Die Grenzboten. Jg. 64, 1905, Zweites Vierteljahr.Johannes Mathesius Siedler laufen in die Wüsten und kriechen zu Winkel. Die Kartäuser nud Er erwähnt auch die Schwelgerei der müßigen und unnützen Prälaten. Grenzboten II 190S 83
Johannes Mathesius Siedler laufen in die Wüsten und kriechen zu Winkel. Die Kartäuser nud Er erwähnt auch die Schwelgerei der müßigen und unnützen Prälaten. Grenzboten II 190S 83
<TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0653" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/297032"/> <fw type="header" place="top"> Johannes Mathesius</fw><lb/> <p xml:id="ID_3001" prev="#ID_3000"> Siedler laufen in die Wüsten und kriechen zu Winkel. Die Kartäuser nud<lb/> Pythagoristen sitzen beisammen wie die Stummen. Leutselige Gäste halten ihr<lb/> freundlich Gespräche, wie wir auch am Herrn Christo sehen. Der macht es<lb/> traun freundlich und döbert fein daher, wenn er bei seiner lieben Martha,<lb/> Lazaro und andern vertrauten Leuten und guten Freunden sitzet. Wie er zwar<lb/> bisweilen auch eben spitzig und scharf sein kann, wenn er bei den Heuchlern<lb/> und heillosen Laurern sitzet, die auf ihn halten und gern bei einem Orlein er¬<lb/> wischen wollten." Der Text handelt davon, wie Jsaak den Abimelech bewirtet<lb/> hat. „Wie wohl aber an diesem Ort nicht gedacht wird, was oder wie viel<lb/> Gericht und Getränk Isaac hab ausgesetzet, sehen wir doch in Abrahams Mahl¬<lb/> zeit >wo drei himmlische Gäste mit Kuchen, Kalbsbraten und Milch — Mathesius<lb/> schreibt Buttermilch — bewirtet Werdens, was und wie die Erzvater ungefehrlich<lb/> gespeiset, die es pro rs se voxia machten, und sich nicht arm und in Schuld<lb/> fraßen, wie diese letzte und närrische Welt tut, die nur auf fressen und saufen<lb/> trachtet, wie die alten Lamechiten auch für der Sündflut täten, oder wie ein<lb/> Kranker, der jetzund will sein Abscheid nehmen, nach essen artzet ^gierig ver¬<lb/> langt wie der Erzgräber nach Erz, erklärt Loesche), und hastig sein letztes Mahl<lb/> hält." Mehrerlei Speise bei einer Mahlzeit dient nicht zur Gesundheit, „füllet<lb/> auch selten Kisten und Kasten, wenn die Schüsseln gehänselt sein wie die<lb/> Tegerseer Suppen, und wenn man auf einmal Wildpret und Fisch, Gesottenes<lb/> und Gebratnes gibt. Darumb brauchten die Alten gemeiniglich auf ein Malzeit<lb/> einerlei Speiß. Abraham hat das ganze Kalb nicht gebraten, sondern etlich<lb/> Gerichtlein darvon gemacht. Wie ich neben Grafen und Gräfin einem Behemischen<lb/> Pfarrherrn bin zu Gefattern gestanden, da man uns von einem Kalb fünf<lb/> Gericht fürsetzet. Ich gib aber gerne zu, daß man auch Fische und Wildpret,<lb/> doch nicht bei ein und derselben Mahlzeit, gespeiset, weil Moses gute und böse<lb/> Fische und Vögel namhaftig unterscheidet, und Esau lange zuvor für ein Weid¬<lb/> mann gescholten wird."</p><lb/> <p xml:id="ID_3002" next="#ID_3003"> Er erwähnt auch die Schwelgerei der müßigen und unnützen Prälaten.<lb/> „So trägt das vominus vovisouin dem Propst und Abt mehr, als das M<lb/> oum sxiriw wo dem Küster und dem ganzen Konvent." Dann betrachtet er,<lb/> wie Gott jeder Jahreszeit und jedem Lande besondre Gaben beschert. „So gibt<lb/> es zu Ostern junge Lämmlein und Tnublein, und Pfingsten junge Stadel¬<lb/> hühner, umb Johannis feiste Schöps, auf den Herbst gute Zeißlein, Lerchen,<lb/> Krammetvögel und Gans. Im Winter feiste Schwein. Zu Weihnachten gute<lb/> Kophannen. Das ganze Jahr Rindfleisch, das gute Suppen gibt. So hat ein<lb/> jedes Land sein Frücht und Würz, so zur Speis Lust und Dauung dient. Ein<lb/> Henne im Kreen und Schöpsenfleisch in Zwiebeln. Note Rüben, Mörrettig in<lb/> Fleischbrühe (daß wir ausgesotten Kirschen, Weinbeer und Preiselsbeer ge¬<lb/> schweige») gibt ein gut Commeutel und Eindunck zum Gebratnen." So gehts<lb/> ein paar Seiten fort — wie in einem Kochbuch. Er mahnt, sich mit heimischen<lb/> Würzen und Zutaten zu begnügen, weil sonst die Tunke manchmal mehr koste<lb/> als der Braten, was sich bei den damaligen Transportkosten gut denken läßt.<lb/> Eine ganze Predigt ist den Stabelmeistern — einen solchen sieht er in dein<lb/> Architriklinus der Hochzeit zu Kana — und den von ihm regierten aufwartenden</p><lb/> <fw type="sig" place="bottom"> Grenzboten II 190S 83</fw><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0653]
