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Die Grenzboten. Jg. 63, 1904, Viertes Vierteljahr.

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Der fromme M^iicr

Aber er merkte es nicht. Er hatte ein breites, eckiges Gesicht, das nicht sehr
<>ut rasiert war, und rote, weit abstehende Ohren, und weil er schwache Augen
hatte, so zwinkerte er beständig mit den Lidern. Der weiche Filz saß ihm tief
ans den Ohren, und wenn er im Dahiuschlendern manchmal breit vor sich hin-
lächelte, so sah das alles ja wohl nicht sehr geistreich und anziehend aus.

Er hatte auch Hosen an, die ihm etwas eng und kurz waren, und weite
geschnürte Stiefel, und die Arme hingen ihm lang und schlenkernd am Leibe
hinunter.

Aber er war auch uicht daheim in den volkreichen Straßen. Man bekam da
kein rechtes Bild von ihm. In seiner Kammer, da war er es. lind im Walde
noch mehr. Wie war er im Walde znhansel Keiner der zahlreichen Spaziergänger,
die ihm begegneten, war es so wie er.

Sie priesen den Frühling oder den Sommer, oder welche Jahreszeit gerade
jetzt war, mit vielen Worten und sangen Lieder, die ihr Entzücken ausdrücken
sollten. "Zum Wald, zum Wald, da steht mein Sinn so einzig, ach so einzig
hin." Und dergleichen mehr. Er aber schob sich still an ihnen vorbei. Die
andern kamen in den Wald wie zu einem Fest, schmückten sich die Hüte und
steckten sich grüne Zweige an die Brust und freuten sich seiner. Er aber war
hier zuhause. Draußen war der Werktag, der Straßenlärm und die Werkstatt¬
arbeit, das Rasseln und Stampfen der Maschinen und der Rauch von den Schloten,
das ganze unruhige Getriebe, ans dem es nnr einmal in der Woche ein Ent¬
rinnen gab. Das alles war draußen vor den grünen Toren. Hier aber grüßte
ihn der Sonntag, "kommst dn? sagte er herzlich. So, nnn laß dirs wohl sein
hier." Das tat er auch, das ganze Jahr lang. Er kam auch im Winter. Er
konnte es nicht lassen, durch den Winterwald zu wandern. Er sah die Bänuie
im Rauhreif, der an jeder Fichtennadel und an jedem Birkencistchen flimmerte.
Da stand er staunend still, wenn die Sonne den Nebel zerteilte und aus all dem
weißen, zierlichen Spielwerk ein Prachtgewand schuf, so funkelnd und strahlend,
Millionen Diamanten, vom reinsten Wasser, wie sie kein Kaisersaal gesehen hat.
Unter der Schneelast sah er den Wald. Da ging er ans verschwiegne" Wege"
dahin, der Schnee knirschte unter seinen Füßen, und neben den Abdrücken seiner
breiten, schwere" Stiefelsohlen zöge" sich zierliche Fußspuren hin, von Eichhörnchen-
Pfoten, und hier und da ein breiter Streif, den ein buschiger Schwanz hinterlassen
hatte; eine Rehfährte ging über den Weg und alt die vielen feinen, leichten Bogel¬
tritte. Hier uns da warf ihm ein Windstoß einen stäubenden Schneegrnß vom
nächsten Ast auf Kopf und Schultern. Da lachte er sein leises, eintöniges Lachen,
wegen dessen ihn die Genossen draußen so oft neckten. Es war nur ein einziger
summender Ton, aber sein ganzes Herz lachte mit. "Hain. Noch einmal, du."
Da schüttelte er den nächsten tief hängenden Zweig und ließ sich die blitzenden
Sternchen ans die roten Hände fallen. Er konnte sich das hier erlauben, es war
so ein Reichtum da, und er gehörte ihm mit. Wie den Raben, die krächzend am
Waldrand saßen, wie den gelben Emmeritzen, die ihn mit ihren blanken Äuglein
ansahen n"d von Zweig zu Zweig hüpften, so gehörte ihm der Wald, dnrch den
er schritt, und dessen lebendige Stille ihm wie ein erfrischender Strom dnrch und
dnrch ging.

Es war schön im Wiuterwald. Was wußten die Menschen in der Stadt
von seiner reinen, stillen Schönheit? Sie quälten sich ab in Nebel und Rauch,
Sorge, Mühe, und manche in Vergnügen, das anch Sorge und Mühe war.

