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Die Grenzboten. Jg. 63, 1904, Viertes Vierteljahr.

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Maßgebliches und Unmaßgebliches

Solange die Aufgaben und die Ausgaben des Reichs verhältnismäßig gering waren,
konnten wir den Zolleinnahmen eine große Rolle zuweisen. Schließlich aber ge¬
langen diese an die Grenze ihrer Steigerungsfähigkeit, und wenn auch immerhin
mit dem wachsenden Wohlstand eine gewisse Einfuhr quantitativ weiterwächst, so
werden wir die Hauptdeckungsmittel doch nicht an den Reichsgrenzen, sondern
innerhalb suchen müssen. Die jetzt an den Reichstag gelangenden Handelsver¬
träge dürften auch über ihre stipulierte Dauer hinaus eine Art normalen Charakter
haben, d. h. Zollcrhöhungen werden in Zukunft für viele Artikel nicht mehr mög¬
lich sein.

In dem Augenblick, wo das Reich ernsthaft an die Mehrung seiner eignen
Einkünfte herantreten muß, hat es in dem nun aus dem Amte geschiednen bayrischen
Finanzminister von Riedel eine hervorragend begabte Kraft verloren. Man darf
getrost sagen, daß Freiherr von Riedel nächst dem verstorbnen Minister von Miqnel
der bedeutendste deutsche Finanzminister war. In manchen Stücken war er ihm
sogar über, denn Miqnel pflegte zu klagen, daß sein Kollege Riedel es meisterhaft
verstehe, der Reichsgans die besten Federn auszurupfen. Der jetzige Schatzsekretär
ist ja ans Niedels Schule hervorgegangen, hoffentlich versteht er es, dem Gefieder
der Reichsgans neue kräftige Federn hinzuwachseu zu lassen.

Miqnels Klage ist jedenfalls das größte Kompliment, das einem bayrischen
Finanzuünister von preußischer Seite gemacht werden kann, zumal wenn er mit einer
außerordentlichen Befähigung zugleich eine so hingebende nationale Gesinnung be¬
kundet, wie das bei dem Freiherrn von Riedel der Fall ist. Er hat in seiner
Person gezeigt, daß gut bayrisch zugleich gut deutsch bedeutet, und in Berlin ist
ihm dafür immer eine hohe Wertschätzung entgegengebracht worden, die nicht nur
dem tüchtigen Finanzminister, sondern auch dem Manne und dem Patrioten galt.
In ihm war die tüchtige Art seines Stammes in hervorragender Weise verkörpert;
möge es dem Reiche in München nie an Männern fehlen, die sich wie Freiherr
von Riedel so viele Jahre lang bewährt haben.

Bei der zu erwartenden Militärvvrlcige wird von verschiednen Seiten die
Forderung für eine Neubewaffnnng der Artillerie rin großer Bestimmtheit in das
Ange gefaßt und als der Hauptinhalt der kriegsministeriellen Wünsche hingestellt.
Es dürfte das doch nicht ausreichend sein. Das Qninqueuuat ist ein Organi-
sationsgesetz, das mit der Bewaffnungsfrage nichts zu tun hat. In der
Organisation der Armee ist eine ganze Reihe dringendster Bedürfnisse zu be¬
friedigen, sowohl solcher, die von einer endgiltigen Einführung der zweijährigen
Dienstzeit unzertrennlich sind, als auch solcher, die für die Streitbarkeit der Armee
nicht länger entbehrt werden können. Wir halten es nicht für richtig, die öffentliche
Meinung in eine Stimmung einzuwiegen, die zu unliebsamen Enttäuschungen führen
könnte. Auch die Argumentation, daß bei der Beschäftigung Rußlands mit dem
asiatischen Krieg der Friede in Enropa für lange Zeit gesichert und deshalb ein
weiterer Aufwand für Heereszwecke entbehrlich sei, ist durchaus hinfällig und kann
für eine Regierung, deren traditioneller Wahlspruch ton^ouis su veästts! lautet,
nicht maßgebend sein. Frankreich bleibt der gegebne Bundesgenosse für jeden Gegner
Deutschlands, und es ist völlig unberechenbar, welche Leute sich in Paris über
kurz oder lang der Führung bemächtigen können. Daneben gibt es dann noch die
Schwierigkeiten auf der Balkanhalbinsel, deren Aufrollung vielleicht gerade wegen
der Beschäftigung Rußlands im Osten versucht werden könnte, sobald irgend eine
europäische Macht, ganz abgesehen von der Tätigkeit der Agitcitivnszentren, ein
Interesse daran hätte. Wir werden auch dann zwar den bekannten pommerschen
Musketier uicht ohne weiteres einzusetzen brauchen, ober in weiterer Entwicklung der
Dinge, zumal wenn wir uns sonst in Enropa und in unsern Nachbarländern um¬
sehen, könnte es doch sehr wohl geschehen, daß Deutschlands Wohlfahrt den Aufruf
seiner Wehrkraft verlangt. Die heutige Generation hat keine Erinnerung mehr
daran, wie nahe während des Krimkrieges an das damalige friedsame Preußen


