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Die Grenzboten. Jg. 63, 1904, Zweites Vierteljahr.

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Maßgebliches und Unmaßgebliches

zu verhindern oder doch sehr zu erschweren. Zudem steht einem dauernden Ein¬
vernehmen zwischen England und Amerika doch auch wohl Kanada nicht wenig im
Wege. Auch in der großen Politik sind Theorie und Praxis zwei recht verschiedne
Dinge. Gerade die Kieler Tage haben das von neuem bewiesen. König Eduard
und die britischen Seeoffiziere werden sich überzeugt haben, daß die in Kiel ver¬
sammelte deutsche Schlachtflotte -- und es war alles da, was wir besitzen --
vielleicht notdürftig ausreicht, einen Angriff auf den Kieler Hafen eine Zeit lang
mit Erfolg abzuwehren, obwohl die Erfahrungen von Port Arthur auch hierin
ganz neue Lehren geben, aber jedenfalls nicht imstande ist, gegen England mit
irgend welcher Aussicht auf dauernde Ergebnisse aggressiv vorzugehn. Auch wenn
wir in den nächsten acht Jahren ein drittes Geschwader dazu bekommen, würde
sich unsre Offensivkraft gegen England nicht viel ändern, weil ja die englische
Flotte fortgesetzt in stärkeren Maße wächst als die unsrige. Alle Möglichkeiten der
Zukunft zu bedenken, liegt außerhalb der Aufgaben dieser Betrachtung, aber jeden¬
falls wird nicht nur die englische Staatsleitung, sondern auch die öffentliche Meinung
in Großbritannien die Überzeugung gewonnen haben, daß man zwar an der deutschen
Seemacht nicht mehr achtlos vorübergehn kann, daß ihr langsames Anwachsen aber
nicht dazu angetan ist, die britische Politik in einer für Deutschland unfreundlichen
Richtung zu beeinflussen.

Der Kieler Trinkspruch König Eduards hat bewiesen, daß England in dieser
Beziehung ohne Hintergedanken ist; nicht nur der Trinkspruch in seiner inhaltlich
warmen, äußerlich formvollendeten Art, sondern auch die liebenswürdige Form, in
der sich der König den ihm vorgestellten Ministern und Militärs gab, die alle
und sehr guten Eindrücken von Bord der "Hohenzollern" zurückkehrten. Andrer¬
seits ist der König von dem großartigen Empfang in dem herrlichen Kieler Hafen,
landschaftlich einem der schönsten der Welt, sehr angenehm berührt worden, und er
hat das am Sonntag bei dem Diner auf seiner Königsjncht in englischer Sprache
sehr herzlich ausgedrückt. Der Kaiser erwiderte diesesmal englisch. Es waren
die Trinksprttche des Familienkreises; die beiden offiziellen am Tage zuvor
wäre" in deutscher Sprache gehalten worden. König Eduard bediente sich der
Muttersprache seines Vaters,, weil er von allen Deutschen sofort verstanden sein
und die Notwendigkeit einer Übersetzung seines Toastes für die deutsche Öffentlichkeit
vermieden wissen wollte. Auch hierin liegt ein liebenswürdig ritterlicher Zug.

Durch die Rede Kaiser Wilhelms ging ein gewisser selbstbewußter Zug, der
in dem Hinweise gipfelte, daß Deutschlands Wehrkraft seit dreißig Jahren keine
Bedrohung, sondern ein Schirm des Friedens gewesen sei. und daß die wieder-
erstarkende deutsche Seemacht keinen andern Zwecken dienen solle. Es war sicherlich
recht nützlich, daß auch einmal aus diesem Munde die Engländer daran erinnert
wurden, daß Deutschlands Seemacht eigentlich kein Novum unter der Sonne, sondern
nur die Wiederbelebung einer zwar weit zurückliegenden, aber ehrenvollen Ver¬
gangenheit sei. Das Wort "wiedererstarkcnd" enthält zugleich den Hinweis darauf,
daß der Ausbau der deutschen Flotte noch nicht beendet ist, daß aber auch darin
keinerlei Bedrohung des Friedens gesucht werden darf. Die Spannung, die sich
in einem Teil der Presse beider Länder hier und da zeigte, wird nun wohl
endlich der Erkenntnis weichen, daß der deutsch-englische Wettbewerb in Handel und
Schiffahrt nichts enthält, was geeignet wäre, Unfrieden zwischen beiden Ländern
zu stiften.

