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Die Grenzboten. Jg. 63, 1904, Zweites Vierteljahr.

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Maßgebliches und Unmaßgebliches

oder der andern Regierung mit ihrem Landtage usw. In solchen Fallen bleibt eben
nichts weiter übrig, als einen nochmaligen Beschluß des neuen Reichstags herbei¬
zuführen. Aber immerhin muß durch eine ergänzende Verfassungsbestimmung, die
bei den Artikeln 7, 16 oder 23 anzubringen wäre, die bestehende Unsicherheit
beseitigt werden.

In diesen Tagen, wo die dänische Königsfamilie, die Regierung und die
Hauptstadt von Dänemark den Besuch des jungen deutschen Kronprinzen
mit herzlicher Sympathie begrüßt haben, sind vierzig Jahre seit der Erstürmung
der Düppeler Schanzen verflossen. König Christian hat in seinem jungen Gaste
die fünfte von ihm erlebte Generation der Hohenzollern vor sich gesehen; für den
hochbetagten Monarchen wird die freundliche Gestaltung der Beziehungen zwischen
Berlin und Kopenhagen sicherlich ein beruhigender Ausblick in die Zukunft sein.
Kaiser Wilhelm der Zweite hat bekanntlich den dänischen Hof schon im Jahre
1888, bald nach seiner Thronbesteigung, auf der Rückkehr von Petersburg aufge¬
sucht und damit seine freundschaftlichen Intentionen zu erkennen gegeben. Aber
erst bei seinem Besuche im vorigen Jahre, der zu dem fünfundachtzigsten Geburts¬
tage des Königs in besonders feierlicher Form erfolgte, hat ein wärmerer Ton
auch in der öffentlichen Stimmung des Landes Platz gegriffen, der sich dem
jungen Prinzen gegenüber jetzt zu aufrichtiger Herzlichkeit gesteigert hat. Damit
ist die Vergangenheit zwischen Dänemark und Deutschland beglichen. Dänemark
ist sicher, daß es von Deutschland keinerlei Bedrohung zu gewärtigen braucht,
Deutschland darf darauf rechnen, daß gewisse "südjütische" Strömungen bei den
leitenden Kopenhagner Kreisen keine Förderung finden; sie werden ohnehin langsam
erlöschen und sich nur noch in gelegentlichen Reibungen durch einzelne Störenfriede
an der Grenze in Erinnerung bringen. Vor vierzig Jahren begleitete den Kampf
gegen Dänemark eine lebhafte Bewegung der Gemüter in Deutschland, man wollte
sich nicht zum zweitenmal besiegt, die Herzogtümer nicht nochmals preisgegeben
sehen. Die Wege der Politik waren unklar, die Ziele des Erstlingsganges der
Armee König Wilhelms nicht erkennbar. Der einzige, der sich darüber klar war
und sich im vertrauten Kreise schon an der Wende des Jahres 1863 entschlossen
ausgesprochen hat, schwieg der Öffentlichkeit gegenüber. Im Jahre 1866 hielt
sich Dänemark klug zurück, 1870 war es nahe daran, von der französischen Politik
ins Schlepptau genommen zu werden. Rußlands Abmahnung, die Unfertigkeit der
französischen Rüstung und die Tage von Weißenburg und Wörth haben die
dänische Politik vor einem schweren Fehler bewahrt. Das schnelle Aufsteigen des
geeinten Deutschlands rief dann in Kopenhagen Besorgnisse für die Unabhängigkeit
Dänemarks und die Sicherheit seiner Hauptstadt hervor, Besorgnisse, die sich mit
der Zeit zu allerlei militärischen Maßnahmen nicht nur defensiven Charakters ver¬
dichteten. Nirgends wurde die anwachsende deutsche Flotte mit größerm Mißtrauen
angesehen als in Kopenhagen, wo man ehedem Deutschland gegenüber das Gefühl
der maritimen Superiorität gehabt hatte.

Zur Nordostseekanalfeier erschien die dänische Kriegsflagge zum erstenmal seit
1864 wieder im Kieler Hafen. Allmählich hat nicht nur der Hof von Kopenhagen,
namentlich seit dem Tode der Königin Luise, sondern auch das Land eingesehen,
daß es für Dänemark nichts unmotivierteres und törichteres geben könne, als gegen
Deutschland eine Politik des Grolles und des Schmollens zu treiben. Die Sym¬
pathien, deren sich Kaiser Wilhelm der Zweite in Schweden und Norwegen erfreut,
sind auf den Umschwung der Stimmung in Dänemark nicht ohne Einfluß geblieben.
Heute ist diese hüben und drüben soweit gediehen, daß sogar Heiratspläne in der
Presse erörtert werden konnten, wenngleich sie zum mindesten stark verfrüht sind.
Möge der Besuch des Kronprinzen, der bisher an allen Höfen einen sehr sym¬
pathischen Eindruck hinterlassen hat, die freundschaftlichen Dispositionen in beiden
Ländern, die ja auch in den verbesserten Verkehrsbeziehungen einen Ausdruck ge-


Maßgebliches und Unmaßgebliches

oder der andern Regierung mit ihrem Landtage usw. In solchen Fallen bleibt eben
nichts weiter übrig, als einen nochmaligen Beschluß des neuen Reichstags herbei¬
zuführen. Aber immerhin muß durch eine ergänzende Verfassungsbestimmung, die
bei den Artikeln 7, 16 oder 23 anzubringen wäre, die bestehende Unsicherheit
beseitigt werden.

