Die Grenzboten. Jg. 64, 1905, Viertes Vierteljahr.Geschichte einer Sammlung Katze oder den schwarzen Hahn (Überreste der altgermanischen Festopfer). In Mit dem Dreikönigsfeiertage schließt überall der Weihnachtsfestkreis im Geschichte einer Sammlung (Schluß) ! cum ich mir die Lage meines Vciters vorstelle in den letzten zwei Geschichte einer Sammlung Katze oder den schwarzen Hahn (Überreste der altgermanischen Festopfer). In Mit dem Dreikönigsfeiertage schließt überall der Weihnachtsfestkreis im Geschichte einer Sammlung (Schluß) ! cum ich mir die Lage meines Vciters vorstelle in den letzten zwei <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0731" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/296742"/> <fw type="header" place="top"> Geschichte einer Sammlung</fw><lb/> <p xml:id="ID_3731" prev="#ID_3730"> Katze oder den schwarzen Hahn (Überreste der altgermanischen Festopfer). In<lb/> Südwestböhmen ging die alte Volkskunde einst flüsternd umher, daß in der<lb/> Weihnachtsmitterncicht auf einsamen Kreuzwegen alle jene in einem Zuge<lb/> (Totenzuge) zu sehen seien, die im nächsten Jahre sterben würden. Wer sich<lb/> hierzu ein altes Sargbrett verschaffen und durch dessen Astloch schauen kann,<lb/> sieht noch gar mancherlei. Doch hat in den letzten Jahrzehnten die Weihnachts¬<lb/> feier auch im Volkstum Deutschböhmens immer mehr den Charakter des Festes<lb/> des Lichts, der Familien- und der Nächstenliebe, der Naturerneuerung ange¬<lb/> nommen. Jung und Alt muß am heiligen Abend ein Tuch auf dem Tisch<lb/> nächst dem Fenster ausbreiten oder einen Korb aufstellen, damit das „Born¬<lb/> kind" (eingeborne Kindlein) seine Gaben anstellen könne.</p><lb/> <p xml:id="ID_3732"> Mit dem Dreikönigsfeiertage schließt überall der Weihnachtsfestkreis im<lb/> Wesen ab. In der Dreikönigsvornacht entfaltet sich noch einmal die Macht<lb/> der Geister, ehe sie sich wieder zurückziehn. Haus und Hof wurden abermals<lb/> gesegnet und gefeit, mit christlichem Weihwasser und heidnischem Branche gegen<lb/> die Mächte der Dunkelheit zu schirmen gesucht. Mit geweihter Kreide wurde<lb/> an die Türschwellen, Türen und Tordalken das bekannte Dreikönigszeichen<lb/> L-j-N-s-L mit der Jahreszahl (Casper, Melchior, Baltzer, der volkstümliche<lb/> Name der heiligen drei Könige) und an die Bettstellen zu Häupten und zu<lb/> Füßen der sogenannte „Drudenfuß," das in einem Zuge ausgeführte „Penta¬<lb/> gramm" (Fünfstern) geschrieben. Das Dreikönigszeichen diente zum Schutze<lb/> gegen die Obmcicht böser Geister und Menschen; der Drudenfuß sollte gegen<lb/> die beängstigenden nächtlich die Schläfer drückenden „Druden" und „Albs"<lb/> (Elben, Alben) sichern. Mit dem Dreiköuigstage beginnen dann auch die Hin-<lb/> deutungen und Vorbereitungen des Volkslebens auf die zweitwichtigste Gruppe:<lb/> die Oster- und Frühlingsfeste.</p><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> </div> <div n="1"> <head> Geschichte einer Sammlung<lb/> (Schluß) </head><lb/> <p xml:id="ID_3733" next="#ID_3734"> ! cum ich mir die Lage meines Vciters vorstelle in den letzten zwei<lb/> I Jahren, die er in Rom war, während er sich schon nach Gelegenheit<lb/> umsah, nach Deutschland zurückzukommen — ich denke mir, daß es<lb/> ! manchmal so spannend war wie Wetten oder Spielen. Ich habe einmal<lb/> Inder Schliemann gelesen, von der eigentümlichen Sicherheit seiner<lb/> > Vermutungen, und wie er sich endlich seinem Ziele näherte. Es war<lb/> bei der Ausgrabung des Goldschatzes in Mhkene. Aus Anzeichen in der Schicht,<lb/> die sie durchfließen, schloß er auf etwas besondres. Der Schweiß brach ihm aus,<lb/> schlotternd vor Aufregung und wie im Fieber schickte er die Arbeiter