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Die Grenzboten. Jg. 64, 1905, Drittes Vierteljahr.

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Die österreichisch-ungarische Reichskrise

den Vielen Möglichkeiten das Wahrscheinliche herauszufinden, denn nach dem
Vorangegangnen barg jede Lösung Konsequenzen in sich, die ganz unabsehbar
waren. -- Nachdem die Krone es abgelehnt hatte, den Weg, den das Kabinett
Fejervary vorschlug, zu gehn, und zwar unter Umständen abgelehnt hatte, die
die Autorität der Krone ungeheuer schädigten, war eine Beilegung des Konflikts
in der Weise denkbar, daß entweder die Krone in der Armeefrage nachgab,
oder daß ein faules Kompromiß zustande kam, indem die magyarische Adels¬
und Advokatenclique ihre Armeeforderung zeitweise zurückstellte und ein Kabinett
bildete. In diesem Falle Hütte aber nur vou einer Vertagung gesprochen werden
können, denn sobald die magyarische Opposition im Besitze der Macht gewesen
wäre und sich an ihren Gebrauch gewöhnt gehabt hätte, würde sie nicht gesäumt
haben, unter den für sie weit günstigern Umstünden der Krone ein Ultimatum zu
stellen. Womöglich aber noch bedenklicher war eine andre Möglichkeit, von der
gesprochen wurde. Danach Hütte es unter dem gegenwärtigen Kaiser in der
Armeefrage beim alten bleiben sollen, wogegen sein Nachfolger verpflichtet worden
wäre, bei seiner Thronbesteigung die Oberhoheit des ungarischen Reichstags
über die ungarländischen Regimenter anzuerkennen. Damit wäre selbstver¬
ständlich dem ungarischen Reichstage das Recht der Entthronung des künftigen
Monarchen zugestanden worden, falls dieser sich dann geweigert Hütte, diese
Bedingung zu erfüllen.

Das vom Kaiser am 23. September den Führern der ungarischen Oppo¬
sition übergebne Programm, das in der entschiedensten Form die Aufrecht¬
erhaltung der Einheit,, des Reichs in bezug auf Armee und Diplomatie ver¬
kündet und auch jede Änderung der wirtschaftlichen Beziehungen zwischen beiden
Reichshälften (gemeinsames Zollgebiet) von der Zustimmung des österreichischen
Reichsrath abhängig macht -- diese mit dem Sturze Fejervarys nur schwer
in Einklang zu bringende kaiserliche Willenskundgebung scheint wiederum alle
diese Möglichkeiten auszuschließen. Es liegt ein Akt der Krone vor, an
dessen Ernst nicht gezweifelt werden kann; die Krone erklärt die magyarischen
Forderungen rundweg als unerfüllbar, ja noch mehr, sie legt diese Willens¬
meinung schriftlich vor aller Welt nieder, gewissermaßen als historisches Doku¬
ment, bestimmt, sie jeder Verantwortung für alles zu entheben, was kommen
würde, wenn die magyarische Opposition nicht mit einem Ja, sondern mit
einem Nein antwortete. Es ist, als ob zwischen dem Tage, an dem der Kaiser
die Demission des Kabinetts Fejervary annahm und den Vorschlag ablehnte,
die Macht der magyarischen Oligarchie durch eine Wahlreform zu brechen, und
dem 23. September Jahre lägen. Und doch sind es nur wenig Tage. Auf
welchem Wege Kaiser Franz Joseph vom Sturze des Ministeriums Fejervary
zu dem Entwurf und der Verkündigung seines Programms vom 23. September
gelangte, ist und wird wohl immer ein Geheimnis bleiben. Vielleicht hat
hierbei auch die Wandlung mitgewirkt, die sich in der öffentlichen Meinung
Österreichs in der letzten Zeit vollzogen hat. Die Umstände, unter denen das
Ministerium Fejervary seine Entlassung genommen hatte, und die damit eröffnete
Aussicht auf den Sieg der magyarischen Opposition hatten unter den Deutschen
Österreichs eine geradezu desperate Stimmung verursacht. Den Polen und den
Tschechen paßte die Schwächung der Autorität der Krone in den ungarischen
Händeln allerdings. Abgesehen von den gouvernementalen und den von alters
her mit der magyarischen Oligarchie und den mit ihr Verbündeten exotischen
Interessenten befreundeten Wiener Blättern nahm die gesamte deutsche Presse
Österreichs aufs entschiedenste gegen die neuste Wendung der Dinge Stellung,
und eine sich immer stärker äußernde Neigung des Ministerpräsidenten Freiherrn
von Ganthas, die Slawen zu begünstige", um mit ihrer Unterstützung die parla¬
mentarische Absolution für all das zu erhalten, was das Triumvirat Apponyi-
Kossuth-Andrassy über Österreich verhängen würde, nährte mächtig die oppo¬
sitionelle Strömung unter den Deutschen. Noch ließ sich die Situation, die
der Reichsrat am 26. d. M., an dem Tage, wo er sich wieder versammelt, vor-


