Die Grenzboten. Jg. 64, 1905, Zweites Vierteljahr.Gin Dresdner Don Juan etwas Neues, was darüber stünde, kaum denkbar ist. Auch in Dresden sind Gin Dresdner Don Juan etwas Neues, was darüber stünde, kaum denkbar ist. Auch in Dresden sind <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0718" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/297097"/> <fw type="header" place="top"> Gin Dresdner Don Juan</fw><lb/> <p xml:id="ID_3283" prev="#ID_3282" next="#ID_3284"> etwas Neues, was darüber stünde, kaum denkbar ist. Auch in Dresden sind<lb/> zu einer Zeit, die noch in der Erinnerung der altern Generationen lebt, Frau<lb/> Bürde-Ney und Schmorr von Karolsfeld durch ihre große Kunst und ihre vor¬<lb/> nehmen Künstlerseelen der idealen Vollendung sehr nahe gekommen. Beide<lb/> Partien können mit Hoffnung auf Erfolg nur von allerersten Kräften, für die<lb/> es auf keinem Gebiete mehr Schwierigkeiten gibt, bemeistert werden, und es<lb/> ist für die Vorzüge der hierher gehörigen Nummern, also namentlich des<lb/> Duetts: ?nMi, erndslv! mit dem großartigen: vns Ziurainento, o Dsi! der<lb/> drei Arien: Or gg,1 oni l'onors rsxlrs g, ins volss, og-IIg. sug. of.es 1a lui»,<lb/> äsxsnäs, II uno tssoro in t.g.meo, und der beiden Rondos: Mu ini 6ir, bsll'<lb/> Idol mio, ?orsö, lor3s um giorno 11 visto bezeichnend, daß sie meist von<lb/> allerersten Künstlern zum Vortrag in Konzerten gewühlt werden. Mozarts<lb/> Seelenmalerei ist bei der Dichtung dieser Partien in die höchsten Regionen<lb/> emporgestiegen; auch Beethoven hat sich an Adel und Tiefe der Empfindung<lb/> nicht über diese beiden Partien hinaussehen können. Um so wunderbarer<lb/> ist es, daß ein so gebildeter und begabter Mann wie Reese, der Verfasser<lb/> des bestraften Wollüstlings oder: Der Krug geht so lange zu Wasser, bis<lb/> er bricht, „eines komischen Singspiels nach der Musik des Herrn Kapell¬<lb/> meisters Mozart" als deutschen Namen für den Mozartschen Don Ottavio<lb/> den eines Herrn von Fischblut gewühlt hat. Daß ein Mann wie Reese<lb/> nicht empfunden haben sollte, wie Don Ottavios und Donna Annas in<lb/> äußern Schranken der Konvenienz gehaltne Gefühle darum doch uicht minder<lb/> tief und innig sind, kann man doch kaum annehmen; war er, um sich dem<lb/> seichten Urteil der Menge anzubequemen, mit dieser Benennung dem blöden<lb/> Geplärre musikalischen Stumpfsinns gefolgt, oder hatte der Name um jeden<lb/> Preis ein burlesker sein sollen? Spaß muß sin, und sollten wir die Gro߬<lb/> mutter kitzeln. Gerade der stürmische Äußerungen vermeidende Seelenadel der<lb/> beiden macht es, neben den außerordentlichen musikalischen Schwierigkeiten der<lb/> beiden Partien, so schwer, Sänger und Sängerinnen zu finden, die nicht bloß<lb/> diesen Aufgaben gewachsen, sondern auch imstande sind, rein äußerlich das der<lb/> ersten spanischen, oder wenn man lieber will, italienischen Gesellschaft ange¬<lb/> hörende Brautpaar, dessen Auftreten immer mit einer gewissen Grandezza ver¬<lb/> bunden ist, zu personifizieren; wer in dieser Beziehung das Wahre genossen<lb/> hat, wird mir, davon bin ich überzeugt, durchaus beipflichten. Das Menuett,<lb/> an dem sich nach da Pontes und Mozarts Absicht Don Ottavio mit seiner<lb/> Braut beteiligen soll, hat im Laufe der Jahre die verschiedensten Schicksale<lb/> gehabt. Noch vor nicht allzu langer Zeit und ganz besonders in der Mitte<lb/> des vorigen Jahrhunderts wurde es als eine Art Balletteinlage behandelt,<lb/> und wenn Fanny Elster oder sonstige xrlrno bMörins den Pas ausführten<lb/> oder daran teilnahmen, so verfehlte der Zettel nicht, deren Namen in fettem<lb/> Drucke zu vermelden. Heutzutage hält man sich streng an die von Mozart<lb/> vorgesehenen wenigen Takte, die natürlich für die Ausführung eines kunstge¬<lb/> rechten Menuetts nicht hinreichen, und wenn mir die verminderte Aufnahme¬<lb/> fähigkeit jenes Abends nicht einen ähnlichen Streich gespielt hat wie dem<lb/> Nachbarn des Herrn Brandes (Parkett, siebente Reihe), und ich dadurch ver-</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0718]