Draußen aber ging ein starkes, hoffendes Warten ans den Frühling durch
>ille Riinme. Durch die Bncheuhallcu, durch den Tauuenforst, durch die stille",
weiten Lichtungen, auf denen die weiße Decke lag. Und eines Tags, als Gottlob
Maier herauskam, tropjte es von allen Zweigen, und in jedem noch so kleinen
Rinnsal rauschte ein Bächlei". Es war nicht gut zu gehn hente. Alle Wege uns;
und aufgeweicht, glitschige Reste vou Schnee und Eis in allen Furchen, grauweiße


iÄrenzboteu IV 1904 102
Der fromme M^iicr

Aber er merkte es nicht. Er hatte ein breites, eckiges Gesicht, das nicht sehr
<>ut rasiert war, und rote, weit abstehende Ohren, und weil er schwache Augen
hatte, so zwinkerte er beständig mit den Lidern. Der weiche Filz saß ihm tief
ans den Ohren, und wenn er im Dahiuschlendern manchmal breit vor sich hin-
lächelte, so sah das alles ja wohl nicht sehr geistreich und anziehend aus.

Er hatte auch Hosen an, die ihm etwas eng und kurz waren, und weite
geschnürte Stiefel, und die Arme hingen ihm lang und schlenkernd am Leibe
hinunter.

Aber er war auch uicht daheim in den volkreichen Straßen. Man bekam da
kein rechtes Bild von ihm. In seiner Kammer, da war er es. lind im Walde
noch mehr. Wie war er im Walde znhansel Keiner der zahlreichen Spaziergänger,
die ihm begegneten, war es so wie er.

Sie priesen den Frühling oder den Sommer, oder welche Jahreszeit gerade
jetzt war, mit vielen Worten und sangen Lieder, die ihr Entzücken ausdrücken
sollten. „Zum Wald, zum Wald, da steht mein Sinn so einzig, ach so einzig
hin." Und dergleichen mehr. Er aber schob sich still an ihnen vorbei. Die
andern kamen in den Wald wie zu einem Fest, schmückten sich die Hüte und
steckten sich grüne Zweige an die Brust und freuten sich seiner. Er aber war
hier zuhause. Draußen war der Werktag, der Straßenlärm und die Werkstatt¬
arbeit, das Rasseln und Stampfen der Maschinen und der Rauch von den Schloten,
das ganze unruhige Getriebe, ans dem es nnr einmal in der Woche ein Ent¬
rinnen gab. Das alles war draußen vor den grünen Toren. Hier aber grüßte
ihn der Sonntag, „kommst dn? sagte er herzlich. So, nnn laß dirs wohl sein
hier." Das tat er auch, das ganze Jahr lang. Er kam auch im Winter. Er
konnte es nicht lassen, durch den Winterwald zu wandern. Er sah die Bänuie
im Rauhreif, der an jeder Fichtennadel und an jedem Birkencistchen flimmerte.
Da stand er staunend still, wenn die Sonne den Nebel zerteilte und aus all dem
weißen, zierlichen Spielwerk ein Prachtgewand schuf, so funkelnd und strahlend,
Millionen Diamanten, vom reinsten Wasser, wie sie kein Kaisersaal gesehen hat.
Unter der Schneelast sah er den Wald. Da ging er ans verschwiegne» Wege»
dahin, der Schnee knirschte unter seinen Füßen, und neben den Abdrücken seiner
breiten, schwere» Stiefelsohlen zöge» sich zierliche Fußspuren hin, von Eichhörnchen-
Pfoten, und hier und da ein breiter Streif, den ein buschiger Schwanz hinterlassen
hatte; eine Rehfährte ging über den Weg und alt die vielen feinen, leichten Bogel¬
tritte. Hier uns da warf ihm ein Windstoß einen stäubenden Schneegrnß vom
nächsten Ast auf Kopf und Schultern. Da lachte er sein leises, eintöniges Lachen,
wegen dessen ihn die Genossen draußen so oft neckten. Es war nur ein einziger
summender Ton, aber sein ganzes Herz lachte mit. „Hain. Noch einmal, du."
Da schüttelte er den nächsten tief hängenden Zweig und ließ sich die blitzenden
Sternchen ans die roten Hände fallen. Er konnte sich das hier erlauben, es war
so ein Reichtum da, und er gehörte ihm mit. Wie den Raben, die krächzend am
Waldrand saßen, wie den gelben Emmeritzen, die ihn mit ihren blanken Äuglein
ansahen n»d von Zweig zu Zweig hüpften, so gehörte ihm der Wald, dnrch den
er schritt, und dessen lebendige Stille ihm wie ein erfrischender Strom dnrch und
dnrch ging.

Es war schön im Wiuterwald. Was wußten die Menschen in der Stadt
von seiner reinen, stillen Schönheit? Sie quälten sich ab in Nebel und Rauch,
Sorge, Mühe, und manche in Vergnügen, das anch Sorge und Mühe war.

