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Die Grenzboten. Jg. 63, 1904, Drittes Vierteljahr.

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Wanderungen in der Niederlausitz

seit 1674 in den Reichsgrafenstand erhoben war, war die Gräfin Brühl eine der
unersättlichen Frauennaturen, deren ganzes Dasein in einem unstillbaren Durst nach
Sinnengenuß, Glanz und Größe dahingeht. Die eifrigste und geschickteste Gehilfin
ihres Gemahls in der höfischen Intrigue rauscht sie mit einem eisigen Lächeln an
gestürzten Gegnern vorüber, solchen aber, die sich ihr bedingungslos hingeben, be¬
willigt sie jede Gunst und erweckt deshalb in ihrer Freundschaft leicht den trügerischen
Schein der Opferwilligkeit. Während ihre Briefe mit dem Namen Gottes spielen
und Gottes Gerechtigkeit anrufen, trug sie kein Bedenken, an der schändlichen, das
Land ruinierenden Verschwendung ihres Mannes teilzunehmen, ja sie hat ihn ans
dieser Bahn noch bestärkt. Von ihr gehn die meisten und kostspieligsten Baupläne
des Ministers aus. Bald träumt sie von einem neuen Schloß in den sächsischen
Bergen, bald zaubert sie einen fürstlichen Edelsitz in ein liebliches Flußtal, bald
zwischen die Kiefernwälder und Seen des Flachlandes, schmückt ihn mit kostbarem
Gerät, mit Gobelins und Kunstwerken, ohne im Geräusche des Hoflebens dazu zu
kommen, auch nur eine dieser Schöpfungen wirklich und dauernd zu genießen. Für
sie mußte der Gemahl das meiste Geld schaffen, sie war sein unheilvoller Leitstern
auch in der großen Politik. Ein versöhnender Zug in ihrem Wesen ist der Ernst,
den sie bet der Erziehung ihrer Kinder bewies; und in der Tat sind ihre Söhne
schließlich tüchtige Männer geworden. Auch war sie klug und nicht ohne wirt¬
schaftliches Verständnis. Sie weiß, daß es zum rentabeln Betrieb der Landwirtschaft
in Pforten vor allem an guten Wiesen fehlt, und gibt praktische Ratschläge, solche
zu beschaffen. Sie sieht den Lieferanten scharf auf die Finger, wünscht, daß Herr
von Heineken ihren Gütern dieselbe Sorge angedeihn lasse wie seinen eignen, und
macht Miene, ihm in der Person eines Herrn von Landwüst einen Kontrolleur zu
bestellen. Sie hat sogar zeitweise Anwandlungen von Sparsamkeit, denn sie klagt
einmal über die cjua,liens als clomsstiMvs imitiles <M eoutsut un ar^ent intim se
us Lond vou a, riell, und ein andermal bittet sie Heineken, nichts für sie auf der
Leipziger Michaelismesse einzukaufen, da ihre Kasse schlecht stehe. Aber das ist
doch eitel Blendwerk. Ihre wahre Natur, die Unersättlichkeit, bekunden zahlreiche
andre Briefsteller, Äußerungen Heinekens, ja auch ihres Gemahls. Am 8. Juni 1747 (?)
schreibt er an Heineken: Na tswms sont-nes ä'avoir lo ?Jan Ah tont lo ^arcliu
ü'Obsrliolitsimu, Is Aranci ?Jan as Ls^üsrsciork, l'iclso als (?ÄllAloü'L"inmsro, et
?ut"Kau se H-msiA. Vans ins lors/ xlaisir et'snvo^ör cels, an xlutot, fils usus
vou8 hör", odlixes, ear osla, l'airmss dsauooup ot voila, tout. Ur. XnostM lui s,
xromis as lui ouvo^ör is ?Is.it als ?dort>er>, an enAtsau g,pee ig. vitio, Iss vuss, lo
^rant, Is Is." et Is, jMsa-llsris. Alle diese Luxusbauten betrieb die Gräfin zu der¬
selben Zeit, und für die meisten, für Pforten sicherlich, hatte der Oberlandbau¬
meister Knöffel den Plan entworfen. Für den innern Ausbau der Schlösser und
den Schmuck der Gärten mit Bildwerken wurden die ersten Künstler der Zeit in
Bewegung gesetzt, so die Maler Stephan Torelli und Dietrich, für Pforten insbe¬
sondre auch der Bildhauer Mattielli (geboren 1688 zu Vicenza, gestorben zu
Dresden 1748), der bekannte Meister der riesigen Statuen, die die Außenseiten
der Dresdner katholischen Hofkirche zieren.

