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Die Grenzboten. Jg. 62, 1903, Viertes Vierteljahr.

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Heraldisches

Adler im goldnen Felde das Wappen der Hohenstaufen ist, daß Kaiser Friedrich
der Zweite es war, der den vierten Hochmeister des Dentschritterordens, Hermann
von Snlza, wie der preußische Chronist Casparns Henneberger schreibt, "mit des
Römischen Reichs Adler des Ordens Schilde zieret/' Und während in Deutschland
der Hoheustaufeuadler die Umbildung zum Doppeladler durchmachte und schließlich
Wappen des Kaisertunis Österreich wurde, bewahrte ihn das Ordensland Preußen
in der ursprünglichen Gestalt, und von dort kehrte er nach den wechselvollen Ge¬
schicken von siebentehalb Jahrhunderten in das neue Reich zurück. So liefert dieser
historische Vorgang eine sinnvolle Ergänzung der alten deutschen Kaisersage, die von
der Wiederkehr der Hohenstnufen, in Süddentschland Friedrichs des Zweiten, am
Kyffhäuser Friedrichs des Ersten, das Wiedererstehu des Reichs hoffte.

Die Wappen verdanken ihren Ursprung der während der Kreuzzüge allgemein
gewordnen Sitte der Ritter, sich ganz in Eisen zu rüsten, sodaß schier einer dem
andern glich und bei geschlossenem Visier keiner zu erkennen war. Die Überein¬
stimmung in der Bewaffnung machte Unterscheidungszeichen nötig, die man im
Schild und auf dem Helm, zeitweilig auch an der Lanze führte. Diese gestalteten
sich nach und nach zu bleibende" und erblichen Kennzeichen für ganze Familien und
gingen mit der Ausbildung des Wnppenwesens im ganzen Bereich des abend¬
ländischen Rittertums in die Familienwappen über. Waffen und Wappen ist ur¬
sprünglich ein und dasselbe Wort, ebenso bedeuten im Französischen Ich a.lass und
ini Englischen tho arm" zugleich Waffen und Wappen. Die alten Wappen zeigen
darum auch immer den Schild (schräg gezeichnet, so wie ihn der Ritter am Arm
hielt) mit Figur und darüber den Turuierhelm mit Helmzier und der ausgezackten,
in späterer Zeit immer stilisiert gezeichneten Helmdecke; vereinzelt kommen auch
Lanzen vor mit Fähnchen, deren Farben in der Regel von den Hauptfarben des
Schildes abweichen, so zum Beispiel beim Wettiner Wappen, das außer dem schwarz¬
gelb gestreiften Schild mit dem Nantenkranz Lanzen mit weißgrünen Fähnchen auf¬
wies. Im allgemeinen aber wählte der Ritter seine Farben nach denen des Schildes,
wobei die Wappenfignr die erste, das Feld des Schildes die zweite Farbe hergab;
so war die Farbe der Hohenstaufen nach dem schwarzen Adler im goldnen Felde
schwarzgelb und ist noch heute das Banner Österreichs. Es war auch üblich, nur
zwei Farben zu führen, jede mehr wurde vermieden. Der horizontal rotweiß ge¬
streifte hessisch-thüringische Löwe im blauen Felde zum Beispiel hätte zu den Farben
rotweißblcm führen können, aber die Landgrafen und die Kurfürsten von Hessen führten
nur rvtweiß, und das ist auch heute noch die Landesfarbe des Großherzogtums
Hessen. Hieraus ergibt sich, daß es im alten Deutschen Reich niemals ein schwarz-
rvtgoldnes Reichsbanner gegeben hat, die dahin gedeuteten chronistischen Überliefe¬
rungen sind nicht verstanden worden. Und wenn die nieist sehr gelehrten und fürs
Vaterland begeisterten Herren in der Pnnlskirche die beliebt gewordnen Farben der
dentschen Burschenschaft für das alte Reichspanier hielten, so beruhte das auf einem
Mißverständnis, denn' unter den politisch trostlosen Zuständen der letzten Jahr¬
hunderte waren die geschichtlichen Überlieferungen schwankend geworden, und die
Mlfnchen Regeln der mittelalterlichen Heraldik verloren gegangen.

