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Die Grenzboten. Jg. 64, 1905, Erstes Vierteljahr.

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Bilder aus dem deutsch-französischen Kriege

Dämmen, die meinen Gesichtskreis im Osten, Westen und Norden umgrenzen.
Hinter dem hohen Bahndamm im Norden liegt die kleine Festung, von der wir
ein paar gleichgiltige Türme vorgestern beim Hermarsch in der blassen November¬
abendsonne schimmern sahen; beträchtlich näher, wahrscheinlich gerade hinter der
Straßenkreuzung muß das Häuschen liegen, aus dem gestern geschossen worden ist.
Hier auf dem festgetretnen Tonboden vor dem Brückenbogen hat der Verwundete
gelegen, bis ihn die Krankenträger holten, dort klebt von seinem Blut an den
Grashalmen, es ist schon überreife, als wolle die Natur mit diesen Spuren so
rasch wie möglich aufräumen. Ich muß diese Blutflecken öfters anschauen, sie sind
das Farbigste, um nicht zu sagen das Heiterste in meinem Umkreis; die feinen
Eiskristalle auf der tiefroten Unterlage machen in der Tat ein zierliches Bild. Ich
denke an die roten Blüten der Sommeradonis, die man in meiner Heimat Bluts¬
tröpfchen nennt, an blutrote Sonnenuntergange, an Alpglühen, und die Gedanken
schweifen weit hinaus bis an das purpurne Meer Homers. Wie arm ist die
Palette der Natur, daß sie für das Blut eines sterbenden Menschen keine andre
Farbe als dieses glühende Rot hat. Sonnenuntergang ist ja freilich auch ein
Verglühen, und so wie die Sonne morgen wiederkommen wird, kann auch der
Musketier Aigner wiederkommen. . . .

Die Landstraße ist mit Pappeln besetzt, die, wie das in Frankreich üblich ist,
in sonderbare Formen geschnitten sind: von unten an jedes Zweiglein abgekippt,
bis nur noch eine kleine pinselförmige Laubkrone übrig ist, oder unter dem kleinen
Laubbüschel an der Spitze eine schirmförmige Ausbreitung oder eine einseitige Ab-
schäluug, daß der Baum wie halbiert aussieht. Fast alle Blätter sind schon ver¬
weht. Dort hat sich ein Brombeerstrauch zwischen Brücke und Damm eingenistet,
dessen Blätter noch grün sind; er scheint etwas wie ein Humorist in dieser Land¬
schaft zu sein, deswegen trägt er auch Dornen, damit nicht magre Dorfkühe seine
heitere Laune mißbrauchen, die schwarzglänzende süße Beeren und im Spätherbst
grüne Blätter trägt. Ein Blatt davon ist purpurbraun, da ist kein Blut daran;
es ist eine tiefe verhaltne Glut, als glühten mich zahllose Herbstsvnnenstrcchlen an,
die sich in den Zellwänden dieses Blattes gefangen haben; "es blickt mich an mit
stiller Lebenslust, die wärmend mir,gedrungen in die Brust," klingt mir durch den
Sinn. Lenau ahnte wohl, wie fordernd, wie tätig dieses Leben, und im Grunde
wie heiter es ist, trotzdem daß der Tod immer in Reih und Glied mit auf¬
marschiert. Sagt er nicht mich: "Drei Dinge betet ich gern vollbracht, gestanden
in der heißen Schlacht" usw.?

Gefreiter, he, wo sehen Sie denn hinaus? Dorthin und dorthin müssen Sie
Front machen, hörte ich die wohlbekannte Stimme meines Hauptmanns hart neben
mir. Er war von der andern Seite des Straßendamms her kommend unter dem
Brückenbogen durchgegangen, vor dem ich auf einem Bund Stroh saß und den
Himmel betrachtete. Ich war aufgeschnellt und stand aufrecht und aufmerksam vor
ihm. Dort steht der Feind -- er deutete nach Osten --, von dort oben haben
wir nichts zu fürchten. Nichts Neues?

Nichts, Herr Hauptmann. Seit dem Schuß gestern Nachmittag hat sich nichts
gerührt. Ich bin in der Nacht um elf und um vier so weit vorgegangen, wie
der Herr Hauptmann befohlen haben, keine Spur vom Feinde. Der Musketier
Haber ist heute früh noch einmal auf eigne Faust am Damm hingeschlichen, hat
nicht einmal eine Fußspur gesehen.

Sie wissen genau, daß der Schuß gestern von der Bahnkreuzung her gefeuert
worden ist?

Genau, Herr Hauptmann. Der Rauch stand noch längere Zeit sichtbar über
dem Signal. Erlauben mir Herr Hauptmann zu sagen, fuhr ich nach einer halben
Sekunde Pause fort, daß wir alle meinen, es müsse hinter dem Damm an der
Kreuzung ein Bahnwärterhäuschen liegen, und daß eine Feldwache der Franzosen
darin ist.


