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Die Grenzboten. Jg. 63, 1904, Drittes Vierteljahr.

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Maßgebliches und Unmaßgebliches

Vorüberfahrende Pinasse sichtbar. Man hatte auf deutscher Seite durchaus nichts zu
verbergen und hat auch nichts verborgen. Nun ist auch gar im Unterhause noch eine
Beschwerde erfolgt, daß von deutschen Schiffen aus photographiert worden sei.
Amateurphotographen findet man gegenwärtig selbstverständlich auch auf jedem
Kriegsschiff, und es müßte als eine Ausnahme angesehen werden, wenn von den
Engländern im Kieler Hafen niemand photographiert hätte. Wir sind in Kiel an
die photographischen Aufnahmen durch fremde Kriegsschiffe durchaus gewöhnt und
haben niemals etwas dagegen, solange sich diese Tätigkeit in dem bescheidnen
Rahmen der Amateurphotographie bewegt, die interessante Augenblicksbilder fest¬
halten will. Die in England auch in der Presse verbreitete Ansicht, daß unser
Geschwader eigentlich auf einer Rekognoszierungsfahrt gewesen sei, ist ein Unsinn.
Zum Auskundschafter fremder Häfen oder Befestigungen verwendet keine Macht Ge¬
schwader. Die kritischen und wißbegierigen Augen des Auslandes, die die Übungen
unsrer Flotte in der Nordsee und in der Ostsee zu beobachten Pflegen, sind auch
nicht an Bord von Geschwadern. Die Beseitigung der Regierung und des Unter¬
hauses mit einer Anfrage über das angebliche Photographieren von deutschen
Schiffen ans beweist doch mehr als alle Zeitungsartikel, wie nervös manche Leute
in England in bezug auf die Deutschen geworden sind. Dasselbe kann man in bezug
auf die Anfrage eines liberalen Mitglieds im Unterhause über das deutsche Madeira¬
syndikat sagen. Auch hierin zeigt sich eine kleinliche Gereiztheit, die einem großen
Volke nicht wohl ansteht.

Die gewonnene Überzeugung, daß die deutsche Flotte, was Offizierkorps, Be¬
satzungen, Material, Artillerie und Ausbildung anbelangt, nicht mehr ".UÄntitö
uvAllFsg,bI<z ist, sondern daß im Gegenteil der Vergleich nicht immer zugunsten der
Engländer ausfällt, hat die Nervosität offenbar erhöht. Diese Bescheinigung durch
unsre englischen Vettern, daß wir eine Flotte zu schaffen verstanden haben, wird
unserm Volke hoffentlich als ein neuer Ansporn dienen, die Flotte nun auch immer
auf der Höhe ihrer Aufgaben und ihrer Pflichten zu erhalten.

Nun der deutsch-englische Schiedsvertrag. Die Italiener und die Franzosen haben
Von ihren Schiedsverträgen mit England ein Aufheben gemacht, als ob diese Ver¬
träge gleichbedeutend mit Schutz- und Trutzbündnissen wären. Ob und welche ge¬
heime Abmachungen daneben hergehn, ist eine andre Frage. Die auf Ägypten, Ma¬
rokko usw. bezügliche französisch-englische Konvention hat ja immerhin den gegenseitigen
Beziehungen dieser Mächte eine sehr reale Basis gegeben. Daß auch hierbei nicht
alles Gold ist, was glänzt, ist seitdem in publizistischen Erörterungen zur Genüge
festgestellt worden. Vielleicht trifft auch hierauf der Sinnspruch Nietzsches zu:
Alles, was Gold ist -- glänzt nicht. Unser Schiedsvertrag mit England hat
zunächst den Wert, daß er die feste Absicht beider Regierungen bekundet, aus den
gegenseitigen Berührungen der beiden Nationen alles auszuscheiden, was zu un¬
nötigen Gereiztheiten und Verstimmungen führen könnte. Der Schiedsvertrag schließt
gereizte Polemiken in der Presse aus, die vielleicht an Vorgänge von untergeordneter
Bedeutung anknüpfen, aber durch die publizistische Aufbauschung des Falles die
öffentliche Meinung erregen und dadurch die Beilegung erschweren. Er erleichtert
es außerdem der unterliegenden Regierung, die Entscheidung ohne Verlust ihrer
Würde und ihres Ansehens auf sich zu nehmen, ebenso wie er die obsiegende vor
dem Odium bewahrt, den Gegner übervorteilt zu haben. In nicht allzu langer
Zeit werden wir uus mit England über Abgrenzungen im Hinterland von Kamerun
zu verständigen haben; hoffentlich erfolgen diese auf der Basis des guten Willens
zur Verständigung, den beide Regierungen in den letzten Wochen gezeigt haben.