Die englischen Seeoffiziere sind ebenfalls sehr befriedigt über die ihnen durch
die deutsche' Flotte bereitete kameradschaftliche Aufnahme von Kiel geschieden.
Deutsche und englische Seeoffiziere haben jederzeit an allen Teilen der Erde gute
Freundschaft und Kameradschaft gehalten, diese alte Tradition ist auch in Kiel nur
erneut worden. Daß der König nach dem größten Kriegshafen auch den größte"
Handelshafen Deutschlands besuchte, mag als ein Beweis gelten, daß er dem
maritimen Aufblühen 2s Deutschen Reiches seine volle Beachtung schenkt. Die


Grenzboten II 1 104
Maßgebliches und Unmaßgebliches

zu verhindern oder doch sehr zu erschweren. Zudem steht einem dauernden Ein¬
vernehmen zwischen England und Amerika doch auch wohl Kanada nicht wenig im
Wege. Auch in der großen Politik sind Theorie und Praxis zwei recht verschiedne
Dinge. Gerade die Kieler Tage haben das von neuem bewiesen. König Eduard
und die britischen Seeoffiziere werden sich überzeugt haben, daß die in Kiel ver¬
sammelte deutsche Schlachtflotte — und es war alles da, was wir besitzen —
vielleicht notdürftig ausreicht, einen Angriff auf den Kieler Hafen eine Zeit lang
mit Erfolg abzuwehren, obwohl die Erfahrungen von Port Arthur auch hierin
ganz neue Lehren geben, aber jedenfalls nicht imstande ist, gegen England mit
irgend welcher Aussicht auf dauernde Ergebnisse aggressiv vorzugehn. Auch wenn
wir in den nächsten acht Jahren ein drittes Geschwader dazu bekommen, würde
sich unsre Offensivkraft gegen England nicht viel ändern, weil ja die englische
Flotte fortgesetzt in stärkeren Maße wächst als die unsrige. Alle Möglichkeiten der
Zukunft zu bedenken, liegt außerhalb der Aufgaben dieser Betrachtung, aber jeden¬
falls wird nicht nur die englische Staatsleitung, sondern auch die öffentliche Meinung
in Großbritannien die Überzeugung gewonnen haben, daß man zwar an der deutschen
Seemacht nicht mehr achtlos vorübergehn kann, daß ihr langsames Anwachsen aber
nicht dazu angetan ist, die britische Politik in einer für Deutschland unfreundlichen
Richtung zu beeinflussen.

Der Kieler Trinkspruch König Eduards hat bewiesen, daß England in dieser
Beziehung ohne Hintergedanken ist; nicht nur der Trinkspruch in seiner inhaltlich
warmen, äußerlich formvollendeten Art, sondern auch die liebenswürdige Form, in
der sich der König den ihm vorgestellten Ministern und Militärs gab, die alle
und sehr guten Eindrücken von Bord der „Hohenzollern" zurückkehrten. Andrer¬
seits ist der König von dem großartigen Empfang in dem herrlichen Kieler Hafen,
landschaftlich einem der schönsten der Welt, sehr angenehm berührt worden, und er
hat das am Sonntag bei dem Diner auf seiner Königsjncht in englischer Sprache
sehr herzlich ausgedrückt. Der Kaiser erwiderte diesesmal englisch. Es waren
die Trinksprttche des Familienkreises; die beiden offiziellen am Tage zuvor
wäre» in deutscher Sprache gehalten worden. König Eduard bediente sich der
Muttersprache seines Vaters,, weil er von allen Deutschen sofort verstanden sein
und die Notwendigkeit einer Übersetzung seines Toastes für die deutsche Öffentlichkeit
vermieden wissen wollte. Auch hierin liegt ein liebenswürdig ritterlicher Zug.

Durch die Rede Kaiser Wilhelms ging ein gewisser selbstbewußter Zug, der
in dem Hinweise gipfelte, daß Deutschlands Wehrkraft seit dreißig Jahren keine
Bedrohung, sondern ein Schirm des Friedens gewesen sei. und daß die wieder-
erstarkende deutsche Seemacht keinen andern Zwecken dienen solle. Es war sicherlich
recht nützlich, daß auch einmal aus diesem Munde die Engländer daran erinnert
wurden, daß Deutschlands Seemacht eigentlich kein Novum unter der Sonne, sondern
nur die Wiederbelebung einer zwar weit zurückliegenden, aber ehrenvollen Ver¬
gangenheit sei. Das Wort „wiedererstarkcnd" enthält zugleich den Hinweis darauf,
daß der Ausbau der deutschen Flotte noch nicht beendet ist, daß aber auch darin
keinerlei Bedrohung des Friedens gesucht werden darf. Die Spannung, die sich
in einem Teil der Presse beider Länder hier und da zeigte, wird nun wohl
endlich der Erkenntnis weichen, daß der deutsch-englische Wettbewerb in Handel und
Schiffahrt nichts enthält, was geeignet wäre, Unfrieden zwischen beiden Ländern
zu stiften.

