Die Grenzboten. Jg. 63, 1904, Drittes Vierteljahr.Gräfin ZusannÄ Lordessa Crahforrdi zur Gemahlin hatte. Aber nach seinem Tode brach eine Re¬ Ist denn der Papst gestorben? fragte Adrian. (Zog si, LiKQors -- äuxo tun^ armi, versicherte der Alte. Sie schlenderten ein wenig durch die Stadt, ehe sie ins Hotel zurückkehrten, Siehst du diesen Stock? fragte Adrian, indem er seinen Spazierstock in die Was ist damit? fragte Anthony. Ich komme gleich darauf, sagte Adrian. Aber zuerst mußt du mir wahrheits¬ Weiß nicht, sagte Anthony mit müden Ausdruck. Weißt es nicht? fragte Adrian verwundert. Wie komisch! Gut, du mußt dir Sie fuhren uach der Isola Nobile auf einem der kleinen langen und schlanken Gräfin ZusannÄ Lordessa Crahforrdi zur Gemahlin hatte. Aber nach seinem Tode brach eine Re¬ Ist denn der Papst gestorben? fragte Adrian. (Zog si, LiKQors — äuxo tun^ armi, versicherte der Alte. Sie schlenderten ein wenig durch die Stadt, ehe sie ins Hotel zurückkehrten, Siehst du diesen Stock? fragte Adrian, indem er seinen Spazierstock in die Was ist damit? fragte Anthony. Ich komme gleich darauf, sagte Adrian. Aber zuerst mußt du mir wahrheits¬ Weiß nicht, sagte Anthony mit müden Ausdruck. Weißt es nicht? fragte Adrian verwundert. Wie komisch! Gut, du mußt dir Sie fuhren uach der Isola Nobile auf einem der kleinen langen und schlanken <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <div n="2"> <pb facs="#f0724" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/295141"/> <fw type="header" place="top"> Gräfin ZusannÄ</fw><lb/> <p xml:id="ID_3457" prev="#ID_3456"> Lordessa Crahforrdi zur Gemahlin hatte. Aber nach seinem Tode brach eine Re¬<lb/> volution aus, und wir annektierten noch eine andre Insel, die Insel Sardinia.<lb/> Die Lordessa wurde hier in diesen Räumen mit dem Conte-Figlio gefangen ge¬<lb/> nommen und cmsDem Lande verbannt. Der König von Sardinien wurde zum<lb/> Tyrannen beider Inseln erwählt und die Regierung von Vallcmza nach Turin ver¬<lb/> legt. Dies geschah vor langer Zeit, vor etwa fünfzig Jahren. Als dann der<lb/> Papst starb, wurde die Negierung nochmals verlegt, und jetzt befindet sie sich<lb/> in Rom.</p><lb/> <p xml:id="ID_3458"> Ist denn der Papst gestorben? fragte Adrian.<lb/> '</p><lb/> <p xml:id="ID_3459"> (Zog si, LiKQors — äuxo tun^ armi, versicherte der Alte.</p><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> <p xml:id="ID_3460"> Sie schlenderten ein wenig durch die Stadt, ehe sie ins Hotel zurückkehrten,<lb/> durch die engen, schlecht gepflasterten Straßen mit ihrem Wechsel von Glanz und<lb/> Schmutz, ihren Palästen, Kirchen, Hütten, ihren dunkeln kleinen Läden, ihren ver¬<lb/> nachlässigten Altären, ihrem schreienden Volk, ihren fremdartigen Gerüchen — und<lb/> längs der Riva mit ihrem Lärm, ihren aus- und einladenden Schiffen und ihrer<lb/> unvergleichlichen Aussicht auf die Bucht und die Berge.</p><lb/> <p xml:id="ID_3461"> Siehst du diesen Stock? fragte Adrian, indem er seinen Spazierstock in die<lb/> Höhe hob.</p><lb/> <p xml:id="ID_3462"> Was ist damit? fragte Anthony.</p><lb/> <p xml:id="ID_3463"> Ich komme gleich darauf, sagte Adrian. 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Nimm meine Familie als ein<lb/> Beispiel zu diesem Fall. Ich stamme von einer Kette von Vorfahren ab, die direkt<lb/> auf Adam zurückführt; und von keinem einzigen hat je die Welt gehört, außer von<lb/> Adam und von mir. Und selbst Adam verdankt seine Berühmtheit keineswegs seiner<lb/> persönlichen Begabung, sondern allein seiner Stellung, die einzig in ihrer Art ist.<lb/> Der erste Mensch mußte nolon8 volsns eine gewisse Berühmtheit erlangen. Aber<lb/> von Adam bis Adrian — Totenstille! Dann plötzlich silberklingende Musik. Und<lb/> Adrian — merke die Vorherbestimmung —, Adrian ist kinderlos. Er ist das<lb/> letzte Glied. Mit ihm schließt die fünftausend Jahre lange Kette. Er ist das<lb/> plötzliche glänzende Aufflammen des Feuers, ehe es erlischt. Gut also, jetzt sage<lb/> mir, welches Ende des Stockes möchtest du sein? Der glänzende silberne Hand¬<lb/> griff oder die simple eiserne Zwinge?</p><lb/> <p xml:id="ID_3466" next="#ID_3467"> Sie fuhren uach der Isola Nobile auf einem der kleinen langen und schlanken<lb/> Sampaoleser vixors - Boote, die viel Ähnlichkeit mit einer venezianischen Gondel<lb/> haben, nur daß sie keine Dächer haben, dafür aber einen kurzen Mast im Bug<lb/> mit einem Segel, das nur aufgezogen wird, wenn der Wind direkt dahinter ist><lb/> Der Palast auf der Isola Nobile ist einer der allerschönsten in der Welt,<lb/> seinen vier dem Anschein nach aus dem Wasser emporsteigenden, sanft abgetöntem<lb/> Marmorfassaden, mit seinen langen Säulengängen, mit seinen anmutigen maurische'<lb/> Fenstern und rin der Fülle seiner abwechslungsreichen, spitzenartigen Bildhauer¬<lb/> arbeiten. Auch hier mußten sie ihre Namen in das Fremdenbuch eintragen, uno</p><lb/> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0724]
Gräfin ZusannÄ
Lordessa Crahforrdi zur Gemahlin hatte. Aber nach seinem Tode brach eine Re¬
volution aus, und wir annektierten noch eine andre Insel, die Insel Sardinia.
