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Die Grenzboten. Jg. 63, 1904, Viertes Vierteljahr.

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Maßgebliches und Unmaßgebliches

Antrages einen zweiten annähme, der die Rückgabe von Nizza und Savoyen an
Italien für eine Sache des Rechts erklärte und namens der "der Sache des Friedens
aufrichtig anhängenden Völker" forderte. Dann ließe sich ja auch vielleicht darüber
reden, daß Frankreich eigentlich das alte Mömpelgard, Burgund und den Rest von
Lothringen ebenfalls zu Unrecht besitzt. Vielleicht macht der Gemeinderat von Rom
den guten Witz, die Pariser Kollegen wegen ihres Beschlusses zu beglückwünschen
und die Erwartung auszusprechen, daß sie sich auch der Zerstücklung -- nicht des
besiegten, sondern des Verbündeten und befreundete" -- Italiens dnrch die erzwungne
Abtretung von Nizza und Savoyen freundschaftlichst erinnern werden.

Von dem neuen Reichshaushaltplan hatte man ziemlich allgemein Über¬
raschungen erwartet, namentlich im Militär- und im Marineetat. Aber die Militär¬
verwaltung hat sich sogar wegen der Äquivalente für die dauernde zweijährige
Dienstzeit großer Zurückhaltung befleißigt. Die Marine nicht minder, sie bleibt
sogar in der Stellenneuforderung für Seeoffiziere noch um 56 hinter dem Bedarf
zurück. Nur die Lehren des japanischen Kriegs tauchen in der Verstärkung der
Schiffsartillerie, der Vermehrung der Küsteuartillerie, auch für Kiautschou, und
wesentlich erhöhter Ausgaben im Ressort des Minenwesens auf, dem fortan wohl
mit Recht eine ganz besondre Sorgfalt zugewandt wird. Bei dem großen Ver¬
trauen, dessen sich die jetzige Marineverwaltnng erfreut, werden diese Forderungen
wohl kaum Schwierigkeiten im Reichstage begegnen. Hoffentlich sind aber auch die
Erwägungen, ob es nicht richtiger wäre, eine organische Erweiterung des
Flottenplans noch in dieser Session anzubahnen, noch nicht im verneinenden
Sinne abgeschlossen. Die Zeit drängt, und die Verschiebung auf 1906 bedeutet den
Verlust eines Banjahres, der uns unter Umständen teuer zu stehn kommen kann.

Recht erfreulich berührt die Regsamkeit, die aus dem Kolonialetat spricht.
Freilich sind auf diesem Gebiete viele alte Sünden gut zu machen, und mancher
dieser Vorschläge, Eisenbahn- und Wegebau, Vorbildung der Beamten usw., hätte
schon vor einem Jahrzehnt gemacht werden sollen. Aber besser spät als gar nicht,
viseiw moniti! Wir müssen uns endlich ein Beispiel an andern Völkern nehmen.

Und die Kostendeckung? werde" manche der verehrten Leser fragen. Die
Kostendeckung zu finden ist nicht Sache der Einzelressorts. Diese haben dem
Bundesrat und dem Reichstag vorzulegen, was sie pflichtmäßig zur Wahrung des
Reichsinteresses als unabweislich nötig erachten. Das Neichsschatzamt hat danach
seine Anträge an den Reichskanzler zu stellen, und der Bundesrat muß prüfen,
ob oder mit welchen Modifikationen er sie dem Reichstage vorlegen will. An den
schweren Erfahrungen in Südwestnfrika ist nicht der Reichstag allein, sondern auch
die frühere Kolonialverwaltung schuld. Es ist nur zu loben, wenn fortan jede
Versäumnis vermiede" und jedes Bedürfnis offen zur Sprache gebracht werden
soll. Die Reichsfinanzen müssen aber so oder so endlich einmal der Höhe der
Reichsinteressen entsprechen, dem kann und darf sich der Reichstag auf die Dauer
nicht entziehn.




Ein Apostel der Weltharmonie.

Im alten Europa ist wahrscheinlich die
ängstliche Sorge der Regierunge", dem Volke die Religion zu erhalten, schuld
daran, daß die unbändige allgemeine Schulbubensehnsucht nach dem verbotnen
Atheismus sogar ernsthafte Denker ergreift. Im freien Amerika, wo jeder nach
seiner eignen Fe")on selig werden darf, ist das ganze Volk religiös, u"d die Ver¬
treter der Naturwissenschaften suchen die neuen Erkenntnisse mit den alten religiösen
Anschauungen in Einklang zu bringen. Hierzulande versündigt man sich schon gegen
die Wissenschaft, wenn man eine Gehirnerkrankung von geistigen Ursachen abzuleiten
versucht. In Nordamerika gibt es vielgelesene Autoren, die alle Krankheiten ohne
Ausnahme aus der Verderbnis der Seele entsteh" lassen. "Ein Arzt und Chirurg
von Weltruf gab neulich vor seinen Kollegen die folgende Erklärung ab: Der
wichtigste Faktor, der bei der Ernährung mitwirkt, das Lebensprinzip selbst, ist in


