Die Grenzboten. Jg. 64, 1905, Zweites Vierteljahr.Der 7<ainpf um die Adria auf den Grundsatz der Aufrechterhaltung des sraws ano in Albanien; aber Vielmehr traten Ereignisse ein, die im entgegengesetzten Sinne wirken Bei dieser Gestaltung der Dinge scheint man dann um die Wende der Verschiedne Umstände, vor allem wohl die ganz unerwartet lange Ruhe Der 7<ainpf um die Adria auf den Grundsatz der Aufrechterhaltung des sraws ano in Albanien; aber Vielmehr traten Ereignisse ein, die im entgegengesetzten Sinne wirken Bei dieser Gestaltung der Dinge scheint man dann um die Wende der Verschiedne Umstände, vor allem wohl die ganz unerwartet lange Ruhe <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0186" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/297318"/> <fw type="header" place="top"> Der 7<ainpf um die Adria</fw><lb/> <p xml:id="ID_819" prev="#ID_818"> auf den Grundsatz der Aufrechterhaltung des sraws ano in Albanien; aber<lb/> man ging doch, wie Tittonis spätere Kundgebungen erraten lassen, noch einen<lb/> Schritt weiter und besprach auch den Fall, daß trotz allem die Aufrecht¬<lb/> erhaltung des stÄtu.8 czno nicht möglich sein werde. Dann soll, so scheint man<lb/> übereingekommen zu sein, der Grundsatz der Autonomie der Balkanvölker auch<lb/> auf Albanien Anwendung finden. Ob damit wirklich ein gangbarer Ausweg<lb/> aus dem Dilemma gefunden worden ist? Wer da glaubt, daß die albanesischen<lb/> Stämme für die Selbstregierung reif seien, der möchte sich ebenso im Irrtum<lb/> befinden wie der, der da meint, daß Italien ernsthaft und für alle Zukunft<lb/> auf seine „geheiligten Ansprüche, Rechte und Interessen am andern Ufer der<lb/> Adria" verzichtet habe. Beruhigung hat denn auch die Besprechung von Abbazia<lb/> zunächst nicht gebracht.</p><lb/> <p xml:id="ID_820"> Vielmehr traten Ereignisse ein, die im entgegengesetzten Sinne wirken<lb/> mußten: die überraschenden, alles bisher dagewesene übersteigenden Mehrforde¬<lb/> rungen für Heer und Marine in Österreich-Ungarn, die Neubefestigung längst<lb/> ausgelassener Festungen südlich von den Alpen in Italien. Mit der in Abbazia<lb/> angeblich erreichten vollständigen Einigung standen diese Tatsachen im schroffsten<lb/> Widerspruch, und wenn der österreichisch-ungarische .Kriegsminister zum Beweise<lb/> dafür, daß seine Forderungen nicht durch politische Gründe verursacht seien, auf<lb/> die friedlichen Äußerungen Tittonis in der italienischen Kammer hinwies, so<lb/> hat er damit gerade, vielleicht ganz naiv und ohne es zu wollen, für jeden<lb/> Sehenden deutlich ausgesprochen, wer der Gegner ist, dem die Rüstungen des<lb/> Donaustaats gelten. Glauben hat er denn auch nicht gefunden, und der Kampf<lb/> der öffentlichen Meinungen beider Länder ging weiter; er blieb nicht mehr auf<lb/> die Presse Österreich-Ungarns und Italiens beschränkt, sondern rief auch die<lb/> französische, englische und deutsche Publizistik in die Schranken. Das gegen¬<lb/> seitige Mißtrauen war trotz Abbazia nur noch größer geworden.</p><lb/> <p xml:id="ID_821"> Bei dieser Gestaltung der Dinge scheint man dann um die Wende der<lb/> Monate September und Oktober die Vermittlung Deutschlands zur Ausgleichung<lb/> des Gegensatzes angerufen zu haben, wenigstens hat das bedeutendste öster¬<lb/> reichische Blatt die Zusammenkunft des italienischen Ministerpräsidenten mit dem<lb/> deutschen Reichskanzler und die sich anschließenden Minister- und Gesandten¬<lb/> reisen und -empfange mit den Beziehungen zwischen Österreich-Ungarn und<lb/> Italien in Zusammenhang gebracht. Näheres ist darüber nicht bekannt ge¬<lb/> worden.</p><lb/> <p xml:id="ID_822" next="#ID_823"> Verschiedne Umstände, vor allem wohl die ganz unerwartet lange Ruhe<lb/> auf dem Balkan, dann die Vorgänge in Innsbruck, die die Gemüter wenigstens<lb/> von der Erörterung der albanesischen Frage abgelenkt und den andern Punkt<lb/> des Gegensatzes zwischen beiden Ländern wieder mehr in den Vordergrund ge¬<lb/> rückt haben, und andres mehr haben dazu beigetragen, daß äußerlich wenigstens<lb/> und bis zu einem gewissen Grade der Streit um Albanien zum Schweige«<lb/> gebracht worden ist. Auf wie lange, kann niemand wissen; denn wie schon<lb/> betont worden ist, die Gestaltung der albanesischen Frage hängt durchaus ab<lb/> von dem Lauf, den die Dinge auf dem Balkan nehmen werden. Daß kein Ab¬<lb/> schluß erreicht worden ist, daß man vielmehr mitten in der Entwicklung dieses</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0186]
