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Die Grenzboten. Jg. 63, 1904, Drittes Vierteljahr.

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Maßgebliches und Unmaßgebliches

laut geworden, die sich von dem äußern Verlauf der Feier, die ihnen ein pro¬
testantisches Gegenstück zum Regensburger Katholikentage sein sollte, nicht befriedigt
fühlen. Sehr mit Unrecht. Denn der Katholikentag ist eine organisierte, all¬
jährlich wiederkehrende Veranstaltung, eine von denen, die neben manchem andern
Bedürfnis für die katholische Bevölkerung auch dem in Deutschland so stark vor-
handnen Kougreßbedürfnis abhelfen sollen. Die Kongresse mögen ja mit zu den
Attributen unsers geistigen, politischen und wirtschaftlichen Lebeus dienen und es
in mancher Beziehung fördern und entwickeln. Sie fangen sehr früh im Februar
mit der Berliner landwirtschaftlichen Woche an und folgen in bunter Reihe bis
spät in den Herbst. Wer die Neigung, die Zeit und die Mittel hat, kann einen
großen Teil des Jahres und des Inhalts seines Geldbeutels auf Kongresse ver¬
wenden, die allmählich dadurch auffallen, daß die Sorge für das Vergnügen der
Besucher und ihrer Damen immer mehr in deu Vordergrund tritt, den Rahmen
erweitert und die Dauer verlängert. In diese ganze Kategorie paßt doch die
Speyrer Feier nicht. Die evangelischen Glaubensgenossen in Deutschland haben
dem Katholikentage, dem alljährlich die Bischofsversammluug in Fulda vorangeht,
nichts ähnliches um die Seite zu setzen. Schon deshalb nicht, weil der evangelischen
Kirche in Deutschland die bischöfliche Organisation fehlt, um die sich Friedrich Wilhelm
der Vierte vergeblich bemüht hat, und weil sie ferner die politische Organisation
nach Wahlkreisen nicht hat, auf deren Grundlage die Institution des Katholiken¬
tags errichtet ist. Der Katholikentag ist eine starke Festung, in kluger Voraussicht
als Stützpunkt für die Wahlfeldzüge und für den Kampf um den politischen Ein¬
fluß errichtet. Er umfaßt einheitlich alle Schattierungen des Katholizismus, die
ultramontane, die gemäßigte und die liberale, die zusammengefaßt sind durch das
starke Band des unbeweglichen Rahmens und sich in diesem, ungeachtet gelegent¬
licher Meinungsverschiedenheiten in politischen und sogar in kirchlichen Fragen,
immer wieder geschlossen zusammenfinden. Die evangelische Glaubensgemeinschaft,
richtiger die protestantischen Kirchen, vermöge" das nicht, und wie in jedem andern
Kampfe, so ist auch ini konfessionellen die Partei die stärkere, die in fester Organi¬
sation und Geschlossenheit auftritt und damit in der Lage ist, alle ihre Kräfte nach
einheitlichem Plane zu verwerten und auszunutzen. Gerade die versuchte Gegen-
überstellung von Regensburg und Speher, so unrichtig und unbegründet sie an sich
ist, könnte dazu dienen, der gebildeten protestantischen Bevölkerung klar zu machen,
in welchem Zeichen allein sie zu siegen und sich zu behaupten vermag. Es geht
damit wie in dem Gegensatze zwischen den Deutschen und den Polen. So lange
die Deutschen alles vom Staate und nicht von der eignen Rührigkeit erwarten,
werden sie den Polonismns, d. h. das wirklich feindlich agitierende Polentum, nicht
zu überwinden vermögen. Nicht allein die Legalität oder das Lächerliche tötet,
wie die Franzosen zu sagen Pflegen, --- weit verheerender wirkt die Indifferenz.

Nun kann man ja den Kreisen, die Speyer gegen Regensburg ausgespielt wissen
wollten, Indifferenz wahrlich nicht vorwerfen. Sie sind rührig genug, aber an der
unrichtigen Stelle und bei ungeeigneten Anlaß. Wäre von den Katholiken eine
solche Feier begangen worden, so würde es an der rechtzeitigen Organisation von
langer Hand her nicht gefehlt haben. Von den allergeringsten Anfängen dazu war
im protestantischen Deutschland nichts zu spüren, und erst als bekannt wurde, daß
die evangelischen deutschen Landesherren der Feier fernbleiben würden, weil der
katholische Landesherr der Pfalz weder daran teilnehmen noch dazu einladen
könne, begannen sich die Zeitungen zu montieren. Ein solches Verlangen konnte
an den hochbetagten Regenten von Bayern unmöglich gestellt werden. Sein Haus
gehörte der katholischen Mehrheit an, gegen die die Speyrer Protestation sich
richtete. Man konnte ihm als einem überzeugten, glaubenstreuen Katholiken, in
seinem hohen Alter zumal, die Beteiligung an einer Feier nicht zumuten, deren
Gegenstand den Traditionen seines Hanfes, der Mehrheit seines Landes und der


