werden wird. Aber wie sagte doch Herr Bebel in Dresden: "Wir bohren uns in alle Ihre Institutionen ein, um sie zu vernichten." Als ein solcher Bvhrversuch unter harmloser Maske erscheint auch die "Soldatenschntzvereinigung," die nur den Zweck, jedenfalls nur das Ergebnis haben kann, die Aufhetzung der Mannschaften gegen ihre Vorgesetzten organisch und in großem Stil zu betreiben. "Alle" im deutschen Heere bestehenden Mißstände! Was ein Mißstand ist und was nicht, beruht so sehr auf subjektiver Auffassung, daß eine Vereinigung, deren Mitglied¬ schaft auf das zwanzigste Lebensjahr zurückgeht, darüber schwerlich mit der nötigen Sachkunde zu urteilen vermag. Was siud "sonstige Übergriffe"? Viele werden für Übergriffe ansehen, was auf absolut nötigen disziplinarischen Maßnahmen beruht. Ein solcher Verein schließt nicht nur nicht "jede Parteipolitik aus," sondern er stellt von vornherein die schlimmste Parteipolitik dar. Das Recht nicht nur, sondern die Pflicht, wirkliche Mißstände auszurotten, steht vor allem dem obersten Kriegs¬ herrn, dann aber allen Vorgesetzten vom kommandierende" General bis zum Kom¬ pagniechef zu. Sodann muß bestritten werden, daß "die Mißhandlungen zunehmen." Bei einem Friedensstaude von 500000 Maun werden sie natürlich zahlreicher sein als bei dem frühern von 250000 Mann; die scheinbare Zunahme beruht vielmehr darauf, daß durch das öffentliche Gerichtsverfahren alle solche Vorgänge zur all¬ gemeinen Kenntnis gelangen, zweitens daß die heutige Generation viel weichlicher und empfindsamer ist als früher, drittens daß die sozialdemokratischen Elemente in der Armee Anlaß zu Ärgernissen aller Art geben. Das Soldatenhandwerk ist von jeher ein rauhes Handwerk gewesen, man kann seine Angehörigen nicht in Watte einwickeln; bei der Notwendigkeit einer Durchschuittsgleichmäßigkeit der Leistungs¬ fähigkeit, ohne die jede Berechnung für die Leistungsfähigkeit im Kriege unmöglich wird, werden die Schwächer" größerer Anstrengung, die Faulen stärkern Antriebes bedürfen. Fast die schlimmsten Mißhandlungen sind die, die von den ältern Kameraden ausgehn, aber der Rekrut, der sie in diesem Herbst erduldet, macht sie im nächsten vergnügt als aktiver Teilnehmer mit. Tatsache ist doch, daß sogar die Kadettenhäuser bis vor kurzem davon nicht frei waren, vielleicht es heute noch nicht sind; Quälereien jüngerer .Knaben durch stärkere und gewandtere kann man ja auch auf "Zivil"turuplätzen häufig genug beobachten. Eklatante Fälle von Mi߬ handlungen sind bekanntlich im gepriesenen England sogar innerhalb der Offizier¬ korps nichts Seltenes; aus Italien und in Österreich-Ungarn werden dieselben Klagen laut wie tu Deutschland, und soeben haben die französischen Zeitungen einen Erlaß eines französischen kommandierender Generals veröffentlicht, der sich sehr energisch der jungen Rekruten gegen ihre ältern Kameraden annimmt. Also sogar im republikanischen Frankreich ist die Sache nicht anders, sondern im Gegen¬ teil, soviel darüber bekannt ist, bet der an sich grausamen Natur der Franzosen noch sehr viel schlimmer. Die "Svldatenschntzvereiniguug" würde somit tatsächlich nur bedeuten, daß, da der Soldat bei seinen Vorgesetzten bis zum Kaiser hinauf keinen Schutz findet, Hinz und Kunz sich seiner annehmen müssen; ein Armuts- zeugnis für alle diese Vorgesetzten, für die Handhabung von Recht und