Die englischen Seeoffiziere sind ebenfalls sehr befriedigt über die ihnen durch
die deutsche' Flotte bereitete kameradschaftliche Aufnahme von Kiel geschieden.
Deutsche und englische Seeoffiziere haben jederzeit an allen Teilen der Erde gute
Freundschaft und Kameradschaft gehalten, diese alte Tradition ist auch in Kiel nur
erneut worden. Daß der König nach dem größten Kriegshafen auch den größte»
Handelshafen Deutschlands besuchte, mag als ein Beweis gelten, daß er dem
maritimen Aufblühen 2s Deutschen Reiches seine volle Beachtung schenkt. Die


Grenzboten II 1 104
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[0789] Maßgebliches und Unmaßgebliches zu verhindern oder doch sehr zu erschweren. Zudem steht einem dauernden Ein¬ vernehmen zwischen England und Amerika doch auch wohl Kanada nicht wenig im Wege. Auch in der großen Politik sind Theorie und Praxis zwei recht verschiedne Dinge. Gerade die Kieler Tage haben das von neuem bewiesen. König Eduard und die britischen Seeoffiziere werden sich überzeugt haben, daß die in Kiel ver¬ sammelte deutsche Schlachtflotte — und es war alles da, was wir besitzen — vielleicht notdürftig ausreicht, einen Angriff auf den Kieler Hafen eine Zeit lang mit Erfolg abzuwehren, obwohl die Erfahrungen von Port Arthur auch hierin ganz neue Lehren geben, aber jedenfalls nicht imstande ist, gegen England mit irgend welcher Aussicht auf dauernde Ergebnisse aggressiv vorzugehn. Auch wenn wir in den nächsten acht Jahren ein drittes Geschwader dazu bekommen, würde sich unsre Offensivkraft gegen England nicht viel ändern, weil ja die englische Flotte fortgesetzt in stärkeren Maße wächst als die unsrige. Alle Möglichkeiten der Zukunft zu bedenken, liegt außerhalb der Aufgaben dieser Betrachtung, aber jeden¬ falls wird nicht nur die englische Staatsleitung, sondern auch die öffentliche Meinung in Großbritannien die Überzeugung gewonnen haben, daß man zwar an der deutschen Seemacht nicht mehr achtlos vorübergehn kann, daß ihr langsames Anwachsen aber nicht dazu angetan ist, die britische Politik in einer für Deutschland unfreundlichen Richtung zu beeinflussen. Der Kieler Trinkspruch König Eduards hat bewiesen, daß England in dieser Beziehung ohne Hintergedanken ist; nicht nur der Trinkspruch in seiner inhaltlich warmen, äußerlich formvollendeten Art, sondern auch die liebenswürdige Form, in der sich der König den ihm vorgestellten Ministern und Militärs gab, die alle und sehr guten Eindrücken von Bord der „Hohenzollern" zurückkehrten. Andrer¬ seits ist der König von dem großartigen Empfang in dem herrlichen Kieler Hafen, landschaftlich einem der schönsten der Welt, sehr angenehm berührt worden, und er hat das am Sonntag bei dem Diner auf seiner Königsjncht in englischer Sprache sehr herzlich ausgedrückt. Der Kaiser erwiderte diesesmal englisch. Es waren die Trinksprttche des Familienkreises; die beiden offiziellen am Tage zuvor wäre» in deutscher Sprache gehalten worden. König Eduard bediente sich der Muttersprache seines Vaters,, weil er von allen Deutschen sofort verstanden sein und die Notwendigkeit einer Übersetzung seines Toastes für die deutsche Öffentlichkeit vermieden wissen wollte. Auch hierin liegt ein liebenswürdig ritterlicher Zug. Durch die Rede Kaiser Wilhelms ging ein gewisser selbstbewußter Zug, der in dem Hinweise gipfelte, daß Deutschlands Wehrkraft seit dreißig Jahren keine Bedrohung, sondern ein Schirm des Friedens gewesen sei. und daß die wieder- erstarkende deutsche Seemacht keinen andern Zwecken dienen solle. Es war sicherlich recht nützlich, daß auch einmal aus diesem Munde die Engländer daran erinnert wurden, daß Deutschlands Seemacht eigentlich kein Novum unter der Sonne, sondern nur die Wiederbelebung einer zwar weit zurückliegenden, aber ehrenvollen Ver¬ gangenheit sei. Das Wort „wiedererstarkcnd" enthält zugleich den Hinweis darauf, daß der Ausbau der deutschen Flotte noch nicht beendet ist, daß aber auch darin keinerlei Bedrohung des Friedens gesucht werden darf. Die Spannung, die sich in einem Teil der Presse beider Länder hier und da zeigte, wird nun wohl endlich der Erkenntnis weichen, daß der deutsch-englische Wettbewerb in Handel und Schiffahrt nichts enthält, was geeignet wäre, Unfrieden zwischen beiden Ländern zu stiften. Die englischen Seeoffiziere sind ebenfalls sehr befriedigt über die ihnen durch die deutsche' Flotte bereitete kameradschaftliche Aufnahme von Kiel geschieden. Deutsche und englische Seeoffiziere haben jederzeit an allen Teilen der Erde gute Freundschaft und Kameradschaft gehalten, diese alte Tradition ist auch in Kiel nur erneut worden. Daß der König nach dem größten Kriegshafen auch den größte» Handelshafen Deutschlands besuchte, mag als ein Beweis gelten, daß er dem maritimen Aufblühen 2s Deutschen Reiches seine volle Beachtung schenkt. Die Grenzboten II 1 104

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 63, 1904, Zweites Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341879_293618/789>, abgerufen am 02.07.2024.