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Die Grenzboten. Jg. 63, 1904, Viertes Vierteljahr.

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Die vana auf Markby

Nun nun, Julie, begann er wieder, immer unglücklicher und ungeduldiger.
Wenn du nicht versuchst, dich zu beruhigen, dann ist es mir ja unmöglich . . .

Ich kann nicht mit dir sprechen -- jetzt nicht! Sie schluchzte so heftig, daß
die Worte betnahe erstickt wurden. Und außerdem, sagte sie mit nassen, vorwurfs¬
vollen Augen, was könnten wir einander wohl zu sagen haben -- jetzt noch?

Er mußte lächeln; das sah ihr so ganz ähnlich! Noch nicht einen einzigen
Satz hatte er gesagt, und doch wußte er, daß in ihrer Seele schon das Echo aller
der Worte klang, die ihm sein Gefühl auf die Zunge gelegt hätte, von all dem,
was er hätte sagen können.

Sachte, aber sehr bestimmt legte er seine Hand auf die ihrige, die nur lose
deu Zügel hielt.

Sag mir dann nur, wann ich dich treffen kann -- allein und ungestört
natürlich. So wahr ich lebe, ich werde nichts weiter von dir verlangen, als daß
du mich anhörst.

Aber Julie wußte -- und das wußte er natürlich auch --, daß thu anhören
gerade das war,, was sie nicht durfte. Wenn er sich einmal aussprechen durfte,
dann war es anch aus mit ihr; sie war kein Weib, das geschaffen war, dem Manne,
den sie liebte, zu widerstehn.

Plötzlich richtete sie sich im Sattel auf und machte eine letzte Anstrengung:
Aber das will ich nicht -- nein, ich will es nicht. Es ist . . . kannst du denn
nicht einsehen, daß es unrecht von dir ist, zu versuchen, mich zu zwingen, jetzt,
wo ich mich doch nicht freimachen kann?

Du glaubst ja selbst nicht, was du sagst, antwortete er kurz. Was kann ich denn
andres tun, als die Gelegenheit benützen? Zuerst und vor allem will ich wissen,
warum du mir ausweichst? Ist es um andrer Leute oder um deiner selbst willen?

Sie hatten den steinigen Waldweg erreicht und ritten nun im Schritt ganz
nahe nebeneinander nnter den fast entlaubten Bäumen. Julie wandte den Kopf
und sah ihm zum erstenmal gerade in die Augen.

Ich bitte dich, Erik, flüsterte sie leise, ich bitte dich, laß alles so, wie es ist.

Er beugte sich vor, faßte ihr Handgelenk mit hartem Griff und sagte auf¬
gebracht: Du überlegst nicht, was du sagst. Wie ist es möglich, daß du etwas so ...
so Dummes verlangen kannst? Als ob es noch in meiner Macht stünde, alles zu
lassen, wie es ist. Lüge und Betrug also -- das ist es, was du nach allen
Richtungen hin haben willst!

Julie hatte bei seinem heftigen Ausbruch sofort den Kopf gesenkt. Nun sah
sie Erik wieder an und sagte mit bebenden Lippen: Meinst du wirklich, daß
ich -- jetzt -- so wie es jetzt steht -- Arvid betrüge?

Ja, bei Gott, das meine ich, sagte er unbarmherzig. Oder wagst du mir
gerade in die Augen zu sehen, mir, hörst du -- und hoch und heilig versichern,
daß du noch dasselbe junge Mädchen seist, das sich vor einem Jahre mit ihm ver¬
lobt hat? Wagst du das?

Sie schwieg eine Weile mit abgewandtem Gesicht.

Nein, sagte sie schließlich leise, merkwürdig betrübt und gedemütigt, ohne ihn
anzusehen. Ganz dasselbe bin ich wohl nicht mehr. Aber -- sie hob den Kopf
wieder, und zum erstenmal nahm er in ihrem Blick einen selbstbewußten und stolzen
Widerstand wahr, den er nicht erwartet hatte, und dem er noch nie bei ihr be¬
gegnet war -- schlimmer bin ich jedenfalls nicht.

Julie, flüsterte er leidenschaftlich, ja fast angstvoll, und ohne es zu wissen,
preßte er ihr Handgelenk hart. Du kannst tun, was dn willst, und zu mir sagen,
was du willst, aber du darfst in deinem Innersten -- in deinem Herzen meine
ich -- nicht gegen mich sein.

Als ob ich das könnte! murmelte Julie leidenschaftlich, aber so leise, daß er
ihre Worte beinahe nur ahnte.