Gerechtig¬ keit im Heere, wie es ärger gar nicht erdacht werden, und ein Mittel, wie es wirksamer zur Untergrabung aller Disziplin gar nicht erfunden werden kann. Es ist ein Eingriff durchaus revolutionären Charakters sowohl in die verfassungsmäßige Kommandogewalt des Kaisers wie in die Militärjustiz, die damit vor aller Welt als unfähig hingestellt werden. Mit welchen Empfindungen soll da der junge Soldat zum Heeresdienst gehn, wenn ihm unter dem Schutz unsrer Gesetze vor¬ gelogen werden darf, daß seine Vorgesetzten bis zum Kaiser hinauf unfähig seien, ihn gegen Mißhandlungen zu schützen, solche vielleicht gar stillschweigend dulden, sodaß Hinz und Kunz sich seiner annehmen müssen? Hinter Hinz und Kurz stehen selbstverständlich Herr Bebel und die sämtlichen Häuptlinge der Sozialdemokratie. "Wär der Gedanke nicht verflucht gescheit, man wär versucht, thu herzlich dumm zu nennen." Die Frage, ob ein solcher Verein überhaupt gesetzlich zulässig ist, mögen die berufnen Instanzen entscheiden. Der Zweck und das Ende vom Liede
Maßgebliches und Unmaßgebliches
werden wird. Aber wie sagte doch Herr Bebel in Dresden: „Wir bohren uns in alle Ihre Institutionen ein, um sie zu vernichten." Als ein solcher Bvhrversuch unter harmloser Maske erscheint auch die „Soldatenschntzvereinigung," die nur den Zweck, jedenfalls nur das Ergebnis haben kann, die Aufhetzung der Mannschaften gegen ihre Vorgesetzten organisch und in großem Stil zu betreiben. „Alle" im deutschen Heere bestehenden Mißstände! Was ein Mißstand ist und was nicht, beruht so sehr auf subjektiver Auffassung, daß eine Vereinigung, deren Mitglied¬ schaft auf das zwanzigste Lebensjahr zurückgeht, darüber schwerlich mit der nötigen Sachkunde zu urteilen vermag. Was siud „sonstige Übergriffe"? Viele werden für Übergriffe ansehen, was auf absolut nötigen disziplinarischen Maßnahmen beruht. Ein solcher Verein schließt nicht nur nicht „jede Parteipolitik aus," sondern er stellt von vornherein die schlimmste Parteipolitik dar. Das Recht nicht nur, sondern die Pflicht, wirkliche Mißstände auszurotten, steht vor allem dem obersten Kriegs¬ herrn, dann aber allen Vorgesetzten vom kommandierende» General bis zum Kom¬ pagniechef zu. Sodann muß bestritten werden, daß „die Mißhandlungen zunehmen." Bei einem Friedensstaude von 500000 Maun werden sie natürlich zahlreicher sein als bei dem frühern von 250000 Mann; die scheinbare Zunahme beruht vielmehr darauf, daß durch das öffentliche Gerichtsverfahren alle solche Vorgänge zur all¬ gemeinen Kenntnis gelangen, zweitens daß die heutige Generation viel weichlicher und empfindsamer ist als früher, drittens daß die sozialdemokratischen Elemente in der Armee Anlaß zu Ärgernissen aller Art geben. Das Soldatenhandwerk ist von jeher ein rauhes Handwerk gewesen, man kann seine Angehörigen nicht in Watte einwickeln; bei der Notwendigkeit einer Durchschuittsgleichmäßigkeit der Leistungs¬ fähigkeit, ohne die jede Berechnung für die Leistungsfähigkeit im Kriege unmöglich wird, werden die Schwächer» größerer Anstrengung, die Faulen stärkern Antriebes bedürfen. Fast die schlimmsten Mißhandlungen sind die, die von den ältern Kameraden ausgehn, aber der Rekrut, der sie in diesem Herbst erduldet, macht sie im nächsten vergnügt als aktiver Teilnehmer mit. Tatsache ist doch, daß sogar die Kadettenhäuser bis vor kurzem davon nicht frei