Johannes Mathesius
Siedler laufen in die Wüsten und kriechen zu Winkel. Die Kartäuser nud
Pythagoristen sitzen beisammen wie die Stummen. Leutselige Gäste halten ihr
freundlich Gespräche, wie wir auch am Herrn Christo sehen. Der macht es
traun freundlich und döbert fein daher, wenn er bei seiner lieben Martha,
Lazaro und andern vertrauten Leuten und guten Freunden sitzet. Wie er zwar
bisweilen auch eben spitzig und scharf sein kann, wenn er bei den Heuchlern
und heillosen Laurern sitzet, die auf ihn halten und gern bei einem Orlein er¬
wischen wollten." Der Text handelt davon, wie Jsaak den Abimelech bewirtet
hat. „Wie wohl aber an diesem Ort nicht gedacht wird, was oder wie viel
Gericht und Getränk Isaac hab ausgesetzet, sehen wir doch in Abrahams Mahl¬
zeit >wo drei himmlische Gäste mit Kuchen, Kalbsbraten und Milch — Mathesius
schreibt Buttermilch — bewirtet Werdens, was und wie die Erzvater ungefehrlich
gespeiset, die es pro rs se voxia machten, und sich nicht arm und in Schuld
fraßen, wie diese letzte und närrische Welt tut, die nur auf fressen und saufen
trachtet, wie die alten Lamechiten auch für der Sündflut täten, oder wie ein
Kranker, der jetzund will sein Abscheid nehmen, nach essen artzet ^gierig ver¬
langt wie der Erzgräber nach Erz, erklärt Loesche), und hastig sein letztes Mahl
hält." Mehrerlei Speise bei einer Mahlzeit dient nicht zur Gesundheit, „füllet
auch selten Kisten und Kasten, wenn die Schüsseln gehänselt sein wie die
Tegerseer Suppen, und wenn man auf einmal Wildpret und Fisch, Gesottenes
und Gebratnes gibt. Darumb brauchten die Alten gemeiniglich auf ein Malzeit
einerlei Speiß. Abraham hat das ganze Kalb nicht gebraten, sondern etlich
Gerichtlein darvon gemacht. Wie ich neben Grafen und Gräfin einem Behemischen
Pfarrherrn bin zu Gefattern gestanden, da man uns von einem Kalb fünf
Gericht fürsetzet. Ich gib aber gerne zu, daß man auch Fische und Wildpret,
doch nicht bei ein und derselben Mahlzeit, gespeiset, weil Moses gute und böse
Fische und Vögel namhaftig unterscheidet, und Esau lange zuvor für ein Weid¬
mann gescholten wird."
Er erwähnt auch die Schwelgerei der müßigen und unnützen Prälaten.
„So trägt das vominus vovisouin dem Propst und Abt mehr, als das M
oum sxiriw wo dem Küster und dem ganzen Konvent." Dann betrachtet er,
wie Gott jeder Jahreszeit und jedem Lande besondre Gaben beschert. „So gibt
es zu Ostern junge Lämmlein und Tnublein, und Pfingsten junge Stadel¬
hühner, umb Johannis feiste Schöps, auf den Herbst gute Zeißlein, Lerchen,
Krammetvögel und Gans. Im Winter feiste Schwein. Zu Weihnachten gute
Kophannen. Das ganze Jahr Rindfleisch, das gute Suppen gibt. So hat ein
jedes Land sein Frücht und Würz, so zur Speis Lust und Dauung dient. Ein
Henne im Kreen und Schöpsenfleisch in Zwiebeln. Note Rüben, Mörrettig in
Fleischbrühe (daß wir ausgesotten Kirschen, Weinbeer und Preiselsbeer ge¬
schweige») gibt ein gut Commeutel und Eindunck zum Gebratnen." So gehts
ein paar Seiten fort — wie in einem Kochbuch. Er mahnt, sich mit heimischen
Würzen und Zutaten zu begnügen, weil sonst die Tunke manchmal mehr koste
als der Braten, was sich bei den damaligen Transportkosten gut denken läßt.
Eine ganze Predigt ist den Stabelmeistern — einen solchen sieht er in dein
Architriklinus der Hochzeit zu Kana — und den von ihm regierten aufwartenden
Grenzboten II 190S 83
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