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Die Grenzboten. Jg. 63, 1904, Zweites Vierteljahr.

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Erinnerungen

kommen. Deutlich schließt sich die mehr liberale Minorität zusammen: Friedenthal,
Leonhard, Falk, Hobrecht. Der eigentliche Macher für sie, aber hinter den Kulissen,
soll Friedenthal sein. Das behauptet der Geh. Rat Hahn (Preß-Hahn) aus dem
Ministerium des Innern.

7. November. Heute siud wir siebzehn Jahre verheiratet. Wir sind sehr glücklich
und dankbar. -- Das Buch des Dr. Moritz Busch "Bismarck und seine Leute"
erregt ungeheures Aufsehen. Es gibt eine Menge charakteristischer Einzelzüge des
großen Mannes, aber auch viele Indiskretionen, von denen ich nicht fasse, daß der
Fürst die Publikation hat gutheißen können. Wie werden einzelne rauhe und ver¬
letzende Äußerungen des Fürsten über andre gegen ihn ausgebeutet werden!

8. November. Mein Vetter H. V-, der mir Geschäftliches schickt, schreibt
dabei, ein Herr Hirsch in Halberstadt, anscheinend ein angesehener Geschäftsmann,
habe ihm gesagt, Graf Stolberg sei über Bismarcks Benehmen gegen ihn verschnupft
und wolle in Wernigerode bleiben. Soweit wird es Wohl noch nicht sein. Aber
auch Geheimrat Hahn, der mich heute im Staatsministerium aufsuchte, versichert,
vor drei Wochen sei eine starke Verstimmung zwischen Bismarck und Stolberg ge¬
wesen. Sie scheine sich einigermaßen ausgeglichen zu haben. Es sei aber sehr
aufgefallen, daß Graf Stolberg sich von dem Polterabend am Montag und von
der Hochzeit vorgestern im Bismarckschen Hanse (Gräfin Marie Bismarck mit Graf
Kuno Rantzau) ganz ferngehalten habe. Daß Graf Stolberg jetzt nicht hier sei,
könne man nur auf politische oder persönliche Verstimmung zurückführen. Das sind
Kombinationen. Die Leute von der Presse wittern gern solche Dinge. Es ist ja
nicht unmöglich, daß etwas Wahres daran ist, aber für mindestens ebenso möglich
halte ich es, daß Bismarck und Stolberg trotz alledem ganz gut miteinander stehn.
Hahn teilte mir mit, daß er für den Kaiser ein Memoire hat aussetzen müssen über
den Verfasser des indiskreten Buchs "Gras Bismarck und seine Leute," Dr. Moritz
Busch. Dieser Busch wird vielfach verwechselt mit dem Wirklichen Legationsrat Busch
im Auswärtigen Amte. Dieser war früher Konsul im Orient und ist iromo ircks-
g'WrunW. Moritz Busch hat über Amerika, Ägypten, die Mormonen und andre
Dinge geschrieben; er war im Jahre 1866 als Prcßoffiziosus in Hannover, daher
sein Buch: "Das Übergangsjnhr in Hannover." In den Jahren 1870 und 71 war
er bei Bismarck im Hauptquartier. Daß die Kronprinzessin nicht zu der Rantzauschen
Hochzeit im Bismarckschen Hause erschienen ist, schreibt Hahn auf das Konto des
Vnschischen Buchs. Das mag ja sein, ist aber im Grunde auch nur leeres Gerede.

