Die Grenzboten. Jg. 63, 1904, Erstes Vierteljahr.Teschen eine deutliche Demonstration gegen die Führung der Herren, die Ostschlesien Ostschlesien wäre gegen die allpvlnische Agitation, über die sich noch viel Teschen eine deutliche Demonstration gegen die Führung der Herren, die Ostschlesien Ostschlesien wäre gegen die allpvlnische Agitation, über die sich noch viel <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0468" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/293265"/> <fw type="header" place="top"> Teschen</fw><lb/> <p xml:id="ID_2544" prev="#ID_2543"> eine deutliche Demonstration gegen die Führung der Herren, die Ostschlesien<lb/> der galizischen Unkultur dienstbar machen wollen, und die Geschäfte der natio¬<lb/> nalen Komitees in Warschau, Krakau und Lemberg besorgen. Eine vielleicht<lb/> noch derbere Niederlage erlitt die allpolnische Agitation im November 1902,<lb/> als ihr katholischer Führer (die Michejdas sind Protestanten) ?. Londzin bei<lb/> der Landtagswahl glänzend durchfiel; ohne daß von einer besondern Agitation<lb/> viel die Rede gewesen wäre, wurde der geachtete schlesische Landwirt Halfar<lb/> gewühlt. Mau will eben die wüste Hetze, die von einigen landfremden und<lb/> einheimischen politischen Strebern betrieben wird, durchaus nicht. Der mehr¬<lb/> fach erwähnte Dr. Michejda war bei der Landtagswahl nur mit zwölf Stimmen<lb/> Majorität gewählt worden, und es wäre bei einiger Anstrengung, namentlich<lb/> der Deutschen, wohl möglich gewesen, ihm das Mandat zu entreißen. Ähnlich<lb/> war es bei der letzten Reichsratswahl, wo Dr. Michejda in der Kurie der<lb/> Landgemeinden wohl mit ziemlicher Mehrheit gewählt wurde, aber sein Gegen¬<lb/> kandidat, ein polnischer Landmann, den man erst aufgestellt hatte, nachdem die<lb/> Wahlmännerwahlen schon vorüber waren, und für den erst in letzter Stunde<lb/> agitiert wurde, kam ihm in der Stimmenzahl sehr nahe.</p><lb/> <p xml:id="ID_2545" next="#ID_2546"> Ostschlesien wäre gegen die allpvlnische Agitation, über die sich noch viel<lb/> sagen ließe, sehr leicht zu verteidigen. Seit der Reiz der Neuheit vorüber ist,<lb/> der anfangs das unbefangne Auge geblendet hatte, und seit man die Herren<lb/> in ihrer Tätigkeit gesehen und erkannt hat, wohin die Reise gehn soll, ist ihr<lb/> Nimbus hin. Es handelt sich nnr darum, durch eine Gegenagitation das<lb/> tiefe Mißtrauen der schlesischen Bauern gegen die einheimischen Agitatoren<lb/> — die galizischen mögen sie überhaupt nicht — dadurch zu festigen, daß man<lb/> sie von der Schädlichkeit der allpolnischen Agitation, mit deren Endzielen die<lb/> Leute klug zurückhalten, überzeugt und sie darauf aufmerksam macht, was sich<lb/> eigentlich dahinter verbirgt. Dazu gehört aber mehr politische Regsamkeit und<lb/> Arbeitsfreudigkeit, als sie die Deutschen in Ostschlesien in den letzten Jahr¬<lb/> zehnten entwickelt haben. Man rechnet immer auf eine „starke Negierung"<lb/> und hat sich bisher auf die Behauptung der Mandate in den Stadtbezirken be¬<lb/> schränkt. Die Landmandate sind jedoch bei der heutigen Stimmung auch zu<lb/> haben, nicht für die Deutschen, denen natürlich dabei die Führung zufallen<lb/> würde, aber für Vertreter der einheimischen deutschfreundlichen Bevölkerung.<lb/> Nach jeder Landtags- und Neichsratswahl flammt wohl das Feuer auf, und<lb/> es wird beschlossen, ein gemeinsames Wahlkomitee zu gründen, aber die Sache<lb/> scheitert jedesmal an persönlichen, lokalen und parteilichen Kleinlichkeiten, in<lb/> der Hauptsache aber an der Unlust zu politischer Arbeit. Es ist so recht<lb/> Österreich im kleinen! „Die Negierung soll es tun!" ist noch immer die<lb/> Phrase, an der alle politische Tatkraft erlahmt. Die Slawen sind rühriger,<lb/> und daher kommen ihre Erfolge, nicht von den Regierungen, wie gewöhnlich<lb/> und nicht immer nach bestem Wissen, behauptet wird. So lange man sich in<lb/> Ostschlesien nicht entschließt, das Land gegen den allpolnischen Angriff zu ver¬<lb/> teidigen, indem man nicht die Söhne des Landes in bequeme Stellungen nach<lb/> reindeutschen Provinzen abwandern läßt, sondern sie verpflichtet, im Lande zu<lb/> bleiben, damit nicht der Galizianer ihren Platz einnehme, so lange nicht dieser</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0468]
