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Die Grenzboten. Jg. 63, 1904, Zweites Vierteljahr.

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Wanderungen in der Niederlausitz

Dorfgasthöfen der Niederlausitz nachgesagt werden, daß sie, obwohl das Aussehen der
Höfe hie und da etwas an böhmische Wirtschaft erinnert, doch in der Regel im Innern
mehr bieten, als ihr Äußeres verspricht. Die Ruhe des Abends bot Gelegenheit,
das, was wir über die Geschichte des Stifts vorher gelesen hatten -- den "Kurtzen
Entwurfs einer Nenzeller Historie" im 5. Teile der vöstiiu^ta littörs-ria se ti^wenta
I^usg-dio". und das von dem ehemaligen Klosterinsassen, spätern Weihbischof Maner-
manu herrührende Buch "Kloster Neuzeit" (Regensburg, 1840) --, wieder aufzu¬
frischen und durch Erkundigung bei den Einheimischen zu ergänzen. Später hat
mir auch Herr Archivrat Lippert in Dresden, der künftige Herausgeber der Nieder-
lciusitzer Urkundensammlung, den noch nicht erschienenen ersten Band des Werkes,
der die Neuzeller Urkunden enthält, mit gewohnter Freundlichkeit für einige Tage
zur Benutzung überlassen.

Die ältesten Stützpunkte der deutschen Herrschaft in der Lausitz waren die
Burgwcirde (z. B. Niemitzsch südlich von Guben im Jahre 1000 urkundlich erwähnt),
die teilweise an Stelle früherer slawischer Kastellcmeien getreten waren. Zu einer
wirklichen Germanisierung des Landes aber reichte die Organisation der Bnrgwarde
nicht aus; dazu bedürfte es der Gründung deutscher Städte und deutscher Kloster.
Ju dieser Richtung hat Markgraf Heinrich der Erlauchte (1220 bis 1288) am
meisten für die Niederlausitz geleistet. Er ist auch der Gründer von Neuzelle.
Die im Oktober 1268 in Dresden ausgestellte Stiftungsurkunde bezeichnet zwar
als Zweck der Stiftung die Fürsorge für das Seelenheil seiner Vorfahren und
insbesondre seiner 1267 verstorbnen zweiten Gemahlin Agnes, deren Andenken auch
das 1268 gegründete Klarissinnenkloster Seußlitz an der Elbe gewidmet war, aber
mit diesen frommen Zwecken vertrugen sich weltliche sehr wohl. Die Teilnahme
des jungen Herrschers (geb. 1215) an einem Kreuzzuge gegen die heidnischen
Preußen (1237), die Erbauung der Bürgen Elbingen und Balge um der Ostsee,