Maßgebliches und Unmaßgebliches

laut geworden, die sich von dem äußern Verlauf der Feier, die ihnen ein pro¬
testantisches Gegenstück zum Regensburger Katholikentage sein sollte, nicht befriedigt
fühlen. Sehr mit Unrecht. Denn der Katholikentag ist eine organisierte, all¬
jährlich wiederkehrende Veranstaltung, eine von denen, die neben manchem andern
Bedürfnis für die katholische Bevölkerung auch dem in Deutschland so stark vor-
handnen Kougreßbedürfnis abhelfen sollen. Die Kongresse mögen ja mit zu den
Attributen unsers geistigen, politischen und wirtschaftlichen Lebeus dienen und es
in mancher Beziehung fördern und entwickeln. Sie fangen sehr früh im Februar
mit der Berliner landwirtschaftlichen Woche an und folgen in bunter Reihe bis
spät in den Herbst. Wer die Neigung, die Zeit und die Mittel hat, kann einen
großen Teil des Jahres und des Inhalts seines Geldbeutels auf Kongresse ver¬
wenden, die allmählich dadurch auffallen, daß die Sorge für das Vergnügen der
Besucher und ihrer Damen immer mehr in deu Vordergrund tritt, den Rahmen
erweitert und die Dauer verlängert. In diese ganze Kategorie paßt doch die
Speyrer Feier nicht. Die evangelischen Glaubensgenossen in Deutschland haben
dem Katholikentage, dem alljährlich die Bischofsversammluug in Fulda vorangeht,
nichts ähnliches um die Seite zu setzen. Schon deshalb nicht, weil der evangelischen
Kirche in Deutschland die bischöfliche Organisation fehlt, um die sich Friedrich Wilhelm
der Vierte vergeblich bemüht hat, und weil sie ferner die politische Organisation
nach Wahlkreisen nicht hat, auf deren Grundlage die Institution des Katholiken¬
tags errichtet ist. Der Katholikentag ist eine starke Festung, in kluger Voraussicht
als Stützpunkt für die Wahlfeldzüge und für den Kampf um den politischen Ein¬
fluß errichtet. Er umfaßt einheitlich alle Schattierungen des Katholizismus, die
ultramontane, die gemäßigte und die liberale, die zusammengefaßt sind durch das
starke Band des unbeweglichen Rahmens und sich in diesem, ungeachtet gelegent¬
licher Meinungsverschiedenheiten in politischen und sogar in kirchlichen Fragen,
immer wieder geschlossen zusammenfinden. Die evangelische Glaubensgemeinschaft,
richtiger die protestantischen Kirchen, vermöge» das nicht, und wie in jedem andern
Kampfe, so ist auch ini konfessionellen die Partei die stärkere, die in fester Organi¬
sation und Geschlossenheit auftritt und damit in der Lage ist, alle ihre Kräfte nach
einheitlichem Plane zu verwerten und auszunutzen. Gerade die versuchte Gegen-
überstellung von Regensburg und Speher, so unrichtig und unbegründet sie an sich
ist, könnte dazu dienen, der gebildeten protestantischen Bevölkerung klar zu machen,
in welchem Zeichen allein sie zu siegen und sich zu behaupten vermag. Es geht
damit wie in dem Gegensatze zwischen den Deutschen und den Polen. So lange
die Deutschen alles vom Staate und nicht von der eignen Rührigkeit erwarten,
werden sie den Polonismns, d. h. das wirklich feindlich agitierende Polentum, nicht
zu überwinden vermögen. Nicht allein die Legalität oder das Lächerliche tötet,
wie die Franzosen zu sagen Pflegen, -— weit verheerender wirkt die Indifferenz.

Nun kann man ja den Kreisen, die Speyer gegen Regensburg ausgespielt wissen
wollten, Indifferenz wahrlich nicht vorwerfen. Sie sind rührig genug, aber an der
unrichtigen Stelle und bei ungeeigneten Anlaß. Wäre von den Katholiken eine
solche Feier begangen worden, so würde es an der rechtzeitigen Organisation von
langer Hand her nicht gefehlt haben. Von den allergeringsten Anfängen dazu war
im protestantischen Deutschland nichts zu spüren, und erst als bekannt wurde, daß
die evangelischen deutschen Landesherren der Feier fernbleiben würden, weil der
katholische Landesherr der Pfalz weder daran teilnehmen noch dazu einladen
könne, begannen sich die Zeitungen zu montieren. Ein solches Verlangen konnte
an den hochbetagten Regenten von Bayern unmöglich gestellt werden. Sein Haus
gehörte der katholischen Mehrheit an, gegen die die Speyrer Protestation sich
richtete. Man konnte ihm als einem überzeugten, glaubenstreuen Katholiken, in
seinem hohen Alter zumal, die Beteiligung an einer Feier nicht zumuten, deren
Gegenstand den Traditionen seines Hanfes, der Mehrheit seines Landes und der