Doch nun treten wir durch das weitgeöffnete Tor, vor dem zu beiden Seiten
kreisbogenförmige Wachtstuben liegen, in den Vorgarten des Schlosses. Die ganze
Anlage ist von gewaltigem Umfang und zerfällt in zwei Hauptteile: die nach rechts
und links etwas ausgerückten Administrationsgebände, auch Kavalierhäuser genannt,
mit den dahinter liegenden Höfen, und das eigentliche Schloß. Die zweistöckigen
Kavalierhäuser mit ihren hohen Mansardendächern und schlichten Fassaden, die nur
durch feingeschwungne Stuckornamente verziert sind, haben sich durchaus ihren ur¬
sprünglichen Charakter bewahrt und machen einen wahrhaft vornehmen Eindruck.
Nur scheinen ihre Maße wie die des ganzen Vorgartens für die Lebensformen der
jetzigen Schloßherrschaft, des katholischen Zweiges der Grafen Brühl, etwas zu groß
zu sein: ein Hauch von Leere und Öde weht über den weiten Platz. Aber in den


Wanderungen in der Niederlausitz

seit 1674 in den Reichsgrafenstand erhoben war, war die Gräfin Brühl eine der
unersättlichen Frauennaturen, deren ganzes Dasein in einem unstillbaren Durst nach
Sinnengenuß, Glanz und Größe dahingeht. Die eifrigste und geschickteste Gehilfin
ihres Gemahls in der höfischen Intrigue rauscht sie mit einem eisigen Lächeln an
gestürzten Gegnern vorüber, solchen aber, die sich ihr bedingungslos hingeben, be¬
willigt sie jede Gunst und erweckt deshalb in ihrer Freundschaft leicht den trügerischen
Schein der Opferwilligkeit. Während ihre Briefe mit dem Namen Gottes spielen
und Gottes Gerechtigkeit anrufen, trug sie kein Bedenken, an der schändlichen, das
Land ruinierenden Verschwendung ihres Mannes teilzunehmen, ja sie hat ihn ans
dieser Bahn noch bestärkt. Von ihr gehn die meisten und kostspieligsten Baupläne
des Ministers aus. Bald träumt sie von einem neuen Schloß in den sächsischen
Bergen, bald zaubert sie einen fürstlichen Edelsitz in ein liebliches Flußtal, bald
zwischen die Kiefernwälder und Seen des Flachlandes, schmückt ihn mit kostbarem
Gerät, mit Gobelins und Kunstwerken, ohne im Geräusche des Hoflebens dazu zu
kommen, auch nur eine dieser Schöpfungen wirklich und dauernd zu genießen. Für
sie mußte der Gemahl das meiste Geld schaffen, sie war sein unheilvoller Leitstern
auch in der großen Politik. Ein versöhnender Zug in ihrem Wesen ist der Ernst,
den sie bet der Erziehung ihrer Kinder bewies; und in der Tat sind ihre Söhne
schließlich tüchtige Männer geworden. Auch war sie klug und nicht ohne wirt¬
schaftliches Verständnis. Sie weiß, daß es zum rentabeln Betrieb der Landwirtschaft
in Pforten vor allem an guten Wiesen fehlt, und gibt praktische Ratschläge, solche
zu beschaffen. Sie sieht den Lieferanten scharf auf die Finger, wünscht, daß Herr
von Heineken ihren Gütern dieselbe Sorge angedeihn lasse wie seinen eignen, und
macht Miene, ihm in der Person eines Herrn von Landwüst einen Kontrolleur zu
bestellen. Sie hat sogar zeitweise Anwandlungen von Sparsamkeit, denn sie klagt
einmal über die cjua,liens als clomsstiMvs imitiles <M eoutsut un ar^ent intim se
us Lond vou a, riell, und ein andermal bittet sie Heineken, nichts für sie auf der
Leipziger Michaelismesse einzukaufen, da ihre Kasse schlecht stehe. Aber das ist
doch eitel Blendwerk. Ihre wahre Natur, die Unersättlichkeit, bekunden zahlreiche
andre Briefsteller, Äußerungen Heinekens, ja auch ihres Gemahls. Am 8. Juni 1747 (?)
schreibt er an Heineken: Na tswms sont-nes ä'avoir lo ?Jan Ah tont lo ^arcliu
ü'Obsrliolitsimu, Is Aranci ?Jan as Ls^üsrsciork, l'iclso als (?ÄllAloü'L»inmsro, et
?ut«Kau se H-msiA. Vans ins lors/ xlaisir et'snvo^ör cels, an xlutot, fils usus
vou8 hör», odlixes, ear osla, l'airmss dsauooup ot voila, tout. Ur. XnostM lui s,
xromis as lui ouvo^ör is ?Is.it als ?dort>er>, an enAtsau g,pee ig. vitio, Iss vuss, lo
^rant, Is Is.« et Is, jMsa-llsris. Alle diese Luxusbauten betrieb die Gräfin zu der¬
selben Zeit, und für die meisten, für Pforten sicherlich, hatte der Oberlandbau¬
meister Knöffel den Plan entworfen. Für den innern Ausbau der Schlösser und
den Schmuck der Gärten mit Bildwerken wurden die ersten Künstler der Zeit in
Bewegung gesetzt, so die Maler Stephan Torelli und Dietrich, für Pforten insbe¬
sondre auch der Bildhauer Mattielli (geboren 1688 zu Vicenza, gestorben zu
Dresden 1748), der bekannte Meister der riesigen Statuen, die die Außenseiten
der Dresdner katholischen Hofkirche zieren.