Die österreichisch-ungarische Reichskrise

den Vielen Möglichkeiten das Wahrscheinliche herauszufinden, denn nach dem
Vorangegangnen barg jede Lösung Konsequenzen in sich, die ganz unabsehbar
waren. — Nachdem die Krone es abgelehnt hatte, den Weg, den das Kabinett
Fejervary vorschlug, zu gehn, und zwar unter Umständen abgelehnt hatte, die
die Autorität der Krone ungeheuer schädigten, war eine Beilegung des Konflikts
in der Weise denkbar, daß entweder die Krone in der Armeefrage nachgab,
oder daß ein faules Kompromiß zustande kam, indem die magyarische Adels¬
und Advokatenclique ihre Armeeforderung zeitweise zurückstellte und ein Kabinett
bildete. In diesem Falle Hütte aber nur vou einer Vertagung gesprochen werden
können, denn sobald die magyarische Opposition im Besitze der Macht gewesen
wäre und sich an ihren Gebrauch gewöhnt gehabt hätte, würde sie nicht gesäumt
haben, unter den für sie weit günstigern Umstünden der Krone ein Ultimatum zu
stellen. Womöglich aber noch bedenklicher war eine andre Möglichkeit, von der
gesprochen wurde. Danach Hütte es unter dem gegenwärtigen Kaiser in der
Armeefrage beim alten bleiben sollen, wogegen sein Nachfolger verpflichtet worden
wäre, bei seiner Thronbesteigung die Oberhoheit des ungarischen Reichstags
über die ungarländischen Regimenter anzuerkennen. Damit wäre selbstver¬
ständlich dem ungarischen Reichstage das Recht der Entthronung des künftigen
Monarchen zugestanden worden, falls dieser sich dann geweigert Hütte, diese
Bedingung zu erfüllen.

Das vom Kaiser am 23. September den Führern der ungarischen Oppo¬
sition übergebne Programm, das in der entschiedensten Form die Aufrecht¬
erhaltung der Einheit,, des Reichs in bezug auf Armee und Diplomatie ver¬
kündet und auch jede Änderung der wirtschaftlichen Beziehungen zwischen beiden
Reichshälften (gemeinsames Zollgebiet) von der Zustimmung des österreichischen
Reichsrath abhängig macht — diese mit dem Sturze Fejervarys nur schwer
in Einklang zu bringende kaiserliche Willenskundgebung scheint wiederum alle
diese Möglichkeiten auszuschließen. Es liegt ein Akt der Krone vor, an
dessen Ernst nicht gezweifelt werden kann; die Krone erklärt die magyarischen
Forderungen rundweg als unerfüllbar, ja noch mehr, sie legt diese Willens¬
meinung schriftlich vor aller Welt nieder, gewissermaßen als historisches Doku¬
ment, bestimmt, sie jeder Verantwortung für alles zu entheben, was kommen
würde, wenn die magyarische Opposition nicht mit einem Ja, sondern mit
einem Nein antwortete. Es ist, als ob zwischen dem Tage, an dem der Kaiser
die Demission des Kabinetts Fejervary annahm und den Vorschlag ablehnte,
die Macht der magyarischen Oligarchie durch eine Wahlreform zu brechen, und
dem 23. September Jahre lägen. Und doch sind es nur wenig Tage. Auf
welchem Wege Kaiser Franz Joseph vom Sturze des Ministeriums Fejervary
zu dem Entwurf und der Verkündigung seines Programms vom 23. September
gelangte, ist und wird wohl immer ein Geheimnis bleiben. Vielleicht hat
hierbei auch die Wandlung mitgewirkt, die sich in der öffentlichen Meinung
Österreichs in der letzten Zeit vollzogen hat. Die Umstände, unter denen das
Ministerium Fejervary seine Entlassung genommen hatte, und die damit eröffnete
Aussicht auf den Sieg der magyarischen Opposition hatten unter den Deutschen
Österreichs eine geradezu desperate Stimmung verursacht. Den Polen und den
Tschechen paßte die Schwächung der Autorität der Krone in den ungarischen
Händeln allerdings. Abgesehen von den gouvernementalen und den von alters
her mit der magyarischen Oligarchie und den mit ihr Verbündeten exotischen
Interessenten befreundeten Wiener Blättern nahm die gesamte deutsche Presse
Österreichs aufs entschiedenste gegen die neuste Wendung der Dinge Stellung,
und eine sich immer stärker äußernde Neigung des Ministerpräsidenten Freiherrn
von Ganthas, die Slawen zu begünstige», um mit ihrer Unterstützung die parla¬
mentarische Absolution für all das zu erhalten, was das Triumvirat Apponyi-
Kossuth-Andrassy über Österreich verhängen würde, nährte mächtig die oppo¬
sitionelle Strömung unter den Deutschen. Noch ließ sich die Situation, die
der Reichsrat am 26. d. M., an dem Tage, wo er sich wieder versammelt, vor-


