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Die Grenzboten. Jg. 64, 1905, Viertes Vierteljahr.

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die mancherlei Schwierigkeiten zu beseitigen, die durch diese Einrichtung erwachsen
sind. Es käme die weitere Frage hinzu, ob ein Mandat nicht ixso taeto als
erloschen gelten sollte, sobald sein Inhaber in einer bestimmten Anzahl von
Sitzungen während einer Session unentschuldigt gefehlt und damit schon selbst
den tatsächlichen Verzicht ausgesprochen hat. Der Reichstag müßte das Recht und
die Pflicht haben, ein solches Mandat auf Antrag des Präsidenten ohne Debatte
für erloschen zu erklären. -- Aus der Rede des freisinnigen Abgeordneten Schrader
darf übrigens noch hervorgehoben werden, daß er sich der vom Grafen Posadowsky
berührten Oberhausidee keineswegs unfreundlich gegenüberstellte.

In allen politischen Fragen empfiehlt es sich, das als notwendig anerkannte
rechtzeitig zu tun. Eine Regierung kommt jedesmal in eine mißliche Lage, wenn
sie nach anfänglichem Widerstand erfolglos einem Drängen nachgibt. Damit soll
keineswegs gesagt sein, daß jedes Drängen auch einer wirklichen Notwendigkeit gilt.
Wirkliche politische Notwendigkeiten werden nicht nur von einer Partei oder einer
politischen Gruppe empfunden, sie müssen von sehr weiten Kreisen geteilt und ge¬
tragen werden. Sie richtig und rechtzeitig zu erkennen, gehört zu den schwersten
Aufgabe,: einer Regierung, die sich ihrer Pflicht einer starken staatlichen Initiative
bewußt ist. Tatsächlich bedarf eine Reihe von innern politischen Fragen in Deutsch¬
land der Neuordnung, der Absentismus im Reichstage ist nur ein Teil davon.

Durch eine wohlgeordnete Reform kann im Reiche und damit rückwirkend auf
die Einzelstaaten mancher Gegensatz beseitigt, manche Verstimmung ausgeglichen
werden. Dann wäre auch für Preußen der Zeitpunkt gekommen, der Frage des
Landtagswahlrechts im Sinne einer zeitgemäßen Ausgestaltung, selbstverständlich
ohne allgemeines Stimmrecht, näherzutreten. Der jetzige Augenblick wäre dazu
freilich wenig geeignet, aber "der kluge Mann baut vor." Wenn die Regierung
mit fester Hand der Nation klare, wohldurchdachte Aufgaben stellt, wird sie immer
im Vorteil sein wie der Feldherr, der das Gesetz der Schlacht nicht vom Gegner
anzunehmen, sondern ihm zu geben hat. Je kräftiger die Initiative einer Regierung
ist, um so stärker wird ihre Autorität sein.

Zwischen Deutschland und England hat endlich ein Austausch von Kompli¬
menten begonnen, der auf die Beziehungen nicht nnr beider Völker, sondern auch
beider Regierungen zueinander hoffentlich nicht ohne erfreulichen Einfluß bleiben
wird. Die Konkurrenzstimmung zwischen beiden Völkern wird sich, soweit Handel,
Industrie und Schiffahrt in Betracht kommen, freilich nicht aus der Welt schaffen
lassen, sie wird bestehn, solange es noch einen deutschen und einen englischen Im¬
porteur oder Exporteur oder Schiffsreeder gibt. Aber das braucht sich nicht auf
das politische Verhältnis der beiden Nationen zueinander zu übertragen und bis
zur Krieg-in-Sicht-Stimmung auszuarten. Diese zu verhindern, ist Sache der
Regierungen. Der Reichskanzler hat sich deswegen viel Mühe gegeben, man denke
an die erregte Stimmung in Deutschland zur Zeit der Reise des Präsidenten
Krüger. Aber die englische Regierung hat Öl ins Feuer gegossen, indem sie mit
ihrer Seerüstung Maßnahmen traf, die nur gegen Deutschland gerichtet sein konnten
und sein sollten, und dann in ostensibler Weise mit Frankreich eine Verständigung
einging, der ebenfalls unverkennbar eine Richtung gegen Deutschland gegeben wurde.
Das sind Tatsachen, die geschichtlich feststehn und nicht ohne weiteres vergessen
werden können, und es möchte eine Warnung am Platze sein, daß die Deutschen
nun nicht gleich wieder vor Freude Purzelbäume im Parlament, in der Presse und
in Versammlungen schlagen, weil der politische Wettertelegraph aus London be¬
richtet, daß das Vorherrschen starker westlicher Winde nachgelassen hat, und daß das
Wetter aufklärt. Das französische Gelbbuch, auch wenn es selbstverständlich zu dem
Zwecke zusammengestellt ist, damit vor Frankreich und vor Europa eine gute Figur
zu machen, enthält doch manche Lehre, und wir sind mit der Annahme des Kon-
ferenzvvrschlags durch Frankreich, sowie des Konferenzprogramms, keineswegs über
den Berg. Das Gelbbuch sowohl wie Rouviers Rede und die Haltung der Kammer