Grenzboten 1 1905 30
Bilder aus dem deutsch-französischen Kriege

Dämmen, die meinen Gesichtskreis im Osten, Westen und Norden umgrenzen.
Hinter dem hohen Bahndamm im Norden liegt die kleine Festung, von der wir
ein paar gleichgiltige Türme vorgestern beim Hermarsch in der blassen November¬
abendsonne schimmern sahen; beträchtlich näher, wahrscheinlich gerade hinter der
Straßenkreuzung muß das Häuschen liegen, aus dem gestern geschossen worden ist.
Hier auf dem festgetretnen Tonboden vor dem Brückenbogen hat der Verwundete
gelegen, bis ihn die Krankenträger holten, dort klebt von seinem Blut an den
Grashalmen, es ist schon überreife, als wolle die Natur mit diesen Spuren so
rasch wie möglich aufräumen. Ich muß diese Blutflecken öfters anschauen, sie sind
das Farbigste, um nicht zu sagen das Heiterste in meinem Umkreis; die feinen
Eiskristalle auf der tiefroten Unterlage machen in der Tat ein zierliches Bild. Ich
denke an die roten Blüten der Sommeradonis, die man in meiner Heimat Bluts¬
tröpfchen nennt, an blutrote Sonnenuntergange, an Alpglühen, und die Gedanken
schweifen weit hinaus bis an das purpurne Meer Homers. Wie arm ist die
Palette der Natur, daß sie für das Blut eines sterbenden Menschen keine andre
Farbe als dieses glühende Rot hat. Sonnenuntergang ist ja freilich auch ein
Verglühen, und so wie die Sonne morgen wiederkommen wird, kann auch der
Musketier Aigner wiederkommen. . . .

Die Landstraße ist mit Pappeln besetzt, die, wie das in Frankreich üblich ist,
in sonderbare Formen geschnitten sind: von unten an jedes Zweiglein abgekippt,
bis nur noch eine kleine pinselförmige Laubkrone übrig ist, oder unter dem kleinen
Laubbüschel an der Spitze eine schirmförmige Ausbreitung oder eine einseitige Ab-
schäluug, daß der Baum wie halbiert aussieht. Fast alle Blätter sind schon ver¬
weht. Dort hat sich ein Brombeerstrauch zwischen Brücke und Damm eingenistet,
dessen Blätter noch grün sind; er scheint etwas wie ein Humorist in dieser Land¬
schaft zu sein, deswegen trägt er auch Dornen, damit nicht magre Dorfkühe seine
heitere Laune mißbrauchen, die schwarzglänzende süße Beeren und im Spätherbst
grüne Blätter trägt. Ein Blatt davon ist purpurbraun, da ist kein Blut daran;
es ist eine tiefe verhaltne Glut, als glühten mich zahllose Herbstsvnnenstrcchlen an,
die sich in den Zellwänden dieses Blattes gefangen haben; „es blickt mich an mit
stiller Lebenslust, die wärmend mir,gedrungen in die Brust," klingt mir durch den
Sinn. Lenau ahnte wohl, wie fordernd, wie tätig dieses Leben, und im Grunde
wie heiter es ist, trotzdem daß der Tod immer in Reih und Glied mit auf¬
marschiert. Sagt er nicht mich: „Drei Dinge betet ich gern vollbracht, gestanden
in der heißen Schlacht" usw.?

Gefreiter, he, wo sehen Sie denn hinaus? Dorthin und dorthin müssen Sie
Front machen, hörte ich die wohlbekannte Stimme meines Hauptmanns hart neben
mir. Er war von der andern Seite des Straßendamms her kommend unter dem
Brückenbogen durchgegangen, vor dem ich auf einem Bund Stroh saß und den
Himmel betrachtete. Ich war aufgeschnellt und stand aufrecht und aufmerksam vor
ihm. Dort steht der Feind — er deutete nach Osten —, von dort oben haben
wir nichts zu fürchten. Nichts Neues?

Nichts, Herr Hauptmann. Seit dem Schuß gestern Nachmittag hat sich nichts
gerührt. Ich bin in der Nacht um elf und um vier so weit vorgegangen, wie
der Herr Hauptmann befohlen haben, keine Spur vom Feinde. Der Musketier
Haber ist heute früh noch einmal auf eigne Faust am Damm hingeschlichen, hat
nicht einmal eine Fußspur gesehen.

Sie wissen genau, daß der Schuß gestern von der Bahnkreuzung her gefeuert
worden ist?

Genau, Herr Hauptmann. Der Rauch stand noch längere Zeit sichtbar über
dem Signal. Erlauben mir Herr Hauptmann zu sagen, fuhr ich nach einer halben
Sekunde Pause fort, daß wir alle meinen, es müsse hinter dem Damm an der
Kreuzung ein Bahnwärterhäuschen liegen, und daß eine Feldwache der Franzosen
darin ist.


