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Die Grenzboten. Jg. 63, 1904, Zweites Vierteljahr.

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Maßgebliches und Unmaßgebliches

da sich das Episkopat durch dieses dahin bringen ließ, das Reguläre (die ordent¬
lichen Kircheneinkünfte) der Regierung zu verkaufen. Die. die sich über das Still¬
schweigen Eurer Heiligkeit über die Austreibung der Mönche wundern, sind sich
nicht klar darüber, daß Eure Heiligkeit ganz genau weiß, inwieweit dieses der Frei¬
maurerei zugeschriebne Werk in der Tat das des französischen weltlichen Klerus ist."

"Ich muß die Öffentlichkeit zu Hilfe nehmen, heiligster Vater, weil es sich
um eine Geldangelegenheit handelt, und zwar um eine der am reichsten fließenden
Quellen des römischen Kasuale; hier handelt es sich nicht allein um eine Gewissens¬
frage und um die Reformation der kanonischen Konzilbestimmungen, es geht um
Millionen: aber meine Klage wäre niemals bis zu den Füßen Eurer Heiligkeit
gedrungen, wäre sie durch die hierarchische Stufenfolge gegangen."

Wir übergehn einige Absätze und kommen zur Quintessenz:

"Zwanzigtausend katholische Christen seufzen vor den Toren der Kirchen unter
einem befremdenden Anathema; zwanzigtausend müssen sich von den Sakramenten
ausschließen lassen! Für welches Verbrechen? Für das eines andern! Diese
Leute sind die unglücklichen Ehegatten und Ehegattinnen, die betrogen worden sind;
sie sind mit dem Anathema behaftet, weil sie vorgezogen haben, sich einen neuen
Herd zu gründen. Sie haben den Mut gehabt, nach einer Ehe, die ihnen Schande
gebracht hat, eine neue einzugehn, statt in der Ausschweifung zu leben."

"Die Wissenschaft, die sich mit der Natur -- bei der die Religion nichts
hereinzureden hat -- beschäftigt, betrachtet die Schmerzen der Gebärenden als die
schwersten, die es gibt, und nimmt nicht einmal die Qualen aus, die die Folter
der Inquisition auf dem Gewissen hat; und so eine arme Frau aus dem Volke, die
sieben oder acht Kinder gebiert und aufzieht trotz der Schläge ihres Trunkenbolds
von Gatten, steht bei mir höher als die ganze Gemeinschaft der Nonnen. Fällt
das Anathema auch auf mich, weil ich so fühle? Es gibt ein Kriterium, das keine
Wahl läßt, wenn man zu Christi Stellvertreter spricht: die Barmherzigkeit. Diese
hat den Kanon X der 24. Session des Tridentiner Konzils zu ändern. Er muß
heißen: Nicht die Jungfräulichkeit, nicht das Zölibat ist der Stand, der den Vor¬
zug verdient; glücklich ist und obenan steht, wer am barmherzigster ist."

Ptladnns religionsgeschichtliche Deduktionen, auf die im Detail einzugehn auch
deswegen nicht möglich ist, weil seine Bittschrift nicht gut disponiert ist, beginnen
damit, daß er sagt, die Kirche habe Matthäus 19, 9 falsch ausgelegt. Da heißt
es klar und deutlich: Aber ich sage euch, wer seiue Frau entläßt, es sei denn
wegen Unzucht, und eine andre heiratet, der begeht Ehebruch. (Ebenso Kap. 5,
31 bis 32.) "Heiligster Vater, das Anathema des Tridentiner Konzils fällt auf
den göttlichen Meister, denn er hat zweimal gesagt, daß Ehebruch das Band der
Ehe löst."

Peladcm ist in der Kirchengeschichte wie in der Papstgeschichte, in den Moral-
thevlogieu und den Kirchenvätern gehörig belesen; viele Beispiele, die er bringt,
um die Unwürdigkeit der Verbannenden und die Falschheit der kanonischen Be¬
stimmungen zu beweisen, sind aber von der Art, wie man sich die Beichtfragen des
Katecheten in der konfiszierten Simplicissimusnummer vorstellen muß, und daß
Pi'ladan selbst sagt: "Mir blutet das Herz, daß ich Eurer Heiligkeit die Sünden
Pius des Vierten, Pauls des Dritten und Julius des Dritte" ins Gedächtnis rufen
muß"; und später: "Die Naivität eines Sanchez, die physiologische Ignoranz eines
Liguori und eines Gasparri machen die Lektüre ihrer Auslassungen über Ehe-
scheidungsgründe zu einer enose, bonwuse, aus deuen man anstandshalber zumeist
überhaupt nicht zitieren kann." ^ ^ ^ > ^ ^

Dann heißt es einmal: . In der Kirche hat der Lene kein Recht gegen den
Priester, mag dieser noch so schlimm sein. Der Pfarrer deckt die Vikare, der
Bischof deckt den Pfarrer, die Kurie deckt die Bischöfe. Es ist heute in Frankreich
beim Klerus wie im allgemeinen dort unter Louis dem Sechzehnten: em Papst,
der lateinische Verse zimmert, dort ein König, der schlossert usw."