Trikoloren, d. h. drei Farben nebeneinander auf einem Fahnentuch, sind sehr
neuen Ursprungs; die älteste ist die französische Trikolore, die durch die Zusnmmen-
Wgnng der Stadtfarben von Paris, Blaurot, mit dem Weiß des uralten Lilicn-
vanners entstand. Schon das Aufsehen, das die Bezeichnung Trikolore hervorrief,
veweist, daß es sich dabei um etwas ganz neues handelte. Seit der Verherrlichung
der französischen Revolution und nach den Eindrücken der napoleonischen Kriege
war die Trikolore sehr populär geworden, und neue politische Bildungen taten es
von nun an kaum ohne solche. So führen Griechenland, Belgien, Rumänien,
Italien u. a. Trikoloren, auch das auf dem Wiener Kongreß geschaffne Groß-
yerzogtum Sachsen-Weimar, die älteste Linie des Wettiner Hanfes, wählte die
Farben des Nautenkranzwappens, schwarz, gelb und grün, doch führten auch da


Grenzboten IV 1903 73
Heraldisches

Adler im goldnen Felde das Wappen der Hohenstaufen ist, daß Kaiser Friedrich
der Zweite es war, der den vierten Hochmeister des Dentschritterordens, Hermann
von Snlza, wie der preußische Chronist Casparns Henneberger schreibt, „mit des
Römischen Reichs Adler des Ordens Schilde zieret/' Und während in Deutschland
der Hoheustaufeuadler die Umbildung zum Doppeladler durchmachte und schließlich
Wappen des Kaisertunis Österreich wurde, bewahrte ihn das Ordensland Preußen
in der ursprünglichen Gestalt, und von dort kehrte er nach den wechselvollen Ge¬
schicken von siebentehalb Jahrhunderten in das neue Reich zurück. So liefert dieser
historische Vorgang eine sinnvolle Ergänzung der alten deutschen Kaisersage, die von
der Wiederkehr der Hohenstnufen, in Süddentschland Friedrichs des Zweiten, am
Kyffhäuser Friedrichs des Ersten, das Wiedererstehu des Reichs hoffte.