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[0612] Maßgebliches und Unmaßgebliches laut geworden, die sich von dem äußern Verlauf der Feier, die ihnen ein pro¬ testantisches Gegenstück zum Regensburger Katholikentage sein sollte, nicht befriedigt fühlen. Sehr mit Unrecht. Denn der Katholikentag ist eine organisierte, all¬ jährlich wiederkehrende Veranstaltung, eine von denen, die neben manchem andern Bedürfnis für die katholische Bevölkerung auch dem in Deutschland so stark vor- handnen Kougreßbedürfnis abhelfen sollen. Die Kongresse mögen ja mit zu den Attributen unsers geistigen, politischen und wirtschaftlichen Lebeus dienen und es in mancher Beziehung fördern und entwickeln. Sie fangen sehr früh im Februar mit der Berliner landwirtschaftlichen Woche an und folgen in bunter Reihe bis spät in den Herbst. Wer die Neigung, die Zeit und die Mittel hat, kann einen großen Teil des Jahres und des Inhalts seines Geldbeutels auf Kongresse ver¬ wenden, die allmählich dadurch auffallen, daß die Sorge für das Vergnügen der Besucher und ihrer Damen immer mehr in deu Vordergrund tritt, den Rahmen erweitert und die Dauer verlängert. In diese ganze Kategorie paßt doch die Speyrer Feier nicht. Die evangelischen Glaubensgenossen in Deutschland haben dem Katholikentage, dem alljährlich die Bischofsversammluug in Fulda vorangeht, nichts ähnliches um die Seite zu setzen. Schon deshalb nicht, weil der evangelischen Kirche in Deutschland die bischöfliche Organisation fehlt, um die sich Friedrich Wilhelm der Vierte vergeblich bemüht hat, und weil sie ferner die politische Organisation nach Wahlkreisen nicht hat, auf deren Grundlage die Institution des Katholiken¬ tags errichtet ist. Der Katholikentag ist eine starke Festung, in kluger Voraussicht als Stützpunkt für die Wahlfeldzüge und für den Kampf um den politischen Ein¬ fluß errichtet. Er umfaßt einheitlich alle Schattierungen des Katholizismus, die ultramontane, die gemäßigte und die liberale, die zusammengefaßt sind durch das starke Band des unbeweglichen Rahmens und sich in diesem, ungeachtet gelegent¬ licher Meinungsverschiedenheiten in politischen und sogar in kirchlichen Fragen, immer wieder geschlossen zusammenfinden. Die evangelische Glaubensgemeinschaft, richtiger die protestantischen Kirchen, vermöge» das nicht, und wie in jedem andern Kampfe, so ist auch ini konfessionellen die Partei die stärkere, die in fester Organi¬ sation und Geschlossenheit auftritt und damit in der Lage ist, alle ihre Kräfte nach einheitlichem Plane zu verwerten und auszunutzen. Gerade die versuchte Gegen- überstellung von Regensburg und Speher, so unrichtig und unbegründet sie an sich ist, könnte dazu dienen, der gebildeten protestantischen Bevölkerung klar zu machen, in welchem Zeichen allein sie zu siegen und sich zu behaupten vermag. Es geht damit wie in dem Gegensatze zwischen den Deutschen und den Polen. So lange die Deutschen alles vom Staate und nicht von der eignen Rührigkeit erwarten, werden sie den Polonismns, d. h. das wirklich feindlich agitierende Polentum, nicht zu überwinden vermögen. Nicht allein die Legalität oder das Lächerliche tötet, wie die Franzosen zu sagen Pflegen, -— weit verheerender wirkt die Indifferenz. Nun kann man ja den Kreisen, die Speyer gegen Regensburg ausgespielt wissen wollten, Indifferenz wahrlich nicht vorwerfen. Sie sind rührig genug, aber an der unrichtigen Stelle und bei ungeeigneten Anlaß. Wäre von den Katholiken eine solche Feier begangen worden, so würde es an der rechtzeitigen Organisation von langer Hand her nicht gefehlt haben. Von den allergeringsten Anfängen dazu war im protestantischen Deutschland nichts zu spüren, und erst als bekannt wurde, daß die evangelischen deutschen Landesherren der Feier fernbleiben würden, weil der katholische Landesherr der Pfalz weder daran teilnehmen noch dazu einladen könne, begannen sich die Zeitungen zu montieren. Ein solches Verlangen konnte an den hochbetagten Regenten von Bayern unmöglich gestellt werden. Sein Haus gehörte der katholischen Mehrheit an, gegen die die Speyrer Protestation sich richtete. Man konnte ihm als einem überzeugten, glaubenstreuen Katholiken, in seinem hohen Alter zumal, die Beteiligung an einer Feier nicht zumuten, deren Gegenstand den Traditionen seines Hanfes, der Mehrheit seines Landes und der

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 63, 1904, Drittes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341879_294416/612>, abgerufen am 01.07.2024.