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Die Grenzboten. Jg. 63, 1904, Zweites Vierteljahr.

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Der Mönch von tveinfeldett

Pastor, daß die Nachstellungen der Welt der hellen Flamme der reinen Lehre nichts
anhaben können. Fahret also getrost fort!

Und so führte denn der Geistliche, wenn auch anfangs mit zitternder Stimme,
seine Predigt zu Eude.

Der Burgherr verschmähte es, nach dem Täter zu forschen. Er wußte, daß
der Anstifter des Frevels nicht in Weinfelder, sondern in Trier zu suchen war.
Ein Dominikaner, der sich seit dem Vakantwerden der Pfarre schon wiederholt im
Dorfe aufgehalten hatte, war auch in der letzten Woche dort gewesen. Daß er
als Spion und als Aufwiegler kam, unterlag keinem Zweifel. Denn der Kurfürst
von Trier, der seinen vermeintlichen Anspruch auf das Recht der Kollation um
jeden Preis geltend machen wollte, lag gerade mit dem Domkapitel in Streit und
wagte deshalb uicht, offen gegen den Landadel und die kleinen Dynasten vorzugehn,
die, wie die Erfahrung lehrte, immer geneigt waren, ihre privaten Zwistigkeiten
zu vergessen, wenn es die Macht eines großen Herrn zu schmälern galt.

Am nächsten Tage begab sich Herr Gyllis in Begleitung des Schmieds zur
Kirche, um die Tür mit Gewalt öffnen zu lassen. Da fand er den Schlüssel im
Schlosse stecken. Und als er dann eintrat, bemerkte er mit Erstannen, daß die
beiden Altäre, worauf die Bilder der Ortshetligen, Se. Martins und Se. Ägidius,
standen, mit frischem Tannengrün und den ersten Blumen des Frühlings geschmückt
waren. Wie er es schon als Knabe bei jedem Besuch in der Kirche getan hatte,
blieb er auch heute wieder vor dem Altar seines Namenspatrons stehn, aber er faltete
nicht mehr, wie damals, die Hände zu einem kurzen Gebet. Ja, das Bild des
heiligen Eremiten, der mit gleichmütigem Gesichtsausdruck auf das ihm zu Füßen
liegende weidwunde Atelier hinabschnut, schien ihm jetzt nichts weiter als das Werk
eines Stümpers, und doch hatte er es einst als die Krone aller Kunst angestaunt.

Mißmutig verließ er die Kirche, hieß den Schmied den Schlüssel zum Küster
bringen und begab sich nach Hanse. Auf halbem Wege kam ihm der alte Niklas
entgegen.

Euer Liebden, sagte er, kommt geschwind heim, es sind etliche von Trier da.
Sagen, sie kämen vom Erzbischof. Ist ein großmächtiger Herr dabei, der hat sein
Roß in unsern Stall bringen lassen, als obs so sein müßt, und zum Frühstück hat
er gleich das Beste aus der Räucherkammer postuliert und dazu zwei Maß guten
Weins. Und weil ers so dringlich heischte, hab ich ihm Trunk und Imbiß auf¬
getischt. Da das nun die andern sahen -- so ein Stück Schreiber und zwei vom
Predigerorden, ungerechnet ein paar mit roten Wämsern, die aber fein auf dem
Hofe geblieben sind --, schrien sie auch wie die jungen Schwalben nach Atzung,
ich hab aber repliziert, sie sollten sich gedulden, bis Ihr heimkommen würdet.

Der Burgherr hatte seinen Getreuen schweigend angehört. Jetzt sagte er,
während er die Schritte beschleunigte: Hast du die Herren nach ihrem Begehr
gefragt?

Euer Liebden, erwiderte der Alte, die sahen mir nicht danach aus, als ob sie
einem Knechte Rede und Antwort stehn würden. Und was die Rotwamsigen sind,
Herr, die möcht ich nicht fragen, die sahen mir nach dem Hals, wie Euch ein Bart¬
putzer nach der Wange schürt.

Sie waren beim Burghause angelangt, und Herr Gyllis begab sich, ohne die
beiden Gestalten auf dem Hofe eines Blickes zu würdigen, in das Wohngeinach,
wo der stattlichste der Besucher beim Frühstück saß, während seine drei Begleiter
ehrerbietig vor ihm standen. Der Dicke hielt es nicht für nötig, sich beim Eintritt
des Burgherrn zu erheben, sondern begrüßte ihn mit einer leutseligen Handbe-
wegung. Herr Gyllis ließ sich auf einen Stuhl fallen und wartete, ohne ein
Wort zu sprechen, ab, bis der Gast sein Mahl beendet hatte. Dann sagte er
gelassen:

Mein Vogt hat Euch auf Euer Verlangen bewirtet, Herr, obgleich mein Haus
keine Herberge ist. Habt Ihr etwa sonst noch einen Wunsch?


