Die Grenzboten. Jg. 64, 1905, Viertes Vierteljahr.Fnrsorgestcllen für Lungenkranke Außerdem wirkten auf diesem Gebiete viele gemeinnützige Vereine (Frauen¬ Die warnenden Stimmen sind nicht ungehört verhallt. Obwohl in den Der Weg, der dabei eingeschlagen werden mußte, lag überall offen zutage. Nach längern Verhandlungen mit den beteiligten Krankenkassen ist dort Der aus Vertretern der Stadt, der Landesversicherungsanstalt, der Kassen Fnrsorgestcllen für Lungenkranke Außerdem wirkten auf diesem Gebiete viele gemeinnützige Vereine (Frauen¬ Die warnenden Stimmen sind nicht ungehört verhallt. Obwohl in den Der Weg, der dabei eingeschlagen werden mußte, lag überall offen zutage. Nach längern Verhandlungen mit den beteiligten Krankenkassen ist dort Der aus Vertretern der Stadt, der Landesversicherungsanstalt, der Kassen <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0029" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/296040"/> <fw type="header" place="top"> Fnrsorgestcllen für Lungenkranke</fw><lb/> <p xml:id="ID_59" prev="#ID_58"> Außerdem wirkten auf diesem Gebiete viele gemeinnützige Vereine (Frauen¬<lb/> vereine, Vereine vom roten Kreuz, Krankenpflegevereine, Vereine zur Bekämpfung<lb/> der Lungenschwindsucht) meist ohne jeden Zusammenhang untereinander und<lb/> ohne engere Fühlung mit der in der betreffenden Stadt etwa gegründeten Für¬<lb/> sorgestelle.</p><lb/> <p xml:id="ID_60"> Die warnenden Stimmen sind nicht ungehört verhallt. Obwohl in den<lb/> letzten Jahren die Dispensaire-Jdee auch in Deutschland in einigen Städten auf<lb/> fruchtbaren Boden gefallen ist, so hat man doch bisher nirgends die französisch¬<lb/> belgische Einrichtung vollständig übernommen, sondern sie regelmäßig den ge¬<lb/> gebnen Verhältnissen so gut wie möglich anzupassen gesucht.</p><lb/> <p xml:id="ID_61"> Der Weg, der dabei eingeschlagen werden mußte, lag überall offen zutage.<lb/> Ju jedem Orte, wo bisher eine Fürsorgestelle errichtet worden ist, galt es zu¬<lb/> nächst, die schon fließenden Quellen der Fürsorge und der Wohltätigkeit zu fassen<lb/> und dem einen großen Zwecke dienstbar zu machen. „Der Hilfsbedürftige muß, so<lb/> heißt es in dem ersten Jahresbericht der Bremer Fürsorgestelle, eine Stelle<lb/> haben, auf der er sich Rat und Hilfe holen kann, und es ist die Aufgabe dieser<lb/> Zentralstelle, nach Prüfung der Verhältnisse des Einzelfalles die Fürsorge in<lb/> die richtigen Wege zu leiten. Ein enges Zusammenarbeiten ist daher im<lb/> ersten Arbeitsjahre von der Fürsorgestelle vor allen Dingen angestrebt und<lb/> erfreulicherweise auch erreicht worden." Zu einem gedeihlichen Wirken dieser<lb/> Zentralstelle war es ferner notwendig, einen warmherzigen Leiter und eine zu¬<lb/> verlässige, tüchtige Hilfskraft aus dem Volke für die Prüfung der Verhältnisse<lb/> und die ständige Belehrung und Überwachung der Kranken und ihrer Familien<lb/> als onvrisr euauSteur zu gewinnen; und endlich — eilf last not Isast — war die<lb/> Fürsorgestelle, die selbst nichts einbringt, zu finanzieren und auch für die Dauer<lb/> finanziell sicher zu stellen. Wie man, um alles dieses zu erreichen, vorgegangen<lb/> ist, möge ein Beispiel, die Fürsorgestelle der Stadt Königsberg i. Pr., zeigen.</p><lb/> <p xml:id="ID_62"> Nach längern Verhandlungen mit den beteiligten Krankenkassen ist dort<lb/> die Errichtung einer Fürsorgestelle am 1. Januar 1905 zustande gekommen.<lb/> Bis jetzt sind etwa 26000 Mitglieder, d. h. 80 Prozent aller Krankenkassen¬<lb/> mitglieder, an die Fürsorgestelle angeschlossen; rechnet man dazu die Familien¬<lb/> angehörigen, so werden etwa 120000 Personen von der neuen Fürsorge erfaßt.<lb/> Sie ist zunächst so gedacht, daß in der Fürsorgestelle alle Meldungen von Er¬<lb/> krankungen der Atmungsorgane und Lungen gesammelt werden. Ein für diesen<lb/> Zweck angestellter Beamter sichtet das Material, besorgt die Kontrolle der<lb/> erwerbsuufähigen Kranken und wirkt zugleich als ihr hygienischer Berater. Die<lb/> Aufsicht über diese Fürsorgestelle führt ein aus dem weitern Komitee gewählter<lb/> Verwaltungsausschuß, sein Vorsitzender ist ein Arzt. Die Kosten für die Er¬<lb/> richtung tragen die Krankenkassen, der Magistrat und die Landesversichernngs-<lb/> cmstalt.</p><lb/> <p xml:id="ID_63" next="#ID_64"> Der aus Vertretern der Stadt, der Landesversicherungsanstalt, der Kassen<lb/> und der Ärzteschaft zusammengesetzte Ausschuß hat die gesamte Fürsorge samt<lb/> der Unterbringung in Heilstätten, des Wohnungs- und den Berufswechsels zu<lb/> besorgen. Weitere organisatorische Aufgaben sollen nach der Sammlung von Stoff<lb/> in Angriff genommen werden. Der Fürsorgestelle stehn die drei Kranken-</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0029]
Fnrsorgestcllen für Lungenkranke
Außerdem wirkten auf diesem Gebiete viele gemeinnützige Vereine (Frauen¬
vereine, Vereine vom roten Kreuz, Krankenpflegevereine, Vereine zur Bekämpfung
der Lungenschwindsucht) meist ohne jeden Zusammenhang untereinander und
ohne engere Fühlung mit der in der betreffenden Stadt etwa gegründeten Für¬
sorgestelle.