In diesen Tagen, wo die dänische Königsfamilie, die Regierung und die
Hauptstadt von Dänemark den Besuch des jungen deutschen Kronprinzen
mit herzlicher Sympathie begrüßt haben, sind vierzig Jahre seit der Erstürmung
der Düppeler Schanzen verflossen. König Christian hat in seinem jungen Gaste
die fünfte von ihm erlebte Generation der Hohenzollern vor sich gesehen; für den
hochbetagten Monarchen wird die freundliche Gestaltung der Beziehungen zwischen
Berlin und Kopenhagen sicherlich ein beruhigender Ausblick in die Zukunft sein.
Kaiser Wilhelm der Zweite hat bekanntlich den dänischen Hof schon im Jahre
1888, bald nach seiner Thronbesteigung, auf der Rückkehr von Petersburg aufge¬
sucht und damit seine freundschaftlichen Intentionen zu erkennen gegeben. Aber
erst bei seinem Besuche im vorigen Jahre, der zu dem fünfundachtzigsten Geburts¬
tage des Königs in besonders feierlicher Form erfolgte, hat ein wärmerer Ton
auch in der öffentlichen Stimmung des Landes Platz gegriffen, der sich dem
jungen Prinzen gegenüber jetzt zu aufrichtiger Herzlichkeit gesteigert hat. Damit
ist die Vergangenheit zwischen Dänemark und Deutschland beglichen. Dänemark
ist sicher, daß es von Deutschland keinerlei Bedrohung zu gewärtigen braucht,
Deutschland darf darauf rechnen, daß gewisse „südjütische" Strömungen bei den
leitenden Kopenhagner Kreisen keine Förderung finden; sie werden ohnehin langsam
erlöschen und sich nur noch in gelegentlichen Reibungen durch einzelne Störenfriede
an der Grenze in Erinnerung bringen. Vor vierzig Jahren begleitete den Kampf
gegen Dänemark eine lebhafte Bewegung der Gemüter in Deutschland, man wollte
sich nicht zum zweitenmal besiegt, die Herzogtümer nicht nochmals preisgegeben
sehen. Die Wege der Politik waren unklar, die Ziele des Erstlingsganges der
Armee König Wilhelms nicht erkennbar. Der einzige, der sich darüber klar war
und sich im vertrauten Kreise schon an der Wende des Jahres 1863 entschlossen
ausgesprochen hat, schwieg der Öffentlichkeit gegenüber. Im Jahre 1866 hielt
sich Dänemark klug zurück, 1870 war es nahe daran, von der französischen Politik
ins Schlepptau genommen zu werden. Rußlands Abmahnung, die Unfertigkeit der
französischen Rüstung und die Tage von Weißenburg und Wörth haben die
dänische Politik vor einem schweren Fehler bewahrt. Das schnelle Aufsteigen des
geeinten Deutschlands rief dann in Kopenhagen Besorgnisse für die Unabhängigkeit
Dänemarks und die Sicherheit seiner Hauptstadt hervor, Besorgnisse, die sich mit
der Zeit zu allerlei militärischen Maßnahmen nicht nur defensiven Charakters ver¬
dichteten. Nirgends wurde die anwachsende deutsche Flotte mit größerm Mißtrauen
angesehen als in Kopenhagen, wo man ehedem Deutschland gegenüber das Gefühl
der maritimen Superiorität gehabt hatte.

Zur Nordostseekanalfeier erschien die dänische Kriegsflagge zum erstenmal seit
1864 wieder im Kieler Hafen. Allmählich hat nicht nur der Hof von Kopenhagen,
namentlich seit dem Tode der Königin Luise, sondern auch das Land eingesehen,
daß es für Dänemark nichts unmotivierteres und törichteres geben könne, als gegen
Deutschland eine Politik des Grolles und des Schmollens zu treiben. Die Sym¬
pathien, deren sich Kaiser Wilhelm der Zweite in Schweden und Norwegen erfreut,
sind auf den Umschwung der Stimmung in Dänemark nicht ohne Einfluß geblieben.
Heute ist diese hüben und drüben soweit gediehen, daß sogar Heiratspläne in der
Presse erörtert werden konnten, wenngleich sie zum mindesten stark verfrüht sind.
Möge der Besuch des Kronprinzen, der bisher an allen Höfen einen sehr sym¬
pathischen Eindruck hinterlassen hat, die freundschaftlichen Dispositionen in beiden
Ländern, die ja auch in den verbesserten Verkehrsbeziehungen einen Ausdruck ge-