Maßgebliches und Unmaßgebliches

Antrages einen zweiten annähme, der die Rückgabe von Nizza und Savoyen an
Italien für eine Sache des Rechts erklärte und namens der „der Sache des Friedens
aufrichtig anhängenden Völker" forderte. Dann ließe sich ja auch vielleicht darüber
reden, daß Frankreich eigentlich das alte Mömpelgard, Burgund und den Rest von
Lothringen ebenfalls zu Unrecht besitzt. Vielleicht macht der Gemeinderat von Rom
den guten Witz, die Pariser Kollegen wegen ihres Beschlusses zu beglückwünschen
und die Erwartung auszusprechen, daß sie sich auch der Zerstücklung — nicht des
besiegten, sondern des Verbündeten und befreundete» — Italiens dnrch die erzwungne
Abtretung von Nizza und Savoyen freundschaftlichst erinnern werden.

Von dem neuen Reichshaushaltplan hatte man ziemlich allgemein Über¬
raschungen erwartet, namentlich im Militär- und im Marineetat. Aber die Militär¬
verwaltung hat sich sogar wegen der Äquivalente für die dauernde zweijährige
Dienstzeit großer Zurückhaltung befleißigt. Die Marine nicht minder, sie bleibt
sogar in der Stellenneuforderung für Seeoffiziere noch um 56 hinter dem Bedarf
zurück. Nur die Lehren des japanischen Kriegs tauchen in der Verstärkung der
Schiffsartillerie, der Vermehrung der Küsteuartillerie, auch für Kiautschou, und
wesentlich erhöhter Ausgaben im Ressort des Minenwesens auf, dem fortan wohl
mit Recht eine ganz besondre Sorgfalt zugewandt wird. Bei dem großen Ver¬
trauen, dessen sich die jetzige Marineverwaltnng erfreut, werden diese Forderungen
wohl kaum Schwierigkeiten im Reichstage begegnen. Hoffentlich sind aber auch die
Erwägungen, ob es nicht richtiger wäre, eine organische Erweiterung des
Flottenplans noch in dieser Session anzubahnen, noch nicht im verneinenden
Sinne abgeschlossen. Die Zeit drängt, und die Verschiebung auf 1906 bedeutet den
Verlust eines Banjahres, der uns unter Umständen teuer zu stehn kommen kann.

Recht erfreulich berührt die Regsamkeit, die aus dem Kolonialetat spricht.
Freilich sind auf diesem Gebiete viele alte Sünden gut zu machen, und mancher
dieser Vorschläge, Eisenbahn- und Wegebau, Vorbildung der Beamten usw., hätte
schon vor einem Jahrzehnt gemacht werden sollen. Aber besser spät als gar nicht,
viseiw moniti! Wir müssen uns endlich ein Beispiel an andern Völkern nehmen.

Und die Kostendeckung? werde» manche der verehrten Leser fragen. Die
Kostendeckung zu finden ist nicht Sache der Einzelressorts. Diese haben dem
Bundesrat und dem Reichstag vorzulegen, was sie pflichtmäßig zur Wahrung des
Reichsinteresses als unabweislich nötig erachten. Das Neichsschatzamt hat danach
seine Anträge an den Reichskanzler zu stellen, und der Bundesrat muß prüfen,
ob oder mit welchen Modifikationen er sie dem Reichstage vorlegen will. An den
schweren Erfahrungen in Südwestnfrika ist nicht der Reichstag allein, sondern auch
die frühere Kolonialverwaltung schuld. Es ist nur zu loben, wenn fortan jede
Versäumnis vermiede» und jedes Bedürfnis offen zur Sprache gebracht werden
soll. Die Reichsfinanzen müssen aber so oder so endlich einmal der Höhe der
Reichsinteressen entsprechen, dem kann und darf sich der Reichstag auf die Dauer
nicht entziehn.




Ein Apostel der Weltharmonie.

Im alten Europa ist wahrscheinlich die
ängstliche Sorge der Regierunge», dem Volke die Religion zu erhalten, schuld
daran, daß die unbändige allgemeine Schulbubensehnsucht nach dem verbotnen
Atheismus sogar ernsthafte Denker ergreift. Im freien Amerika, wo jeder nach
seiner eignen Fe»)on selig werden darf, ist das ganze Volk religiös, u»d die Ver¬
treter der Naturwissenschaften suchen die neuen Erkenntnisse mit den alten religiösen
Anschauungen in Einklang zu bringen. Hierzulande versündigt man sich schon gegen
die Wissenschaft, wenn man eine Gehirnerkrankung von geistigen Ursachen abzuleiten
versucht. In Nordamerika gibt es vielgelesene Autoren, die alle Krankheiten ohne
Ausnahme aus der Verderbnis der Seele entsteh» lassen. „Ein Arzt und Chirurg
von Weltruf gab neulich vor seinen Kollegen die folgende Erklärung ab: Der
wichtigste Faktor, der bei der Ernährung mitwirkt, das Lebensprinzip selbst, ist in