Die Wappen verdanken ihren Ursprung der während der Kreuzzüge allgemein
gewordnen Sitte der Ritter, sich ganz in Eisen zu rüsten, sodaß schier einer dem
andern glich und bei geschlossenem Visier keiner zu erkennen war. Die Überein¬
stimmung in der Bewaffnung machte Unterscheidungszeichen nötig, die man im
Schild und auf dem Helm, zeitweilig auch an der Lanze führte. Diese gestalteten
sich nach und nach zu bleibende» und erblichen Kennzeichen für ganze Familien und
gingen mit der Ausbildung des Wnppenwesens im ganzen Bereich des abend¬
ländischen Rittertums in die Familienwappen über. Waffen und Wappen ist ur¬
sprünglich ein und dasselbe Wort, ebenso bedeuten im Französischen Ich a.lass und
ini Englischen tho arm« zugleich Waffen und Wappen. Die alten Wappen zeigen
darum auch immer den Schild (schräg gezeichnet, so wie ihn der Ritter am Arm
hielt) mit Figur und darüber den Turuierhelm mit Helmzier und der ausgezackten,
in späterer Zeit immer stilisiert gezeichneten Helmdecke; vereinzelt kommen auch
Lanzen vor mit Fähnchen, deren Farben in der Regel von den Hauptfarben des
Schildes abweichen, so zum Beispiel beim Wettiner Wappen, das außer dem schwarz¬
gelb gestreiften Schild mit dem Nantenkranz Lanzen mit weißgrünen Fähnchen auf¬
wies. Im allgemeinen aber wählte der Ritter seine Farben nach denen des Schildes,
wobei die Wappenfignr die erste, das Feld des Schildes die zweite Farbe hergab;
so war die Farbe der Hohenstaufen nach dem schwarzen Adler im goldnen Felde
schwarzgelb und ist noch heute das Banner Österreichs. Es war auch üblich, nur
zwei Farben zu führen, jede mehr wurde vermieden. Der horizontal rotweiß ge¬
streifte hessisch-thüringische Löwe im blauen Felde zum Beispiel hätte zu den Farben
rotweißblcm führen können, aber die Landgrafen und die Kurfürsten von Hessen führten
nur rvtweiß, und das ist auch heute noch die Landesfarbe des Großherzogtums
Hessen. Hieraus ergibt sich, daß es im alten Deutschen Reich niemals ein schwarz-
rvtgoldnes Reichsbanner gegeben hat, die dahin gedeuteten chronistischen Überliefe¬
rungen sind nicht verstanden worden. Und wenn die nieist sehr gelehrten und fürs
Vaterland begeisterten Herren in der Pnnlskirche die beliebt gewordnen Farben der
dentschen Burschenschaft für das alte Reichspanier hielten, so beruhte das auf einem
Mißverständnis, denn' unter den politisch trostlosen Zuständen der letzten Jahr¬
hunderte waren die geschichtlichen Überlieferungen schwankend geworden, und die
Mlfnchen Regeln der mittelalterlichen Heraldik verloren gegangen.

Trikoloren, d. h. drei Farben nebeneinander auf einem Fahnentuch, sind sehr
neuen Ursprungs; die älteste ist die französische Trikolore, die durch die Zusnmmen-
Wgnng der Stadtfarben von Paris, Blaurot, mit dem Weiß des uralten Lilicn-
vanners entstand. Schon das Aufsehen, das die Bezeichnung Trikolore hervorrief,
veweist, daß es sich dabei um etwas ganz neues handelte. Seit der Verherrlichung
der französischen Revolution und nach den Eindrücken der napoleonischen Kriege
war die Trikolore sehr populär geworden, und neue politische Bildungen taten es
von nun an kaum ohne solche. So führen Griechenland, Belgien, Rumänien,
Italien u. a. Trikoloren, auch das auf dem Wiener Kongreß geschaffne Groß-
yerzogtum Sachsen-Weimar, die älteste Linie des Wettiner Hanfes, wählte die
Farben des Nautenkranzwappens, schwarz, gelb und grün, doch führten auch da


