Die Grenzboten. Jg. 63, 1904, Drittes Vierteljahr.Maßgebliches und Unmaßgebliches Stande" auf die Seite von Laband, Schoen, Zorn, Köhler und Kekule von Stra- Die von Anschütz vertretne Ansicht stützt sich darauf, daß nach dem Schieds- "Seine Erlaucht der Graf Ernst Kasimir Friedrich Karl Eberhard. Graf und "Aus diesen Umständen, meint starck, erhellt die Absicht der Schiedsrichter Schaumburg-Lippe hat dem, auch, als der Grafregent Ernst zur Lippe-Biester¬ Maßgebliches und Unmaßgebliches Stande" auf die Seite von Laband, Schoen, Zorn, Köhler und Kekule von Stra- Die von Anschütz vertretne Ansicht stützt sich darauf, daß nach dem Schieds- „Seine Erlaucht der Graf Ernst Kasimir Friedrich Karl Eberhard. Graf und „Aus diesen Umständen, meint starck, erhellt die Absicht der Schiedsrichter Schaumburg-Lippe hat dem, auch, als der Grafregent Ernst zur Lippe-Biester¬ <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0731" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/295148"/> <fw type="header" place="top"> Maßgebliches und Unmaßgebliches</fw><lb/> <p xml:id="ID_3544" prev="#ID_3543"> Stande" auf die Seite von Laband, Schoen, Zorn, Köhler und Kekule von Stra-<lb/> donitz, die allesamt behaupten, der Streit um die Thronfolge im Fürstentum Lippe<lb/> sei durch den Dresdner Schiedsspruch keineswegs ein für allemal erledigt, denn<lb/> dieser Schiedsspruch habe ausschließlich zugunsten einer bestimmten Person gelautet,<lb/> aber nicht zugunsten der gesamten Linie Lippe-Biesterfeld.</p><lb/> <p xml:id="ID_3545"> Die von Anschütz vertretne Ansicht stützt sich darauf, daß nach dem Schieds-<lb/> vcrtrage. der dem Dresdner Schiedssprüche zugrunde gelegen hat, von den Streit¬<lb/> teilen offenbar beabsichtigt gewesen sei, der Schiedsspruch solle den Streit ein für<lb/> allemal erledigen, und nach der Absicht der streitenden Parteien müsse der Schieds¬<lb/> spruch ausgelegt werden. Dem wird von der andern Seite entgegengehalten, daß<lb/> ein Schiedsspruch nicht nach der Absicht der Streitteile, sondern nach der Absicht<lb/> der Schiedsrichter ausgelegt werden müsse. Der Wortlaut des Schiedsspruchs lasse<lb/> nun die Absicht der Schiedsrichter, nur zugunsten einer Person, nicht zugunsten<lb/> einer ganzen Linie zu entscheiden, deutlich erkennen. Diese Absicht der Schieds¬<lb/> richter werde noch klarer, wenn man sich vergegenwärtige, das; Graf Ernst zur<lb/> Lippe-Biesterfeld, der jetzige Regent, im Schiedsverfahren ausdrücklich den Antrag<lb/> stellte, den Lippeschen Thron seiner Linie zuzusprechen, daß Schaumburg-Lippe<lb/> sogleich gegen diesen Antrag unter Hinweis auf den Wortlaut des Schiedsvertrags<lb/> und unter Vorbehalt der Geltendmachung selbständiger Anfechtnngsgründe gegen<lb/> die Söhne des Grafen Ernst, daß das Schiedsgericht tatsächlich den Biesterfelder<lb/> Antrag, zugunsten dieser Linie zu entscheiden, ablehnte, indem es seinen Spruch<lb/> also faßte:</p><lb/> <p xml:id="ID_3546"> „Seine Erlaucht der Graf Ernst Kasimir Friedrich Karl Eberhard. Graf und<lb/> Edler Herr zur Lippe-Biesterfeld ist nach Erledigung des zur Zeit von feiner<lb/> Durchlaucht dem Fürsten Karl Alexander zur Lippe innegehabten Thrones zur<lb/> Regierungsnachfolge in dem Fürstentum Lippe berechtigt und berufen."