seine Bemühungen, die jenseits der Oder liegende Burg Schiedlo, dazu das Land
Krossen oder das Gebiet zwischen Queis und Bober zu gewinnen, endlich die schon
um 1250 erfolgte Gründung von Fürstenberg an der Oder (etwas stromabwärts
von Schiedlo) beweisen, daß sich der meißnische Markgraf an der Strecke der
mittlern Oder, die der polnisch-deutsche Verkehr und der Handel mit dem auf¬
blühenden weichselländischen Gebiete des Deutschen Ordens zu überschreiten Pflegte,
eine gesicherte Stellung schaffen wollte. Diesen Absichten diente nebenher auch das
mit einer großen Grundherrschaft ausgestattete Kloster Neuzelle. Alles, was im
Umkreis einer Meile von dem für die Klostergebäude in Aussicht genommnen Platze
(einem jetzt nicht mehr vorhandnen Dorfe ucunens Starezedel) lag, ivird mit allem
Zubehör dem Kloster zu eigen gegeben. Dazu kamen im Jahre 1300 durch
Stiftung Diezmanns Güter in Wellmitz, Kieselwitz und Rießer, 1311 durch
Stiftung des brandenburgischen Markgrafen Waldemar das Dorf Reipzig, 1313
der See Pinnow, 1315 vom Markgrafen Johann das Dorf Rankwitz, 1316 durch
Kauf von diesem die Burg Schiedlo mit Natzdorf und Kuschern, die Stadt
Fürstenberg mit neun Seen, Honigzinseu und Hufen in Dieskau, das Dorf Schöu-
fließ, 1327 von Herzog Rudolf von Sachsen der Wald Noertweil und Hufen
zu Vogelsang, 1328 durch Kauf das Dorf Breslagk, 1363 die Pfarrkirche und
das Hospital zu Beeskow und andre Güter, bis um das Jahr 1370 ein geistlicher
Staat fertig war, dessen Gebiet an der Oder von der Neißemündung bis über
Fürstenberg hinaus und westwärts bis an die Spree und den Schwielochsee reichte.
Bei allem Wechsel der Landesherrschaft von den Wettinern zu den Askcmiern, von
den Askcmiern zu den Wittelsbachern und wieder zu den Wettinern hatten es die
klugen Herren von Neuzelle verstanden, ihren Vorteil zu wahren, aber in dem
neuen luxemburgischen Landesherrn Kaiser Karl dem Vierten (seit 1364) fanden
sie ihren Meister. Sie mußten ihm die für den Oderhandel und den Oderzoll
wichtigste Besitzung, die Stadt Fürstenberg mit dein Dorfe Vogelsnug, verkaufen,
dafür bestätigte er ihnen 1370 in einer umfänglichen Urkunde zu Prag ihre übrigen