die mancherlei Schwierigkeiten zu beseitigen, die durch diese Einrichtung erwachsen
sind. Es käme die weitere Frage hinzu, ob ein Mandat nicht ixso taeto als
erloschen gelten sollte, sobald sein Inhaber in einer bestimmten Anzahl von
Sitzungen während einer Session unentschuldigt gefehlt und damit schon selbst
den tatsächlichen Verzicht ausgesprochen hat. Der Reichstag müßte das Recht und
die Pflicht haben, ein solches Mandat auf Antrag des Präsidenten ohne Debatte
für erloschen zu erklären. — Aus der Rede des freisinnigen Abgeordneten Schrader
darf übrigens noch hervorgehoben werden, daß er sich der vom Grafen Posadowsky
berührten Oberhausidee keineswegs unfreundlich gegenüberstellte.

In allen politischen Fragen empfiehlt es sich, das als notwendig anerkannte
rechtzeitig zu tun. Eine Regierung kommt jedesmal in eine mißliche Lage, wenn
sie nach anfänglichem Widerstand erfolglos einem Drängen nachgibt. Damit soll
keineswegs gesagt sein, daß jedes Drängen auch einer wirklichen Notwendigkeit gilt.
Wirkliche politische Notwendigkeiten werden nicht nur von einer Partei oder einer
politischen Gruppe empfunden, sie müssen von sehr weiten Kreisen geteilt und ge¬
tragen werden. Sie richtig und rechtzeitig zu erkennen, gehört zu den schwersten
Aufgabe,: einer Regierung, die sich ihrer Pflicht einer starken staatlichen Initiative
bewußt ist. Tatsächlich bedarf eine Reihe von innern politischen Fragen in Deutsch¬
land der Neuordnung, der Absentismus im Reichstage ist nur ein Teil davon.

Durch eine wohlgeordnete Reform kann im Reiche und damit rückwirkend auf
die Einzelstaaten mancher Gegensatz beseitigt, manche Verstimmung ausgeglichen
werden. Dann wäre auch für Preußen der Zeitpunkt gekommen, der Frage des
Landtagswahlrechts im Sinne einer zeitgemäßen Ausgestaltung, selbstverständlich
ohne allgemeines Stimmrecht, näherzutreten. Der jetzige Augenblick wäre dazu
freilich wenig geeignet, aber „der kluge Mann baut vor." Wenn die Regierung
mit fester Hand der Nation klare, wohldurchdachte Aufgaben stellt, wird sie immer
im Vorteil sein wie der Feldherr, der das Gesetz der Schlacht nicht vom Gegner
anzunehmen, sondern ihm zu geben hat. Je kräftiger die Initiative einer Regierung
ist, um so stärker wird ihre Autorität sein.

Zwischen Deutschland und England hat endlich ein Austausch von Kompli¬
menten begonnen, der auf die Beziehungen nicht nnr beider Völker, sondern auch
beider Regierungen zueinander hoffentlich nicht ohne erfreulichen Einfluß bleiben
wird. Die Konkurrenzstimmung zwischen beiden Völkern wird sich, soweit Handel,
Industrie und Schiffahrt in Betracht kommen, freilich nicht aus der Welt schaffen
lassen, sie wird bestehn, solange es noch einen deutschen und einen englischen Im¬
porteur oder Exporteur oder Schiffsreeder gibt. Aber das braucht sich nicht auf
das politische Verhältnis der beiden Nationen zueinander zu übertragen und bis
zur Krieg-in-Sicht-Stimmung auszuarten. Diese zu verhindern, ist Sache der
Regierungen. Der Reichskanzler hat sich deswegen viel Mühe gegeben, man denke
an die erregte Stimmung in Deutschland zur Zeit der Reise des Präsidenten
Krüger. Aber die englische Regierung hat Öl ins Feuer gegossen, indem sie mit
ihrer Seerüstung Maßnahmen traf, die nur gegen Deutschland gerichtet sein konnten
und sein sollten, und dann in ostensibler Weise mit Frankreich eine Verständigung
einging, der ebenfalls unverkennbar eine Richtung gegen Deutschland gegeben wurde.
Das sind Tatsachen, die geschichtlich feststehn und nicht ohne weiteres vergessen
werden können, und es möchte eine Warnung am Platze sein, daß die Deutschen
nun nicht gleich wieder vor Freude Purzelbäume im Parlament, in der Presse und
in Versammlungen schlagen, weil der politische Wettertelegraph aus London be¬
richtet, daß das Vorherrschen starker westlicher Winde nachgelassen hat, und daß das
Wetter aufklärt. Das französische Gelbbuch, auch wenn es selbstverständlich zu dem
Zwecke zusammengestellt ist, damit vor Frankreich und vor Europa eine gute Figur
zu machen, enthält doch manche Lehre, und wir sind mit der Annahme des Kon-
ferenzvvrschlags durch Frankreich, sowie des Konferenzprogramms, keineswegs über
den Berg. Das Gelbbuch sowohl wie Rouviers Rede und die Haltung der Kammer