9. November. Geheimrat Hahn kommt wieder zu mir auf das Bureau, und
zwar wegen der Eröffnungsrede für den Landtag, die er auch diesesmal, wie seit Jahren,
zu entwerfen hat. Die vom Kronprinzen schon genehmigten Rcssortveränderuugen
(Übergang der Domänen und Forsten vom Finanzminister auf den Minister für
Landwirtschaft, Abzweigung der Handels- und Gewerbeabteilnng von dem bisherigen
Ministerium für Handel, Gewerbe und öffentliche Arbeiten, Bildung eiues.besondern
Ministeriums für Handel und Gewerbe, während das Ministerium der öffentlichen
Arbeiten die Eisenbahnen, das Bau- und Bergwesen behält, ferner Übergang der
technischen Lehranstalten mit Ausnahme der Navigationsschule" auf das Kultus- und
Unterrichtsministeriuni) sollen durch den Staatshnushaltsetat ausgeführt werden,
-^as Abgeordnetenhaus hat sich im letzten Frühjahr diesen Ressortveränderuugeu
gegenüber zum Teil ablehnend ausgesprochen. Sie müssen also in der Thronrede
erwähnt werdeu. Keiner der beteiligten Ressortminister aber hat sich bereit erklärt,
sich darauf beziehenden Passus für die Thronrede zu entwerfen. Nun meint
der Minister des Innern, das sei Sache des Staatsministeriums. Ich habe mich
gleich hingesetzt, einen Entwurf gemacht und ihn an den Grafen Stolberg nach
Wernigerode geschickt. Nachträglich fiel mir ein, daß mein Entwurf zu lang geraten
>el. Die einzelnen Ressortänderungen brauchen gar nicht aufgeführt zu werden, eine
"^gemeine Erwähnung genügt, und auch für Thronreden gilt das Je kürzer, desto
bester. Aber ich hatte nicht die nötige Zeit, kurz zu sein. Gleichwohl mag ich


Erinnerungen

kommen. Deutlich schließt sich die mehr liberale Minorität zusammen: Friedenthal,
Leonhard, Falk, Hobrecht. Der eigentliche Macher für sie, aber hinter den Kulissen,
soll Friedenthal sein. Das behauptet der Geh. Rat Hahn (Preß-Hahn) aus dem
Ministerium des Innern.

7. November. Heute siud wir siebzehn Jahre verheiratet. Wir sind sehr glücklich
und dankbar. — Das Buch des Dr. Moritz Busch „Bismarck und seine Leute"
erregt ungeheures Aufsehen. Es gibt eine Menge charakteristischer Einzelzüge des
großen Mannes, aber auch viele Indiskretionen, von denen ich nicht fasse, daß der
Fürst die Publikation hat gutheißen können. Wie werden einzelne rauhe und ver¬
letzende Äußerungen des Fürsten über andre gegen ihn ausgebeutet werden!

8. November. Mein Vetter H. V-, der mir Geschäftliches schickt, schreibt
dabei, ein Herr Hirsch in Halberstadt, anscheinend ein angesehener Geschäftsmann,
habe ihm gesagt, Graf Stolberg sei über Bismarcks Benehmen gegen ihn verschnupft
und wolle in Wernigerode bleiben. Soweit wird es Wohl noch nicht sein. Aber
auch Geheimrat Hahn, der mich heute im Staatsministerium aufsuchte, versichert,
vor drei Wochen sei eine starke Verstimmung zwischen Bismarck und Stolberg ge¬
wesen. Sie scheine sich einigermaßen ausgeglichen zu haben. Es sei aber sehr
aufgefallen, daß Graf Stolberg sich von dem Polterabend am Montag und von
der Hochzeit vorgestern im Bismarckschen Hanse (Gräfin Marie Bismarck mit Graf
Kuno Rantzau) ganz ferngehalten habe. Daß Graf Stolberg jetzt nicht hier sei,
könne man nur auf politische oder persönliche Verstimmung zurückführen. Das sind
Kombinationen. Die Leute von der Presse wittern gern solche Dinge. Es ist ja
nicht unmöglich, daß etwas Wahres daran ist, aber für mindestens ebenso möglich
halte ich es, daß Bismarck und Stolberg trotz alledem ganz gut miteinander stehn.
Hahn teilte mir mit, daß er für den Kaiser ein Memoire hat aussetzen müssen über
den Verfasser des indiskreten Buchs „Gras Bismarck und seine Leute," Dr. Moritz
Busch. Dieser Busch wird vielfach verwechselt mit dem Wirklichen Legationsrat Busch
im Auswärtigen Amte. Dieser war früher Konsul im Orient und ist iromo ircks-
g'WrunW. Moritz Busch hat über Amerika, Ägypten, die Mormonen und andre
Dinge geschrieben; er war im Jahre 1866 als Prcßoffiziosus in Hannover, daher
sein Buch: „Das Übergangsjnhr in Hannover." In den Jahren 1870 und 71 war
er bei Bismarck im Hauptquartier. Daß die Kronprinzessin nicht zu der Rantzauschen
Hochzeit im Bismarckschen Hause erschienen ist, schreibt Hahn auf das Konto des
Vnschischen Buchs. Das mag ja sein, ist aber im Grunde auch nur leeres Gerede.

