Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Die Grenzboten. Jg. 63, 1904, Viertes Vierteljahr.

Bild:
<< vorherige Seite
Junisonne

Am Abend gingen sie eilte vier nach dem Hochscmd hinaus.

Ursprünglich eine Dünenreihe, die in weißen Sandwehen vom Kattegatt her
an den Strand getrieben worden war, liegt der Hochsand jetzt in unregelmäßigen
Biegungen wie eine gestrandete Riesenschlange, erstarrt und zusammengesunken da,
im Laufe der Zeiten vom Fuß bis zum Gipfel bewachsen. Kiefern, im Wachstum
gehemmt und mit gekrümmten Stämmen wie in einem Zauberwalde, heben hier
ihre flachen Piuieukronen über niedrigem Gestrüpp von Haselbüschen und Erlen,
aber hier und da, wo in einer Einbuchtung Schutz ist, sint> die Abhänge oft üppig
überwuchern Geißblatt, Farnkräuter und wilde Rosen wachsen da in seltner Fülle,
man fühlt sich wie in einer Oase, aber nnr bis man wieder auf dem Höhenrücken
steht und von dort aus den vom Winde zerrissenen, durchlöcherten Heidekrantteppich
zu seinen Füßen sieht, und im Westen die Rörviger Kirche, die einsame Nörviger
Kirche, die wie eine Sphinx in der Wüste aufragt.

Ungefähr in der Mitte des Hochsnndes öffnet sich, wenn man von Rörvig
kommt, plötzlich eine Aussicht, die auf den, der zum erstenmal hier ist, ganz über¬
raschend wirkt und wirken muß. Am Ende des Hochsandes im Norden ruht tief
unten in der Ferne der fast kreisrunde märchenhaft stille Tiefe See, von Binsen
und Röhricht umrahmt, und nnr durch einen ganz schmalen Streifen Landes von
ihm getrennt liegt das Kattegatt, das große Meer selbst, der Vater des Fjordes,
daS Meer, um dessen Horizont kein Land auftaucht.

Die Sonne war gerade im Begriff, zur Rüste zu gehn, und die roten Kiefern¬
stämme glühten, als sie an den Aussichtspunkt kamen -- der Rittmeister hatte sich
schon lange darauf gefreut, ihn den beiden Fremden zu zeigen --, und unwill¬
kürlich war man auch ganz bezaubert stehn geblieben und ergriffen von der Hoheit
des Sonnenunterganges und dieser eigentümlichen Landschaft verstummt. Aber im
nächsten Augenblick sprach Pardo weiter, interessant und selbst interessiert, als be¬
rühre ihn das Schauspiel wenig.

Für Fräulein Inge aber war in diesem Augenblick der Klang seiner
Stimme -- er sprach wie immer laut -- fast eine Entweihung des Ortes und
der Stimmung, eine Versündigung an den geheimnisvollen Mächten der Stille
selber, und in demselben Augenblick klangen einzelne Sätze, losgerissene Bruchstücke
aus dem Gespräch in ihrem Ohr, das sie an jenem Abend belauscht hatte, und
mit besonders festlichem Klang ertönten ihr die Worte: "Wenn die Sonne im
Zeichen des Goldregens und des Flieders steht."

Aber das hatte nicht er, der jetzt redete, gesagt, und auch nicht der andre
-- das fühlte sie --, es mußte der dritte gewesen fein, der jetzt nicht da war.

Das gnädige Fräulein scheinen ganz weg zu sein, in einer andern Welt, sagte
Pardo Plötzlich. Er hatte ununterbrochen geredet und merkte jetzt erst, daß ihm
Fräulein Inge offenbar gar nicht zuhörte.

Wir leben wohl eigentlich alle unser Leben in zwei Welten, sagte der Ritt¬
meister; in gewisser Weise wenigstens.

Ich lebe jedenfalls nur in dieser! entgegnete Pardo und fügte in gedämpfterm
Ton hinzu: Das gegenwärtige Leben ist so schön, daß ich nichts weiter begehre!

Als wollte er seinen Worten eine etwas leichtere Wendung geben, sagte der
Rittmeister: Herr Blom lebt jedenfalls ebensosehr im Mittelalter wie in der
Gegenwart!