Grenzboten 1 1905 30
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[0229] Bilder aus dem deutsch-französischen Kriege Dämmen, die meinen Gesichtskreis im Osten, Westen und Norden umgrenzen. Hinter dem hohen Bahndamm im Norden liegt die kleine Festung, von der wir ein paar gleichgiltige Türme vorgestern beim Hermarsch in der blassen November¬ abendsonne schimmern sahen; beträchtlich näher, wahrscheinlich gerade hinter der Straßenkreuzung muß das Häuschen liegen, aus dem gestern geschossen worden ist. Hier auf dem festgetretnen Tonboden vor dem Brückenbogen hat der Verwundete gelegen, bis ihn die Krankenträger holten, dort klebt von seinem Blut an den Grashalmen, es ist schon überreife, als wolle die Natur mit diesen Spuren so rasch wie möglich aufräumen. Ich muß diese Blutflecken öfters anschauen, sie sind das Farbigste, um nicht zu sagen das Heiterste in meinem Umkreis; die feinen Eiskristalle auf der tiefroten Unterlage machen in der Tat ein zierliches Bild. Ich denke an die roten Blüten der Sommeradonis, die man in meiner Heimat Bluts¬ tröpfchen nennt, an blutrote Sonnenuntergange, an Alpglühen, und die Gedanken schweifen weit hinaus bis an das purpurne Meer Homers. Wie arm ist die Palette der Natur, daß sie für das Blut eines sterbenden Menschen keine andre Farbe als dieses glühende Rot hat. Sonnenuntergang ist ja freilich auch ein Verglühen, und so wie die Sonne morgen wiederkommen wird, kann auch der Musketier Aigner wiederkommen. . . . Die Landstraße ist mit Pappeln besetzt, die, wie das in Frankreich üblich ist, in sonderbare Formen geschnitten sind: von unten an jedes Zweiglein abgekippt, bis nur noch eine kleine pinselförmige Laubkrone übrig ist, oder unter dem kleinen Laubbüschel an der Spitze eine schirmförmige Ausbreitung oder eine einseitige Ab- schäluug, daß der Baum wie halbiert aussieht. Fast alle Blätter sind schon ver¬ weht. Dort hat sich ein Brombeerstrauch zwischen Brücke und Damm eingenistet, dessen Blätter noch grün sind; er scheint etwas wie ein Humorist in dieser Land¬ schaft zu sein, deswegen trägt er auch Dornen, damit nicht magre Dorfkühe seine heitere Laune mißbrauchen, die schwarzglänzende süße Beeren und im Spätherbst grüne Blätter trägt. Ein Blatt davon ist purpurbraun, da ist kein Blut daran; es ist eine tiefe verhaltne Glut, als glühten mich zahllose Herbstsvnnenstrcchlen an, die sich in den Zellwänden dieses Blattes gefangen haben; „es blickt mich an mit stiller Lebenslust, die wärmend mir,gedrungen in die Brust," klingt mir durch den Sinn. Lenau ahnte wohl, wie fordernd, wie tätig dieses Leben, und im Grunde wie heiter es ist, trotzdem daß der Tod immer in Reih und Glied mit auf¬ marschiert. Sagt er nicht mich: „Drei Dinge betet ich gern vollbracht, gestanden in der heißen Schlacht" usw.? Gefreiter, he, wo sehen Sie denn hinaus? Dorthin und dorthin müssen Sie Front machen, hörte ich die wohlbekannte Stimme meines Hauptmanns hart neben mir. Er war von der andern Seite des Straßendamms her kommend unter dem Brückenbogen durchgegangen, vor dem ich auf einem Bund Stroh saß und den Himmel betrachtete. Ich war aufgeschnellt und stand aufrecht und aufmerksam vor ihm. Dort steht der Feind — er deutete nach Osten —, von dort oben haben wir nichts zu fürchten. Nichts Neues? Nichts, Herr Hauptmann. Seit dem Schuß gestern Nachmittag hat sich nichts gerührt. Ich bin in der Nacht um elf und um vier so weit vorgegangen, wie der Herr Hauptmann befohlen haben, keine Spur vom Feinde. Der Musketier Haber ist heute früh noch einmal auf eigne Faust am Damm hingeschlichen, hat nicht einmal eine Fußspur gesehen. Sie wissen genau, daß der Schuß gestern von der Bahnkreuzung her gefeuert worden ist? Genau, Herr Hauptmann. Der Rauch stand noch längere Zeit sichtbar über dem Signal. Erlauben mir Herr Hauptmann zu sagen, fuhr ich nach einer halben Sekunde Pause fort, daß wir alle meinen, es müsse hinter dem Damm an der Kreuzung ein Bahnwärterhäuschen liegen, und daß eine Feldwache der Franzosen darin ist. Grenzboten 1 1905 30

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 64, 1905, Erstes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341881_87477/229>, abgerufen am 22.12.2024.