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Die Grenzboten. Jg. 63, 1904, Viertes Vierteljahr.

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Maßgebliches und Unmaßgebliches

geschichte halten. Als wollten sie sagen: Guten Morgen, Herr Briareus! Wir sind
Ihnen über! -- Daß die Affen mit Steinen werfen, wird manchmal bezweifelt, ist
aber Tatsache; auf der Chaussee von Blida nach der Chiffaschlucht im Departement
Algier kann man sich davon überzeugen. Die Gorillas sollen sogar zu ihrer Ver¬
teidigung Knüppel brauchen und Elefanten prügeln; die Schimpansen entreißen den
Jägern ihre Speere und schlagen damit um sich. Aber daß sie sich so gut wie
die Hekatoncheiren mit Felsstücken bewaffnen, berichtet schon der karthagische See¬
fahrer Hanno, in dessen Reisebeschreibung der Name Gorilla zum erstenmale vor¬
kommt. Dazu stimmt auch, daß die Affen von den Kokospalmen Kokosnüsse
herunterwerfen, wenn sie selbst mit Steinen geworfen werden, wie Sindbad der
Seefahrer erzählt.

Für die Menschen ist nun ganz gewiß der mit der Hand geworfne Schleuder¬
stein die älteste und natürlichste Fernwaffe gewesen, deren sie sich auch nach der
Erfindung besserer Geschosse immer noch bedienten, im Notfall heute noch bedienen;
in Rom haben sich die Trasteveriner und die Montigiani, die Bewohner der alten
sieben Hügel, bis zum Jahre 1838, also noch vor hundert Jahren, Schlachten ge¬
liefert, die vollkommen an die Kämpfe der hundertarmigen Riesen und der Titanen
erinnerten. Der Kampfplatz war das Forum, das verlassene und mit der notwen¬
digen Munition, das heißt mit Steinen übersäte Forum. Die Stunde des Angriffs
wurde festgesetzt, die feindlichen Heere rückten, in Haufen geteilt, von beiden Seiten
an, und ein Hagel von Steinen, die sogenannte 8g,"haine>1a, flog hinüber und
herüber. Natürlich setzte es Wunden um Wunden, Beulen um Beulen und blutige
Köpfe, oft auch eine blutige Niederlage und eine wilde Flucht der Titanen; in der
Regel aber wurde die SasWiuolÄ nicht eher eingestellt, als bis eine Reiterschwadron
erschien und die hundertarmigen Riesen auseinanderjagte. Die Polizei konnte froh
sein, wenn sie nicht selbst etwas abbekam; so wie sie weg war, ging die ZasMiuols,
wieder los, und das benachbarte Hospital der Maria vom Troste füllte sich mit
Verwundeten und Toten.

Die alten Römer nannten ein Treffen ku^us,, das heißt einen Faustkampf
oder ein Handgemenge; gegenüber einer ?ugna. bezeichnet eine SasWuolg, schon
einen großen Fortschritt. Hundert Fäuste sind offenbar nicht so viel wert als eine
einzige Faust mit hundert Steinen. Wir sind freilich geneigt, die Kraft unsrer
Arme zu überschätzen und die Organe richtigen Waffen und Werkzeugen gleich¬
zustellen. Der römische Lustspieldichter Plautus hat eine Komödie verfaßt, die den
Titel vgMvi, d. i. die Gefangnen, trägt; nach dem Urteile Lessings das vortreff¬
lichste Stück, das je über die Bretter gegangen ist. Darin zählt ein Briareus die
großen Maschinengeschütze der alten Römer auf und prahlt, daß er sie alle zu¬
sammen selber repräsentiere, sintemalen er an seinen Fäusten ein Wurfgeschütz, an
seinen Ellbogen eine Armbrust und an seinen Schultern einen Mauerbrecher habe;
er tut so, als ob er den römischen Feldzeugmeisteru Modell gestanden hätte. Er
spricht die denkwürdigen Worte:


Uhu8 sse Lkllista l?nz'Qus, On.bien8 Os,<NMiw esse alli,
Nuwsrus Lriss.

^rief heißt eigentlich der Widder; so nannte man den Mauerbrecher oder den
Sturmbock. Es war ein langer, vorn mit einem eisernen Widderköpfe versehener Balken,
der zum Einrennen der Festungsmauern diente. Jede Raume ist so ein stößiger
Bock; das Wort Raume bezeichnet offenbar nichts weiter, der Ramm ist der Schaf¬
bock. Also unser plautinischer Held ist ein schreckliches Stück von einem Manne;
er wiegt nicht bloß eine Armee, er wiegt einen Belagerungspark auf. Es läßt
sich ja auch nicht leugnen, daß der Kerl tatsächlich etwas von einer Maschine hat,
und daß er im Gedränge vorkommt und Bahn macht wie ein Sturmbock, darin
besteht eben der Witz. Man könnte meinen, daß der Mann mit den Wurfgeschützen
und mit den Katapulten nur seine eignen Organe verdopple, und daß er mit jedem