Ja, Blom! rief Pardo. Der hat ja historische Phantasie!

Aber ich bin doch nicht ganz so schlimm wie Ricks. sagte Blom gutmütig.

Wer ist Ricks? fragte Fräulein Inge.

Das ist ein guter Freund von uns, Ricks Hcssel, erwiderte Blom. Ja, der
hat Phantasie, der ist Romantiker -- die Phantasie geht manchmal geradezu mit
ihm durch! Er war an dem Abend mit dabei, als wir den Stein fanden, aber
er hatte lange nicht so viel Interesse dafür wie für eine junge Dame, die kurz
vorher auf der Platte gestanden hatte, und von der er eigentlich nichts weiter ge-


Junisonne

Am Abend gingen sie eilte vier nach dem Hochscmd hinaus.

Ursprünglich eine Dünenreihe, die in weißen Sandwehen vom Kattegatt her
an den Strand getrieben worden war, liegt der Hochsand jetzt in unregelmäßigen
Biegungen wie eine gestrandete Riesenschlange, erstarrt und zusammengesunken da,
im Laufe der Zeiten vom Fuß bis zum Gipfel bewachsen. Kiefern, im Wachstum
gehemmt und mit gekrümmten Stämmen wie in einem Zauberwalde, heben hier
ihre flachen Piuieukronen über niedrigem Gestrüpp von Haselbüschen und Erlen,
aber hier und da, wo in einer Einbuchtung Schutz ist, sint> die Abhänge oft üppig
überwuchern Geißblatt, Farnkräuter und wilde Rosen wachsen da in seltner Fülle,
man fühlt sich wie in einer Oase, aber nnr bis man wieder auf dem Höhenrücken
steht und von dort aus den vom Winde zerrissenen, durchlöcherten Heidekrantteppich
zu seinen Füßen sieht, und im Westen die Rörviger Kirche, die einsame Nörviger
Kirche, die wie eine Sphinx in der Wüste aufragt.

Ungefähr in der Mitte des Hochsnndes öffnet sich, wenn man von Rörvig
kommt, plötzlich eine Aussicht, die auf den, der zum erstenmal hier ist, ganz über¬
raschend wirkt und wirken muß. Am Ende des Hochsandes im Norden ruht tief
unten in der Ferne der fast kreisrunde märchenhaft stille Tiefe See, von Binsen
und Röhricht umrahmt, und nnr durch einen ganz schmalen Streifen Landes von
ihm getrennt liegt das Kattegatt, das große Meer selbst, der Vater des Fjordes,
daS Meer, um dessen Horizont kein Land auftaucht.

Die Sonne war gerade im Begriff, zur Rüste zu gehn, und die roten Kiefern¬
stämme glühten, als sie an den Aussichtspunkt kamen — der Rittmeister hatte sich
schon lange darauf gefreut, ihn den beiden Fremden zu zeigen —, und unwill¬
kürlich war man auch ganz bezaubert stehn geblieben und ergriffen von der Hoheit
des Sonnenunterganges und dieser eigentümlichen Landschaft verstummt. Aber im
nächsten Augenblick sprach Pardo weiter, interessant und selbst interessiert, als be¬
rühre ihn das Schauspiel wenig.

Für Fräulein Inge aber war in diesem Augenblick der Klang seiner
Stimme — er sprach wie immer laut — fast eine Entweihung des Ortes und
der Stimmung, eine Versündigung an den geheimnisvollen Mächten der Stille
selber, und in demselben Augenblick klangen einzelne Sätze, losgerissene Bruchstücke
aus dem Gespräch in ihrem Ohr, das sie an jenem Abend belauscht hatte, und
mit besonders festlichem Klang ertönten ihr die Worte: „Wenn die Sonne im
Zeichen des Goldregens und des Flieders steht."

Aber das hatte nicht er, der jetzt redete, gesagt, und auch nicht der andre
— das fühlte sie —, es mußte der dritte gewesen fein, der jetzt nicht da war.

Das gnädige Fräulein scheinen ganz weg zu sein, in einer andern Welt, sagte
Pardo Plötzlich. Er hatte ununterbrochen geredet und merkte jetzt erst, daß ihm
Fräulein Inge offenbar gar nicht zuhörte.