Wanderungen in der Niederlausitz

Dorfgasthöfen der Niederlausitz nachgesagt werden, daß sie, obwohl das Aussehen der
Höfe hie und da etwas an böhmische Wirtschaft erinnert, doch in der Regel im Innern
mehr bieten, als ihr Äußeres verspricht. Die Ruhe des Abends bot Gelegenheit,
das, was wir über die Geschichte des Stifts vorher gelesen hatten — den „Kurtzen
Entwurfs einer Nenzeller Historie" im 5. Teile der vöstiiu^ta littörs-ria se ti^wenta
I^usg-dio«. und das von dem ehemaligen Klosterinsassen, spätern Weihbischof Maner-
manu herrührende Buch „Kloster Neuzeit" (Regensburg, 1840) —, wieder aufzu¬
frischen und durch Erkundigung bei den Einheimischen zu ergänzen. Später hat
mir auch Herr Archivrat Lippert in Dresden, der künftige Herausgeber der Nieder-
lciusitzer Urkundensammlung, den noch nicht erschienenen ersten Band des Werkes,
der die Neuzeller Urkunden enthält, mit gewohnter Freundlichkeit für einige Tage
zur Benutzung überlassen.

Die ältesten Stützpunkte der deutschen Herrschaft in der Lausitz waren die
Burgwcirde (z. B. Niemitzsch südlich von Guben im Jahre 1000 urkundlich erwähnt),
die teilweise an Stelle früherer slawischer Kastellcmeien getreten waren. Zu einer
wirklichen Germanisierung des Landes aber reichte die Organisation der Bnrgwarde
nicht aus; dazu bedürfte es der Gründung deutscher Städte und deutscher Kloster.
Ju dieser Richtung hat Markgraf Heinrich der Erlauchte (1220 bis 1288) am
meisten für die Niederlausitz geleistet. Er ist auch der Gründer von Neuzelle.
Die im Oktober 1268 in Dresden ausgestellte Stiftungsurkunde bezeichnet zwar
als Zweck der Stiftung die Fürsorge für das Seelenheil seiner Vorfahren und
insbesondre seiner 1267 verstorbnen zweiten Gemahlin Agnes, deren Andenken auch
das 1268 gegründete Klarissinnenkloster Seußlitz an der Elbe gewidmet war, aber
mit diesen frommen Zwecken vertrugen sich weltliche sehr wohl. Die Teilnahme
des jungen Herrschers (geb. 1215) an einem Kreuzzuge gegen die heidnischen
Preußen (1237), die Erbauung der Bürgen Elbingen und Balge um der Ostsee,
seine Bemühungen, die jenseits der Oder liegende Burg Schiedlo, dazu das Land
Krossen oder das Gebiet zwischen Queis und Bober zu gewinnen, endlich die schon
um 1250 erfolgte Gründung von Fürstenberg an der Oder (etwas stromabwärts
von Schiedlo) beweisen, daß sich der meißnische Markgraf an der Strecke der
mittlern Oder, die der polnisch-deutsche Verkehr und der Handel mit dem auf¬
blühenden weichselländischen Gebiete des Deutschen Ordens zu überschreiten Pflegte,
eine gesicherte Stellung schaffen wollte. Diesen Absichten diente nebenher auch das
mit einer großen Grundherrschaft ausgestattete Kloster Neuzelle. Alles, was im
Umkreis einer Meile von dem für die Klostergebäude in Aussicht genommnen Platze
(einem jetzt nicht mehr vorhandnen Dorfe ucunens Starezedel) lag, ivird mit allem
Zubehör dem Kloster zu eigen gegeben. Dazu kamen im Jahre 1300 durch
Stiftung Diezmanns Güter in Wellmitz, Kieselwitz und Rießer, 1311 durch
Stiftung des brandenburgischen Markgrafen Waldemar das Dorf Reipzig, 1313
der See Pinnow, 1315 vom Markgrafen Johann das Dorf Rankwitz, 1316 durch
Kauf von diesem die Burg Schiedlo mit Natzdorf und Kuschern, die Stadt
Fürstenberg mit neun Seen, Honigzinseu und Hufen in Dieskau, das Dorf Schöu-
fließ, 1327 von Herzog Rudolf von Sachsen der Wald Noertweil und Hufen
zu Vogelsang, 1328 durch Kauf das Dorf Breslagk, 1363 die Pfarrkirche und
das Hospital zu Beeskow und andre Güter, bis um das Jahr 1370 ein geistlicher
Staat fertig war, dessen Gebiet an der Oder von der Neißemündung bis über
Fürstenberg hinaus und westwärts bis an die Spree und den Schwielochsee reichte.
Bei allem Wechsel der Landesherrschaft von den Wettinern zu den Askcmiern, von
den Askcmiern zu den Wittelsbachern und wieder zu den Wettinern hatten es die
klugen Herren von Neuzelle verstanden, ihren Vorteil zu wahren, aber in dem
neuen luxemburgischen Landesherrn Kaiser Karl dem Vierten (seit 1364) fanden
sie ihren Meister. Sie mußten ihm die für den Oderhandel und den Oderzoll
wichtigste Besitzung, die Stadt Fürstenberg mit dein Dorfe Vogelsnug, verkaufen,
dafür bestätigte er ihnen 1370 in einer umfänglichen Urkunde zu Prag ihre übrigen