Maßgebliches und Unmaßgebliches

geschichte halten. Als wollten sie sagen: Guten Morgen, Herr Briareus! Wir sind
Ihnen über! — Daß die Affen mit Steinen werfen, wird manchmal bezweifelt, ist
aber Tatsache; auf der Chaussee von Blida nach der Chiffaschlucht im Departement
Algier kann man sich davon überzeugen. Die Gorillas sollen sogar zu ihrer Ver¬
teidigung Knüppel brauchen und Elefanten prügeln; die Schimpansen entreißen den
Jägern ihre Speere und schlagen damit um sich. Aber daß sie sich so gut wie
die Hekatoncheiren mit Felsstücken bewaffnen, berichtet schon der karthagische See¬
fahrer Hanno, in dessen Reisebeschreibung der Name Gorilla zum erstenmale vor¬
kommt. Dazu stimmt auch, daß die Affen von den Kokospalmen Kokosnüsse
herunterwerfen, wenn sie selbst mit Steinen geworfen werden, wie Sindbad der
Seefahrer erzählt.

Für die Menschen ist nun ganz gewiß der mit der Hand geworfne Schleuder¬
stein die älteste und natürlichste Fernwaffe gewesen, deren sie sich auch nach der
Erfindung besserer Geschosse immer noch bedienten, im Notfall heute noch bedienen;
in Rom haben sich die Trasteveriner und die Montigiani, die Bewohner der alten
sieben Hügel, bis zum Jahre 1838, also noch vor hundert Jahren, Schlachten ge¬
liefert, die vollkommen an die Kämpfe der hundertarmigen Riesen und der Titanen
erinnerten. Der Kampfplatz war das Forum, das verlassene und mit der notwen¬
digen Munition, das heißt mit Steinen übersäte Forum. Die Stunde des Angriffs
wurde festgesetzt, die feindlichen Heere rückten, in Haufen geteilt, von beiden Seiten
an, und ein Hagel von Steinen, die sogenannte 8g,«haine>1a, flog hinüber und
herüber. Natürlich setzte es Wunden um Wunden, Beulen um Beulen und blutige
Köpfe, oft auch eine blutige Niederlage und eine wilde Flucht der Titanen; in der
Regel aber wurde die SasWiuolÄ nicht eher eingestellt, als bis eine Reiterschwadron
erschien und die hundertarmigen Riesen auseinanderjagte. Die Polizei konnte froh
sein, wenn sie nicht selbst etwas abbekam; so wie sie weg war, ging die ZasMiuols,
wieder los, und das benachbarte Hospital der Maria vom Troste füllte sich mit
Verwundeten und Toten.

Die alten Römer nannten ein Treffen ku^us,, das heißt einen Faustkampf
oder ein Handgemenge; gegenüber einer ?ugna. bezeichnet eine SasWuolg, schon
einen großen Fortschritt. Hundert Fäuste sind offenbar nicht so viel wert als eine
einzige Faust mit hundert Steinen. Wir sind freilich geneigt, die Kraft unsrer
Arme zu überschätzen und die Organe richtigen Waffen und Werkzeugen gleich¬
zustellen. Der römische Lustspieldichter Plautus hat eine Komödie verfaßt, die den
Titel vgMvi, d. i. die Gefangnen, trägt; nach dem Urteile Lessings das vortreff¬
lichste Stück, das je über die Bretter gegangen ist. Darin zählt ein Briareus die
großen Maschinengeschütze der alten Römer auf und prahlt, daß er sie alle zu¬
sammen selber repräsentiere, sintemalen er an seinen Fäusten ein Wurfgeschütz, an
seinen Ellbogen eine Armbrust und an seinen Schultern einen Mauerbrecher habe;
er tut so, als ob er den römischen Feldzeugmeisteru Modell gestanden hätte. Er
spricht die denkwürdigen Worte:


Uhu8 sse Lkllista l?nz'Qus, On.bien8 Os,<NMiw esse alli,
Nuwsrus Lriss.

^rief heißt eigentlich der Widder; so nannte man den Mauerbrecher oder den
Sturmbock. Es war ein langer, vorn mit einem eisernen Widderköpfe versehener Balken,
der zum Einrennen der Festungsmauern diente. Jede Raume ist so ein stößiger
Bock; das Wort Raume bezeichnet offenbar nichts weiter, der Ramm ist der Schaf¬
bock. Also unser plautinischer Held ist ein schreckliches Stück von einem Manne;
er wiegt nicht bloß eine Armee, er wiegt einen Belagerungspark auf. Es läßt
sich ja auch nicht leugnen, daß der Kerl tatsächlich etwas von einer Maschine hat,
und daß er im Gedränge vorkommt und Bahn macht wie ein Sturmbock, darin
besteht eben der Witz. Man könnte meinen, daß der Mann mit den Wurfgeschützen
und mit den Katapulten nur seine eignen Organe verdopple, und daß er mit jedem