Wir leben wohl eigentlich alle unser Leben in zwei Welten, sagte der Ritt¬
meister; in gewisser Weise wenigstens.

Ich lebe jedenfalls nur in dieser! entgegnete Pardo und fügte in gedämpfterm
Ton hinzu: Das gegenwärtige Leben ist so schön, daß ich nichts weiter begehre!

Als wollte er seinen Worten eine etwas leichtere Wendung geben, sagte der
Rittmeister: Herr Blom lebt jedenfalls ebensosehr im Mittelalter wie in der
Gegenwart!

Ja, Blom! rief Pardo. Der hat ja historische Phantasie!

Aber ich bin doch nicht ganz so schlimm wie Ricks. sagte Blom gutmütig.

Wer ist Ricks? fragte Fräulein Inge.

Das ist ein guter Freund von uns, Ricks Hcssel, erwiderte Blom. Ja, der
hat Phantasie, der ist Romantiker — die Phantasie geht manchmal geradezu mit
ihm durch! Er war an dem Abend mit dabei, als wir den Stein fanden, aber
er hatte lange nicht so viel Interesse dafür wie für eine junge Dame, die kurz
vorher auf der Platte gestanden hatte, und von der er eigentlich nichts weiter ge-


<TEI>
  <text>
    <body>
      <div>
        <div n="1">
          <pb facs="#f0711" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/295930"/>
          <fw type="header" place="top"> Junisonne</fw><lb/>
          <p xml:id="ID_3577"> Am Abend gingen sie eilte vier nach dem Hochscmd hinaus.</p><lb/>
          <p xml:id="ID_3578"> Ursprünglich eine Dünenreihe, die in weißen Sandwehen vom Kattegatt her<lb/>
an den Strand getrieben worden war, liegt der Hochsand jetzt in unregelmäßigen<lb/>
Biegungen wie eine gestrandete Riesenschlange, erstarrt und zusammengesunken da,<lb/>
im Laufe der Zeiten vom Fuß bis zum Gipfel bewachsen. Kiefern, im Wachstum<lb/>
gehemmt und mit gekrümmten Stämmen wie in einem Zauberwalde, heben hier<lb/>
ihre flachen Piuieukronen über niedrigem Gestrüpp von Haselbüschen und Erlen,<lb/>
aber hier und da, wo in einer Einbuchtung Schutz ist, sint&gt; die Abhänge oft üppig<lb/>
überwuchern Geißblatt, Farnkräuter und wilde Rosen wachsen da in seltner Fülle,<lb/>
man fühlt sich wie in einer Oase, aber nnr bis man wieder auf dem Höhenrücken<lb/>
steht und von dort aus den vom Winde zerrissenen, durchlöcherten Heidekrantteppich<lb/>
zu seinen Füßen sieht, und im Westen die Rörviger Kirche, die einsame Nörviger<lb/>
Kirche, die wie eine Sphinx in der Wüste aufragt.</p><lb/>
          <p xml:id="ID_3579"> Ungefähr in der Mitte des Hochsnndes öffnet sich, wenn man von Rörvig<lb/>
kommt, plötzlich eine Aussicht, die auf den, der zum erstenmal hier ist, ganz über¬<lb/>
raschend wirkt und wirken muß. Am Ende des Hochsandes im Norden ruht tief<lb/>
unten in der Ferne der fast kreisrunde märchenhaft stille Tiefe See, von Binsen<lb/>
und Röhricht umrahmt, und nnr durch einen ganz schmalen Streifen Landes von<lb/>
ihm getrennt liegt das Kattegatt, das große Meer selbst, der Vater des Fjordes,<lb/>
daS Meer, um dessen Horizont kein Land auftaucht.</p><lb/>
          <p xml:id="ID_3580"> Die Sonne war gerade im Begriff, zur Rüste zu gehn, und die roten Kiefern¬<lb/>
stämme glühten, als sie an den Aussichtspunkt kamen &#x2014; der Rittmeister hatte sich<lb/>
schon lange darauf gefreut, ihn den beiden Fremden zu zeigen &#x2014;, und unwill¬<lb/>
kürlich war man auch ganz bezaubert stehn geblieben und ergriffen von der Hoheit<lb/>
des Sonnenunterganges und dieser eigentümlichen Landschaft verstummt. Aber im<lb/>
nächsten Augenblick sprach Pardo weiter, interessant und selbst interessiert, als be¬<lb/>