Maßgebliches und Unmaßgebliches

Solange die Aufgaben und die Ausgaben des Reichs verhältnismäßig gering waren,
konnten wir den Zolleinnahmen eine große Rolle zuweisen. Schließlich aber ge¬
langen diese an die Grenze ihrer Steigerungsfähigkeit, und wenn auch immerhin
mit dem wachsenden Wohlstand eine gewisse Einfuhr quantitativ weiterwächst, so
werden wir die Hauptdeckungsmittel doch nicht an den Reichsgrenzen, sondern
innerhalb suchen müssen. Die jetzt an den Reichstag gelangenden Handelsver¬
träge dürften auch über ihre stipulierte Dauer hinaus eine Art normalen Charakter
haben, d. h. Zollcrhöhungen werden in Zukunft für viele Artikel nicht mehr mög¬
lich sein.

In dem Augenblick, wo das Reich ernsthaft an die Mehrung seiner eignen
Einkünfte herantreten muß, hat es in dem nun aus dem Amte geschiednen bayrischen
Finanzminister von Riedel eine hervorragend begabte Kraft verloren. Man darf
getrost sagen, daß Freiherr von Riedel nächst dem verstorbnen Minister von Miqnel
der bedeutendste deutsche Finanzminister war. In manchen Stücken war er ihm
sogar über, denn Miqnel pflegte zu klagen, daß sein Kollege Riedel es meisterhaft
verstehe, der Reichsgans die besten Federn auszurupfen. Der jetzige Schatzsekretär
ist ja ans Niedels Schule hervorgegangen, hoffentlich versteht er es, dem Gefieder
der Reichsgans neue kräftige Federn hinzuwachseu zu lassen.

Miqnels Klage ist jedenfalls das größte Kompliment, das einem bayrischen
Finanzuünister von preußischer Seite gemacht werden kann, zumal wenn er mit einer
außerordentlichen Befähigung zugleich eine so hingebende nationale Gesinnung be¬
kundet, wie das bei dem Freiherrn von Riedel der Fall ist. Er hat in seiner
Person gezeigt, daß gut bayrisch zugleich gut deutsch bedeutet, und in Berlin ist
ihm dafür immer eine hohe Wertschätzung entgegengebracht worden, die nicht nur
dem tüchtigen Finanzminister, sondern auch dem Manne und dem Patrioten galt.
In ihm war die tüchtige Art seines Stammes in hervorragender Weise verkörpert;
möge es dem Reiche in München nie an Männern fehlen, die sich wie Freiherr
von Riedel so viele Jahre lang bewährt haben.

Bei der zu erwartenden Militärvvrlcige wird von verschiednen Seiten die
Forderung für eine Neubewaffnnng der Artillerie rin großer Bestimmtheit in das
Ange gefaßt und als der Hauptinhalt der kriegsministeriellen Wünsche hingestellt.
Es dürfte das doch nicht ausreichend sein. Das Qninqueuuat ist ein Organi-
sationsgesetz, das mit der Bewaffnungsfrage nichts zu tun hat. In der
Organisation der Armee ist eine ganze Reihe dringendster Bedürfnisse zu be¬
friedigen, sowohl solcher, die von einer endgiltigen Einführung der zweijährigen
Dienstzeit unzertrennlich sind, als auch solcher, die für die Streitbarkeit der Armee
nicht länger entbehrt werden können. Wir halten es nicht für richtig, die öffentliche
Meinung in eine Stimmung einzuwiegen, die zu unliebsamen Enttäuschungen führen
könnte. Auch die Argumentation, daß bei der Beschäftigung Rußlands mit dem
asiatischen Krieg der Friede in Enropa für lange Zeit gesichert und deshalb ein
weiterer Aufwand für Heereszwecke entbehrlich sei, ist durchaus hinfällig und kann
für eine Regierung, deren traditioneller Wahlspruch ton^ouis su veästts! lautet,
nicht maßgebend sein. Frankreich bleibt der gegebne Bundesgenosse für jeden Gegner
Deutschlands, und es ist völlig unberechenbar, welche Leute sich in Paris über
kurz oder lang der Führung bemächtigen können. Daneben gibt es dann noch die
Schwierigkeiten auf der Balkanhalbinsel, deren Aufrollung vielleicht gerade wegen
der Beschäftigung Rußlands im Osten versucht werden könnte, sobald irgend eine
europäische Macht, ganz abgesehen von der Tätigkeit der Agitcitivnszentren, ein
Interesse daran hätte. Wir werden auch dann zwar den bekannten pommerschen
Musketier uicht ohne weiteres einzusetzen brauchen, ober in weiterer Entwicklung der
Dinge, zumal wenn wir uns sonst in Enropa und in unsern Nachbarländern um¬
sehen, könnte es doch sehr wohl geschehen, daß Deutschlands Wohlfahrt den Aufruf
seiner Wehrkraft verlangt. Die heutige Generation hat keine Erinnerung mehr
daran, wie nahe während des Krimkrieges an das damalige friedsame Preußen


