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Die Grenzboten. Jg. 64, 1905, Zweites Vierteljahr.

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Maßgebliches und Unmaßgebliches

kein Toleranzdrama ist. Die drei Hauptpersonen, deren Handeln ja nicht von ihrer
zufälligen Religion, sondern von ihrer Humanität bestimmt wird, sind Gesinnungs¬
genossen, und keiner der drei hat am andern etwas zu tolerieren. Sie sehen nnr
über die ihnen gleichgiltigen Äußerlichkeiten der Bekenntnisse hinweg, denen sie
dnrch ihre Geburt zufällig angehören. Wenn mau das schon Toleranz nennt, so
ist es eine sittlich geringwertige Leistung: "Nur wo der Gegensatz empfunden wird,
wo ein Abgrund klafft zwischen Weltanschauung und Weltanschauung, da hat das
Dulden den Charakter einer sittlichen Anstrengung und Kraftleistung, nnr da ist
wirkliche Toleranz." Diese hat nun, wie im folgenden ausgeführt wird, das Vor¬
urteil zu überwinden, daß die Angehörigen der andern Konfession schlechte Charaktere
oder geringere Menschen seien, hat die Person von der Sache zu trennen und die
ehrenwerte Person anzuerkennen, wo immer sie eine solche findet. Wir gehn frei¬
lich weiter und fordern, daß auch die ideelle und die geschichtliche Berechtigung
der Sache anerkannt werde, würden aber schon zufrieden sein, wenn die Toleranz
im Sinne von Hermann und Martin zur Herrschaft gelangte. Das Maiheft gibt
unter der Überschrift: Wahrheitssinn, die Klage des Melchior Carus, eines spa¬
nischen Theologen des sechzehnten Jahrhunderts, wieder über die in die Kirche
eingedrungnen Fabeln und über die beschämende Tatsache, daß die heidnischen
Schriftsteller des klassischen Altertums im Durchschnitt wahrheitliebendcr und zu¬
verlässiger gewesen sind als die christlichen. In demselben Hefte wird eine Schrift
über das Fegefeuer, die beweisen will, daß im Reinigungsort ein wirkliches Feuer
brennt, als eine unerfreuliche Erscheinung bezeichnet. Die Friedensblätter werden
ohne Zweifel wohltätig wirken. Wir wünschen, daß sie unter den Katholiken
weitere Verbreitung finden als etwa der berüchtigte Pelikan und ähnliche Aus¬
geburten des Aberglaubens und des Fanatismus, und daß sie von protestantischer
L. I- Seite aufgemuntert werden.




Herausgegeben von Johannes Grunow in Leipzig
Verlag von Fr. Will), Grunow in Leipzig -- Druck von Karl Marquart in Leipzig


Oclol-Oele!
ich will ein rinnt ?.u äeinem preise singen,
ilnä tönenä so" es in ale (Velde Klingen,
Oäol!
Dem cake" Sänger irischen Multa verleihst an,
in 6Il>"7. unä Reinheit?-ehr "mal tZaumen weisse an,
0äol!
Auch Lipp' "na surge spüren aeine" Segen,
(Ion äeinem Nah gestärkt?." freier in Hegen,
Oäol! Dem Klein gibst <In Keuschen Dult aer Kinne...
Aas soll ich sagen noch 7." äeinem Kuhne,
Oäol!
0 wogst an jedem Menschenmunä -ni l-räen
Kilt guckt aer irische unä gcsunäbeit weräcn,
Oäol!


Maßgebliches und Unmaßgebliches

kein Toleranzdrama ist. Die drei Hauptpersonen, deren Handeln ja nicht von ihrer
zufälligen Religion, sondern von ihrer Humanität bestimmt wird, sind Gesinnungs¬
genossen, und keiner der drei hat am andern etwas zu tolerieren. Sie sehen nnr
über die ihnen gleichgiltigen Äußerlichkeiten der Bekenntnisse hinweg, denen sie
dnrch ihre Geburt zufällig angehören. Wenn mau das schon Toleranz nennt, so
ist es eine sittlich geringwertige Leistung: „Nur wo der Gegensatz empfunden wird,
wo ein Abgrund klafft zwischen Weltanschauung und Weltanschauung, da hat das
Dulden den Charakter einer sittlichen Anstrengung und Kraftleistung, nnr da ist
wirkliche Toleranz." Diese hat nun, wie im folgenden ausgeführt wird, das Vor¬
urteil zu überwinden, daß die Angehörigen der andern Konfession schlechte Charaktere
oder geringere Menschen seien, hat die Person von der Sache zu trennen und die
ehrenwerte Person anzuerkennen, wo immer sie eine solche findet. Wir gehn frei¬
lich weiter und fordern, daß auch die ideelle und die geschichtliche Berechtigung
der Sache anerkannt werde, würden aber schon zufrieden sein, wenn die Toleranz
im Sinne von Hermann und Martin zur Herrschaft gelangte. Das Maiheft gibt
unter der Überschrift: Wahrheitssinn, die Klage des Melchior Carus, eines spa¬
nischen Theologen des sechzehnten Jahrhunderts, wieder über die in die Kirche
eingedrungnen Fabeln und über die beschämende Tatsache, daß die heidnischen
Schriftsteller des klassischen Altertums im Durchschnitt wahrheitliebendcr und zu¬
verlässiger gewesen sind als die christlichen. In demselben Hefte wird eine Schrift
über das Fegefeuer, die beweisen will, daß im Reinigungsort ein wirkliches Feuer
brennt, als eine unerfreuliche Erscheinung bezeichnet. Die Friedensblätter werden
ohne Zweifel wohltätig wirken. Wir wünschen, daß sie unter den Katholiken
weitere Verbreitung finden als etwa der berüchtigte Pelikan und ähnliche Aus¬
geburten des Aberglaubens und des Fanatismus, und daß sie von protestantischer
L. I- Seite aufgemuntert werden.