rühre ihn das Schauspiel wenig.</p><lb/>
          <p xml:id="ID_3581"> Für Fräulein Inge aber war in diesem Augenblick der Klang seiner<lb/>
Stimme &#x2014; er sprach wie immer laut &#x2014; fast eine Entweihung des Ortes und<lb/>
der Stimmung, eine Versündigung an den geheimnisvollen Mächten der Stille<lb/>
selber, und in demselben Augenblick klangen einzelne Sätze, losgerissene Bruchstücke<lb/>
aus dem Gespräch in ihrem Ohr, das sie an jenem Abend belauscht hatte, und<lb/>
mit besonders festlichem Klang ertönten ihr die Worte: &#x201E;Wenn die Sonne im<lb/>
Zeichen des Goldregens und des Flieders steht."</p><lb/>
          <p xml:id="ID_3582"> Aber das hatte nicht er, der jetzt redete, gesagt, und auch nicht der andre<lb/>
&#x2014; das fühlte sie &#x2014;, es mußte der dritte gewesen fein, der jetzt nicht da war.</p><lb/>
          <p xml:id="ID_3583"> Das gnädige Fräulein scheinen ganz weg zu sein, in einer andern Welt, sagte<lb/>
Pardo Plötzlich. Er hatte ununterbrochen geredet und merkte jetzt erst, daß ihm<lb/>
Fräulein Inge offenbar gar nicht zuhörte.</p><lb/>
          <p xml:id="ID_3584"> Wir leben wohl eigentlich alle unser Leben in zwei Welten, sagte der Ritt¬<lb/>
meister; in gewisser Weise wenigstens.</p><lb/>
          <p xml:id="ID_3585"> Ich lebe jedenfalls nur in dieser! entgegnete Pardo und fügte in gedämpfterm<lb/>
Ton hinzu: Das gegenwärtige Leben ist so schön, daß ich nichts weiter begehre!</p><lb/>
          <p xml:id="ID_3586"> Als wollte er seinen Worten eine etwas leichtere Wendung geben, sagte der<lb/>
Rittmeister: Herr Blom lebt jedenfalls ebensosehr im Mittelalter wie in der<lb/>
Gegenwart!</p><lb/>
          <p xml:id="ID_3587"> Ja, Blom! rief Pardo.  Der hat ja historische Phantasie!</p><lb/>
          <p xml:id="ID_3588"> Aber ich bin doch nicht ganz so schlimm wie Ricks. sagte Blom gutmütig.</p><lb/>
          <p xml:id="ID_3589"> Wer ist Ricks? fragte Fräulein Inge.</p><lb/>
          <p xml:id="ID_3590" next="#ID_3591"> Das ist ein guter Freund von uns, Ricks Hcssel, erwiderte Blom. Ja, der<lb/>
hat Phantasie, der ist Romantiker &#x2014; die Phantasie geht manchmal geradezu mit<lb/>
ihm durch! Er war an dem Abend mit dabei, als wir den Stein fanden, aber<lb/>
er hatte lange nicht so viel Interesse dafür wie für eine junge Dame, die kurz<lb/>
vorher auf der Platte gestanden hatte, und von der er eigentlich nichts weiter ge-</p><lb/>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0711] Junisonne Am Abend gingen sie eilte vier nach dem Hochscmd hinaus. Ursprünglich eine Dünenreihe, die in weißen Sandwehen vom Kattegatt her an den Strand getrieben worden war, liegt der Hochsand jetzt in unregelmäßigen Biegungen wie eine gestrandete Riesenschlange, erstarrt und zusammengesunken da, im Laufe der Zeiten vom Fuß bis zum Gipfel bewachsen. Kiefern, im Wachstum gehemmt und mit gekrümmten Stämmen wie in einem Zauberwalde, heben hier ihre flachen Piuieukronen über niedrigem Gestrüpp von Haselbüschen und Erlen, aber hier und da, wo in einer Einbuchtung Schutz ist, sint> die Abhänge oft üppig überwuchern Geißblatt, Farnkräuter und wilde Rosen wachsen da in seltner Fülle, man fühlt sich wie in einer Oase, aber nnr bis man wieder auf dem Höhenrücken steht und von dort aus den vom Winde zerrissenen, durchlöcherten Heidekrantteppich zu seinen Füßen sieht, und im Westen die Rörviger Kirche, die einsame Nörviger Kirche, die wie eine Sphinx in der Wüste aufragt. Ungefähr