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[0127] Maßgebliches und Unmaßgebliches oder der andern Regierung mit ihrem Landtage usw. In solchen Fallen bleibt eben nichts weiter übrig, als einen nochmaligen Beschluß des neuen Reichstags herbei¬ zuführen. Aber immerhin muß durch eine ergänzende Verfassungsbestimmung, die bei den Artikeln 7, 16 oder 23 anzubringen wäre, die bestehende Unsicherheit beseitigt werden. In diesen Tagen, wo die dänische Königsfamilie, die Regierung und die Hauptstadt von Dänemark den Besuch des jungen deutschen Kronprinzen mit herzlicher Sympathie begrüßt haben, sind vierzig Jahre seit der Erstürmung der Düppeler Schanzen verflossen. König Christian hat in seinem jungen Gaste die fünfte von ihm erlebte Generation der Hohenzollern vor sich gesehen; für den hochbetagten Monarchen wird die freundliche Gestaltung der Beziehungen zwischen Berlin und Kopenhagen sicherlich ein beruhigender Ausblick in die Zukunft sein. Kaiser Wilhelm der Zweite hat bekanntlich den dänischen Hof schon im Jahre 1888, bald nach seiner Thronbesteigung, auf der Rückkehr von Petersburg aufge¬ sucht und damit seine freundschaftlichen Intentionen zu erkennen gegeben. Aber erst bei seinem Besuche im vorigen Jahre, der zu dem fünfundachtzigsten Geburts¬ tage des Königs in besonders feierlicher Form erfolgte, hat ein wärmerer Ton auch in der öffentlichen Stimmung des Landes Platz gegriffen, der sich dem jungen Prinzen gegenüber jetzt zu aufrichtiger Herzlichkeit gesteigert hat. Damit ist die Vergangenheit zwischen Dänemark und Deutschland beglichen. Dänemark ist sicher, daß es von Deutschland keinerlei Bedrohung zu gewärtigen braucht, Deutschland darf darauf rechnen, daß gewisse „südjütische" Strömungen bei den leitenden Kopenhagner Kreisen keine Förderung finden; sie werden ohnehin langsam erlöschen und sich nur noch in gelegentlichen Reibungen durch einzelne Störenfriede an der Grenze in Erinnerung bringen. Vor vierzig Jahren begleitete den Kampf gegen Dänemark eine lebhafte Bewegung der Gemüter in Deutschland, man wollte sich nicht zum zweitenmal besiegt, die Herzogtümer nicht nochmals preisgegeben sehen. Die Wege der Politik waren unklar, die Ziele des Erstlingsganges der Armee König Wilhelms nicht erkennbar. Der einzige, der sich darüber klar war und sich im vertrauten Kreise schon an der Wende des Jahres 1863 entschlossen ausgesprochen hat, schwieg der Öffentlichkeit gegenüber. Im Jahre 1866 hielt sich Dänemark klug zurück, 1870 war es nahe daran, von der französischen Politik ins Schlepptau genommen zu werden. Rußlands Abmahnung, die Unfertigkeit der französischen Rüstung und die Tage von Weißenburg und Wörth haben die dänische Politik vor einem schweren Fehler bewahrt. Das schnelle Aufsteigen des geeinten Deutschlands rief dann in Kopenhagen Besorgnisse für die Unabhängigkeit Dänemarks und die Sicherheit seiner Hauptstadt hervor, Besorgnisse, die sich mit der Zeit zu allerlei militärischen Maßnahmen nicht nur defensiven Charakters ver¬ dichteten. Nirgends wurde die anwachsende deutsche Flotte mit größerm Mißtrauen angesehen als in Kopenhagen, wo man ehedem Deutschland gegenüber das Gefühl der maritimen Superiorität gehabt hatte. Zur Nordostseekanalfeier erschien die dänische Kriegsflagge zum erstenmal seit 1864 wieder im Kieler Hafen. Allmählich hat nicht nur der Hof von Kopenhagen, namentlich seit dem Tode der Königin Luise, sondern auch das Land eingesehen, daß es für Dänemark nichts unmotivierteres und törichteres geben könne, als gegen Deutschland eine Politik des Grolles und des Schmollens zu treiben. Die Sym¬ pathien, deren sich Kaiser Wilhelm der Zweite in Schweden und Norwegen erfreut, sind auf den Umschwung der Stimmung in Dänemark nicht ohne Einfluß geblieben. Heute ist diese hüben und drüben soweit gediehen, daß sogar Heiratspläne in der Presse erörtert werden konnten, wenngleich sie zum mindesten stark verfrüht sind. Möge der Besuch des Kronprinzen, der bisher an allen Höfen einen sehr sym¬ pathischen Eindruck hinterlassen hat, die freundschaftlichen Dispositionen in beiden Ländern, die ja auch in den verbesserten Verkehrsbeziehungen einen Ausdruck ge-

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 63, 1904, Zweites Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341879_293618/127>, abgerufen am 04.07.2024.