Die Grenzboten. Jg. 64, 1905, Zweites Vierteljahr.Maßgebliches und Unmaßgebliches das nicht der Fall, so werde Kaiser Nikolaus bei Prüfung der innern Aufgaben Der Eintritt der Friedensphase ist nicht die einzige Folge der Seeschlacht Eine weitere Folge der Seeschlacht von Tsuschima betrifft Deutschland. Unsre Der Sieg ist durch das Fernfeuer der japanischen Linienschiffe vorbereitet Maßgebliches und Unmaßgebliches das nicht der Fall, so werde Kaiser Nikolaus bei Prüfung der innern Aufgaben Der Eintritt der Friedensphase ist nicht die einzige Folge der Seeschlacht Eine weitere Folge der Seeschlacht von Tsuschima betrifft Deutschland. Unsre Der Sieg ist durch das Fernfeuer der japanischen Linienschiffe vorbereitet <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <div n="2"> <pb facs="#f0632" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/297011"/> <fw type="header" place="top"> Maßgebliches und Unmaßgebliches</fw><lb/> <p xml:id="ID_2952" prev="#ID_2951"> das nicht der Fall, so werde Kaiser Nikolaus bei Prüfung der innern Aufgaben<lb/> Rußlands doch vielleicht ermessen, ob eine Fortsetzung des Krieges die weiter»<lb/> großen Menschenopfer wert sei. Fern davon, dem befreundeten Rußland einen Rat<lb/> aufzudrängen, der nur bei voller Kenntnis der Politischen und der militärischen Ver¬<lb/> hältnisse möglich wäre, biete Kaiser Wilhelm seine freundschaftlichen Dienste für den<lb/> Fall an, daß Kaiser Nikolaus den Augenblick für gekommen erachten sollte, davon<lb/> Gebrauch zu machen. — Daß Japan zunächst Wert darauf legt, allein und direkt<lb/> mit Rußland zu verhandeln, ist sein Siegerrecht. Von Erfolg werden diese Ver¬<lb/> handlungen aber wohl nur sein, wenn die Regierung des Mikado ihre Forderungen<lb/> nichr der Grenze des Minimums als der des Maximunis nähert.</p><lb/> <p xml:id="ID_2953"> Der Eintritt der Friedensphase ist nicht die einzige Folge der Seeschlacht<lb/> von Tsuschima. Eine weitere stellt sich in der Abberufung der fünf englischen<lb/> Linienschiffe aus Ostasien in die europäischen Gewässer dar. In Ostasien sollen<lb/> nur Kreuzer verbleiben. Es geht aus dieser Anordnung hervor, daß England<lb/> seine Interessen im Stillen Ozean nach dem vorläufigen Verschwinden der russischen<lb/> Flotte auf diese Weise hinlänglich gedeckt glaubt, wobei freilich das Bündnis mit<lb/> Japan sehr ins Gewicht fällt. Die Zurückberufung der Linienschiffe entspricht<lb/> außerdem dem neuen Dislvkativnsplane der englischen Flotte. Auch eine Aus¬<lb/> wechslung der Geschütze mag in Betracht kommen, im übrigen ist dabei nur von<lb/> Interesse, daß England seine Schlachtschiffe in Europa vereinigt, und es bleibt<lb/> festzustellen, ob die fünf Schlachtschiffe der Atlantikslotte oder der Kanalflotte zu¬<lb/> geteilt werden.</p><lb/> <p xml:id="ID_2954"> Eine weitere Folge der Seeschlacht von Tsuschima betrifft Deutschland. Unsre<lb/> Marine hat daraus mit großer Befriedigung die Folgerung ziehn dürfen, daß ihre<lb/> eigne Gliederung, mich in den Verhältuiszahlen der einzelnen Schiffsgruppen<lb/> zueinander, absolut richtig ist, und unser Organisationsplan in dieser Richtung<lb/> absolut keiner Änderung bedarf. Das wird auch durch die in den letzten Tagen<lb/> in positiver Form ergcmgne Ankündigung bestätigt, daß die in Aussicht stehende<lb/> Flottenvorlage sechs Panzerkreuzer und sieben Torpedodivisioueu fordern werde.