Teschen
eine deutliche Demonstration gegen die Führung der Herren, die Ostschlesien
der galizischen Unkultur dienstbar machen wollen, und die Geschäfte der natio¬
nalen Komitees in Warschau, Krakau und Lemberg besorgen. Eine vielleicht
noch derbere Niederlage erlitt die allpolnische Agitation im November 1902,
als ihr katholischer Führer (die Michejdas sind Protestanten) ?. Londzin bei
der Landtagswahl glänzend durchfiel; ohne daß von einer besondern Agitation
viel die Rede gewesen wäre, wurde der geachtete schlesische Landwirt Halfar
gewühlt. Mau will eben die wüste Hetze, die von einigen landfremden und
einheimischen politischen Strebern betrieben wird, durchaus nicht. Der mehr¬
fach erwähnte Dr. Michejda war bei der Landtagswahl nur mit zwölf Stimmen
Majorität gewählt worden, und es wäre bei einiger Anstrengung, namentlich
der Deutschen, wohl möglich gewesen, ihm das Mandat zu entreißen. Ähnlich
war es bei der letzten Reichsratswahl, wo Dr. Michejda in der Kurie der
Landgemeinden wohl mit ziemlicher Mehrheit gewählt wurde, aber sein Gegen¬
kandidat, ein polnischer Landmann, den man erst aufgestellt hatte, nachdem die
Wahlmännerwahlen schon vorüber waren, und für den erst in letzter Stunde
agitiert wurde, kam ihm in der Stimmenzahl sehr nahe.
Ostschlesien wäre gegen die allpvlnische Agitation, über die sich noch viel
sagen ließe, sehr leicht zu verteidigen. Seit der Reiz der Neuheit vorüber ist,
der anfangs das unbefangne Auge geblendet hatte, und seit man die Herren
in ihrer Tätigkeit gesehen und erkannt hat, wohin die Reise gehn soll, ist ihr
Nimbus hin. Es handelt sich nnr darum, durch eine Gegenagitation das
tiefe Mißtrauen der schlesischen Bauern gegen die einheimischen Agitatoren
— die galizischen mögen sie überhaupt nicht — dadurch zu festigen, daß man
sie von der Schädlichkeit der allpolnischen Agitation, mit deren Endzielen die
Leute klug zurückhalten, überzeugt und sie darauf aufmerksam macht, was sich
eigentlich dahinter verbirgt. Dazu gehört aber mehr politische Regsamkeit und
Arbeitsfreudigkeit, als sie die Deutschen in Ostschlesien in den letzten Jahr¬
zehnten entwickelt haben. Man rechnet immer auf eine „starke Negierung"
und hat sich bisher auf die Behauptung der Mandate in den Stadtbezirken be¬
schränkt. Die Landmandate sind jedoch bei der heutigen Stimmung auch zu
haben, nicht für die Deutschen, denen natürlich dabei die Führung zufallen
würde, aber für Vertreter der einheimischen deutschfreundlichen Bevölkerung.
Nach jeder Landtags- und Neichsratswahl flammt wohl das Feuer auf, und
es wird beschlossen, ein gemeinsames Wahlkomitee zu gründen, aber die Sache
scheitert jedesmal an persönlichen, lokalen und parteilichen Kleinlichkeiten, in
der Hauptsache aber an der Unlust zu politischer Arbeit. Es ist so recht
Österreich im kleinen! „Die Negierung soll es tun!" ist noch immer die
Phrase, an der alle politische Tatkraft erlahmt. Die Slawen sind rühriger,
und daher kommen ihre Erfolge, nicht von den Regierungen, wie gewöhnlich
und nicht immer nach bestem Wissen, behauptet wird. So lange man sich in
Ostschlesien nicht entschließt, das Land gegen den allpolnischen Angriff zu ver¬
teidigen, indem man nicht die Söhne des Landes in bequeme Stellungen nach
reindeutschen Provinzen abwandern läßt, sondern sie verpflichtet, im Lande zu
bleiben, damit nicht der Galizianer ihren Platz einnehme, so lange nicht dieser
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