Maßgebliches und Unmaßgebliches

da sich das Episkopat durch dieses dahin bringen ließ, das Reguläre (die ordent¬
lichen Kircheneinkünfte) der Regierung zu verkaufen. Die. die sich über das Still¬
schweigen Eurer Heiligkeit über die Austreibung der Mönche wundern, sind sich
nicht klar darüber, daß Eure Heiligkeit ganz genau weiß, inwieweit dieses der Frei¬
maurerei zugeschriebne Werk in der Tat das des französischen weltlichen Klerus ist."

„Ich muß die Öffentlichkeit zu Hilfe nehmen, heiligster Vater, weil es sich
um eine Geldangelegenheit handelt, und zwar um eine der am reichsten fließenden
Quellen des römischen Kasuale; hier handelt es sich nicht allein um eine Gewissens¬
frage und um die Reformation der kanonischen Konzilbestimmungen, es geht um
Millionen: aber meine Klage wäre niemals bis zu den Füßen Eurer Heiligkeit
gedrungen, wäre sie durch die hierarchische Stufenfolge gegangen."

Wir übergehn einige Absätze und kommen zur Quintessenz:

„Zwanzigtausend katholische Christen seufzen vor den Toren der Kirchen unter
einem befremdenden Anathema; zwanzigtausend müssen sich von den Sakramenten
ausschließen lassen! Für welches Verbrechen? Für das eines andern! Diese
Leute sind die unglücklichen Ehegatten und Ehegattinnen, die betrogen worden sind;
sie sind mit dem Anathema behaftet, weil sie vorgezogen haben, sich einen neuen
Herd zu gründen. Sie haben den Mut gehabt, nach einer Ehe, die ihnen Schande
gebracht hat, eine neue einzugehn, statt in der Ausschweifung zu leben."

„Die Wissenschaft, die sich mit der Natur — bei der die Religion nichts
hereinzureden hat — beschäftigt, betrachtet die Schmerzen der Gebärenden als die
schwersten, die es gibt, und nimmt nicht einmal die Qualen aus, die die Folter
der Inquisition auf dem Gewissen hat; und so eine arme Frau aus dem Volke, die
sieben oder acht Kinder gebiert und aufzieht trotz der Schläge ihres Trunkenbolds
von Gatten, steht bei mir höher als die ganze Gemeinschaft der Nonnen. Fällt
das Anathema auch auf mich, weil ich so fühle? Es gibt ein Kriterium, das keine
Wahl läßt, wenn man zu Christi Stellvertreter spricht: die Barmherzigkeit. Diese
hat den Kanon X der 24. Session des Tridentiner Konzils zu ändern. Er muß
heißen: Nicht die Jungfräulichkeit, nicht das Zölibat ist der Stand, der den Vor¬
zug verdient; glücklich ist und obenan steht, wer am barmherzigster ist."

Ptladnns religionsgeschichtliche Deduktionen, auf die im Detail einzugehn auch
deswegen nicht möglich ist, weil seine Bittschrift nicht gut disponiert ist, beginnen
damit, daß er sagt, die Kirche habe Matthäus 19, 9 falsch ausgelegt. Da heißt
es klar und deutlich: Aber ich sage euch, wer seiue Frau entläßt, es sei denn
wegen Unzucht, und eine andre heiratet, der begeht Ehebruch. (Ebenso Kap. 5,
31 bis 32.) „Heiligster Vater, das Anathema des Tridentiner Konzils fällt auf
den göttlichen Meister, denn er hat zweimal gesagt, daß Ehebruch das Band der
Ehe löst."

Peladcm ist in der Kirchengeschichte wie in der Papstgeschichte, in den Moral-
thevlogieu und den Kirchenvätern gehörig belesen; viele Beispiele, die er bringt,
um die Unwürdigkeit der Verbannenden und die Falschheit der kanonischen Be¬
stimmungen zu beweisen, sind aber von der Art, wie man sich die Beichtfragen des
Katecheten in der konfiszierten Simplicissimusnummer vorstellen muß, und daß
Pi'ladan selbst sagt: „Mir blutet das Herz, daß ich Eurer Heiligkeit die Sünden
Pius des Vierten, Pauls des Dritten und Julius des Dritte» ins Gedächtnis rufen
muß"; und später: „Die Naivität eines Sanchez, die physiologische Ignoranz eines
Liguori und eines Gasparri machen die Lektüre ihrer Auslassungen über Ehe-
scheidungsgründe zu einer enose, bonwuse, aus deuen man anstandshalber zumeist
überhaupt nicht zitieren kann." ^ ^ ^ > ^ ^

Dann heißt es einmal: . In der Kirche hat der Lene kein Recht gegen den
Priester, mag dieser noch so schlimm sein. Der Pfarrer deckt die Vikare, der
Bischof deckt den Pfarrer, die Kurie deckt die Bischöfe. Es ist heute in Frankreich
beim Klerus wie im allgemeinen dort unter Louis dem Sechzehnten: em Papst,
der lateinische Verse zimmert, dort ein König, der schlossert usw."