<lb/> In ihren Abmessungen werden sich diese Panzerkreuzer deu bedeutenden Fortschritten<lb/> der andern Seemächte anzupassen haben. Wenn in freisinnigen Blättern jetzt Ver¬<lb/> suche unternommen werden, zu beweisen, daß es ein Irrtum war, den Schwerpunkt<lb/> unsrer Flottenorganisation in das Linienschiff zu verlegen, da die Japaner ihren<lb/> Seesieg durch ihre massenhaften Torpedoangriffe erfochten hätten, so ist das so un¬<lb/> richtig wie möglich und zeugt vom absolutesten Mangel an Verständnis für diese<lb/> Frage. Die Japaner haben unter Ausnutzung der bessern Bewaffnung und der über¬<lb/> legnen Schießkunst ihrer Linienschiffe die russische» Geschwader durch Fernfeuer<lb/> in Unordnung gebracht und die einzelnen Schiffe schwer beschädigt; dann erst,<lb/> als ein großer Teil dieser Schisse kaum noch gefechtsfähig war, haben sie ihre<lb/> Torpedoboote eingesetzt, die im andern Falle gefechtssähigen Linienschiffen gegen¬<lb/> über völlig verloren gewesen wären. Hierzu kam, daß die ruhig gewordne See<lb/> dem japanischen Admiral erlaubte, auch die in der Nähe in Buchten und Häfen<lb/> verankerten kleinen Torpedofahrzeugc neben den Hochseetorpedvbvoten zum Angriff<lb/> heranzuziehn. Aber diese Torpedoangriffe waren nicht etwa grundlegend, sondern<lb/> sie glichen dem Einbrechen intakter Kavallerie in niedergekämpfte Batterien oder<lb/> schwer erschütterte Bataillone des Gegners.</p><lb/> <p xml:id="ID_2955" next="#ID_2956"> Der Sieg ist durch das Fernfeuer der japanischen Linienschiffe vorbereitet<lb/> und erfochten worden, den Torpedobooten fiel nur noch das Ausfegen des Schlacht¬<lb/> feldes zu. Keine einzige Seemacht wird daraufhin ihren Liuienschiffbau einstellen,<lb/> sie alle werden ihn im Gegenteil nur vermehren. Die Japaner hatten durch ihr<lb/> überwältigendes Fernfeuer die russische Flotte schon besiegt, bevor diese aus ihrer<lb/> Marschformation in Angriffsformativn gelangen konnte. Daß die Russen ein Revier,<lb/> worin sie den Feind mit Sicherheit vermuten mußten, obendrein das schwierige<lb/> Terrain einer lnsel- und buchtenreichen Meerenge, in Marschformntion betraten</p><lb/> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0632]
Maßgebliches und Unmaßgebliches
das nicht der Fall, so werde Kaiser Nikolaus bei Prüfung der innern Aufgaben
Rußlands doch vielleicht ermessen, ob eine Fortsetzung des Krieges die weiter»
großen Menschenopfer wert sei. Fern davon, dem befreundeten Rußland einen Rat
aufzudrängen, der nur bei voller Kenntnis der Politischen und der militärischen Ver¬
hältnisse möglich wäre, biete Kaiser Wilhelm seine freundschaftlichen Dienste für den
Fall an, daß Kaiser Nikolaus den Augenblick für gekommen erachten sollte, davon
Gebrauch zu machen. — Daß Japan zunächst Wert darauf legt, allein und direkt
mit Rußland zu verhandeln, ist sein Siegerrecht. Von Erfolg werden diese Ver¬
handlungen aber wohl nur sein, wenn die Regierung des Mikado ihre Forderungen
nichr der Grenze des Minimums als der des Maximunis nähert.