Herausgegeben von Johannes Grunow in Leipzig
Verlag von Fr. Will), Grunow in Leipzig — Druck von Karl Marquart in Leipzig


Oclol-Oele!
ich will ein rinnt ?.u äeinem preise singen,
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Dem cake» Sänger irischen Multa verleihst an,
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Oäol! Dem Klein gibst <In Keuschen Dult aer Kinne...
Aas soll ich sagen noch 7.» äeinem Kuhne,
Oäol!
0 wogst an jedem Menschenmunä -ni l-räen
Kilt guckt aer irische unä gcsunäbeit weräcn,
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[0576] Maßgebliches und Unmaßgebliches kein Toleranzdrama ist. Die drei Hauptpersonen, deren Handeln ja nicht von ihrer zufälligen Religion, sondern von ihrer Humanität bestimmt wird, sind Gesinnungs¬ genossen, und keiner der drei hat am andern etwas zu tolerieren. Sie sehen nnr über die ihnen gleichgiltigen Äußerlichkeiten der Bekenntnisse hinweg, denen sie dnrch ihre Geburt zufällig angehören. Wenn mau das schon Toleranz nennt, so ist es eine sittlich geringwertige Leistung: „Nur wo der Gegensatz empfunden wird, wo ein Abgrund klafft zwischen Weltanschauung und Weltanschauung, da hat das Dulden den Charakter einer sittlichen Anstrengung und Kraftleistung, nnr da ist wirkliche Toleranz." Diese hat nun, wie im folgenden ausgeführt wird, das Vor¬ urteil zu überwinden, daß die Angehörigen der andern Konfession schlechte Charaktere oder geringere Menschen seien, hat die Person von der Sache zu trennen und die ehrenwerte Person anzuerkennen, wo immer sie eine solche findet. Wir gehn frei¬ lich weiter und fordern, daß auch die ideelle und die geschichtliche Berechtigung der Sache anerkannt werde, würden aber schon zufrieden sein, wenn die Toleranz im Sinne von Hermann und Martin zur Herrschaft gelangte. Das Maiheft gibt unter der Überschrift: Wahrheitssinn, die Klage des Melchior Carus, eines spa¬ nischen Theologen des sechzehnten Jahrhunderts, wieder über die in die Kirche eingedrungnen Fabeln und über die beschämende Tatsache, daß die heidnischen Schriftsteller des klassischen Altertums im Durchschnitt wahrheitliebendcr und zu¬ verlässiger gewesen sind als die christlichen. In demselben Hefte wird eine Schrift über das Fegefeuer, die beweisen will, daß im Reinigungsort ein wirkliches Feuer brennt, als eine unerfreuliche Erscheinung bezeichnet. Die Friedensblätter werden ohne Zweifel wohltätig wirken. Wir wünschen, daß sie unter den Katholiken weitere Verbreitung finden als etwa der berüchtigte Pelikan und ähnliche Aus¬ geburten des Aberglaubens und des Fanatismus, und daß sie von protestantischer L. I- Seite aufgemuntert werden. Herausgegeben von Johannes Grunow in Leipzig Verlag von Fr. Will), Grunow in Leipzig — Druck von Karl Marquart in Leipzig Oclol-Oele! ich will ein rinnt ?.u äeinem preise singen, ilnä tönenä so» es in ale (Velde Klingen, Oäol! Dem cake» Sänger irischen Multa verleihst an, in 6Il>»7. unä Reinheit?-ehr »mal tZaumen weisse an, 0äol! Auch Lipp' »na surge spüren aeine» Segen, (Ion äeinem Nah gestärkt?.» freier in Hegen, Oäol! Dem Klein gibst <In Keuschen Dult aer Kinne... Aas soll ich sagen noch 7.» äeinem Kuhne, Oäol! 0 wogst an jedem Menschenmunä -ni l-räen Kilt guckt aer irische unä gcsunäbeit weräcn, Oäol!

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 64, 1905, Zweites Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341881_296764/576>, abgerufen am 05.02.2025.