waren, vielleicht es heute noch nicht sind; Quälereien jüngerer .Knaben durch stärkere und gewandtere kann man ja auch auf „Zivil"turuplätzen häufig genug beobachten. Eklatante Fälle von Mi߬ handlungen sind bekanntlich im gepriesenen England sogar innerhalb der Offizier¬ korps nichts Seltenes; aus Italien und in Österreich-Ungarn werden dieselben Klagen laut wie tu Deutschland, und soeben haben die französischen Zeitungen einen Erlaß eines französischen kommandierender Generals veröffentlicht, der sich sehr energisch der jungen Rekruten gegen ihre ältern Kameraden annimmt. Also sogar im republikanischen Frankreich ist die Sache nicht anders, sondern im Gegen¬ teil, soviel darüber bekannt ist, bet der an sich grausamen Natur der Franzosen noch sehr viel schlimmer. Die „Svldatenschntzvereiniguug" würde somit tatsächlich nur bedeuten, daß, da der Soldat bei seinen Vorgesetzten bis zum Kaiser hinauf keinen Schutz findet, Hinz und Kunz sich seiner annehmen müssen; ein Armuts- zeugnis für alle diese Vorgesetzten, für die Handhabung von Recht und Gerechtig¬ keit im Heere, wie es ärger gar nicht erdacht werden, und ein Mittel, wie es wirksamer zur Untergrabung aller Disziplin gar nicht erfunden werden kann. Es ist ein Eingriff durchaus revolutionären Charakters sowohl in die verfassungsmäßige Kommandogewalt des Kaisers wie in die Militärjustiz, die damit vor aller Welt als unfähig hingestellt werden. Mit welchen Empfindungen soll da der junge Soldat zum Heeresdienst gehn, wenn ihm unter dem Schutz unsrer Gesetze vor¬ gelogen werden darf, daß seine Vorgesetzten bis zum Kaiser hinauf unfähig seien, ihn gegen Mißhandlungen zu schützen, solche vielleicht gar stillschweigend dulden, sodaß Hinz und Kunz sich seiner annehmen müssen? Hinter Hinz und Kurz stehen selbstverständlich Herr Bebel und die sämtlichen Häuptlinge der Sozialdemokratie. „Wär der Gedanke nicht verflucht gescheit, man wär versucht, thu herzlich dumm zu nennen." Die Frage, ob ein solcher Verein überhaupt gesetzlich zulässig ist, mögen die berufnen Instanzen entscheiden. Der Zweck und das Ende vom Liede
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werden wird. Aber wie sagte doch Herr Bebel in Dresden: „Wir bohren uns
in alle Ihre Institutionen ein, um sie zu vernichten." Als ein solcher Bvhrversuch
unter harmloser Maske erscheint auch die „Soldatenschntzvereinigung," die nur den
Zweck, jedenfalls nur das Ergebnis haben kann, die Aufhetzung der Mannschaften
gegen ihre Vorgesetzten organisch und in großem Stil zu betreiben. „Alle" im
deutschen Heere bestehenden Mißstände! Was ein Mißstand ist und was nicht,
beruht so sehr auf subjektiver Auffassung, daß eine Vereinigung, deren Mitglied¬
schaft auf das zwanzigste Lebensjahr zurückgeht, darüber schwerlich mit der nötigen
Sachkunde zu urteilen vermag. Was siud „sonstige Übergriffe"? Viele werden
für Übergriffe ansehen, was auf absolut nötigen disziplinarischen Maßnahmen beruht.
Ein solcher Verein schließt nicht nur nicht „jede Parteipolitik aus," sondern er
stellt von vornherein die schlimmste Parteipolitik dar. Das Recht nicht nur, sondern
die Pflicht, wirkliche Mißstände auszurotten, steht vor allem dem obersten Kriegs¬
herrn, dann aber allen Vorgesetzten vom kommandierende» General bis zum Kom¬
pagniechef zu. Sodann muß bestritten werden, daß „die Mißhandlungen zunehmen."