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[0745] die mancherlei Schwierigkeiten zu beseitigen, die durch diese Einrichtung erwachsen sind. Es käme die weitere Frage hinzu, ob ein Mandat nicht ixso taeto als erloschen gelten sollte, sobald sein Inhaber in einer bestimmten Anzahl von Sitzungen während einer Session unentschuldigt gefehlt und damit schon selbst den tatsächlichen Verzicht ausgesprochen hat. Der Reichstag müßte das Recht und die Pflicht haben, ein solches Mandat auf Antrag des Präsidenten ohne Debatte für erloschen zu erklären. — Aus der Rede des freisinnigen Abgeordneten Schrader darf übrigens noch hervorgehoben werden, daß er sich der vom Grafen Posadowsky berührten Oberhausidee keineswegs unfreundlich gegenüberstellte. In allen politischen Fragen empfiehlt es sich, das als notwendig anerkannte rechtzeitig zu tun. Eine Regierung kommt jedesmal in eine mißliche Lage, wenn sie nach anfänglichem Widerstand erfolglos einem Drängen nachgibt. Damit soll keineswegs gesagt sein, daß jedes Drängen auch einer wirklichen Notwendigkeit gilt. Wirkliche politische Notwendigkeiten werden nicht nur von einer Partei oder einer politischen Gruppe empfunden, sie müssen von sehr weiten Kreisen geteilt und ge¬ tragen werden. Sie richtig und rechtzeitig zu erkennen, gehört zu den schwersten Aufgabe,: einer Regierung, die sich ihrer Pflicht einer starken staatlichen Initiative bewußt ist. Tatsächlich bedarf eine Reihe von innern politischen Fragen in Deutsch¬ land der Neuordnung, der Absentismus im Reichstage ist nur ein Teil davon. Durch eine wohlgeordnete Reform kann im Reiche und damit rückwirkend auf die Einzelstaaten mancher Gegensatz beseitigt, manche Verstimmung ausgeglichen werden. Dann wäre auch für Preußen der Zeitpunkt gekommen, der Frage des Landtagswahlrechts im Sinne einer zeitgemäßen Ausgestaltung, selbstverständlich ohne allgemeines Stimmrecht, näherzutreten. Der jetzige Augenblick wäre dazu freilich wenig geeignet, aber „der kluge Mann baut vor." Wenn die Regierung mit fester Hand der Nation klare, wohldurchdachte Aufgaben stellt, wird sie immer im Vorteil sein wie der Feldherr, der das Gesetz der Schlacht nicht vom Gegner anzunehmen, sondern ihm zu geben hat. Je kräftiger die Initiative einer Regierung ist, um so stärker wird ihre Autorität sein. Zwischen Deutschland und England hat endlich ein Austausch von Kompli¬ menten begonnen, der auf die Beziehungen nicht nnr beider Völker, sondern auch beider Regierungen zueinander hoffentlich nicht ohne erfreulichen Einfluß bleiben wird. Die Konkurrenzstimmung zwischen beiden Völkern wird sich, soweit Handel, Industrie und Schiffahrt in Betracht kommen, freilich nicht aus der Welt schaffen lassen, sie wird bestehn, solange es noch einen deutschen und einen englischen Im¬ porteur oder Exporteur oder Schiffsreeder gibt. Aber das braucht sich nicht auf das politische Verhältnis der beiden Nationen zueinander zu übertragen und bis zur Krieg-in-Sicht-Stimmung auszuarten. Diese zu verhindern, ist Sache der Regierungen. Der Reichskanzler hat sich deswegen viel Mühe gegeben, man denke an die erregte Stimmung in Deutschland zur Zeit der Reise des Präsidenten Krüger. Aber die englische Regierung hat Öl ins Feuer gegossen, indem sie mit ihrer Seerüstung Maßnahmen traf, die nur gegen Deutschland gerichtet sein konnten und sein sollten, und dann in ostensibler Weise mit Frankreich eine Verständigung einging, der ebenfalls unverkennbar eine Richtung gegen Deutschland gegeben wurde. Das sind Tatsachen, die geschichtlich feststehn und nicht ohne weiteres vergessen werden können, und es möchte eine Warnung am Platze sein, daß die Deutschen nun nicht gleich wieder vor Freude Purzelbäume im Parlament, in der Presse und in Versammlungen schlagen, weil der politische Wettertelegraph aus London be¬ richtet, daß das Vorherrschen starker westlicher Winde nachgelassen hat, und daß das Wetter aufklärt. Das französische Gelbbuch, auch wenn es selbstverständlich zu dem Zwecke zusammengestellt ist, damit vor Frankreich und vor Europa eine gute Figur zu machen, enthält doch manche Lehre, und wir sind mit der Annahme des Kon- ferenzvvrschlags durch Frankreich, sowie des Konferenzprogramms, keineswegs über den Berg. Das Gelbbuch sowohl wie Rouviers Rede und die Haltung der Kammer

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 64, 1905, Viertes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341881_296010/745>, abgerufen am 15.01.2025.