Ihre Blicke trafen sich in einem beredten, unverstellten Verständnis. Vom
Hügel her, der sich mitten durch den Wald zog, vernahmen sie nun ein schwaches


Die vana auf Markby

Nun nun, Julie, begann er wieder, immer unglücklicher und ungeduldiger.
Wenn du nicht versuchst, dich zu beruhigen, dann ist es mir ja unmöglich . . .

Ich kann nicht mit dir sprechen — jetzt nicht! Sie schluchzte so heftig, daß
die Worte betnahe erstickt wurden. Und außerdem, sagte sie mit nassen, vorwurfs¬
vollen Augen, was könnten wir einander wohl zu sagen haben — jetzt noch?

Er mußte lächeln; das sah ihr so ganz ähnlich! Noch nicht einen einzigen
Satz hatte er gesagt, und doch wußte er, daß in ihrer Seele schon das Echo aller
der Worte klang, die ihm sein Gefühl auf die Zunge gelegt hätte, von all dem,
was er hätte sagen können.

Sachte, aber sehr bestimmt legte er seine Hand auf die ihrige, die nur lose
deu Zügel hielt.

Sag mir dann nur, wann ich dich treffen kann — allein und ungestört
natürlich. So wahr ich lebe, ich werde nichts weiter von dir verlangen, als daß
du mich anhörst.

Aber Julie wußte — und das wußte er natürlich auch —, daß thu anhören
gerade das war,, was sie nicht durfte. Wenn er sich einmal aussprechen durfte,
dann war es anch aus mit ihr; sie war kein Weib, das geschaffen war, dem Manne,
den sie liebte, zu widerstehn.

Plötzlich richtete sie sich im Sattel auf und machte eine letzte Anstrengung:
Aber das will ich nicht — nein, ich will es nicht. Es ist . . . kannst du denn
nicht einsehen, daß es unrecht von dir ist, zu versuchen, mich zu zwingen, jetzt,
wo ich mich doch nicht freimachen kann?

Du glaubst ja selbst nicht, was du sagst, antwortete er kurz. Was kann ich denn
andres tun, als die Gelegenheit benützen? Zuerst und vor allem will ich wissen,
warum du mir ausweichst? Ist es um andrer Leute oder um deiner selbst willen?

Sie hatten den steinigen Waldweg erreicht und ritten nun im Schritt ganz
nahe nebeneinander nnter den fast entlaubten Bäumen. Julie wandte den Kopf
und sah ihm zum erstenmal gerade in die Augen.

Ich bitte dich, Erik, flüsterte sie leise, ich bitte dich, laß alles so, wie es ist.

Er beugte sich vor, faßte ihr Handgelenk mit hartem Griff und sagte auf¬
gebracht: Du überlegst nicht, was du sagst. Wie ist es möglich, daß du etwas so ...
so Dummes verlangen kannst? Als ob es noch in meiner Macht stünde, alles zu
lassen, wie es ist. Lüge und Betrug also — das ist es, was du nach allen
Richtungen hin haben willst!

Julie hatte bei seinem heftigen Ausbruch sofort den Kopf gesenkt. Nun sah
sie Erik wieder an und sagte mit bebenden Lippen: Meinst du wirklich, daß
ich — jetzt — so wie es jetzt steht — Arvid betrüge?

Ja, bei Gott, das meine ich, sagte er unbarmherzig. Oder wagst du mir
gerade in die Augen zu sehen, mir, hörst du — und hoch und heilig versichern,
daß du noch dasselbe junge Mädchen seist, das sich vor einem Jahre mit ihm ver¬
lobt hat? Wagst du das?

Sie schwieg eine Weile mit abgewandtem Gesicht.

Nein, sagte sie schließlich leise, merkwürdig betrübt und gedemütigt, ohne ihn
anzusehen. Ganz dasselbe bin ich wohl nicht mehr. Aber — sie hob den Kopf
wieder, und zum erstenmal nahm er in ihrem Blick einen selbstbewußten und stolzen
Widerstand wahr, den er nicht erwartet hatte, und dem er noch nie bei ihr be¬
gegnet war — schlimmer bin ich jedenfalls nicht.

Julie, flüsterte er leidenschaftlich, ja fast angstvoll, und ohne es zu wissen,
preßte er ihr Handgelenk hart. Du kannst tun, was dn willst, und zu mir sagen,
was du willst, aber du darfst in deinem Innersten — in deinem Herzen meine
ich — nicht gegen mich sein.

Als ob ich das könnte! murmelte Julie leidenschaftlich, aber so leise, daß er
ihre Worte beinahe nur ahnte.

