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Die Grenzboten. Jg. 63, 1904, Drittes Vierteljahr.

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Maßgebliches und Unmaßgebliches

unerschöpflich und in der Regel desto größer, je weniger die Verfasser solcher
Artikel von Rußland wissen und verstehn. Als ein leuchtendes Beispiel solcher
Phrasendrescherei mag zum Beispiel ein Artikel einer Berliner demokratischen Zeitung
gelten, der wörtlich sagte: "Weil das Bülowsche Deutschland sich bei jeder Gelegen¬
heit vor Rußland gedemütigt hat, darum glaubt Rußland, Deutschland on canaills
behandeln zu können." Und weiter: "Die Engländer schicken sofort ihre Flotte los,
wir schicken nur eine Protestnote."

Wie steht es diesen Phrasen gegenüber in der Wirklichkeit?

Tatsächlich sind die Engländer schlechter behandelt worden nett haben ihren
Dampfer "Malakka" mit Ladung für ihr ostasiatisches Geschwader erst in Algier
wieder freibekommen. Verständiger als die Chauvins im Unterhause und in
der Presse hat die englische Regierung darauf aufmerksam gemacht, daß sie dem
Prinzip des Durchsuchungsrechts der Kriegsschiffe einer kriegführenden Macht gegen¬
über neutralen Handelsschiffen aus naheliegenden Gründen die Anerkennung nicht,
verweigern könne. Kommen Mißgriffe und Übergriffe vor, die ja im Kriege oft
unvermeidlich sein werden, so bleibt eben nur übrig, Genugtuung und gegebnen-
fcills Entschädigung zu verlangen. England wäre sicherlich die letzte Macht, die auf
die möglichst freie Bewegung Kriegführender zur See verzichten würde und ver¬
zichten könnte.

Die Vorgänge im Roten Meere haben die Aufmerksamkeit auf zwei Kategorien
von Schiffen gelenkt, auf die Postdampfer und die Hilfskreuzer. Jede Großmacht
muß die Respektierung ihrer Postflagge und ihrer amtlich versiegelten Posttrans-
porte, Postsäcke usw. verlangen. Das ist eine Frage der Würde, weil es die offizielle
Postflagge ist, die dabei in Betracht kommt. Ob unterwegs aufgenommene Posten
dieselbe Vorzugsbehandlung beanspruchen dürfen wie die mit dem Transportsiegel
der Heimatbehörden versehenen, ist der einzig strittige Punkt. So muß zum Beispiel
die Korrespondenz der japanischen Gesandtschaft in Berlin nach Tokio, sobald
sie unter Berliner oder Hamburger und Bremer Postsiegel geht, unbedingt un¬
antastbar und vor der Durchsuchung geschützt sein. Etwas andres wäre es da¬
gegen, wenn japanische oder englische Konsuln und Agenten in den Häfen des
Mittelmeers, Suez, Aden usw. sich der deutschen Postdampfer bedienen würden,
um mittelst dort an Bord gegebner Korrespondenzen Berichte über die russische Ost¬
seeflotte, falls sie auf ihrer Ausreise diese Häfen etwa berührt hätte, nach Tokio
einzusenden. Praktisch würde man also auf eine internationale Verabredung hinaus¬
kommen, wonach eine kriegführende Macht zur See für die neutralen Postdampfer
eine Zone festzusetzen hätte mit der Maßgabe, daß für die innerhalb dieser Zone
aufgegebne Korrespondenz ein Durchsuchnngsrecht nicht besteht, das erst nach Über¬
schreitung dieser Zone in Kraft treten darf.

Die modernen Verkehrsmittel und Verkehrseinrichtungen erheischen gebieterisch
neue Normen gegenüber den ältern Traditionen des Seekrieges, die damit noch nicht
zu rechnen hatten. Was die Hilfskreuzer anlangt, so hat bekanntlich nicht Rußland
allein diese Einrichtung, sondern auch Deutschland, England, Frankreich, Italien und
Amerika würden im Kriegsfalle einen Teil ihrer schnellgehenden Personendampfer,
die schon im Frieden dafür bestimmt und vorbereitet sind, als Hilfskreuzer ver¬
wenden. Die Schwierigkeit liegt augenblicklich darin, daß die russischen Kreuzer
unter der Handelsflagge die Dardanellen passiert, die Durchfahrt also gewisser¬
maßen erschlichen und dann erst im Mittelmeer die Kriegsflagge gehißt haben. Aber
Krieg ist Krieg, und im Kriege gelten alle Vorteile und Kriegslisten. Es wäre
z. B. sehr Wohl denkbar, daß Hilfskreuzer auch andrer Mächte den Heimathafen
oder sogar einen Hafen des Auslands unter der Handelsflagge verließen und erst
von einem bestimmten Punkte ab unter Kriegsflagge fahren. Diese Frage wird
auch durch internationale Beratungen schwer zu regeln sein, weil sich kein Staat
für den Kriegsfall der möglichen Vorteile wird berauben wollen. Auch eine Be¬
stimmung, daß alle in Kriegsdienst gestellten Hilfskreuzer den Heimathafen unter


Maßgebliches und Unmaßgebliches

unerschöpflich und in der Regel desto größer, je weniger die Verfasser solcher
Artikel von Rußland wissen und verstehn. Als ein leuchtendes Beispiel solcher
Phrasendrescherei mag zum Beispiel ein Artikel einer Berliner demokratischen Zeitung
gelten, der wörtlich sagte: „Weil das Bülowsche Deutschland sich bei jeder Gelegen¬
heit vor Rußland gedemütigt hat, darum glaubt Rußland, Deutschland on canaills
behandeln zu können." Und weiter: „Die Engländer schicken sofort ihre Flotte los,
wir schicken nur eine Protestnote."