Der Eintritt der Friedensphase ist nicht die einzige Folge der Seeschlacht
von Tsuschima. Eine weitere stellt sich in der Abberufung der fünf englischen
Linienschiffe aus Ostasien in die europäischen Gewässer dar. In Ostasien sollen
nur Kreuzer verbleiben. Es geht aus dieser Anordnung hervor, daß England
seine Interessen im Stillen Ozean nach dem vorläufigen Verschwinden der russischen
Flotte auf diese Weise hinlänglich gedeckt glaubt, wobei freilich das Bündnis mit
Japan sehr ins Gewicht fällt. Die Zurückberufung der Linienschiffe entspricht
außerdem dem neuen Dislvkativnsplane der englischen Flotte. Auch eine Aus¬
wechslung der Geschütze mag in Betracht kommen, im übrigen ist dabei nur von
Interesse, daß England seine Schlachtschiffe in Europa vereinigt, und es bleibt
festzustellen, ob die fünf Schlachtschiffe der Atlantikslotte oder der Kanalflotte zu¬
geteilt werden.
Eine weitere Folge der Seeschlacht von Tsuschima betrifft Deutschland. Unsre
Marine hat daraus mit großer Befriedigung die Folgerung ziehn dürfen, daß ihre
eigne Gliederung, mich in den Verhältuiszahlen der einzelnen Schiffsgruppen
zueinander, absolut richtig ist, und unser Organisationsplan in dieser Richtung
absolut keiner Änderung bedarf. Das wird auch durch die in den letzten Tagen
in positiver Form ergcmgne Ankündigung bestätigt, daß die in Aussicht stehende
Flottenvorlage sechs Panzerkreuzer und sieben Torpedodivisioueu fordern werde.
In ihren Abmessungen werden sich diese Panzerkreuzer deu bedeutenden Fortschritten
der andern Seemächte anzupassen haben. Wenn in freisinnigen Blättern jetzt Ver¬
suche unternommen werden, zu beweisen, daß es ein Irrtum war, den Schwerpunkt
unsrer Flottenorganisation in das Linienschiff zu verlegen, da die Japaner ihren
Seesieg durch ihre massenhaften Torpedoangriffe erfochten hätten, so ist das so un¬
richtig wie möglich und zeugt vom absolutesten Mangel an Verständnis für diese
Frage. Die Japaner haben unter Ausnutzung der bessern Bewaffnung und der über¬
legnen Schießkunst ihrer Linienschiffe die russische» Geschwader durch Fernfeuer
in Unordnung gebracht und die einzelnen Schiffe schwer beschädigt; dann erst,
als ein großer Teil dieser Schisse kaum noch gefechtsfähig war, haben sie ihre
Torpedoboote eingesetzt, die im andern Falle gefechtssähigen Linienschiffen gegen¬
über völlig verloren gewesen wären. Hierzu kam, daß die ruhig gewordne See
dem japanischen Admiral erlaubte, auch die in der Nähe in Buchten und Häfen
verankerten kleinen Torpedofahrzeugc neben den Hochseetorpedvbvoten zum Angriff
heranzuziehn. Aber diese Torpedoangriffe waren nicht etwa grundlegend, sondern
sie glichen dem Einbrechen intakter Kavallerie in niedergekämpfte Batterien oder
schwer erschütterte Bataillone des Gegners.
Der Sieg ist durch das Fernfeuer der japanischen Linienschiffe vorbereitet
und erfochten worden, den Torpedobooten fiel nur noch das Ausfegen des Schlacht¬
feldes zu. Keine einzige Seemacht wird daraufhin ihren Liuienschiffbau einstellen,
sie alle werden ihn im Gegenteil nur vermehren. Die Japaner hatten durch ihr
überwältigendes Fernfeuer die russische Flotte schon besiegt, bevor diese aus ihrer
Marschformation in Angriffsformativn gelangen konnte. Daß die Russen ein Revier,
worin sie den Feind mit Sicherheit vermuten mußten, obendrein das schwierige
Terrain einer lnsel- und buchtenreichen Meerenge, in Marschformntion betraten
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