden mußten.

Bei Blamont kamen wir auf die große Landstraße, da sah es nun freilich
anders aus. Die, die vor uns marschiert waren, hatten offenbar schon etwas Ord¬
nung gemacht, aber noch starrte es allenthalben von den wüsten Spuren eines un¬
geordneten Rückzugs. Die gefallnen Pferde lagen zu Dutzenden rechts und links
von der breiten Straße, die von der Straße hinabgedrängten und umgestürzten
Wagen oder die Reste davon, die verlassenen Feuer und Lagerplätze, wo Uniform¬
stücke und Waffen zurückgelassen worden waren, die Blutflecke im Schnee, wo man
Leichen weggetragen hatte. Beredt War die Tatsache, daß die Muuttionskisten ge¬
schlossen standen, die großen Kisten mit Biscuits de Lyon aber aufgebrochen umher¬
lagen. Macht Platz, da kommt ein größerer Trupp Gefangner, die Unteroffiziere
voraus. Still und gedrückt gehn diese dahin, mit Mienen des Überdrusses schleppen
sich die Soldaten fort. Die meisten mögen noch nicht lange Soldaten gewesen
sein, sonst würden sie wohl etwas mehr Haltung und Zusammenhang zeigen.

Der Feind hatte keine Macht mehr, unfern Marsch zu stören, kleine Teile
von uns näherten sich unbehelligt seinen Hauptmassen, die freilich nach allem, was
man hörte und sah, noch immer um Zahl uns weit überlegen waren. Doch wo
man auf französische Soldaten traf, waren es Kampfunfähige oder Kampfuulustige,
die froh waren, ihr Gewehr loszuwerden, das sie schon aus freien Stücken in die
Ecke gestellt haben würden. In diesen Winterstürmen war der kriegerische Hauch
von den Wangen der Gallier völlig gewichen, das ganze Volk war blaß und mager
geworden. In Baume les Dames bei Besanyon kamen die gefangen werden
wollenden uns entgegen, ihre Waffen hatten sie hübsch zusammengelegt, und sie
machten kein Hehl ans ihrer Freude, mit der Kriegsepisode abschließen zu können.
Dazu mochte auch das vorauseilende Gerücht von den neuen Armeen, die im
Anzug waren, beigetragen haben; es sprach von Ungeheuern Scharen Deutschen,
die über Langres und Dijon herabsteigen sollten.


Grenzboten I 1906 38
Bilder aus dem deutsch-französische» Kriege

kommt die Zeit, von der der Franzose sagt: on rsxröQÄ Kxurs. Der Musketier
wird sein wollnes Kopftuch ablegen, der Kanonier wird seine Bärentatzen von
Fausthandschuhen ausziehn, der Dragoner sich der wollnen Nachtmütze entledigen,
die er noch unter dem Helme trägt. Und wenn alle die Schalen und Hüllen des
Winters gefallen sind, werden wir drei sogenannte Ruhetage putzen und flicken,
Schneider und Schuster werden in einem anständigen Quartier angestrengt arbeiten,
und es wird eine Parade geleistet werden wie nie!

Als wir am 18. Morgens den Marsch nach Westen antraten, zweifelte gar
niemand, daß das Verfolgung sei. Das stille Gefühl des Sieges wurde auch bald
feste Überzeugung. Man merkte es schon an der wenig ängstlichen Marschsicherung,
daß wir nicht viel zu fürchten hatten. Welch froher Ausmarsch! Sieg und Früh¬
ling! Zuerst rieselten noch Schneekörner herab, und schwankende Wolkengestalten
begleiteten unfern Marsch talauf. Durch den Nebel sah man immer nur das
Nächste ganz, das aber sehr deutlich; alles andre trat gleich in die graue Undurch-
sichtigkeit zurück. Um so frischer marschierte man in die fremde Landschaft. Es
war ein verwirrendes Spiel, wie Bänme und Häuser auftauchten und untersanken.
Als aber die Sonne durchdrang, waren die Schatten so wunderbar blau, und es
rauschten die Bäche so voll und so laut, schon hatte hier außen der Schnee die
Felder verlassen und die Bäche geschwellt. Wir haben dasselbe Ziel, schien zu¬
traulich der Bach zu sagen, an dem wir entlang ins Tal des Doubs hinunter¬
stiegen, machen wir den Weg zusammen, und verplaudern wir die Stunden. Hier
standen die Mühlen nicht still, wie weiter oben, auch die Fabriken feierten nicht.
Man zeigte uns in Beaucourt ein großes neues Gebäude, wo trotz dem Kriege
ruhig die feine Arbeit an dem Uhrwerk immer weiter gegangen war. Hier war
nicht jedes Gemäuer blatternarbig von Schüssen. Die Vorhut machte noch Ge¬
fangne, sie wurden aber nicht rückwärts transportiert, es waren großenteils Halb-
erfrorne, Verhungerte, die gleich auf die Seite gebracht, großenteils in Pflege ge¬
nommen werden mußten.