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[0692] Die österreichisch-ungarische Reichskrise den Vielen Möglichkeiten das Wahrscheinliche herauszufinden, denn nach dem Vorangegangnen barg jede Lösung Konsequenzen in sich, die ganz unabsehbar waren. — Nachdem die Krone es abgelehnt hatte, den Weg, den das Kabinett Fejervary vorschlug, zu gehn, und zwar unter Umständen abgelehnt hatte, die die Autorität der Krone ungeheuer schädigten, war eine Beilegung des Konflikts in der Weise denkbar, daß entweder die Krone in der Armeefrage nachgab, oder daß ein faules Kompromiß zustande kam, indem die magyarische Adels¬ und Advokatenclique ihre Armeeforderung zeitweise zurückstellte und ein Kabinett bildete. In diesem Falle Hütte aber nur vou einer Vertagung gesprochen werden können, denn sobald die magyarische Opposition im Besitze der Macht gewesen wäre und sich an ihren Gebrauch gewöhnt gehabt hätte, würde sie nicht gesäumt haben, unter den für sie weit günstigern Umstünden der Krone ein Ultimatum zu stellen. Womöglich aber noch bedenklicher war eine andre Möglichkeit, von der gesprochen wurde. Danach Hütte es unter dem gegenwärtigen Kaiser in der Armeefrage beim alten bleiben sollen, wogegen sein Nachfolger verpflichtet worden wäre, bei seiner Thronbesteigung die Oberhoheit des ungarischen Reichstags über die ungarländischen Regimenter anzuerkennen. Damit wäre selbstver¬ ständlich dem ungarischen Reichstage das Recht der Entthronung des künftigen Monarchen zugestanden worden, falls dieser sich dann geweigert Hütte, diese Bedingung zu erfüllen. Das vom Kaiser am 23. September den Führern der ungarischen Oppo¬ sition übergebne Programm, das in der entschiedensten Form die Aufrecht¬ erhaltung der Einheit,, des Reichs in bezug auf Armee und Diplomatie ver¬ kündet und auch jede Änderung der wirtschaftlichen Beziehungen zwischen beiden Reichshälften (gemeinsames Zollgebiet) von der Zustimmung des österreichischen Reichsrath abhängig macht — diese mit dem Sturze Fejervarys nur schwer in Einklang zu bringende kaiserliche Willenskundgebung scheint wiederum alle diese Möglichkeiten auszuschließen. Es liegt ein Akt der Krone vor, an dessen Ernst nicht gezweifelt werden kann; die Krone erklärt die magyarischen Forderungen rundweg als unerfüllbar, ja noch mehr, sie legt diese Willens¬ meinung schriftlich vor aller Welt nieder, gewissermaßen als historisches Doku¬ ment, bestimmt, sie jeder Verantwortung für alles zu entheben, was kommen würde, wenn die magyarische Opposition nicht mit einem Ja, sondern mit einem Nein antwortete. Es ist, als ob zwischen dem Tage, an dem der Kaiser die Demission des Kabinetts Fejervary annahm und den Vorschlag ablehnte, die Macht der magyarischen Oligarchie durch eine Wahlreform zu brechen, und dem 23. September Jahre lägen. Und doch sind es nur wenig Tage. Auf welchem Wege Kaiser Franz Joseph vom Sturze des Ministeriums Fejervary zu dem Entwurf und der Verkündigung seines Programms vom 23. September gelangte, ist und wird wohl immer ein Geheimnis bleiben. Vielleicht hat hierbei auch die Wandlung mitgewirkt, die sich in der öffentlichen Meinung Österreichs in der letzten Zeit vollzogen hat. Die Umstände, unter denen das Ministerium Fejervary seine Entlassung genommen hatte, und die damit eröffnete Aussicht auf den Sieg der magyarischen Opposition hatten unter den Deutschen Österreichs eine geradezu desperate Stimmung verursacht. Den Polen und den Tschechen paßte die Schwächung der Autorität der Krone in den ungarischen Händeln allerdings. Abgesehen von den gouvernementalen und den von alters her mit der magyarischen Oligarchie und den mit ihr Verbündeten exotischen Interessenten befreundeten Wiener Blättern nahm die gesamte deutsche Presse Österreichs aufs entschiedenste gegen die neuste Wendung der Dinge Stellung, und eine sich immer stärker äußernde Neigung des Ministerpräsidenten Freiherrn von Ganthas, die Slawen zu begünstige», um mit ihrer Unterstützung die parla¬ mentarische Absolution für all das zu erhalten, was das Triumvirat Apponyi- Kossuth-Andrassy über Österreich verhängen würde, nährte mächtig die oppo¬ sitionelle Strömung unter den Deutschen. Noch ließ sich die Situation, die der Reichsrat am 26. d. M., an dem Tage, wo er sich wieder versammelt, vor-

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 64, 1905, Drittes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341881_297518/692>, abgerufen am 19.10.2024.