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[0249] Maßgebliches und Unmaßgebliches da sich das Episkopat durch dieses dahin bringen ließ, das Reguläre (die ordent¬ lichen Kircheneinkünfte) der Regierung zu verkaufen. Die. die sich über das Still¬ schweigen Eurer Heiligkeit über die Austreibung der Mönche wundern, sind sich nicht klar darüber, daß Eure Heiligkeit ganz genau weiß, inwieweit dieses der Frei¬ maurerei zugeschriebne Werk in der Tat das des französischen weltlichen Klerus ist." „Ich muß die Öffentlichkeit zu Hilfe nehmen, heiligster Vater, weil es sich um eine Geldangelegenheit handelt, und zwar um eine der am reichsten fließenden Quellen des römischen Kasuale; hier handelt es sich nicht allein um eine Gewissens¬ frage und um die Reformation der kanonischen Konzilbestimmungen, es geht um Millionen: aber meine Klage wäre niemals bis zu den Füßen Eurer Heiligkeit gedrungen, wäre sie durch die hierarchische Stufenfolge gegangen." Wir übergehn einige Absätze und kommen zur Quintessenz: „Zwanzigtausend katholische Christen seufzen vor den Toren der Kirchen unter einem befremdenden Anathema; zwanzigtausend müssen sich von den Sakramenten ausschließen lassen! Für welches Verbrechen? Für das eines andern! Diese Leute sind die unglücklichen Ehegatten und Ehegattinnen, die betrogen worden sind; sie sind mit dem Anathema behaftet, weil sie vorgezogen haben, sich einen neuen Herd zu gründen. Sie haben den Mut gehabt, nach einer Ehe, die ihnen Schande gebracht hat, eine neue einzugehn, statt in der Ausschweifung zu leben." „Die Wissenschaft, die sich mit der Natur — bei der die Religion nichts hereinzureden hat — beschäftigt, betrachtet die Schmerzen der Gebärenden als die schwersten, die es gibt, und nimmt nicht einmal die Qualen aus, die die Folter der Inquisition auf dem Gewissen hat; und so eine arme Frau aus dem Volke, die sieben oder acht Kinder gebiert und aufzieht trotz der Schläge ihres Trunkenbolds von Gatten, steht bei mir höher als die ganze Gemeinschaft der Nonnen. Fällt das Anathema auch auf mich, weil ich so fühle? Es gibt ein Kriterium, das keine Wahl läßt, wenn man zu Christi Stellvertreter spricht: die Barmherzigkeit. Diese hat den Kanon X der 24. Session des Tridentiner Konzils zu ändern. Er muß heißen: Nicht die Jungfräulichkeit, nicht das Zölibat ist der Stand, der den Vor¬ zug verdient; glücklich ist und obenan steht, wer am barmherzigster ist." Ptladnns religionsgeschichtliche Deduktionen, auf die im Detail einzugehn auch deswegen nicht möglich ist, weil seine Bittschrift nicht gut disponiert ist, beginnen damit, daß er sagt, die Kirche habe Matthäus 19, 9 falsch ausgelegt. Da heißt es klar und deutlich: Aber ich sage euch, wer seiue Frau entläßt, es sei denn wegen Unzucht, und eine andre heiratet, der begeht Ehebruch. (Ebenso Kap. 5, 31 bis 32.) „Heiligster Vater, das Anathema des Tridentiner Konzils fällt auf den göttlichen Meister, denn er hat zweimal gesagt, daß Ehebruch das Band der Ehe löst." Peladcm ist in der Kirchengeschichte wie in der Papstgeschichte, in den Moral- thevlogieu und den Kirchenvätern gehörig belesen; viele Beispiele, die er bringt, um die Unwürdigkeit der Verbannenden und die Falschheit der kanonischen Be¬ stimmungen zu beweisen, sind aber von der Art, wie man sich die Beichtfragen des Katecheten in der konfiszierten Simplicissimusnummer vorstellen muß, und daß Pi'ladan selbst sagt: „Mir blutet das Herz, daß ich Eurer Heiligkeit die Sünden Pius des Vierten, Pauls des Dritten und Julius des Dritte» ins Gedächtnis rufen muß"; und später: „Die Naivität eines Sanchez, die physiologische Ignoranz eines Liguori und eines Gasparri machen die Lektüre ihrer Auslassungen über Ehe- scheidungsgründe zu einer enose, bonwuse, aus deuen man anstandshalber zumeist überhaupt nicht zitieren kann." ^ ^ ^ > ^ ^ Dann heißt es einmal: . In der Kirche hat der Lene kein Recht gegen den Priester, mag dieser noch so schlimm sein. Der Pfarrer deckt die Vikare, der Bischof deckt den Pfarrer, die Kurie deckt die Bischöfe. Es ist heute in Frankreich beim Klerus wie im allgemeinen dort unter Louis dem Sechzehnten: em Papst, der lateinische Verse zimmert, dort ein König, der schlossert usw."

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 63, 1904, Zweites Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341879_293618/249>, abgerufen am 02.07.2024.