Draußen aber ging ein starkes, hoffendes Warten ans den Frühling durch
>ille Riinme. Durch die Bncheuhallcu, durch den Tauuenforst, durch die stille»,
weiten Lichtungen, auf denen die weiße Decke lag. Und eines Tags, als Gottlob
Maier herauskam, tropjte es von allen Zweigen, und in jedem noch so kleinen
Rinnsal rauschte ein Bächlei». Es war nicht gut zu gehn hente. Alle Wege uns;
und aufgeweicht, glitschige Reste vou Schnee und Eis in allen Furchen, grauweiße


iÄrenzboteu IV 1904 102
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[0761] Der fromme M^iicr Aber er merkte es nicht. Er hatte ein breites, eckiges Gesicht, das nicht sehr <>ut rasiert war, und rote, weit abstehende Ohren, und weil er schwache Augen hatte, so zwinkerte er beständig mit den Lidern. Der weiche Filz saß ihm tief ans den Ohren, und wenn er im Dahiuschlendern manchmal breit vor sich hin- lächelte, so sah das alles ja wohl nicht sehr geistreich und anziehend aus. Er hatte auch Hosen an, die ihm etwas eng und kurz waren, und weite geschnürte Stiefel, und die Arme hingen ihm lang und schlenkernd am Leibe hinunter. Aber er war auch uicht daheim in den volkreichen Straßen. Man bekam da kein rechtes Bild von ihm. In seiner Kammer, da war er es. lind im Walde noch mehr. Wie war er im Walde znhansel Keiner der zahlreichen Spaziergänger, die ihm begegneten, war es so wie er. Sie priesen den Frühling oder den Sommer, oder welche Jahreszeit gerade jetzt war, mit vielen Worten und sangen Lieder, die ihr Entzücken ausdrücken sollten. „Zum Wald, zum Wald, da steht mein Sinn so einzig, ach so einzig hin." Und dergleichen mehr. Er aber schob sich still an ihnen vorbei. Die andern kamen in den Wald wie zu einem Fest, schmückten sich die Hüte und steckten sich grüne Zweige an die Brust und freuten sich seiner. Er aber war hier zuhause. Draußen war der Werktag, der Straßenlärm und die Werkstatt¬ arbeit, das Rasseln und Stampfen der Maschinen und der Rauch von den Schloten, das ganze unruhige Getriebe, ans dem es nnr einmal in der Woche ein Ent¬ rinnen gab. Das alles war draußen vor den grünen Toren. Hier aber grüßte ihn der Sonntag, „kommst dn? sagte er herzlich. So, nnn laß dirs wohl sein hier." Das tat er auch, das ganze Jahr lang. Er kam auch im Winter. Er konnte es nicht lassen, durch den Winterwald zu wandern. Er sah die Bänuie im Rauhreif, der an jeder Fichtennadel und an jedem Birkencistchen flimmerte. Da stand er staunend still, wenn die Sonne den Nebel zerteilte und aus all dem weißen, zierlichen Spielwerk ein Prachtgewand schuf, so funkelnd und strahlend, Millionen Diamanten, vom reinsten Wasser, wie sie kein Kaisersaal gesehen hat. Unter der Schneelast sah er den Wald. Da ging er ans verschwiegne» Wege» dahin, der Schnee knirschte unter seinen Füßen, und neben den Abdrücken seiner breiten, schwere» Stiefelsohlen zöge» sich zierliche Fußspuren hin, von Eichhörnchen- Pfoten, und hier und da ein breiter Streif, den ein buschiger Schwanz hinterlassen hatte; eine Rehfährte ging über den Weg und alt die vielen feinen, leichten Bogel¬ tritte. Hier uns da warf ihm ein Windstoß einen stäubenden Schneegrnß vom nächsten Ast auf Kopf und Schultern. Da lachte er sein leises, eintöniges Lachen, wegen dessen ihn die Genossen draußen so oft neckten. Es war nur ein einziger summender Ton, aber sein ganzes Herz lachte mit. „Hain. Noch einmal, du." Da schüttelte er den nächsten tief hängenden Zweig und ließ sich die blitzenden Sternchen ans die roten Hände fallen. Er konnte sich das hier erlauben, es war so ein Reichtum da, und er gehörte ihm mit. Wie den Raben, die krächzend am Waldrand saßen, wie den gelben Emmeritzen, die ihn mit ihren blanken Äuglein ansahen n»d von Zweig zu Zweig hüpften, so gehörte ihm der Wald, dnrch den er schritt, und dessen lebendige Stille ihm wie ein erfrischender Strom dnrch und dnrch ging. Es war schön im Wiuterwald. Was wußten die Menschen in der Stadt von seiner reinen, stillen Schönheit? Sie quälten sich ab in Nebel und Rauch, Sorge, Mühe, und manche in Vergnügen, das anch Sorge und Mühe war. Draußen aber ging ein starkes, hoffendes Warten ans den Frühling durch >ille Riinme. Durch die Bncheuhallcu, durch den Tauuenforst, durch die stille», weiten Lichtungen, auf denen die weiße Decke lag. Und eines Tags, als Gottlob Maier herauskam, tropjte es von allen Zweigen, und in jedem noch so kleinen Rinnsal rauschte ein Bächlei». Es war nicht gut zu gehn hente. Alle Wege uns; und aufgeweicht, glitschige Reste vou Schnee und Eis in allen Furchen, grauweiße iÄrenzboteu IV 1904 102

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 63, 1904, Viertes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341879_295218/761>, abgerufen am 29.09.2024.