Der Mönch von tveinfeldett

Pastor, daß die Nachstellungen der Welt der hellen Flamme der reinen Lehre nichts
anhaben können. Fahret also getrost fort!

Und so führte denn der Geistliche, wenn auch anfangs mit zitternder Stimme,
seine Predigt zu Eude.

Der Burgherr verschmähte es, nach dem Täter zu forschen. Er wußte, daß
der Anstifter des Frevels nicht in Weinfelder, sondern in Trier zu suchen war.
Ein Dominikaner, der sich seit dem Vakantwerden der Pfarre schon wiederholt im
Dorfe aufgehalten hatte, war auch in der letzten Woche dort gewesen. Daß er
als Spion und als Aufwiegler kam, unterlag keinem Zweifel. Denn der Kurfürst
von Trier, der seinen vermeintlichen Anspruch auf das Recht der Kollation um
jeden Preis geltend machen wollte, lag gerade mit dem Domkapitel in Streit und
wagte deshalb uicht, offen gegen den Landadel und die kleinen Dynasten vorzugehn,
die, wie die Erfahrung lehrte, immer geneigt waren, ihre privaten Zwistigkeiten
zu vergessen, wenn es die Macht eines großen Herrn zu schmälern galt.

Am nächsten Tage begab sich Herr Gyllis in Begleitung des Schmieds zur
Kirche, um die Tür mit Gewalt öffnen zu lassen. Da fand er den Schlüssel im
Schlosse stecken. Und als er dann eintrat, bemerkte er mit Erstannen, daß die
beiden Altäre, worauf die Bilder der Ortshetligen, Se. Martins und Se. Ägidius,
standen, mit frischem Tannengrün und den ersten Blumen des Frühlings geschmückt
waren. Wie er es schon als Knabe bei jedem Besuch in der Kirche getan hatte,
blieb er auch heute wieder vor dem Altar seines Namenspatrons stehn, aber er faltete
nicht mehr, wie damals, die Hände zu einem kurzen Gebet. Ja, das Bild des
heiligen Eremiten, der mit gleichmütigem Gesichtsausdruck auf das ihm zu Füßen
liegende weidwunde Atelier hinabschnut, schien ihm jetzt nichts weiter als das Werk
eines Stümpers, und doch hatte er es einst als die Krone aller Kunst angestaunt.

Mißmutig verließ er die Kirche, hieß den Schmied den Schlüssel zum Küster
bringen und begab sich nach Hanse. Auf halbem Wege kam ihm der alte Niklas
entgegen.

Euer Liebden, sagte er, kommt geschwind heim, es sind etliche von Trier da.
Sagen, sie kämen vom Erzbischof. Ist ein großmächtiger Herr dabei, der hat sein
Roß in unsern Stall bringen lassen, als obs so sein müßt, und zum Frühstück hat
er gleich das Beste aus der Räucherkammer postuliert und dazu zwei Maß guten
Weins. Und weil ers so dringlich heischte, hab ich ihm Trunk und Imbiß auf¬
getischt. Da das nun die andern sahen — so ein Stück Schreiber und zwei vom
Predigerorden, ungerechnet ein paar mit roten Wämsern, die aber fein auf dem
Hofe geblieben sind —, schrien sie auch wie die jungen Schwalben nach Atzung,
ich hab aber repliziert, sie sollten sich gedulden, bis Ihr heimkommen würdet.

Der Burgherr hatte seinen Getreuen schweigend angehört. Jetzt sagte er,
während er die Schritte beschleunigte: Hast du die Herren nach ihrem Begehr
gefragt?

Euer Liebden, erwiderte der Alte, die sahen mir nicht danach aus, als ob sie
einem Knechte Rede und Antwort stehn würden. Und was die Rotwamsigen sind,
Herr, die möcht ich nicht fragen, die sahen mir nach dem Hals, wie Euch ein Bart¬
putzer nach der Wange schürt.

Sie waren beim Burghause angelangt, und Herr Gyllis begab sich, ohne die
beiden Gestalten auf dem Hofe eines Blickes zu würdigen, in das Wohngeinach,
wo der stattlichste der Besucher beim Frühstück saß, während seine drei Begleiter
ehrerbietig vor ihm standen. Der Dicke hielt es nicht für nötig, sich beim Eintritt
des Burgherrn zu erheben, sondern begrüßte ihn mit einer leutseligen Handbe-
wegung. Herr Gyllis ließ sich auf einen Stuhl fallen und wartete, ohne ein
Wort zu sprechen, ab, bis der Gast sein Mahl beendet hatte. Dann sagte er
gelassen:

Mein Vogt hat Euch auf Euer Verlangen bewirtet, Herr, obgleich mein Haus
keine Herberge ist. Habt Ihr etwa sonst noch einen Wunsch?


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 63, 1904, Zweites Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341879_293618/298>, abgerufen am 26.07.2024.