Bei Blamont kamen wir auf die große Landstraße, da sah es nun freilich
anders aus. Die, die vor uns marschiert waren, hatten offenbar schon etwas Ord¬
nung gemacht, aber noch starrte es allenthalben von den wüsten Spuren eines un¬
geordneten Rückzugs. Die gefallnen Pferde lagen zu Dutzenden rechts und links
von der breiten Straße, die von der Straße hinabgedrängten und umgestürzten
Wagen oder die Reste davon, die verlassenen Feuer und Lagerplätze, wo Uniform¬
stücke und Waffen zurückgelassen worden waren, die Blutflecke im Schnee, wo man
Leichen weggetragen hatte. Beredt War die Tatsache, daß die Muuttionskisten ge¬
schlossen standen, die großen Kisten mit Biscuits de Lyon aber aufgebrochen umher¬
lagen. Macht Platz, da kommt ein größerer Trupp Gefangner, die Unteroffiziere
voraus. Still und gedrückt gehn diese dahin, mit Mienen des Überdrusses schleppen
sich die Soldaten fort. Die meisten mögen noch nicht lange Soldaten gewesen
sein, sonst würden sie wohl etwas mehr Haltung und Zusammenhang zeigen.

Der Feind hatte keine Macht mehr, unfern Marsch zu stören, kleine Teile
von uns näherten sich unbehelligt seinen Hauptmassen, die freilich nach allem, was
man hörte und sah, noch immer um Zahl uns weit überlegen waren. Doch wo
man auf französische Soldaten traf, waren es Kampfunfähige oder Kampfuulustige,
die froh waren, ihr Gewehr loszuwerden, das sie schon aus freien Stücken in die
Ecke gestellt haben würden. In diesen Winterstürmen war der kriegerische Hauch
von den Wangen der Gallier völlig gewichen, das ganze Volk war blaß und mager
geworden. In Baume les Dames bei Besanyon kamen die gefangen werden
wollenden uns entgegen, ihre Waffen hatten sie hübsch zusammengelegt, und sie
machten kein Hehl ans ihrer Freude, mit der Kriegsepisode abschließen zu können.
Dazu mochte auch das vorauseilende Gerücht von den neuen Armeen, die im
Anzug waren, beigetragen haben; es sprach von Ungeheuern Scharen Deutschen,
die über Langres und Dijon herabsteigen sollten.