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[0466] Wanderungen in der Niederlausitz Dorfgasthöfen der Niederlausitz nachgesagt werden, daß sie, obwohl das Aussehen der Höfe hie und da etwas an böhmische Wirtschaft erinnert, doch in der Regel im Innern mehr bieten, als ihr Äußeres verspricht. Die Ruhe des Abends bot Gelegenheit, das, was wir über die Geschichte des Stifts vorher gelesen hatten — den „Kurtzen Entwurfs einer Nenzeller Historie" im 5. Teile der vöstiiu^ta littörs-ria se ti^wenta I^usg-dio«. und das von dem ehemaligen Klosterinsassen, spätern Weihbischof Maner- manu herrührende Buch „Kloster Neuzeit" (Regensburg, 1840) —, wieder aufzu¬ frischen und durch Erkundigung bei den Einheimischen zu ergänzen. Später hat mir auch Herr Archivrat Lippert in Dresden, der künftige Herausgeber der Nieder- lciusitzer Urkundensammlung, den noch nicht erschienenen ersten Band des Werkes, der die Neuzeller Urkunden enthält, mit gewohnter Freundlichkeit für einige Tage zur Benutzung überlassen. Die ältesten Stützpunkte der deutschen Herrschaft in der Lausitz waren die Burgwcirde (z. B. Niemitzsch südlich von Guben im Jahre 1000 urkundlich erwähnt), die teilweise an Stelle früherer slawischer Kastellcmeien getreten waren. Zu einer wirklichen Germanisierung des Landes aber reichte die Organisation der Bnrgwarde nicht aus; dazu bedürfte es der Gründung deutscher Städte und deutscher Kloster. Ju dieser Richtung hat Markgraf Heinrich der Erlauchte (1220 bis 1288) am meisten für die Niederlausitz geleistet. Er ist auch der Gründer von Neuzelle. Die im Oktober 1268 in Dresden ausgestellte Stiftungsurkunde bezeichnet zwar als Zweck der Stiftung die Fürsorge für das Seelenheil seiner Vorfahren und insbesondre seiner 1267 verstorbnen zweiten Gemahlin Agnes, deren Andenken auch das 1268 gegründete Klarissinnenkloster Seußlitz an der Elbe gewidmet war, aber mit diesen frommen Zwecken vertrugen sich weltliche sehr wohl. Die Teilnahme des jungen Herrschers (geb. 1215) an einem Kreuzzuge gegen die heidnischen Preußen (1237), die Erbauung der Bürgen Elbingen und Balge um der Ostsee, seine Bemühungen, die jenseits der Oder liegende Burg Schiedlo, dazu das Land Krossen oder das Gebiet zwischen Queis und Bober zu gewinnen, endlich die schon um 1250 erfolgte Gründung von Fürstenberg an der Oder (etwas stromabwärts von Schiedlo) beweisen, daß sich der meißnische Markgraf an der Strecke der mittlern Oder, die der polnisch-deutsche Verkehr und der Handel mit dem auf¬ blühenden weichselländischen Gebiete des Deutschen Ordens zu überschreiten Pflegte, eine gesicherte Stellung schaffen wollte. Diesen Absichten diente nebenher auch das mit einer großen Grundherrschaft ausgestattete Kloster Neuzelle. Alles, was im Umkreis einer Meile von dem für die Klostergebäude in Aussicht genommnen Platze (einem jetzt nicht mehr vorhandnen Dorfe ucunens Starezedel) lag, ivird mit allem Zubehör dem Kloster zu eigen gegeben. Dazu kamen im Jahre 1300 durch Stiftung Diezmanns Güter in Wellmitz, Kieselwitz und Rießer, 1311 durch Stiftung des brandenburgischen Markgrafen Waldemar das Dorf Reipzig, 1313 der See Pinnow, 1315 vom Markgrafen Johann das Dorf Rankwitz, 1316 durch Kauf von diesem die Burg Schiedlo mit Natzdorf und Kuschern, die Stadt Fürstenberg mit neun Seen, Honigzinseu und Hufen in Dieskau, das Dorf Schöu- fließ, 1327 von Herzog Rudolf von Sachsen der Wald Noertweil und Hufen zu Vogelsang, 1328 durch Kauf das Dorf Breslagk, 1363 die Pfarrkirche und das Hospital zu Beeskow und andre Güter, bis um das Jahr 1370 ein geistlicher Staat fertig war, dessen Gebiet an der Oder von der Neißemündung bis über Fürstenberg hinaus und westwärts bis an die Spree und den Schwielochsee reichte. Bei allem Wechsel der Landesherrschaft von den Wettinern zu den Askcmiern, von den Askcmiern zu den Wittelsbachern und wieder zu den Wettinern hatten es die klugen Herren von Neuzelle verstanden, ihren Vorteil zu wahren, aber in dem neuen luxemburgischen Landesherrn Kaiser Karl dem Vierten (seit 1364) fanden sie ihren Meister. Sie mußten ihm die für den Oderhandel und den Oderzoll wichtigste Besitzung, die Stadt Fürstenberg mit dein Dorfe Vogelsnug, verkaufen, dafür bestätigte er ihnen 1370 in einer umfänglichen Urkunde zu Prag ihre übrigen

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 63, 1904, Zweites Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341879_293618/466>, abgerufen am 04.07.2024.