Bei einem Friedensstaude von 500000 Maun werden sie natürlich zahlreicher sein
als bei dem frühern von 250000 Mann; die scheinbare Zunahme beruht vielmehr
darauf, daß durch das öffentliche Gerichtsverfahren alle solche Vorgänge zur all¬
gemeinen Kenntnis gelangen, zweitens daß die heutige Generation viel weichlicher
und empfindsamer ist als früher, drittens daß die sozialdemokratischen Elemente in
der Armee Anlaß zu Ärgernissen aller Art geben. Das Soldatenhandwerk ist von
jeher ein rauhes Handwerk gewesen, man kann seine Angehörigen nicht in Watte
einwickeln; bei der Notwendigkeit einer Durchschuittsgleichmäßigkeit der Leistungs¬
fähigkeit, ohne die jede Berechnung für die Leistungsfähigkeit im Kriege unmöglich
wird, werden die Schwächer» größerer Anstrengung, die Faulen stärkern Antriebes
bedürfen. Fast die schlimmsten Mißhandlungen sind die, die von den ältern
Kameraden ausgehn, aber der Rekrut, der sie in diesem Herbst erduldet, macht
sie im nächsten vergnügt als aktiver Teilnehmer mit. Tatsache ist doch, daß sogar
die Kadettenhäuser bis vor kurzem davon nicht frei waren, vielleicht es heute noch
nicht sind; Quälereien jüngerer .Knaben durch stärkere und gewandtere kann man
ja auch auf „Zivil"turuplätzen häufig genug beobachten. Eklatante Fälle von Mi߬
handlungen sind bekanntlich im gepriesenen England sogar innerhalb der Offizier¬
korps nichts Seltenes; aus Italien und in Österreich-Ungarn werden dieselben
Klagen laut wie tu Deutschland, und soeben haben die französischen Zeitungen einen
Erlaß eines französischen kommandierender Generals veröffentlicht, der sich sehr
energisch der jungen Rekruten gegen ihre ältern Kameraden annimmt. Also
sogar im republikanischen Frankreich ist die Sache nicht anders, sondern im Gegen¬
teil, soviel darüber bekannt ist, bet der an sich grausamen Natur der Franzosen
noch sehr viel schlimmer. Die „Svldatenschntzvereiniguug" würde somit tatsächlich
nur bedeuten, daß, da der Soldat bei seinen Vorgesetzten bis zum Kaiser hinauf
keinen Schutz findet, Hinz und Kunz sich seiner annehmen müssen; ein Armuts-
zeugnis für alle diese Vorgesetzten, für die Handhabung von Recht und Gerechtig¬
keit im Heere, wie es ärger gar nicht erdacht werden, und ein Mittel, wie es
wirksamer zur Untergrabung aller Disziplin gar nicht erfunden werden kann. Es
ist ein Eingriff durchaus revolutionären Charakters sowohl in die verfassungsmäßige
Kommandogewalt des Kaisers wie in die Militärjustiz, die damit vor aller Welt
als unfähig hingestellt werden. Mit welchen Empfindungen soll da der junge
Soldat zum Heeresdienst gehn, wenn ihm unter dem Schutz unsrer Gesetze vor¬
gelogen werden darf, daß seine Vorgesetzten bis zum Kaiser hinauf unfähig seien,
ihn gegen Mißhandlungen zu schützen, solche vielleicht gar stillschweigend dulden,
sodaß Hinz und Kunz sich seiner annehmen müssen? Hinter Hinz und Kurz stehen
selbstverständlich Herr Bebel und die sämtlichen Häuptlinge der Sozialdemokratie.
„Wär der Gedanke nicht verflucht gescheit, man wär versucht, thu herzlich dumm
zu nennen." Die Frage, ob ein solcher Verein überhaupt gesetzlich zulässig ist,
mögen die berufnen Instanzen entscheiden. Der Zweck und das Ende vom Liede
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Die Grenzboten. Jg. 62, 1903, Viertes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341877_242067/610>, abgerufen am 01.07.2024.
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