Der beabsichtigte Besuch der deutschen Schlachtflotte in den holländischen
Häfen ist bekanntlich zur Zeit der Kieler Woche Gegenstand lebhafter Erörterung in
der holländischen Presse gewesen, die so tat, als ob mit dieser "Besetzung" der
holländischen Häfen nicht mehr und nicht weniger beabsichtigt sei, als die Einver¬
leibung von Holland und die Aufhebung seiner Selbständigkeit. Dabei waren


Maßgebliches und Unmaßgebliches

Vorüberfahrende Pinasse sichtbar. Man hatte auf deutscher Seite durchaus nichts zu
verbergen und hat auch nichts verborgen. Nun ist auch gar im Unterhause noch eine
Beschwerde erfolgt, daß von deutschen Schiffen aus photographiert worden sei.
Amateurphotographen findet man gegenwärtig selbstverständlich auch auf jedem
Kriegsschiff, und es müßte als eine Ausnahme angesehen werden, wenn von den
Engländern im Kieler Hafen niemand photographiert hätte. Wir sind in Kiel an
die photographischen Aufnahmen durch fremde Kriegsschiffe durchaus gewöhnt und
haben niemals etwas dagegen, solange sich diese Tätigkeit in dem bescheidnen
Rahmen der Amateurphotographie bewegt, die interessante Augenblicksbilder fest¬
halten will. Die in England auch in der Presse verbreitete Ansicht, daß unser
Geschwader eigentlich auf einer Rekognoszierungsfahrt gewesen sei, ist ein Unsinn.
Zum Auskundschafter fremder Häfen oder Befestigungen verwendet keine Macht Ge¬
schwader. Die kritischen und wißbegierigen Augen des Auslandes, die die Übungen
unsrer Flotte in der Nordsee und in der Ostsee zu beobachten Pflegen, sind auch
nicht an Bord von Geschwadern. Die Beseitigung der Regierung und des Unter¬
hauses mit einer Anfrage über das angebliche Photographieren von deutschen
Schiffen ans beweist doch mehr als alle Zeitungsartikel, wie nervös manche Leute
in England in bezug auf die Deutschen geworden sind. Dasselbe kann man in bezug
auf die Anfrage eines liberalen Mitglieds im Unterhause über das deutsche Madeira¬
syndikat sagen. Auch hierin zeigt sich eine kleinliche Gereiztheit, die einem großen
Volke nicht wohl ansteht.

Die gewonnene Überzeugung, daß die deutsche Flotte, was Offizierkorps, Be¬
satzungen, Material, Artillerie und Ausbildung anbelangt, nicht mehr «.UÄntitö
uvAllFsg,bI<z ist, sondern daß im Gegenteil der Vergleich nicht immer zugunsten der
Engländer ausfällt, hat die Nervosität offenbar erhöht. Diese Bescheinigung durch
unsre englischen Vettern, daß wir eine Flotte zu schaffen verstanden haben, wird
unserm Volke hoffentlich als ein neuer Ansporn dienen, die Flotte nun auch immer
auf der Höhe ihrer Aufgaben und ihrer Pflichten zu erhalten.

Nun der deutsch-englische Schiedsvertrag. Die Italiener und die Franzosen haben
Von ihren Schiedsverträgen mit England ein Aufheben gemacht, als ob diese Ver¬
träge gleichbedeutend mit Schutz- und Trutzbündnissen wären. Ob und welche ge¬
heime Abmachungen daneben hergehn, ist eine andre Frage. Die auf Ägypten, Ma¬
rokko usw. bezügliche französisch-englische Konvention hat ja immerhin den gegenseitigen
Beziehungen dieser Mächte eine sehr reale Basis gegeben. Daß auch hierbei nicht
alles Gold ist, was glänzt, ist seitdem in publizistischen Erörterungen zur Genüge
festgestellt worden. Vielleicht trifft auch hierauf der Sinnspruch Nietzsches zu:
Alles, was Gold ist — glänzt nicht. Unser Schiedsvertrag mit England hat
zunächst den Wert, daß er die feste Absicht beider Regierungen bekundet, aus den
gegenseitigen Berührungen der beiden Nationen alles auszuscheiden, was zu un¬
nötigen Gereiztheiten und Verstimmungen führen könnte. Der Schiedsvertrag schließt
gereizte Polemiken in der Presse aus, die vielleicht an Vorgänge von untergeordneter
Bedeutung anknüpfen, aber durch die publizistische Aufbauschung des Falles die
öffentliche Meinung erregen und dadurch die Beilegung erschweren. Er erleichtert
es außerdem der unterliegenden Regierung, die Entscheidung ohne Verlust ihrer
Würde und ihres Ansehens auf sich zu nehmen, ebenso wie er die obsiegende vor
dem Odium bewahrt, den Gegner übervorteilt zu haben. In nicht allzu langer
Zeit werden wir uus mit England über Abgrenzungen im Hinterland von Kamerun
zu verständigen haben; hoffentlich erfolgen diese auf der Basis des guten Willens
zur Verständigung, den beide Regierungen in den letzten Wochen gezeigt haben.