Der 7<ainpf um die Adria
auf den Grundsatz der Aufrechterhaltung des sraws ano in Albanien; aber
man ging doch, wie Tittonis spätere Kundgebungen erraten lassen, noch einen
Schritt weiter und besprach auch den Fall, daß trotz allem die Aufrecht¬
erhaltung des stÄtu.8 czno nicht möglich sein werde. Dann soll, so scheint man
übereingekommen zu sein, der Grundsatz der Autonomie der Balkanvölker auch
auf Albanien Anwendung finden. Ob damit wirklich ein gangbarer Ausweg
aus dem Dilemma gefunden worden ist? Wer da glaubt, daß die albanesischen
Stämme für die Selbstregierung reif seien, der möchte sich ebenso im Irrtum
befinden wie der, der da meint, daß Italien ernsthaft und für alle Zukunft
auf seine „geheiligten Ansprüche, Rechte und Interessen am andern Ufer der
Adria" verzichtet habe. Beruhigung hat denn auch die Besprechung von Abbazia
zunächst nicht gebracht.
Vielmehr traten Ereignisse ein, die im entgegengesetzten Sinne wirken
mußten: die überraschenden, alles bisher dagewesene übersteigenden Mehrforde¬
rungen für Heer und Marine in Österreich-Ungarn, die Neubefestigung längst
ausgelassener Festungen südlich von den Alpen in Italien. Mit der in Abbazia
angeblich erreichten vollständigen Einigung standen diese Tatsachen im schroffsten
Widerspruch, und wenn der österreichisch-ungarische .Kriegsminister zum Beweise
dafür, daß seine Forderungen nicht durch politische Gründe verursacht seien, auf
die friedlichen Äußerungen Tittonis in der italienischen Kammer hinwies, so
hat er damit gerade, vielleicht ganz naiv und ohne es zu wollen, für jeden
Sehenden deutlich ausgesprochen, wer der Gegner ist, dem die Rüstungen des
Donaustaats gelten. Glauben hat er denn auch nicht gefunden, und der Kampf
der öffentlichen Meinungen beider Länder ging weiter; er blieb nicht mehr auf
die Presse Österreich-Ungarns und Italiens beschränkt, sondern rief auch die
französische, englische und deutsche Publizistik in die Schranken. Das gegen¬
seitige Mißtrauen war trotz Abbazia nur noch größer geworden.
Bei dieser Gestaltung der Dinge scheint man dann um die Wende der
Monate September und Oktober die Vermittlung Deutschlands zur Ausgleichung
des Gegensatzes angerufen zu haben, wenigstens hat das bedeutendste öster¬
reichische Blatt die Zusammenkunft des italienischen Ministerpräsidenten mit dem
deutschen Reichskanzler und die sich anschließenden Minister- und Gesandten¬
reisen und -empfange mit den Beziehungen zwischen Österreich-Ungarn und
Italien in Zusammenhang gebracht. Näheres ist darüber nicht bekannt ge¬
worden.
Verschiedne Umstände, vor allem wohl die ganz unerwartet lange Ruhe
auf dem Balkan, dann die Vorgänge in Innsbruck, die die Gemüter wenigstens
von der Erörterung der albanesischen Frage abgelenkt und den andern Punkt
des Gegensatzes zwischen beiden Ländern wieder mehr in den Vordergrund ge¬
rückt haben, und andres mehr haben dazu beigetragen, daß äußerlich wenigstens
und bis zu einem gewissen Grade der Streit um Albanien zum Schweige«
gebracht worden ist. Auf wie lange, kann niemand wissen; denn wie schon
betont worden ist, die Gestaltung der albanesischen Frage hängt durchaus ab
von dem Lauf, den die Dinge auf dem Balkan nehmen werden. Daß kein Ab¬
schluß erreicht worden ist, daß man vielmehr mitten in der Entwicklung dieses
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