Die Lordessa wurde hier in diesen Räumen mit dem Conte-Figlio gefangen ge¬
nommen und cmsDem Lande verbannt. Der König von Sardinien wurde zum
Tyrannen beider Inseln erwählt und die Regierung von Vallcmza nach Turin ver¬
legt. Dies geschah vor langer Zeit, vor etwa fünfzig Jahren. Als dann der
Papst starb, wurde die Negierung nochmals verlegt, und jetzt befindet sie sich
in Rom.
Ist denn der Papst gestorben? fragte Adrian.
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(Zog si, LiKQors — äuxo tun^ armi, versicherte der Alte.
Sie schlenderten ein wenig durch die Stadt, ehe sie ins Hotel zurückkehrten,
durch die engen, schlecht gepflasterten Straßen mit ihrem Wechsel von Glanz und
Schmutz, ihren Palästen, Kirchen, Hütten, ihren dunkeln kleinen Läden, ihren ver¬
nachlässigten Altären, ihrem schreienden Volk, ihren fremdartigen Gerüchen — und
längs der Riva mit ihrem Lärm, ihren aus- und einladenden Schiffen und ihrer
unvergleichlichen Aussicht auf die Bucht und die Berge.
Siehst du diesen Stock? fragte Adrian, indem er seinen Spazierstock in die
Höhe hob.
Was ist damit? fragte Anthony.
Ich komme gleich darauf, sagte Adrian. Aber zuerst mußt du mir wahrheits¬
gemäß eine Frage beantworten. Welches Ende des Stockes würdest du zu sein
vorziehn — der glänzende silberne Handgriff oder die schmutzige Zwinge?
Weiß nicht, sagte Anthony mit müden Ausdruck.
Weißt es nicht? fragte Adrian verwundert. Wie komisch! Gut, du mußt dir
vorstellen, daß dieser Stock nur ein Symbol sein soll — ein Zeichen für etwas-
Nun will ich dir sagen, was es heißen soll. Hast du jemals über die Ironie
nachgedacht, die das Schicksal von Familien bestimmt? Nimm zum Beispiel eine
Familie, die mit einem großen Mann anfängt — einem großen Helden, einem
großen Heiligen —, und dann folgen immer nur mittelmäßige Menschen. Ich
hoffe, du begreifst die Ironie davon. Auf der andern Seite, nimm eine Familie,
die während vier Jahrhunderten nur mittelmäßige Leute hervorbringt und dann
plötzlich mit der Erzeugung eines Genies endet. Nimm meine Familie als ein
Beispiel zu diesem Fall. Ich stamme von einer Kette von Vorfahren ab, die direkt
auf Adam zurückführt; und von keinem einzigen hat je die Welt gehört, außer von
Adam und von mir. Und selbst Adam verdankt seine Berühmtheit keineswegs seiner
persönlichen Begabung, sondern allein seiner Stellung, die einzig in ihrer Art ist.
Der erste Mensch mußte nolon8 volsns eine gewisse Berühmtheit erlangen. Aber
von Adam bis Adrian — Totenstille! Dann plötzlich silberklingende Musik. Und
Adrian — merke die Vorherbestimmung —, Adrian ist kinderlos. Er ist das
letzte Glied. Mit ihm schließt die fünftausend Jahre lange Kette. Er ist das
plötzliche glänzende Aufflammen des Feuers, ehe es erlischt. Gut also, jetzt sage
mir, welches Ende des Stockes möchtest du sein? Der glänzende silberne Hand¬
griff oder die simple eiserne Zwinge?
Sie fuhren uach der Isola Nobile auf einem der kleinen langen und schlanken
Sampaoleser vixors - Boote, die viel Ähnlichkeit mit einer venezianischen Gondel
haben, nur daß sie keine Dächer haben, dafür aber einen kurzen Mast im Bug
mit einem Segel, das nur aufgezogen wird, wenn der Wind direkt dahinter ist>
Der Palast auf der Isola Nobile ist einer der allerschönsten in der Welt,
seinen vier dem Anschein nach aus dem Wasser emporsteigenden, sanft abgetöntem
Marmorfassaden, mit seinen langen Säulengängen, mit seinen anmutigen maurische'
Fenstern und rin der Fülle seiner abwechslungsreichen, spitzenartigen Bildhauer¬
arbeiten. Auch hier mußten sie ihre Namen in das Fremdenbuch eintragen, uno
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