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[0353] Maßgebliches und Unmaßgebliches Solange die Aufgaben und die Ausgaben des Reichs verhältnismäßig gering waren, konnten wir den Zolleinnahmen eine große Rolle zuweisen. Schließlich aber ge¬ langen diese an die Grenze ihrer Steigerungsfähigkeit, und wenn auch immerhin mit dem wachsenden Wohlstand eine gewisse Einfuhr quantitativ weiterwächst, so werden wir die Hauptdeckungsmittel doch nicht an den Reichsgrenzen, sondern innerhalb suchen müssen. Die jetzt an den Reichstag gelangenden Handelsver¬ träge dürften auch über ihre stipulierte Dauer hinaus eine Art normalen Charakter haben, d. h. Zollcrhöhungen werden in Zukunft für viele Artikel nicht mehr mög¬ lich sein. In dem Augenblick, wo das Reich ernsthaft an die Mehrung seiner eignen Einkünfte herantreten muß, hat es in dem nun aus dem Amte geschiednen bayrischen Finanzminister von Riedel eine hervorragend begabte Kraft verloren. Man darf getrost sagen, daß Freiherr von Riedel nächst dem verstorbnen Minister von Miqnel der bedeutendste deutsche Finanzminister war. In manchen Stücken war er ihm sogar über, denn Miqnel pflegte zu klagen, daß sein Kollege Riedel es meisterhaft verstehe, der Reichsgans die besten Federn auszurupfen. Der jetzige Schatzsekretär ist ja ans Niedels Schule hervorgegangen, hoffentlich versteht er es, dem Gefieder der Reichsgans neue kräftige Federn hinzuwachseu zu lassen. Miqnels Klage ist jedenfalls das größte Kompliment, das einem bayrischen Finanzuünister von preußischer Seite gemacht werden kann, zumal wenn er mit einer außerordentlichen Befähigung zugleich eine so hingebende nationale Gesinnung be¬ kundet, wie das bei dem Freiherrn von Riedel der Fall ist. Er hat in seiner Person gezeigt, daß gut bayrisch zugleich gut deutsch bedeutet, und in Berlin ist ihm dafür immer eine hohe Wertschätzung entgegengebracht worden, die nicht nur dem tüchtigen Finanzminister, sondern auch dem Manne und dem Patrioten galt. In ihm war die tüchtige Art seines Stammes in hervorragender Weise verkörpert; möge es dem Reiche in München nie an Männern fehlen, die sich wie Freiherr von Riedel so viele Jahre lang bewährt haben. Bei der zu erwartenden Militärvvrlcige wird von verschiednen Seiten die Forderung für eine Neubewaffnnng der Artillerie rin großer Bestimmtheit in das Ange gefaßt und als der Hauptinhalt der kriegsministeriellen Wünsche hingestellt. Es dürfte das doch nicht ausreichend sein. Das Qninqueuuat ist ein Organi- sationsgesetz, das mit der Bewaffnungsfrage nichts zu tun hat. In der Organisation der Armee ist eine ganze Reihe dringendster Bedürfnisse zu be¬ friedigen, sowohl solcher, die von einer endgiltigen Einführung der zweijährigen Dienstzeit unzertrennlich sind, als auch solcher, die für die Streitbarkeit der Armee nicht länger entbehrt werden können. Wir halten es nicht für richtig, die öffentliche Meinung in eine Stimmung einzuwiegen, die zu unliebsamen Enttäuschungen führen könnte. Auch die Argumentation, daß bei der Beschäftigung Rußlands mit dem asiatischen Krieg der Friede in Enropa für lange Zeit gesichert und deshalb ein weiterer Aufwand für Heereszwecke entbehrlich sei, ist durchaus hinfällig und kann für eine Regierung, deren traditioneller Wahlspruch ton^ouis su veästts! lautet, nicht maßgebend sein. Frankreich bleibt der gegebne Bundesgenosse für jeden Gegner Deutschlands, und es ist völlig unberechenbar, welche Leute sich in Paris über kurz oder lang der Führung bemächtigen können. Daneben gibt es dann noch die Schwierigkeiten auf der Balkanhalbinsel, deren Aufrollung vielleicht gerade wegen der Beschäftigung Rußlands im Osten versucht werden könnte, sobald irgend eine europäische Macht, ganz abgesehen von der Tätigkeit der Agitcitivnszentren, ein Interesse daran hätte. Wir werden auch dann zwar den bekannten pommerschen Musketier uicht ohne weiteres einzusetzen brauchen, ober in weiterer Entwicklung der Dinge, zumal wenn wir uns sonst in Enropa und in unsern Nachbarländern um¬ sehen, könnte es doch sehr wohl geschehen, daß Deutschlands Wohlfahrt den Aufruf seiner Wehrkraft verlangt. Die heutige Generation hat keine Erinnerung mehr daran, wie nahe während des Krimkrieges an das damalige friedsame Preußen

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Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (&#xa75b;): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja;

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 63, 1904, Viertes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341879_295218/353>, abgerufen am 29.06.2024.