in der Mitte des Hochsnndes öffnet sich, wenn man von Rörvig kommt, plötzlich eine Aussicht, die auf den, der zum erstenmal hier ist, ganz über¬ raschend wirkt und wirken muß. Am Ende des Hochsandes im Norden ruht tief unten in der Ferne der fast kreisrunde märchenhaft stille Tiefe See, von Binsen und Röhricht umrahmt, und nnr durch einen ganz schmalen Streifen Landes von ihm getrennt liegt das Kattegatt, das große Meer selbst, der Vater des Fjordes, daS Meer, um dessen Horizont kein Land auftaucht. Die Sonne war gerade im Begriff, zur Rüste zu gehn, und die roten Kiefern¬ stämme glühten, als sie an den Aussichtspunkt kamen — der Rittmeister hatte sich schon lange darauf gefreut, ihn den beiden Fremden zu zeigen —, und unwill¬ kürlich war man auch ganz bezaubert stehn geblieben und ergriffen von der Hoheit des Sonnenunterganges und dieser eigentümlichen Landschaft verstummt. Aber im nächsten Augenblick sprach Pardo weiter, interessant und selbst interessiert, als be¬ rühre ihn das Schauspiel wenig. Für Fräulein Inge aber war in diesem Augenblick der Klang seiner Stimme — er sprach wie immer laut — fast eine Entweihung des Ortes und der Stimmung, eine Versündigung an den geheimnisvollen Mächten der Stille selber, und in demselben Augenblick klangen einzelne Sätze, losgerissene Bruchstücke aus dem Gespräch in ihrem Ohr, das sie an jenem Abend belauscht hatte, und mit besonders festlichem Klang ertönten ihr die Worte: „Wenn die Sonne im Zeichen des Goldregens und des Flieders steht." Aber das hatte nicht er, der jetzt redete, gesagt, und auch nicht der andre — das fühlte sie —, es mußte der dritte gewesen fein, der jetzt nicht da war. Das gnädige Fräulein scheinen ganz weg zu sein, in einer andern Welt, sagte Pardo Plötzlich. Er hatte ununterbrochen geredet und merkte jetzt erst, daß ihm Fräulein Inge offenbar gar nicht zuhörte. Wir leben wohl eigentlich alle unser Leben in zwei Welten, sagte der Ritt¬ meister; in gewisser Weise wenigstens. Ich lebe jedenfalls nur in dieser! entgegnete Pardo und fügte in gedämpfterm Ton hinzu: Das gegenwärtige Leben ist so schön, daß ich nichts weiter begehre! Als wollte er seinen Worten eine etwas leichtere Wendung geben, sagte der Rittmeister: Herr Blom lebt jedenfalls ebensosehr im Mittelalter wie in der Gegenwart! Ja, Blom! rief Pardo. Der hat ja historische Phantasie! Aber ich bin doch nicht ganz so schlimm wie Ricks. sagte Blom gutmütig. Wer ist Ricks? fragte Fräulein Inge. Das ist ein guter Freund von uns, Ricks Hcssel, erwiderte Blom. Ja, der hat Phantasie, der ist Romantiker — die Phantasie geht manchmal geradezu mit ihm durch! Er war an dem Abend mit dabei, als wir den Stein fanden, aber er hatte lange nicht so viel Interesse dafür wie für eine junge Dame, die kurz vorher auf der Platte gestanden hatte, und von der er eigentlich nichts weiter ge-

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.

Weitere Informationen:

Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur.

Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (&#xa75b;): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja;

Nachkorrektur erfolgte automatisch.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341879_295218
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341879_295218/711
Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 63, 1904, Viertes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341879_295218/711>, abgerufen am 23.07.2024.