Grenzboten IV 1903 73
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[0585] Heraldisches Adler im goldnen Felde das Wappen der Hohenstaufen ist, daß Kaiser Friedrich der Zweite es war, der den vierten Hochmeister des Dentschritterordens, Hermann von Snlza, wie der preußische Chronist Casparns Henneberger schreibt, „mit des Römischen Reichs Adler des Ordens Schilde zieret/' Und während in Deutschland der Hoheustaufeuadler die Umbildung zum Doppeladler durchmachte und schließlich Wappen des Kaisertunis Österreich wurde, bewahrte ihn das Ordensland Preußen in der ursprünglichen Gestalt, und von dort kehrte er nach den wechselvollen Ge¬ schicken von siebentehalb Jahrhunderten in das neue Reich zurück. So liefert dieser historische Vorgang eine sinnvolle Ergänzung der alten deutschen Kaisersage, die von der Wiederkehr der Hohenstnufen, in Süddentschland Friedrichs des Zweiten, am Kyffhäuser Friedrichs des Ersten, das Wiedererstehu des Reichs hoffte. Die Wappen verdanken ihren Ursprung der während der Kreuzzüge allgemein gewordnen Sitte der Ritter, sich ganz in Eisen zu rüsten, sodaß schier einer dem andern glich und bei geschlossenem Visier keiner zu erkennen war. Die Überein¬ stimmung in der Bewaffnung machte Unterscheidungszeichen nötig, die man im Schild und auf dem Helm, zeitweilig auch an der Lanze führte. Diese gestalteten sich nach und nach zu bleibende» und erblichen Kennzeichen für ganze Familien und gingen mit der Ausbildung des Wnppenwesens im ganzen Bereich des abend¬ ländischen Rittertums in die Familienwappen über. Waffen und Wappen ist ur¬ sprünglich ein und dasselbe Wort, ebenso bedeuten im Französischen Ich a.lass und ini Englischen tho arm« zugleich Waffen und Wappen. Die alten Wappen zeigen darum auch immer den Schild (schräg gezeichnet, so wie ihn der Ritter am Arm hielt) mit Figur und darüber den Turuierhelm mit Helmzier und der ausgezackten, in späterer Zeit immer stilisiert gezeichneten Helmdecke; vereinzelt kommen auch Lanzen vor mit Fähnchen, deren Farben in der Regel von den Hauptfarben des Schildes abweichen, so zum Beispiel beim Wettiner Wappen, das außer dem schwarz¬ gelb gestreiften Schild mit dem Nantenkranz Lanzen mit weißgrünen Fähnchen auf¬ wies. Im allgemeinen aber wählte der Ritter seine Farben nach denen des Schildes, wobei die Wappenfignr die erste, das Feld des Schildes die zweite Farbe hergab; so war die Farbe der Hohenstaufen nach dem schwarzen Adler im goldnen Felde schwarzgelb und ist noch heute das Banner Österreichs. Es war auch üblich, nur zwei Farben zu führen, jede mehr wurde vermieden. Der horizontal rotweiß ge¬ streifte hessisch-thüringische Löwe im blauen Felde zum Beispiel hätte zu den Farben rotweißblcm führen können, aber die Landgrafen und die Kurfürsten von Hessen führten nur rvtweiß, und das ist auch heute noch die Landesfarbe des Großherzogtums Hessen. Hieraus ergibt sich, daß es im alten Deutschen Reich niemals ein schwarz- rvtgoldnes Reichsbanner gegeben hat, die dahin gedeuteten chronistischen Überliefe¬ rungen sind nicht verstanden worden. Und wenn die nieist sehr gelehrten und fürs Vaterland begeisterten Herren in der Pnnlskirche die beliebt gewordnen Farben der dentschen Burschenschaft für das alte Reichspanier hielten, so beruhte das auf einem Mißverständnis, denn' unter den politisch trostlosen Zuständen der letzten Jahr¬ hunderte waren die geschichtlichen Überlieferungen schwankend geworden, und die Mlfnchen Regeln der mittelalterlichen Heraldik verloren gegangen. Trikoloren, d. h. drei Farben nebeneinander auf einem Fahnentuch, sind sehr neuen Ursprungs; die älteste ist die französische Trikolore, die durch die Zusnmmen- Wgnng der Stadtfarben von Paris, Blaurot, mit dem Weiß des uralten Lilicn- vanners entstand. Schon das Aufsehen, das die Bezeichnung Trikolore hervorrief, veweist, daß es sich dabei um etwas ganz neues handelte. Seit der Verherrlichung der französischen Revolution und nach den Eindrücken der napoleonischen Kriege war die Trikolore sehr populär geworden, und neue politische Bildungen taten es von nun an kaum ohne solche. So führen Griechenland, Belgien, Rumänien, Italien u. a. Trikoloren, auch das auf dem Wiener Kongreß geschaffne Groß- yerzogtum Sachsen-Weimar, die älteste Linie des Wettiner Hanfes, wählte die Farben des Nautenkranzwappens, schwarz, gelb und grün, doch führten auch da Grenzboten IV 1903 73

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 62, 1903, Viertes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341877_242067/585>, abgerufen am 01.07.2024.