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[0184] Maßgebliches und Unmaßgebliches geschichte halten. Als wollten sie sagen: Guten Morgen, Herr Briareus! Wir sind Ihnen über! — Daß die Affen mit Steinen werfen, wird manchmal bezweifelt, ist aber Tatsache; auf der Chaussee von Blida nach der Chiffaschlucht im Departement Algier kann man sich davon überzeugen. Die Gorillas sollen sogar zu ihrer Ver¬ teidigung Knüppel brauchen und Elefanten prügeln; die Schimpansen entreißen den Jägern ihre Speere und schlagen damit um sich. Aber daß sie sich so gut wie die Hekatoncheiren mit Felsstücken bewaffnen, berichtet schon der karthagische See¬ fahrer Hanno, in dessen Reisebeschreibung der Name Gorilla zum erstenmale vor¬ kommt. Dazu stimmt auch, daß die Affen von den Kokospalmen Kokosnüsse herunterwerfen, wenn sie selbst mit Steinen geworfen werden, wie Sindbad der Seefahrer erzählt. Für die Menschen ist nun ganz gewiß der mit der Hand geworfne Schleuder¬ stein die älteste und natürlichste Fernwaffe gewesen, deren sie sich auch nach der Erfindung besserer Geschosse immer noch bedienten, im Notfall heute noch bedienen; in Rom haben sich die Trasteveriner und die Montigiani, die Bewohner der alten sieben Hügel, bis zum Jahre 1838, also noch vor hundert Jahren, Schlachten ge¬ liefert, die vollkommen an die Kämpfe der hundertarmigen Riesen und der Titanen erinnerten. Der Kampfplatz war das Forum, das verlassene und mit der notwen¬ digen Munition, das heißt mit Steinen übersäte Forum. Die Stunde des Angriffs wurde festgesetzt, die feindlichen Heere rückten, in Haufen geteilt, von beiden Seiten an, und ein Hagel von Steinen, die sogenannte 8g,«haine>1a, flog hinüber und herüber. Natürlich setzte es Wunden um Wunden, Beulen um Beulen und blutige Köpfe, oft auch eine blutige Niederlage und eine wilde Flucht der Titanen; in der Regel aber wurde die SasWiuolÄ nicht eher eingestellt, als bis eine Reiterschwadron erschien und die hundertarmigen Riesen auseinanderjagte. Die Polizei konnte froh sein, wenn sie nicht selbst etwas abbekam; so wie sie weg war, ging die ZasMiuols, wieder los, und das benachbarte Hospital der Maria vom Troste füllte sich mit Verwundeten und Toten. Die alten Römer nannten ein Treffen ku^us,, das heißt einen Faustkampf oder ein Handgemenge; gegenüber einer ?ugna. bezeichnet eine SasWuolg, schon einen großen Fortschritt. Hundert Fäuste sind offenbar nicht so viel wert als eine einzige Faust mit hundert Steinen. Wir sind freilich geneigt, die Kraft unsrer Arme zu überschätzen und die Organe richtigen Waffen und Werkzeugen gleich¬ zustellen. Der römische Lustspieldichter Plautus hat eine Komödie verfaßt, die den Titel vgMvi, d. i. die Gefangnen, trägt; nach dem Urteile Lessings das vortreff¬ lichste Stück, das je über die Bretter gegangen ist. Darin zählt ein Briareus die großen Maschinengeschütze der alten Römer auf und prahlt, daß er sie alle zu¬ sammen selber repräsentiere, sintemalen er an seinen Fäusten ein Wurfgeschütz, an seinen Ellbogen eine Armbrust und an seinen Schultern einen Mauerbrecher habe; er tut so, als ob er den römischen Feldzeugmeisteru Modell gestanden hätte. Er spricht die denkwürdigen Worte: Uhu8 sse Lkllista l?nz'Qus, On.bien8 Os,<NMiw esse alli, Nuwsrus Lriss. ^rief heißt eigentlich der Widder; so nannte man den Mauerbrecher oder den Sturmbock. Es war ein langer, vorn mit einem eisernen Widderköpfe versehener Balken, der zum Einrennen der Festungsmauern diente. Jede Raume ist so ein stößiger Bock; das Wort Raume bezeichnet offenbar nichts weiter, der Ramm ist der Schaf¬ bock. Also unser plautinischer Held ist ein schreckliches Stück von einem Manne; er wiegt nicht bloß eine Armee, er wiegt einen Belagerungspark auf. Es läßt sich ja auch nicht leugnen, daß der Kerl tatsächlich etwas von einer Maschine hat, und daß er im Gedränge vorkommt und Bahn macht wie ein Sturmbock, darin besteht eben der Witz. Man könnte meinen, daß der Mann mit den Wurfgeschützen und mit den Katapulten nur seine eignen Organe verdopple, und daß er mit jedem

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 63, 1904, Viertes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341879_295218/184>, abgerufen am 23.07.2024.