unter Vor¬<lb/> wänden weg, um selber weiter zu graben und sich zu vergewissern. Und aufregend<lb/> war auch das mit den Bilderfunden. Mein Vater erzählte gelegentlich, wie er<lb/> Beauftragte großer auswärtiger Galerien gesehen hätte, wie sie majestätisch aufge¬<lb/> treten wären, sich den Antiquaren als die Bevollmächtigten dieses und jeues Staats¬<lb/> museums präsentiert hätten, denen Tausende zur Verfügung stünden, und wie es<lb/> dann gewesen wäre, als überschlüge sich dem Italiener die Zunge im Halse, während</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0731]
Geschichte einer Sammlung
Katze oder den schwarzen Hahn (Überreste der altgermanischen Festopfer). In
Südwestböhmen ging die alte Volkskunde einst flüsternd umher, daß in der
Weihnachtsmitterncicht auf einsamen Kreuzwegen alle jene in einem Zuge
(Totenzuge) zu sehen seien, die im nächsten Jahre sterben würden. Wer sich
hierzu ein altes Sargbrett verschaffen und durch dessen Astloch schauen kann,
sieht noch gar mancherlei. Doch hat in den letzten Jahrzehnten die Weihnachts¬
feier auch im Volkstum Deutschböhmens immer mehr den Charakter des Festes
des Lichts, der Familien- und der Nächstenliebe, der Naturerneuerung ange¬
nommen. Jung und Alt muß am heiligen Abend ein Tuch auf dem Tisch
nächst dem Fenster ausbreiten oder einen Korb aufstellen, damit das „Born¬
kind" (eingeborne Kindlein) seine Gaben anstellen könne.
Mit dem Dreikönigsfeiertage schließt überall der Weihnachtsfestkreis im
Wesen ab. In der Dreikönigsvornacht entfaltet sich noch einmal die Macht
der Geister, ehe sie sich wieder zurückziehn. Haus und Hof wurden abermals
gesegnet und gefeit, mit christlichem Weihwasser und heidnischem Branche gegen
die Mächte der Dunkelheit zu schirmen gesucht. Mit geweihter Kreide wurde
an die Türschwellen, Türen und Tordalken das bekannte Dreikönigszeichen
L-j-N-s-L mit der Jahreszahl (Casper, Melchior, Baltzer, der volkstümliche
Name der heiligen drei Könige) und an die Bettstellen zu Häupten und zu
Füßen der sogenannte „Drudenfuß," das in einem Zuge ausgeführte „Penta¬
gramm" (Fünfstern) geschrieben. Das Dreikönigszeichen diente zum Schutze
gegen die Obmcicht böser Geister und Menschen; der Drudenfuß sollte gegen
die beängstigenden nächtlich die Schläfer drückenden „Druden" und „Albs"
(Elben, Alben) sichern. Mit dem Dreiköuigstage beginnen dann auch die Hin-
deutungen und Vorbereitungen des Volkslebens auf die zweitwichtigste Gruppe:
die Oster- und Frühlingsfeste.
Geschichte einer Sammlung
(Schluß)
! cum ich mir die Lage meines Vciters vorstelle in den letzten zwei
I Jahren, die er in Rom war, während er sich schon nach Gelegenheit
umsah, nach Deutschland zurückzukommen — ich denke mir, daß es
! manchmal so spannend war wie Wetten oder Spielen. Ich habe einmal
Inder Schliemann gelesen, von der eigentümlichen Sicherheit seiner
> Vermutungen, und wie er sich endlich seinem Ziele näherte. Es war
bei der Ausgrabung des Goldschatzes in Mhkene. Aus Anzeichen in der Schicht,
die sie durchfließen, schloß er auf etwas besondres. Der Schweiß brach ihm aus,
schlotternd vor Aufregung und wie im Fieber schickte er die Arbeiter unter Vor¬
wänden weg, um selber weiter zu graben und sich zu vergewissern. Und aufregend
war auch das mit den Bilderfunden. Mein Vater erzählte gelegentlich, wie er
Beauftragte großer auswärtiger Galerien gesehen hätte, wie sie majestätisch aufge¬
treten wären, sich den Antiquaren als die Bevollmächtigten dieses und jeues Staats¬
museums präsentiert hätten, denen Tausende zur Verfügung stünden, und wie es
dann gewesen wäre, als überschlüge sich dem Italiener die Zunge im Halse, während
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