Die warnenden Stimmen sind nicht ungehört verhallt. Obwohl in den
letzten Jahren die Dispensaire-Jdee auch in Deutschland in einigen Städten auf
fruchtbaren Boden gefallen ist, so hat man doch bisher nirgends die französisch¬
belgische Einrichtung vollständig übernommen, sondern sie regelmäßig den ge¬
gebnen Verhältnissen so gut wie möglich anzupassen gesucht.
Der Weg, der dabei eingeschlagen werden mußte, lag überall offen zutage.
Ju jedem Orte, wo bisher eine Fürsorgestelle errichtet worden ist, galt es zu¬
nächst, die schon fließenden Quellen der Fürsorge und der Wohltätigkeit zu fassen
und dem einen großen Zwecke dienstbar zu machen. „Der Hilfsbedürftige muß, so
heißt es in dem ersten Jahresbericht der Bremer Fürsorgestelle, eine Stelle
haben, auf der er sich Rat und Hilfe holen kann, und es ist die Aufgabe dieser
Zentralstelle, nach Prüfung der Verhältnisse des Einzelfalles die Fürsorge in
die richtigen Wege zu leiten. Ein enges Zusammenarbeiten ist daher im
ersten Arbeitsjahre von der Fürsorgestelle vor allen Dingen angestrebt und
erfreulicherweise auch erreicht worden." Zu einem gedeihlichen Wirken dieser
Zentralstelle war es ferner notwendig, einen warmherzigen Leiter und eine zu¬
verlässige, tüchtige Hilfskraft aus dem Volke für die Prüfung der Verhältnisse
und die ständige Belehrung und Überwachung der Kranken und ihrer Familien
als onvrisr euauSteur zu gewinnen; und endlich — eilf last not Isast — war die
Fürsorgestelle, die selbst nichts einbringt, zu finanzieren und auch für die Dauer
finanziell sicher zu stellen. Wie man, um alles dieses zu erreichen, vorgegangen
ist, möge ein Beispiel, die Fürsorgestelle der Stadt Königsberg i. Pr., zeigen.
Nach längern Verhandlungen mit den beteiligten Krankenkassen ist dort
die Errichtung einer Fürsorgestelle am 1. Januar 1905 zustande gekommen.
Bis jetzt sind etwa 26000 Mitglieder, d. h. 80 Prozent aller Krankenkassen¬
mitglieder, an die Fürsorgestelle angeschlossen; rechnet man dazu die Familien¬
angehörigen, so werden etwa 120000 Personen von der neuen Fürsorge erfaßt.
Sie ist zunächst so gedacht, daß in der Fürsorgestelle alle Meldungen von Er¬
krankungen der Atmungsorgane und Lungen gesammelt werden. Ein für diesen
Zweck angestellter Beamter sichtet das Material, besorgt die Kontrolle der
erwerbsuufähigen Kranken und wirkt zugleich als ihr hygienischer Berater. Die
Aufsicht über diese Fürsorgestelle führt ein aus dem weitern Komitee gewählter
Verwaltungsausschuß, sein Vorsitzender ist ein Arzt. Die Kosten für die Er¬
richtung tragen die Krankenkassen, der Magistrat und die Landesversichernngs-
cmstalt.
Der aus Vertretern der Stadt, der Landesversicherungsanstalt, der Kassen
und der Ärzteschaft zusammengesetzte Ausschuß hat die gesamte Fürsorge samt
der Unterbringung in Heilstätten, des Wohnungs- und den Berufswechsels zu
besorgen. Weitere organisatorische Aufgaben sollen nach der Sammlung von Stoff
in Angriff genommen werden. Der Fürsorgestelle stehn die drei Kranken-
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