9. November. Geheimrat Hahn kommt wieder zu mir auf das Bureau, und
zwar wegen der Eröffnungsrede für den Landtag, die er auch diesesmal, wie seit Jahren,
zu entwerfen hat. Die vom Kronprinzen schon genehmigten Rcssortveränderuugen
(Übergang der Domänen und Forsten vom Finanzminister auf den Minister für
Landwirtschaft, Abzweigung der Handels- und Gewerbeabteilnng von dem bisherigen
Ministerium für Handel, Gewerbe und öffentliche Arbeiten, Bildung eiues.besondern
Ministeriums für Handel und Gewerbe, während das Ministerium der öffentlichen
Arbeiten die Eisenbahnen, das Bau- und Bergwesen behält, ferner Übergang der
technischen Lehranstalten mit Ausnahme der Navigationsschule» auf das Kultus- und
Unterrichtsministeriuni) sollen durch den Staatshnushaltsetat ausgeführt werden,
-^as Abgeordnetenhaus hat sich im letzten Frühjahr diesen Ressortveränderuugeu
gegenüber zum Teil ablehnend ausgesprochen. Sie müssen also in der Thronrede
erwähnt werdeu. Keiner der beteiligten Ressortminister aber hat sich bereit erklärt,
sich darauf beziehenden Passus für die Thronrede zu entwerfen. Nun meint
der Minister des Innern, das sei Sache des Staatsministeriums. Ich habe mich
gleich hingesetzt, einen Entwurf gemacht und ihn an den Grafen Stolberg nach
Wernigerode geschickt. Nachträglich fiel mir ein, daß mein Entwurf zu lang geraten
>el. Die einzelnen Ressortänderungen brauchen gar nicht aufgeführt zu werden, eine
"^gemeine Erwähnung genügt, und auch für Thronreden gilt das Je kürzer, desto
bester. Aber ich hatte nicht die nötige Zeit, kurz zu sein. Gleichwohl mag ich