</p><lb/> <p xml:id="ID_3547"> „Aus diesen Umständen, meint starck, erhellt die Absicht der Schiedsrichter<lb/> ganz deutlich, und was nun die Absicht der Streitteile betrifft, so ergeben die mit¬<lb/> geteilten Vorgänge ganz deutlich, daß auf Schaumburgischer Seite die Absicht,<lb/> durch deu Schiedsspruch den ganzen Streit ganz und unbedingt erledigt zu sehen,<lb/> nicht bestand."</p><lb/> <p xml:id="ID_3548" next="#ID_3549"> Schaumburg-Lippe hat dem, auch, als der Grafregent Ernst zur Lippe-Biester¬<lb/> feld durch einen am 28. Oktober 1897 dem Lippeschen Landtage vorgelegten Gesetz¬<lb/> entwurf den Versuch machte, einseitig, durch Landesgesetz die Thronfolge feiner Linie<lb/> im Fürstentum Lippe zu regeln und insbesondre sie seinen Söhnen zu sichern, da¬<lb/> gegen Widerspruch erhoben, weil gegen die Thronfolgefähigkeit der Söhne des<lb/> Grafen Ernst selbständige Anfechtuugsgründe vorlagen. Als dieser Widerspruch<lb/> erfolglos blieb, rief Schaumburg-Lippe die Hilfe des Bundesrath an, und dieser<lb/> beschloß am 3. Februar 1898 mit allen Stimmen gegen die des Fürstentums Lippe:<lb/> „an die Fürstlich Lippesche Regierung das Ersuchen zu richten, zu veranlassen, daß<lb/> vor der Beschlußfassung des Bundesrath über den Antrag Schaumburg-Lippe der<lb/> Beratung des Gesetzentwurfs kein Fortgang gegeben werde." Zu der damals vor¬<lb/> liegenden Streitfrage, ob die Landesgesetzgebnng bei der Regelung der Thronfolge<lb/> freie Hand habe, oder ob sie an die Zustimmung aller Thronfolgefähigen gebunden<lb/> sei. beschloß der Bundesrat in seiner Sitzung vom 5. Januar 1899: 1. daß — nach¬<lb/> dem die Fürstlich Schaumburg-Lippesche Regierung der Fürstlich Lippeschen Re¬<lb/> gierung das Recht, die Thronfolge in Lippe mit den gesetzgebenden Faktoren des<lb/> Fürstentums selbständig zu regeln, nachdem die Fürstlich Lippesche Regierung ab¬<lb/> gelehnt hat, diesem Einsprüche Folge zu geben, und nachdem hierauf die Schaum-<lb/> burg-Lippesche Regierung die Entscheidung des Bundesrath angerufen hat — die<lb/> Zuständigkeit des Bundesrath zur Entscheidung der Streitigkeit nach Artikel 76<lb/> Absatz 1 der Reichsverfassung begründet sei; 2. daß zurzeit kein hinreichender<lb/> Anlaß zu einer sachlichen Erledigung gegeben sei, da ein mit den Ansprüchen<lb/> Schaumburg-Lippes uuvereinbnrer Fall der Thronfolge oder Regentschaft in Lippe</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0731]
Maßgebliches und Unmaßgebliches
Stande" auf die Seite von Laband, Schoen, Zorn, Köhler und Kekule von Stra-
donitz, die allesamt behaupten, der Streit um die Thronfolge im Fürstentum Lippe
sei durch den Dresdner Schiedsspruch keineswegs ein für allemal erledigt, denn
dieser Schiedsspruch habe ausschließlich zugunsten einer bestimmten Person gelautet,
aber nicht zugunsten der gesamten Linie Lippe-Biesterfeld.