Der beabsichtigte Besuch der deutschen Schlachtflotte in den holländischen
Häfen ist bekanntlich zur Zeit der Kieler Woche Gegenstand lebhafter Erörterung in
der holländischen Presse gewesen, die so tat, als ob mit dieser „Besetzung" der
holländischen Häfen nicht mehr und nicht weniger beabsichtigt sei, als die Einver¬
leibung von Holland und die Aufhebung seiner Selbständigkeit. Dabei waren


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[0180] Maßgebliches und Unmaßgebliches Vorüberfahrende Pinasse sichtbar. Man hatte auf deutscher Seite durchaus nichts zu verbergen und hat auch nichts verborgen. Nun ist auch gar im Unterhause noch eine Beschwerde erfolgt, daß von deutschen Schiffen aus photographiert worden sei. Amateurphotographen findet man gegenwärtig selbstverständlich auch auf jedem Kriegsschiff, und es müßte als eine Ausnahme angesehen werden, wenn von den Engländern im Kieler Hafen niemand photographiert hätte. Wir sind in Kiel an die photographischen Aufnahmen durch fremde Kriegsschiffe durchaus gewöhnt und haben niemals etwas dagegen, solange sich diese Tätigkeit in dem bescheidnen Rahmen der Amateurphotographie bewegt, die interessante Augenblicksbilder fest¬ halten will. Die in England auch in der Presse verbreitete Ansicht, daß unser Geschwader eigentlich auf einer Rekognoszierungsfahrt gewesen sei, ist ein Unsinn. Zum Auskundschafter fremder Häfen oder Befestigungen verwendet keine Macht Ge¬ schwader. Die kritischen und wißbegierigen Augen des Auslandes, die die Übungen unsrer Flotte in der Nordsee und in der Ostsee zu beobachten Pflegen, sind auch nicht an Bord von Geschwadern. Die Beseitigung der Regierung und des Unter¬ hauses mit einer Anfrage über das angebliche Photographieren von deutschen Schiffen ans beweist doch mehr als alle Zeitungsartikel, wie nervös manche Leute in England in bezug auf die Deutschen geworden sind. Dasselbe kann man in bezug auf die Anfrage eines liberalen Mitglieds im Unterhause über das deutsche Madeira¬ syndikat sagen. Auch hierin zeigt sich eine kleinliche Gereiztheit, die einem großen Volke nicht wohl ansteht. Die gewonnene Überzeugung, daß die deutsche Flotte, was Offizierkorps, Be¬ satzungen, Material, Artillerie und Ausbildung anbelangt, nicht mehr «.UÄntitö uvAllFsg,bI<z ist, sondern daß im Gegenteil der Vergleich nicht immer zugunsten der Engländer ausfällt, hat die Nervosität offenbar erhöht. Diese Bescheinigung durch unsre englischen Vettern, daß wir eine Flotte zu schaffen verstanden haben, wird unserm Volke hoffentlich als ein neuer Ansporn dienen, die Flotte nun auch immer auf der Höhe ihrer Aufgaben und ihrer Pflichten zu erhalten. Nun der deutsch-englische Schiedsvertrag. Die Italiener und die Franzosen haben Von ihren Schiedsverträgen mit England ein Aufheben gemacht, als ob diese Ver¬ träge gleichbedeutend mit Schutz- und Trutzbündnissen wären. Ob und welche ge¬ heime Abmachungen daneben hergehn, ist eine andre Frage. Die auf Ägypten, Ma¬ rokko usw. bezügliche französisch-englische Konvention hat ja immerhin den gegenseitigen Beziehungen dieser Mächte eine sehr reale Basis gegeben. Daß auch hierbei nicht alles Gold ist, was glänzt, ist seitdem in publizistischen Erörterungen zur Genüge festgestellt worden. Vielleicht trifft auch hierauf der Sinnspruch Nietzsches zu: Alles, was Gold ist — glänzt nicht. Unser Schiedsvertrag mit England hat zunächst den Wert, daß er die feste Absicht beider Regierungen bekundet, aus den gegenseitigen Berührungen der beiden Nationen alles auszuscheiden, was zu un¬ nötigen Gereiztheiten und Verstimmungen führen könnte. Der Schiedsvertrag schließt gereizte Polemiken in der Presse aus, die vielleicht an Vorgänge von untergeordneter Bedeutung anknüpfen, aber durch die publizistische Aufbauschung des Falles die öffentliche Meinung erregen und dadurch die Beilegung erschweren. Er erleichtert es außerdem der unterliegenden Regierung, die Entscheidung ohne Verlust ihrer Würde und ihres Ansehens auf sich zu nehmen, ebenso wie er die obsiegende vor dem Odium bewahrt, den Gegner übervorteilt zu haben. In nicht allzu langer Zeit werden wir uus mit England über Abgrenzungen im Hinterland von Kamerun zu verständigen haben; hoffentlich erfolgen diese auf der Basis des guten Willens zur Verständigung, den beide Regierungen in den letzten Wochen gezeigt haben. Der beabsichtigte Besuch der deutschen Schlachtflotte in den holländischen Häfen ist bekanntlich zur Zeit der Kieler Woche Gegenstand lebhafter Erörterung in der holländischen Presse gewesen, die so tat, als ob mit dieser „Besetzung" der holländischen Häfen nicht mehr und nicht weniger beabsichtigt sei, als die Einver¬ leibung von Holland und die Aufhebung seiner Selbständigkeit. Dabei waren

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 63, 1904, Drittes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341879_294416/180>, abgerufen am 23.07.2024.