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Die Grenzboten. Jg. 64, 1905, Erstes Vierteljahr.

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Im alten Brüssel

Es mußte etwas zu sehen geben, höher hinauf in der Hoogstraat. Irgend
ein Unglücksfall. Es gab so oft dergleichen zu sehen im Quartier des Marolles.
aber die Leute rannten immer wieder begierig hinzu. Fintje selbst war früher
immer mitgelaufen, heute war es ihr zu heiß.

Ihre Neugier wurde erst wach, als sie gewahr wurde, daß der Menschen¬
knäuel oben vor dem Roten Röschengang stand, und als sie von Vorüberlaufenden
die Worte auffing: Bei Lumpensammlers . . . Polizei . . .

Nun lief Fintje mit. Sollte Mieters böse Ahnung Wahrheit geworden sein?
Wurde da Mieters großer Bruder von der Polizei geholt? Sie fragte nach
rechts und nach links, was passiert sei. Da bekam sie endlich eine Antwort, die
ihr wie ein giftiger Stich ins Herz fuhr, daß sie bleich wurde, und daß die Kniee
ihr zu zittern begannen.

Nicht Mieters Bruder wurde da von den Gendarmen geholt, Miete selbst
wurde abgeführt. Weißt du es denn noch nicht? Lumpensammlers Miete hat ihr
neugebornes umgebracht! Heute holen sie die Kindesmörderin aufs Gericht!

Da wälzte sich der Menschenknäuel schon heran. Kinder liefen voraus und
Hintennach. Grell aufschreiend schob Fintje die Leute auseinander. Da ging
Miete zwischen zwei Gendarmen. Das war ihre schöne, sanfte, stille Miete! Fintje
hatte nicht acht ans die Gendarmen noch auf das gaffende Volk. Sie schlang
ihre Arme um den Hals der Freundin. Miete, ich habe dich noch lieb! Kennst
du mich nicht? Fintje bin ich, dein treues Fintje! O du liebe, arme, süße
Miete, ich geh mit dir, ja ich bleibe bei dir . . .

Aber Fintjes Körperkräfte waren nicht gar groß, sie wurde bald gewaltsam
von der Freundin losgerissen und beiseite geschoben. Der Zug setzte sich wieder
in Bewegung; die Kinder liefen voraus und hintennach.

Bleich und stumm, wilden Aufruhr im Herzen stürzte Fintje heim in den
Windengang, die Treppe hinauf in Oomkes trauliche Stube. Ja, dn brannte die
Lampe wie immer, da saßen sie hinterm Tisch, Ovale und der große feine Jan,
und bastelten zufrieden an ihren Puppen herum. O, sie sollten sich schämen! Ihr
war das ganze Leben fortan vergällt. Nie mehr in ihrem Leben würde sie lachen
und glücklich sein können!

Sie schrie es den beiden hinterm Tisch zornig ins Gesicht.

Miete hat ihr Kind umgebracht, meine Miete! Nun wird sie abgeführt.
Warum sie? Sie tut doch nichts Böses, ich kenne sie doch! Wenn sie ihr Kind
umgebracht hat, so konnte sie nicht anders. Die Mutter wird sich geheißen haben,
das Wantje war der schon zuviel, und nun uoch eins, und eines, das keinen Vater
hatte? Ja, der Vater, warum führen sie den nicht ab? Warum nur Miete,
meine schöne gute Miete?

Schreiend warf sich Fintje in ihrer wilden Verzweiflung zu Boden, die ge¬
ballten Fäuste preßte sie in ohnmächtiger Wut gegen die hämmernden Schläfen.

Die beiden jungen Männer waren bestürzt aufgesprungen. Sie sahen hilflos
dem verzweifelten Gebaren des Mädchens zu.

Unter der Tür erschien jetzt die Hexe. Ein seltsames Glimmen war in ihren
Angen. Unbeweglich stand sie da, wie eine böse Erscheinung, kein Wort des Trostes
hatte sie für das gequälte Enkelkind.

Fintje, bat Jan endlich mit seiner weichen, warmen Stimme. Sieh, sie können
ja nicht anders, sie müssen das Verbrechen strafen. Wie eine Entschuldigung klang
die zaghafte Versicherung: Jedes Verbrechen muß doch gestraft werden!

Aber Miete nicht! Miete dürfen sie nicht strafen, sie nicht, schrie Fintje in
neu ausbrechenden Jammer. Sie nicht!

Natürlich sie, wen denn sonst? tönte jetzt von der Tür her der Großmutter
Stimme. Hast du das immer noch nicht begriffen? Miete wird bestraft, weil sie
die Schwächere ist, was geht das Gericht der andre Verbrecher, der Vater an?
Nach dem Vater des unehelichen Kindes wird nicht gefahndet, sagten mir die vom


Im alten Brüssel

Es mußte etwas zu sehen geben, höher hinauf in der Hoogstraat. Irgend
ein Unglücksfall. Es gab so oft dergleichen zu sehen im Quartier des Marolles.
aber die Leute rannten immer wieder begierig hinzu. Fintje selbst war früher
immer mitgelaufen, heute war es ihr zu heiß.