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[0536] Maßgebliches und Unmaßgebliches Antrages einen zweiten annähme, der die Rückgabe von Nizza und Savoyen an Italien für eine Sache des Rechts erklärte und namens der „der Sache des Friedens aufrichtig anhängenden Völker" forderte. Dann ließe sich ja auch vielleicht darüber reden, daß Frankreich eigentlich das alte Mömpelgard, Burgund und den Rest von Lothringen ebenfalls zu Unrecht besitzt. Vielleicht macht der Gemeinderat von Rom den guten Witz, die Pariser Kollegen wegen ihres Beschlusses zu beglückwünschen und die Erwartung auszusprechen, daß sie sich auch der Zerstücklung — nicht des besiegten, sondern des Verbündeten und befreundete» — Italiens dnrch die erzwungne Abtretung von Nizza und Savoyen freundschaftlichst erinnern werden. Von dem neuen Reichshaushaltplan hatte man ziemlich allgemein Über¬ raschungen erwartet, namentlich im Militär- und im Marineetat. Aber die Militär¬ verwaltung hat sich sogar wegen der Äquivalente für die dauernde zweijährige Dienstzeit großer Zurückhaltung befleißigt. Die Marine nicht minder, sie bleibt sogar in der Stellenneuforderung für Seeoffiziere noch um 56 hinter dem Bedarf zurück. Nur die Lehren des japanischen Kriegs tauchen in der Verstärkung der Schiffsartillerie, der Vermehrung der Küsteuartillerie, auch für Kiautschou, und wesentlich erhöhter Ausgaben im Ressort des Minenwesens auf, dem fortan wohl mit Recht eine ganz besondre Sorgfalt zugewandt wird. Bei dem großen Ver¬ trauen, dessen sich die jetzige Marineverwaltnng erfreut, werden diese Forderungen wohl kaum Schwierigkeiten im Reichstage begegnen. Hoffentlich sind aber auch die Erwägungen, ob es nicht richtiger wäre, eine organische Erweiterung des Flottenplans noch in dieser Session anzubahnen, noch nicht im verneinenden Sinne abgeschlossen. Die Zeit drängt, und die Verschiebung auf 1906 bedeutet den Verlust eines Banjahres, der uns unter Umständen teuer zu stehn kommen kann. Recht erfreulich berührt die Regsamkeit, die aus dem Kolonialetat spricht. Freilich sind auf diesem Gebiete viele alte Sünden gut zu machen, und mancher dieser Vorschläge, Eisenbahn- und Wegebau, Vorbildung der Beamten usw., hätte schon vor einem Jahrzehnt gemacht werden sollen. Aber besser spät als gar nicht, viseiw moniti! Wir müssen uns endlich ein Beispiel an andern Völkern nehmen. Und die Kostendeckung? werde» manche der verehrten Leser fragen. Die Kostendeckung zu finden ist nicht Sache der Einzelressorts. Diese haben dem Bundesrat und dem Reichstag vorzulegen, was sie pflichtmäßig zur Wahrung des Reichsinteresses als unabweislich nötig erachten. Das Neichsschatzamt hat danach seine Anträge an den Reichskanzler zu stellen, und der Bundesrat muß prüfen, ob oder mit welchen Modifikationen er sie dem Reichstage vorlegen will. An den schweren Erfahrungen in Südwestnfrika ist nicht der Reichstag allein, sondern auch die frühere Kolonialverwaltung schuld. Es ist nur zu loben, wenn fortan jede Versäumnis vermiede» und jedes Bedürfnis offen zur Sprache gebracht werden soll. Die Reichsfinanzen müssen aber so oder so endlich einmal der Höhe der Reichsinteressen entsprechen, dem kann und darf sich der Reichstag auf die Dauer nicht entziehn. Ein Apostel der Weltharmonie. Im alten Europa ist wahrscheinlich die ängstliche Sorge der Regierunge», dem Volke die Religion zu erhalten, schuld daran, daß die unbändige allgemeine Schulbubensehnsucht nach dem verbotnen Atheismus sogar ernsthafte Denker ergreift. Im freien Amerika, wo jeder nach seiner eignen Fe»)on selig werden darf, ist das ganze Volk religiös, u»d die Ver¬ treter der Naturwissenschaften suchen die neuen Erkenntnisse mit den alten religiösen Anschauungen in Einklang zu bringen. Hierzulande versündigt man sich schon gegen die Wissenschaft, wenn man eine Gehirnerkrankung von geistigen Ursachen abzuleiten versucht. In Nordamerika gibt es vielgelesene Autoren, die alle Krankheiten ohne Ausnahme aus der Verderbnis der Seele entsteh» lassen. „Ein Arzt und Chirurg von Weltruf gab neulich vor seinen Kollegen die folgende Erklärung ab: Der wichtigste Faktor, der bei der Ernährung mitwirkt, das Lebensprinzip selbst, ist in

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 63, 1904, Viertes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341879_295218/536>, abgerufen am 23.07.2024.