Doch nun treten wir durch das weitgeöffnete Tor, vor dem zu beiden Seiten
kreisbogenförmige Wachtstuben liegen, in den Vorgarten des Schlosses. Die ganze
Anlage ist von gewaltigem Umfang und zerfällt in zwei Hauptteile: die nach rechts
und links etwas ausgerückten Administrationsgebände, auch Kavalierhäuser genannt,
mit den dahinter liegenden Höfen, und das eigentliche Schloß. Die zweistöckigen
Kavalierhäuser mit ihren hohen Mansardendächern und schlichten Fassaden, die nur
durch feingeschwungne Stuckornamente verziert sind, haben sich durchaus ihren ur¬
sprünglichen Charakter bewahrt und machen einen wahrhaft vornehmen Eindruck.
Nur scheinen ihre Maße wie die des ganzen Vorgartens für die Lebensformen der
jetzigen Schloßherrschaft, des katholischen Zweiges der Grafen Brühl, etwas zu groß
zu sein: ein Hauch von Leere und Öde weht über den weiten Platz. Aber in den


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[0414] Wanderungen in der Niederlausitz seit 1674 in den Reichsgrafenstand erhoben war, war die Gräfin Brühl eine der unersättlichen Frauennaturen, deren ganzes Dasein in einem unstillbaren Durst nach Sinnengenuß, Glanz und Größe dahingeht. Die eifrigste und geschickteste Gehilfin ihres Gemahls in der höfischen Intrigue rauscht sie mit einem eisigen Lächeln an gestürzten Gegnern vorüber, solchen aber, die sich ihr bedingungslos hingeben, be¬ willigt sie jede Gunst und erweckt deshalb in ihrer Freundschaft leicht den trügerischen Schein der Opferwilligkeit. Während ihre Briefe mit dem Namen Gottes spielen und Gottes Gerechtigkeit anrufen, trug sie kein Bedenken, an der schändlichen, das Land ruinierenden Verschwendung ihres Mannes teilzunehmen, ja sie hat ihn ans dieser Bahn noch bestärkt. Von ihr gehn die meisten und kostspieligsten Baupläne des Ministers aus. Bald träumt sie von einem neuen Schloß in den sächsischen Bergen, bald zaubert sie einen fürstlichen Edelsitz in ein liebliches Flußtal, bald zwischen die Kiefernwälder und Seen des Flachlandes, schmückt ihn mit kostbarem Gerät, mit Gobelins und Kunstwerken, ohne im Geräusche des Hoflebens dazu zu kommen, auch nur eine dieser Schöpfungen wirklich und dauernd zu genießen. Für sie mußte der Gemahl das meiste Geld schaffen, sie war sein unheilvoller Leitstern auch in der großen Politik. Ein versöhnender Zug in ihrem Wesen ist der Ernst, den sie bet der Erziehung ihrer Kinder bewies; und in der Tat sind ihre Söhne schließlich tüchtige Männer geworden. Auch war sie klug und nicht ohne wirt¬ schaftliches Verständnis. Sie weiß, daß es zum rentabeln Betrieb der Landwirtschaft in Pforten vor allem an guten Wiesen fehlt, und gibt praktische Ratschläge, solche zu beschaffen. Sie sieht den Lieferanten scharf auf die Finger, wünscht, daß Herr von Heineken ihren Gütern dieselbe Sorge angedeihn lasse wie seinen