Ihre Neugier wurde erst wach, als sie gewahr wurde, daß der Menschen¬
knäuel oben vor dem Roten Röschengang stand, und als sie von Vorüberlaufenden
die Worte auffing: Bei Lumpensammlers . . . Polizei . . .

Nun lief Fintje mit. Sollte Mieters böse Ahnung Wahrheit geworden sein?
Wurde da Mieters großer Bruder von der Polizei geholt? Sie fragte nach
rechts und nach links, was passiert sei. Da bekam sie endlich eine Antwort, die
ihr wie ein giftiger Stich ins Herz fuhr, daß sie bleich wurde, und daß die Kniee
ihr zu zittern begannen.

Nicht Mieters Bruder wurde da von den Gendarmen geholt, Miete selbst
wurde abgeführt. Weißt du es denn noch nicht? Lumpensammlers Miete hat ihr
neugebornes umgebracht! Heute holen sie die Kindesmörderin aufs Gericht!

Da wälzte sich der Menschenknäuel schon heran. Kinder liefen voraus und
Hintennach. Grell aufschreiend schob Fintje die Leute auseinander. Da ging
Miete zwischen zwei Gendarmen. Das war ihre schöne, sanfte, stille Miete! Fintje
hatte nicht acht ans die Gendarmen noch auf das gaffende Volk. Sie schlang
ihre Arme um den Hals der Freundin. Miete, ich habe dich noch lieb! Kennst
du mich nicht? Fintje bin ich, dein treues Fintje! O du liebe, arme, süße
Miete, ich geh mit dir, ja ich bleibe bei dir . . .

Aber Fintjes Körperkräfte waren nicht gar groß, sie wurde bald gewaltsam
von der Freundin losgerissen und beiseite geschoben. Der Zug setzte sich wieder
in Bewegung; die Kinder liefen voraus und hintennach.

Bleich und stumm, wilden Aufruhr im Herzen stürzte Fintje heim in den
Windengang, die Treppe hinauf in Oomkes trauliche Stube. Ja, dn brannte die
Lampe wie immer, da saßen sie hinterm Tisch, Ovale und der große feine Jan,
und bastelten zufrieden an ihren Puppen herum. O, sie sollten sich schämen! Ihr
war das ganze Leben fortan vergällt. Nie mehr in ihrem Leben würde sie lachen
und glücklich sein können!

Sie schrie es den beiden hinterm Tisch zornig ins Gesicht.

Miete hat ihr Kind umgebracht, meine Miete! Nun wird sie abgeführt.
Warum sie? Sie tut doch nichts Böses, ich kenne sie doch! Wenn sie ihr Kind
umgebracht hat, so konnte sie nicht anders. Die Mutter wird sich geheißen haben,
das Wantje war der schon zuviel, und nun uoch eins, und eines, das keinen Vater
hatte? Ja, der Vater, warum führen sie den nicht ab? Warum nur Miete,
meine schöne gute Miete?

Schreiend warf sich Fintje in ihrer wilden Verzweiflung zu Boden, die ge¬
ballten Fäuste preßte sie in ohnmächtiger Wut gegen die hämmernden Schläfen.

Die beiden jungen Männer waren bestürzt aufgesprungen. Sie sahen hilflos
dem verzweifelten Gebaren des Mädchens zu.

Unter der Tür erschien jetzt die Hexe. Ein seltsames Glimmen war in ihren
Angen. Unbeweglich stand sie da, wie eine böse Erscheinung, kein Wort des Trostes
hatte sie für das gequälte Enkelkind.

Fintje, bat Jan endlich mit seiner weichen, warmen Stimme. Sieh, sie können
ja nicht anders, sie müssen das Verbrechen strafen. Wie eine Entschuldigung klang
die zaghafte Versicherung: Jedes Verbrechen muß doch gestraft werden!

Aber Miete nicht! Miete dürfen sie nicht strafen, sie nicht, schrie Fintje in
neu ausbrechenden Jammer. Sie nicht!

Natürlich sie, wen denn sonst? tönte jetzt von der Tür her der Großmutter
Stimme. Hast du das immer noch nicht begriffen? Miete wird bestraft, weil sie
die Schwächere ist, was geht das Gericht der andre Verbrecher, der Vater an?
Nach dem Vater des unehelichen Kindes wird nicht gefahndet, sagten mir die vom


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 64, 1905, Erstes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341881_87477/240>, abgerufen am 03.07.2024.