Gin Dresdner Don Juan
etwas Neues, was darüber stünde, kaum denkbar ist. Auch in Dresden sind
zu einer Zeit, die noch in der Erinnerung der altern Generationen lebt, Frau
Bürde-Ney und Schmorr von Karolsfeld durch ihre große Kunst und ihre vor¬
nehmen Künstlerseelen der idealen Vollendung sehr nahe gekommen. Beide
Partien können mit Hoffnung auf Erfolg nur von allerersten Kräften, für die
es auf keinem Gebiete mehr Schwierigkeiten gibt, bemeistert werden, und es
ist für die Vorzüge der hierher gehörigen Nummern, also namentlich des
Duetts: ?nMi, erndslv! mit dem großartigen: vns Ziurainento, o Dsi! der
drei Arien: Or gg,1 oni l'onors rsxlrs g, ins volss, og-IIg. sug. of.es 1a lui»,
äsxsnäs, II uno tssoro in t.g.meo, und der beiden Rondos: Mu ini 6ir, bsll'
Idol mio, ?orsö, lor3s um giorno 11 visto bezeichnend, daß sie meist von
allerersten Künstlern zum Vortrag in Konzerten gewühlt werden. Mozarts
Seelenmalerei ist bei der Dichtung dieser Partien in die höchsten Regionen
emporgestiegen; auch Beethoven hat sich an Adel und Tiefe der Empfindung
nicht über diese beiden Partien hinaussehen können. Um so wunderbarer
ist es, daß ein so gebildeter und begabter Mann wie Reese, der Verfasser
des bestraften Wollüstlings oder: Der Krug geht so lange zu Wasser, bis
er bricht, „eines komischen Singspiels nach der Musik des Herrn Kapell¬
meisters Mozart" als deutschen Namen für den Mozartschen Don Ottavio
den eines Herrn von Fischblut gewühlt hat. Daß ein Mann wie Reese
nicht empfunden haben sollte, wie Don Ottavios und Donna Annas in
äußern Schranken der Konvenienz gehaltne Gefühle darum doch uicht minder
tief und innig sind, kann man doch kaum annehmen; war er, um sich dem
seichten Urteil der Menge anzubequemen, mit dieser Benennung dem blöden
Geplärre musikalischen Stumpfsinns gefolgt, oder hatte der Name um jeden
Preis ein burlesker sein sollen? Spaß muß sin, und sollten wir die Gro߬
mutter kitzeln. Gerade der stürmische Äußerungen vermeidende Seelenadel der
beiden macht es, neben den außerordentlichen musikalischen Schwierigkeiten der
beiden Partien, so schwer, Sänger und Sängerinnen zu finden, die nicht bloß
diesen Aufgaben gewachsen, sondern auch imstande sind, rein äußerlich das der
ersten spanischen, oder wenn man lieber will, italienischen Gesellschaft ange¬
hörende Brautpaar, dessen Auftreten immer mit einer gewissen Grandezza ver¬
bunden ist, zu personifizieren; wer in dieser Beziehung das Wahre genossen
hat, wird mir, davon bin ich überzeugt, durchaus beipflichten. Das Menuett,
an dem sich nach da Pontes und Mozarts Absicht Don Ottavio mit seiner
Braut beteiligen soll, hat im Laufe der Jahre die verschiedensten Schicksale
gehabt. Noch vor nicht allzu langer Zeit und ganz besonders in der Mitte
des vorigen Jahrhunderts wurde es als eine Art Balletteinlage behandelt,
und wenn Fanny Elster oder sonstige xrlrno bMörins den Pas ausführten
oder daran teilnahmen, so verfehlte der Zettel nicht, deren Namen in fettem
Drucke zu vermelden. Heutzutage hält man sich streng an die von Mozart
vorgesehenen wenigen Takte, die natürlich für die Ausführung eines kunstge¬
rechten Menuetts nicht hinreichen, und wenn mir die verminderte Aufnahme¬
fähigkeit jenes Abends nicht einen ähnlichen Streich gespielt hat wie dem
Nachbarn des Herrn Brandes (Parkett, siebente Reihe), und ich dadurch ver-
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