eignen, und macht Miene, ihm in der Person eines Herrn von Landwüst einen Kontrolleur zu bestellen. Sie hat sogar zeitweise Anwandlungen von Sparsamkeit, denn sie klagt einmal über die cjua,liens als clomsstiMvs imitiles <M eoutsut un ar^ent intim se us Lond vou a, riell, und ein andermal bittet sie Heineken, nichts für sie auf der Leipziger Michaelismesse einzukaufen, da ihre Kasse schlecht stehe. Aber das ist doch eitel Blendwerk. Ihre wahre Natur, die Unersättlichkeit, bekunden zahlreiche andre Briefsteller, Äußerungen Heinekens, ja auch ihres Gemahls. Am 8. Juni 1747 (?) schreibt er an Heineken: Na tswms sont-nes ä'avoir lo ?Jan Ah tont lo ^arcliu ü'Obsrliolitsimu, Is Aranci ?Jan as Ls^üsrsciork, l'iclso als (?ÄllAloü'L»inmsro, et ?ut«Kau se H-msiA. Vans ins lors/ xlaisir et'snvo^ör cels, an xlutot, fils usus vou8 hör», odlixes, ear osla, l'airmss dsauooup ot voila, tout. Ur. XnostM lui s, xromis as lui ouvo^ör is ?Is.it als ?dort>er>, an enAtsau g,pee ig. vitio, Iss vuss, lo ^rant, Is Is.« et Is, jMsa-llsris. Alle diese Luxusbauten betrieb die Gräfin zu der¬ selben Zeit, und für die meisten, für Pforten sicherlich, hatte der Oberlandbau¬ meister Knöffel den Plan entworfen. Für den innern Ausbau der Schlösser und den Schmuck der Gärten mit Bildwerken wurden die ersten Künstler der Zeit in Bewegung gesetzt, so die Maler Stephan Torelli und Dietrich, für Pforten insbe¬ sondre auch der Bildhauer Mattielli (geboren 1688 zu Vicenza, gestorben zu Dresden 1748), der bekannte Meister der riesigen Statuen, die die Außenseiten der Dresdner katholischen Hofkirche zieren. Doch nun treten wir durch das weitgeöffnete Tor, vor dem zu beiden Seiten kreisbogenförmige Wachtstuben liegen, in den Vorgarten des Schlosses. Die ganze Anlage ist von gewaltigem Umfang und zerfällt in zwei Hauptteile: die nach rechts und links etwas ausgerückten Administrationsgebände, auch Kavalierhäuser genannt, mit den dahinter liegenden Höfen, und das eigentliche Schloß. Die zweistöckigen Kavalierhäuser mit ihren hohen Mansardendächern und schlichten Fassaden, die nur durch feingeschwungne Stuckornamente verziert sind, haben sich durchaus ihren ur¬ sprünglichen Charakter bewahrt und machen einen wahrhaft vornehmen Eindruck. Nur scheinen ihre Maße wie die des ganzen Vorgartens für die Lebensformen der jetzigen Schloßherrschaft, des katholischen Zweiges der Grafen Brühl, etwas zu groß zu sein: ein Hauch von Leere und Öde weht über den weiten Platz. Aber in den

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Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (&#xa75b;): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja;

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 63, 1904, Drittes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341879_294416/414>, abgerufen am 23.07.2024.