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[0295] Erinnerungen kommen. Deutlich schließt sich die mehr liberale Minorität zusammen: Friedenthal, Leonhard, Falk, Hobrecht. Der eigentliche Macher für sie, aber hinter den Kulissen, soll Friedenthal sein. Das behauptet der Geh. Rat Hahn (Preß-Hahn) aus dem Ministerium des Innern. 7. November. Heute siud wir siebzehn Jahre verheiratet. Wir sind sehr glücklich und dankbar. — Das Buch des Dr. Moritz Busch „Bismarck und seine Leute" erregt ungeheures Aufsehen. Es gibt eine Menge charakteristischer Einzelzüge des großen Mannes, aber auch viele Indiskretionen, von denen ich nicht fasse, daß der Fürst die Publikation hat gutheißen können. Wie werden einzelne rauhe und ver¬ letzende Äußerungen des Fürsten über andre gegen ihn ausgebeutet werden! 8. November. Mein Vetter H. V-, der mir Geschäftliches schickt, schreibt dabei, ein Herr Hirsch in Halberstadt, anscheinend ein angesehener Geschäftsmann, habe ihm gesagt, Graf Stolberg sei über Bismarcks Benehmen gegen ihn verschnupft und wolle in Wernigerode bleiben. Soweit wird es Wohl noch nicht sein. Aber auch Geheimrat Hahn, der mich heute im Staatsministerium aufsuchte, versichert, vor drei Wochen sei eine starke Verstimmung zwischen Bismarck und Stolberg ge¬ wesen. Sie scheine sich einigermaßen ausgeglichen zu haben. Es sei aber sehr aufgefallen, daß Graf Stolberg sich von dem Polterabend am Montag und von der Hochzeit vorgestern im Bismarckschen Hanse (Gräfin Marie Bismarck mit Graf Kuno Rantzau) ganz ferngehalten habe. Daß Graf Stolberg jetzt nicht hier sei, könne man nur auf politische oder persönliche Verstimmung zurückführen. Das sind Kombinationen. Die Leute von der Presse wittern gern solche Dinge. Es ist ja nicht unmöglich, daß etwas Wahres daran ist, aber für mindestens ebenso möglich halte ich es, daß Bismarck und Stolberg trotz alledem ganz gut miteinander stehn. Hahn teilte mir mit, daß er für den Kaiser ein Memoire hat aussetzen müssen über den Verfasser des indiskreten Buchs „Gras Bismarck und seine Leute," Dr. Moritz Busch. Dieser Busch wird vielfach verwechselt mit dem Wirklichen Legationsrat Busch im Auswärtigen Amte. Dieser war früher Konsul im Orient und ist iromo ircks- g'WrunW. Moritz Busch hat über Amerika, Ägypten, die Mormonen und andre Dinge geschrieben; er war im Jahre 1866 als Prcßoffiziosus in Hannover, daher sein Buch: „Das Übergangsjnhr in Hannover." In den Jahren 1870 und 71 war er bei Bismarck im Hauptquartier. Daß die Kronprinzessin nicht zu der Rantzauschen Hochzeit im Bismarckschen Hause erschienen ist, schreibt Hahn auf das Konto des Vnschischen Buchs. Das mag ja sein, ist aber im Grunde auch nur leeres Gerede. 9. November. Geheimrat Hahn kommt wieder zu mir auf das Bureau, und zwar wegen der Eröffnungsrede für den Landtag, die er auch diesesmal, wie seit Jahren, zu entwerfen hat. Die vom Kronprinzen schon genehmigten Rcssortveränderuugen (Übergang der Domänen und Forsten vom Finanzminister auf den Minister für Landwirtschaft, Abzweigung der Handels- und Gewerbeabteilnng von dem bisherigen Ministerium für Handel, Gewerbe und öffentliche Arbeiten, Bildung eiues.besondern Ministeriums für Handel und Gewerbe, während das Ministerium der öffentlichen Arbeiten die Eisenbahnen, das Bau- und Bergwesen behält, ferner Übergang der technischen Lehranstalten mit Ausnahme der Navigationsschule» auf das Kultus- und Unterrichtsministeriuni) sollen durch den Staatshnushaltsetat ausgeführt werden, -^as Abgeordnetenhaus hat sich im letzten Frühjahr diesen Ressortveränderuugeu gegenüber zum Teil ablehnend ausgesprochen. Sie müssen also in der Thronrede erwähnt werdeu. Keiner der beteiligten Ressortminister aber hat sich bereit erklärt, sich darauf beziehenden Passus für die Thronrede zu entwerfen. Nun meint der Minister des Innern, das sei Sache des Staatsministeriums. Ich habe mich gleich hingesetzt, einen Entwurf gemacht und ihn an den Grafen Stolberg nach Wernigerode geschickt. Nachträglich fiel mir ein, daß mein Entwurf zu lang geraten >el. Die einzelnen Ressortänderungen brauchen gar nicht aufgeführt zu werden, eine "^gemeine Erwähnung genügt, und auch für Thronreden gilt das Je kürzer, desto bester. Aber ich hatte nicht die nötige Zeit, kurz zu sein. Gleichwohl mag ich

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 63, 1904, Zweites Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341879_293618/295>, abgerufen am 05.07.2024.