Die von Anschütz vertretne Ansicht stützt sich darauf, daß nach dem Schieds-
vcrtrage. der dem Dresdner Schiedssprüche zugrunde gelegen hat, von den Streit¬
teilen offenbar beabsichtigt gewesen sei, der Schiedsspruch solle den Streit ein für
allemal erledigen, und nach der Absicht der streitenden Parteien müsse der Schieds¬
spruch ausgelegt werden. Dem wird von der andern Seite entgegengehalten, daß
ein Schiedsspruch nicht nach der Absicht der Streitteile, sondern nach der Absicht
der Schiedsrichter ausgelegt werden müsse. Der Wortlaut des Schiedsspruchs lasse
nun die Absicht der Schiedsrichter, nur zugunsten einer Person, nicht zugunsten
einer ganzen Linie zu entscheiden, deutlich erkennen. Diese Absicht der Schieds¬
richter werde noch klarer, wenn man sich vergegenwärtige, das; Graf Ernst zur
Lippe-Biesterfeld, der jetzige Regent, im Schiedsverfahren ausdrücklich den Antrag
stellte, den Lippeschen Thron seiner Linie zuzusprechen, daß Schaumburg-Lippe
sogleich gegen diesen Antrag unter Hinweis auf den Wortlaut des Schiedsvertrags
und unter Vorbehalt der Geltendmachung selbständiger Anfechtnngsgründe gegen
die Söhne des Grafen Ernst, daß das Schiedsgericht tatsächlich den Biesterfelder
Antrag, zugunsten dieser Linie zu entscheiden, ablehnte, indem es seinen Spruch
also faßte:
„Seine Erlaucht der Graf Ernst Kasimir Friedrich Karl Eberhard. Graf und
Edler Herr zur Lippe-Biesterfeld ist nach Erledigung des zur Zeit von feiner
Durchlaucht dem Fürsten Karl Alexander zur Lippe innegehabten Thrones zur
Regierungsnachfolge in dem Fürstentum Lippe berechtigt und berufen."
„Aus diesen Umständen, meint starck, erhellt die Absicht der Schiedsrichter
ganz deutlich, und was nun die Absicht der Streitteile betrifft, so ergeben die mit¬
geteilten Vorgänge ganz deutlich, daß auf Schaumburgischer Seite die Absicht,
durch deu Schiedsspruch den ganzen Streit ganz und unbedingt erledigt zu sehen,
nicht bestand."
Schaumburg-Lippe hat dem, auch, als der Grafregent Ernst zur Lippe-Biester¬
feld durch einen am 28. Oktober 1897 dem Lippeschen Landtage vorgelegten Gesetz¬
entwurf den Versuch machte, einseitig, durch Landesgesetz die Thronfolge feiner Linie
im Fürstentum Lippe zu regeln und insbesondre sie seinen Söhnen zu sichern, da¬
gegen Widerspruch erhoben, weil gegen die Thronfolgefähigkeit der Söhne des
Grafen Ernst selbständige Anfechtuugsgründe vorlagen. Als dieser Widerspruch
erfolglos blieb, rief Schaumburg-Lippe die Hilfe des Bundesrath an, und dieser
beschloß am 3. Februar 1898 mit allen Stimmen gegen die des Fürstentums Lippe:
„an die Fürstlich Lippesche Regierung das Ersuchen zu richten, zu veranlassen, daß
vor der Beschlußfassung des Bundesrath über den Antrag Schaumburg-Lippe der
Beratung des Gesetzentwurfs kein Fortgang gegeben werde." Zu der damals vor¬
liegenden Streitfrage, ob die Landesgesetzgebnng bei der Regelung der Thronfolge
freie Hand habe, oder ob sie an die Zustimmung aller Thronfolgefähigen gebunden
sei. beschloß der Bundesrat in seiner Sitzung vom 5. Januar 1899: 1. daß — nach¬
dem die Fürstlich Schaumburg-Lippesche Regierung der Fürstlich Lippeschen Re¬
gierung das Recht, die Thronfolge in Lippe mit den gesetzgebenden Faktoren des
Fürstentums selbständig zu regeln, nachdem die Fürstlich Lippesche Regierung ab¬
gelehnt hat, diesem Einsprüche Folge zu geben, und nachdem hierauf die Schaum-
burg-Lippesche Regierung die Entscheidung des Bundesrath angerufen hat — die
Zuständigkeit des Bundesrath zur Entscheidung der Streitigkeit nach Artikel 76
Absatz 1 der Reichsverfassung begründet sei; 2. daß zurzeit kein hinreichender
Anlaß zu einer sachlichen Erledigung gegeben sei, da ein mit den Ansprüchen
Schaumburg-Lippes uuvereinbnrer Fall der Thronfolge oder Regentschaft in Lippe
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