Grenzboten I 1906 38
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[0289] Bilder aus dem deutsch-französische» Kriege kommt die Zeit, von der der Franzose sagt: on rsxröQÄ Kxurs. Der Musketier wird sein wollnes Kopftuch ablegen, der Kanonier wird seine Bärentatzen von Fausthandschuhen ausziehn, der Dragoner sich der wollnen Nachtmütze entledigen, die er noch unter dem Helme trägt. Und wenn alle die Schalen und Hüllen des Winters gefallen sind, werden wir drei sogenannte Ruhetage putzen und flicken, Schneider und Schuster werden in einem anständigen Quartier angestrengt arbeiten, und es wird eine Parade geleistet werden wie nie! Als wir am 18. Morgens den Marsch nach Westen antraten, zweifelte gar niemand, daß das Verfolgung sei. Das stille Gefühl des Sieges wurde auch bald feste Überzeugung. Man merkte es schon an der wenig ängstlichen Marschsicherung, daß wir nicht viel zu fürchten hatten. Welch froher Ausmarsch! Sieg und Früh¬ ling! Zuerst rieselten noch Schneekörner herab, und schwankende Wolkengestalten begleiteten unfern Marsch talauf. Durch den Nebel sah man immer nur das Nächste ganz, das aber sehr deutlich; alles andre trat gleich in die graue Undurch- sichtigkeit zurück. Um so frischer marschierte man in die fremde Landschaft. Es war ein verwirrendes Spiel, wie Bänme und Häuser auftauchten und untersanken. Als aber die Sonne durchdrang, waren die Schatten so wunderbar blau, und es rauschten die Bäche so voll und so laut, schon hatte hier außen der Schnee die Felder verlassen und die Bäche geschwellt. Wir haben dasselbe Ziel, schien zu¬ traulich der Bach zu sagen, an dem wir entlang ins Tal des Doubs hinunter¬ stiegen, machen wir den Weg zusammen, und verplaudern wir die Stunden. Hier standen die Mühlen nicht still, wie weiter oben, auch die Fabriken feierten nicht. Man zeigte uns in Beaucourt ein großes neues Gebäude, wo trotz dem Kriege ruhig die feine Arbeit an dem Uhrwerk immer weiter gegangen war. Hier war nicht jedes Gemäuer blatternarbig von Schüssen. Die Vorhut machte noch Ge¬ fangne, sie wurden aber nicht rückwärts transportiert, es waren großenteils Halb- erfrorne, Verhungerte, die gleich auf die Seite gebracht, großenteils in Pflege ge¬ nommen werden mußten. Bei Blamont kamen wir auf die große Landstraße, da sah es nun freilich anders aus. Die, die vor uns marschiert waren, hatten offenbar schon etwas Ord¬ nung gemacht, aber noch starrte es allenthalben von den wüsten Spuren eines un¬ geordneten Rückzugs. Die gefallnen Pferde lagen zu Dutzenden rechts und links von der breiten Straße, die von der Straße hinabgedrängten und umgestürzten Wagen oder die Reste davon, die verlassenen Feuer und Lagerplätze, wo Uniform¬ stücke und Waffen zurückgelassen worden waren, die Blutflecke im Schnee, wo man Leichen weggetragen hatte. Beredt War die Tatsache, daß die Muuttionskisten ge¬ schlossen standen, die großen Kisten mit Biscuits de Lyon aber aufgebrochen umher¬ lagen. Macht Platz, da kommt ein größerer Trupp Gefangner, die Unteroffiziere voraus. Still und gedrückt gehn diese dahin, mit Mienen des Überdrusses schleppen sich die Soldaten fort. Die meisten mögen noch nicht lange Soldaten gewesen sein, sonst würden sie wohl etwas mehr Haltung und Zusammenhang zeigen. Der Feind hatte keine Macht mehr, unfern Marsch zu stören, kleine Teile von uns näherten sich unbehelligt seinen Hauptmassen, die freilich nach allem, was man hörte und sah, noch immer um Zahl uns weit überlegen waren. Doch wo man auf französische Soldaten traf, waren es Kampfunfähige oder Kampfuulustige, die froh waren, ihr Gewehr loszuwerden, das sie schon aus freien Stücken in die Ecke gestellt haben würden. In diesen Winterstürmen war der kriegerische Hauch von den Wangen der Gallier völlig gewichen, das ganze Volk war blaß und mager geworden. In Baume les Dames bei Besanyon kamen die gefangen werden wollenden uns entgegen, ihre Waffen hatten sie hübsch zusammengelegt, und sie machten kein Hehl ans ihrer Freude, mit der Kriegsepisode abschließen zu können. Dazu mochte auch das vorauseilende Gerücht von den neuen Armeen, die im Anzug waren, beigetragen haben; es sprach von Ungeheuern Scharen Deutschen, die über Langres und Dijon herabsteigen sollten. Grenzboten I 1906 38

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 64, 1905, Erstes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341881_87477/289>, abgerufen am 23.07.2024.