Ihre Blicke trafen sich in einem beredten, unverstellten Verständnis. Vom
Hügel her, der sich mitten durch den Wald zog, vernahmen sie nun ein schwaches


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[0239] Die vana auf Markby Nun nun, Julie, begann er wieder, immer unglücklicher und ungeduldiger. Wenn du nicht versuchst, dich zu beruhigen, dann ist es mir ja unmöglich . . . Ich kann nicht mit dir sprechen — jetzt nicht! Sie schluchzte so heftig, daß die Worte betnahe erstickt wurden. Und außerdem, sagte sie mit nassen, vorwurfs¬ vollen Augen, was könnten wir einander wohl zu sagen haben — jetzt noch? Er mußte lächeln; das sah ihr so ganz ähnlich! Noch nicht einen einzigen Satz hatte er gesagt, und doch wußte er, daß in ihrer Seele schon das Echo aller der Worte klang, die ihm sein Gefühl auf die Zunge gelegt hätte, von all dem, was er hätte sagen können. Sachte, aber sehr bestimmt legte er seine Hand auf die ihrige, die nur lose deu Zügel hielt. Sag mir dann nur, wann ich dich treffen kann — allein und ungestört natürlich. So wahr ich lebe, ich werde nichts weiter von dir verlangen, als daß du mich anhörst. Aber Julie wußte — und das wußte er natürlich auch —, daß thu anhören gerade das war,, was sie nicht durfte. Wenn er sich einmal aussprechen durfte, dann war es anch aus mit ihr; sie war kein Weib, das geschaffen war, dem Manne, den sie liebte, zu widerstehn. Plötzlich richtete sie sich im Sattel auf und machte eine letzte Anstrengung: Aber das will ich nicht — nein, ich will es nicht. Es ist . . . kannst du denn nicht einsehen, daß es unrecht von dir ist, zu versuchen, mich zu zwingen, jetzt, wo ich mich doch nicht freimachen kann? Du glaubst ja selbst nicht, was du sagst, antwortete er kurz. Was kann ich denn andres tun, als die Gelegenheit benützen? Zuerst und vor allem will ich wissen, warum du mir ausweichst? Ist es um andrer Leute oder um deiner selbst willen? Sie hatten den steinigen Waldweg erreicht und ritten nun im Schritt ganz nahe nebeneinander nnter den fast entlaubten Bäumen. Julie wandte den Kopf und sah ihm zum erstenmal gerade in die Augen. Ich bitte dich, Erik, flüsterte sie leise, ich bitte dich, laß alles so, wie es ist. Er beugte sich vor, faßte ihr Handgelenk mit hartem Griff und sagte auf¬ gebracht: Du überlegst nicht, was du sagst. Wie ist es möglich, daß du etwas so ... so Dummes verlangen kannst? Als ob es noch in meiner Macht stünde, alles zu lassen, wie es ist. Lüge und Betrug also — das ist es, was du nach allen Richtungen hin haben willst! Julie hatte bei seinem heftigen Ausbruch sofort den Kopf gesenkt. Nun sah sie Erik wieder an und sagte mit bebenden Lippen: Meinst du wirklich, daß ich — jetzt — so wie es jetzt steht — Arvid betrüge? Ja, bei Gott, das meine ich, sagte er unbarmherzig. Oder wagst du mir gerade in die Augen zu sehen, mir, hörst du — und hoch und heilig versichern, daß du noch dasselbe junge Mädchen seist, das sich vor einem Jahre mit ihm ver¬ lobt hat? Wagst du das? Sie schwieg eine Weile mit abgewandtem Gesicht. Nein, sagte sie schließlich leise, merkwürdig betrübt und gedemütigt, ohne ihn anzusehen. Ganz dasselbe bin ich wohl nicht mehr. Aber — sie hob den Kopf wieder, und zum erstenmal nahm er in ihrem Blick einen selbstbewußten und stolzen Widerstand wahr, den er nicht erwartet hatte, und dem er noch nie bei ihr be¬ gegnet war — schlimmer bin ich jedenfalls nicht. Julie, flüsterte er leidenschaftlich, ja fast angstvoll, und ohne es zu wissen, preßte er ihr Handgelenk hart. Du kannst tun, was dn willst, und zu mir sagen, was du willst, aber du darfst in deinem Innersten — in deinem Herzen meine ich — nicht gegen mich sein. Als ob ich das könnte! murmelte Julie leidenschaftlich, aber so leise, daß er ihre Worte beinahe nur ahnte. Ihre Blicke trafen sich in einem beredten, unverstellten Verständnis. Vom Hügel her, der sich mitten durch den Wald zog, vernahmen sie nun ein schwaches

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 63, 1904, Viertes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341879_295218/239>, abgerufen am 23.07.2024.