Wie steht es diesen Phrasen gegenüber in der Wirklichkeit?

Tatsächlich sind die Engländer schlechter behandelt worden nett haben ihren
Dampfer „Malakka" mit Ladung für ihr ostasiatisches Geschwader erst in Algier
wieder freibekommen. Verständiger als die Chauvins im Unterhause und in
der Presse hat die englische Regierung darauf aufmerksam gemacht, daß sie dem
Prinzip des Durchsuchungsrechts der Kriegsschiffe einer kriegführenden Macht gegen¬
über neutralen Handelsschiffen aus naheliegenden Gründen die Anerkennung nicht,
verweigern könne. Kommen Mißgriffe und Übergriffe vor, die ja im Kriege oft
unvermeidlich sein werden, so bleibt eben nur übrig, Genugtuung und gegebnen-
fcills Entschädigung zu verlangen. England wäre sicherlich die letzte Macht, die auf
die möglichst freie Bewegung Kriegführender zur See verzichten würde und ver¬
zichten könnte.

Die Vorgänge im Roten Meere haben die Aufmerksamkeit auf zwei Kategorien
von Schiffen gelenkt, auf die Postdampfer und die Hilfskreuzer. Jede Großmacht
muß die Respektierung ihrer Postflagge und ihrer amtlich versiegelten Posttrans-
porte, Postsäcke usw. verlangen. Das ist eine Frage der Würde, weil es die offizielle
Postflagge ist, die dabei in Betracht kommt. Ob unterwegs aufgenommene Posten
dieselbe Vorzugsbehandlung beanspruchen dürfen wie die mit dem Transportsiegel
der Heimatbehörden versehenen, ist der einzig strittige Punkt. So muß zum Beispiel
die Korrespondenz der japanischen Gesandtschaft in Berlin nach Tokio, sobald
sie unter Berliner oder Hamburger und Bremer Postsiegel geht, unbedingt un¬
antastbar und vor der Durchsuchung geschützt sein. Etwas andres wäre es da¬
gegen, wenn japanische oder englische Konsuln und Agenten in den Häfen des
Mittelmeers, Suez, Aden usw. sich der deutschen Postdampfer bedienen würden,
um mittelst dort an Bord gegebner Korrespondenzen Berichte über die russische Ost¬
seeflotte, falls sie auf ihrer Ausreise diese Häfen etwa berührt hätte, nach Tokio
einzusenden. Praktisch würde man also auf eine internationale Verabredung hinaus¬
kommen, wonach eine kriegführende Macht zur See für die neutralen Postdampfer
eine Zone festzusetzen hätte mit der Maßgabe, daß für die innerhalb dieser Zone
aufgegebne Korrespondenz ein Durchsuchnngsrecht nicht besteht, das erst nach Über¬
schreitung dieser Zone in Kraft treten darf.

Die modernen Verkehrsmittel und Verkehrseinrichtungen erheischen gebieterisch
neue Normen gegenüber den ältern Traditionen des Seekrieges, die damit noch nicht
zu rechnen hatten. Was die Hilfskreuzer anlangt, so hat bekanntlich nicht Rußland
allein diese Einrichtung, sondern auch Deutschland, England, Frankreich, Italien und
Amerika würden im Kriegsfalle einen Teil ihrer schnellgehenden Personendampfer,
die schon im Frieden dafür bestimmt und vorbereitet sind, als Hilfskreuzer ver¬
wenden. Die Schwierigkeit liegt augenblicklich darin, daß die russischen Kreuzer
unter der Handelsflagge die Dardanellen passiert, die Durchfahrt also gewisser¬
maßen erschlichen und dann erst im Mittelmeer die Kriegsflagge gehißt haben. Aber
Krieg ist Krieg, und im Kriege gelten alle Vorteile und Kriegslisten. Es wäre
z. B. sehr Wohl denkbar, daß Hilfskreuzer auch andrer Mächte den Heimathafen
oder sogar einen Hafen des Auslands unter der Handelsflagge verließen und erst
von einem bestimmten Punkte ab unter Kriegsflagge fahren. Diese Frage wird
auch durch internationale Beratungen schwer zu regeln sein, weil sich kein Staat
für den Kriegsfall der möglichen Vorteile wird berauben wollen. Auch eine Be¬
stimmung, daß alle in Kriegsdienst gestellten Hilfskreuzer den Heimathafen unter


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[0306] Maßgebliches und Unmaßgebliches unerschöpflich und in der Regel desto größer, je weniger die Verfasser solcher Artikel von Rußland wissen und verstehn. Als ein leuchtendes Beispiel solcher Phrasendrescherei mag zum Beispiel ein Artikel einer Berliner demokratischen Zeitung gelten, der wörtlich sagte: „Weil das Bülowsche Deutschland sich bei jeder Gelegen¬ heit vor Rußland gedemütigt hat, darum glaubt Rußland, Deutschland on canaills behandeln zu können." Und weiter: „Die Engländer schicken sofort ihre Flotte los, wir schicken nur eine Protestnote." Wie steht es diesen Phrasen gegenüber in der Wirklichkeit? Tatsächlich sind die Engländer schlechter behandelt worden nett haben ihren Dampfer „Malakka" mit Ladung für ihr ostasiatisches Geschwader erst in Algier wieder freibekommen. Verständiger als die Chauvins im Unterhause und in der Presse hat die englische Regierung darauf aufmerksam gemacht, daß sie dem Prinzip des Durchsuchungsrechts der Kriegsschiffe einer kriegführenden Macht gegen¬ über neutralen Handelsschiffen aus naheliegenden Gründen die Anerkennung nicht, verweigern könne. Kommen Mißgriffe und Übergriffe vor, die ja im Kriege oft unvermeidlich sein werden, so bleibt eben nur übrig, Genugtuung und gegebnen- fcills Entschädigung zu verlangen. England wäre sicherlich die letzte Macht, die auf die möglichst freie Bewegung Kriegführender zur See verzichten würde und ver¬ zichten könnte. Die Vorgänge im Roten Meere haben die Aufmerksamkeit auf zwei Kategorien von Schiffen gelenkt, auf die Postdampfer und die Hilfskreuzer. Jede Großmacht muß die Respektierung ihrer Postflagge und ihrer amtlich versiegelten Posttrans- porte, Postsäcke usw. verlangen. Das ist eine Frage der Würde, weil es die offizielle Postflagge ist, die dabei in Betracht kommt. Ob unterwegs aufgenommene Posten dieselbe Vorzugsbehandlung beanspruchen dürfen wie die mit dem Transportsiegel der Heimatbehörden versehenen, ist der einzig strittige Punkt. So muß zum Beispiel die Korrespondenz der japanischen Gesandtschaft in Berlin nach Tokio, sobald sie unter Berliner oder Hamburger und Bremer Postsiegel geht, unbedingt un¬ antastbar und vor der Durchsuchung geschützt sein. Etwas andres wäre es da¬ gegen, wenn japanische oder englische Konsuln und Agenten in den Häfen des Mittelmeers, Suez, Aden usw. sich der deutschen Postdampfer bedienen würden, um mittelst dort an Bord gegebner Korrespondenzen Berichte über die russische Ost¬ seeflotte, falls sie auf ihrer Ausreise diese Häfen etwa berührt hätte, nach Tokio einzusenden. Praktisch würde man also auf eine internationale Verabredung hinaus¬ kommen, wonach eine kriegführende Macht zur See für die neutralen Postdampfer eine Zone festzusetzen hätte mit der Maßgabe, daß für die innerhalb dieser Zone aufgegebne Korrespondenz ein Durchsuchnngsrecht nicht besteht, das erst nach Über¬ schreitung dieser Zone in Kraft treten darf. Die modernen Verkehrsmittel und Verkehrseinrichtungen erheischen gebieterisch neue Normen gegenüber den ältern Traditionen des Seekrieges, die damit noch nicht zu rechnen hatten. Was die Hilfskreuzer anlangt, so hat bekanntlich nicht Rußland allein diese Einrichtung, sondern auch Deutschland, England, Frankreich, Italien und Amerika würden im Kriegsfalle einen Teil ihrer schnellgehenden Personendampfer, die schon im Frieden dafür bestimmt und vorbereitet sind, als Hilfskreuzer ver¬ wenden. Die Schwierigkeit liegt augenblicklich darin, daß die russischen Kreuzer unter der Handelsflagge die Dardanellen passiert, die Durchfahrt also gewisser¬ maßen erschlichen und dann erst im Mittelmeer die Kriegsflagge gehißt haben. Aber Krieg ist Krieg, und im Kriege gelten alle Vorteile und Kriegslisten. Es wäre z. B. sehr Wohl denkbar, daß Hilfskreuzer auch andrer Mächte den Heimathafen oder sogar einen Hafen des Auslands unter der Handelsflagge verließen und erst von einem bestimmten Punkte ab unter Kriegsflagge fahren. Diese Frage wird auch durch internationale Beratungen schwer zu regeln sein, weil sich kein Staat für den Kriegsfall der möglichen Vorteile wird berauben wollen. Auch eine Be¬ stimmung, daß alle in Kriegsdienst gestellten Hilfskreuzer den Heimathafen unter

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 63, 1904, Drittes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341879_294416/306>, abgerufen am 26.06.2024.