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Die Grenzboten. Jg. 62, 1903, Viertes Vierteljahr.

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denn dazu beigetragen habe, beiß bei seiner Geburt eine goldne Wiege bereit gestunden
hätte? Wels er jetzt Ware, das sei doch nur das Ergebnis seiner Verhältnisse, auf
die er sich nichts einzubilden habe. Wenn er in meinen Schuhen gestanden hätte,
wer weiß, ob dann nicht vielleicht ein größerer Lump aus ihm geworden wäre, als
ich es in seinen Augen sei.

Das war weder fein noch klug gesagt, und die Folge war denn auch, daß
mich der junge Herr zornig hinanswics, und als ich nicht sogleich gehn wollte,
mit Hilfe einiger seiner Leute hinaus beförderte. Da stand ich nun uns der Straße,
das Herz voll Grimm und Bitterkeit; ich war zornig auf meinen Beleidiger, fast
mehr aber noch ans mich selber, der ich mich noch immer nicht zu beherrsche" ver¬
stand, sondern immer sogleich aus dem Häuschen geriet.

Es war ein nasses Schneetreiben auf der Straße, und ich fror. Der Wind
schlug mir ins Gesicht, und das Wasser drang durch meine dünnen Kleider.
Was nun? Ich hatte wohl Mittel, einige Tage zu leben, aber was dann? Noch
war ich es nicht gewöhnt, selber herumzulaufen und um Arbeit zu bitten, sondern
immer hatten andre für mich gesorgt. Ach was, wer bekümmert sich um die
Zukunft. Stehts nicht irgendwo geschrieben, daß man nicht um deu andern Morgen
sorgen solle? Das Schicksal fährt ja doch immer wieder wie eine Windsbraut
durch die überlcgtesten Pläne und wirbelt sie wie einen Haufen dürrer Blätter
auseinander. Man soll nicht überlegen, sondern lieber den Augenblick genießen.

Ja, den Augenblick genießen! Aber wie ihn genießen? Wenn ich unruhig
werde, muß ich umherlaufen, unaufhörlich, bis ich müde zusammensinke. So begnuu
ich auch jetzt meinen Trott dnrch die morastigen Straßen, an gleichgiltigen
Häusern und Menschen vorüber, hinauf und herunter, gerade aus und seitwärts,
bis um die Grenzen der Stadt, wo die Häuser mitten im Felde standen, und wieder
zurück, immer fort dnrch Schnee und Straßenkot stapfend. Allmählich geriet ich
in einen Zustand der Gedankenleere, während ich in eins der schwarzen Gewässer
starrte, von denen die Stadt durchflossen wurde, wobei es in mir selber bunt'el
dahinfloß, bis aus der Finsternis ein Licht aufblitzte, eine Frage, die, ob es nicht
gut wäre, in dem Schmutzwasser mit allem, was mein Leben beschmutzt hatte und
uoch weiterhin besudeln werde, unterzugehn.

Und dann dachte ich daran, daß ich Hunger hätte. Es war ein Wirtshaus
in der Nähe, und ich hörte Musik darin. Ja, um wollen wir einmal lustig sein;
spielt auf, ihr Musikanten, wir werden tanzen, und wenn ihr wollt, werden wir
singen. Es war eine öde Gaststube. Ein junger Mann saß am Klavier und spielte,
die Kellnerin hatte sich neben ihn gesetzt und hörte zu. Als ich eintrat, wurde das
Spiel abgebrochen, und die beiden Leutchen setzten sich verstimmt in eine Ecke. Ich
bestellte mir zu trinken und war schon berauscht, ehe ich getrunken hatte, und als
ich getrunken hatte, geriet das ganze Zimmer in Bewegung und drehte sich um
mich herum. Dann aß ich etwas und trank wieder, und so ging es bis in den
Abend. Das Pärchen hatte sich, als es sah, daß ich mich fest vor Anker gelegt
hatte, wieder am Klavier zusammengefunden und flüsterte während des Spiels mit¬
einander. Andre Gäste kamen, der Wirt setzte sich zu mir und half mir trinken,
zuletzt erbarmte sich auch die Kellnerin, deren Galan sich verabschiedet hatte, meiner,
und obwohl sie mir trotz meines Rausches nicht um eine Spur liebenswürdiger
schien, erlaubte ich ihr doch, ans meine Kosten zu trinken. Ich aber saß wie ein
großes Tier an dem Tisch und war glücklich, ein paar vergnügte Gesichter um
mich zu sehen.

Als ich am andern Morgen erwachte und mich in dem vertommnen Quartier,
worin ich genächtet hatte, umsah, ergriff mich eine große Traurigkeit. Ich stand
auf und wandelte wieder durch die Straßen. Und dann stand ich wieder an dein
Wasser und dachte daran, was ich wohl an diesem Tage beginnen und womit ich
ihn enden würde. Wie viel Geld hatte ich uoch? Ich zählte es. Sehr lustig
konnte ich davon nicht werden, den Großen konnte ich nicht mehr spielen. Was


denn dazu beigetragen habe, beiß bei seiner Geburt eine goldne Wiege bereit gestunden
hätte? Wels er jetzt Ware, das sei doch nur das Ergebnis seiner Verhältnisse, auf
die er sich nichts einzubilden habe. Wenn er in meinen Schuhen gestanden hätte,
wer weiß, ob dann nicht vielleicht ein größerer Lump aus ihm geworden wäre, als
ich es in seinen Augen sei.

Das war weder fein noch klug gesagt, und die Folge war denn auch, daß
mich der junge Herr zornig hinanswics, und als ich nicht sogleich gehn wollte,
mit Hilfe einiger seiner Leute hinaus beförderte. Da stand ich nun uns der Straße,
das Herz voll Grimm und Bitterkeit; ich war zornig auf meinen Beleidiger, fast
mehr aber noch ans mich selber, der ich mich noch immer nicht zu beherrsche» ver¬
stand, sondern immer sogleich aus dem Häuschen geriet.

Es war ein nasses Schneetreiben auf der Straße, und ich fror. Der Wind
schlug mir ins Gesicht, und das Wasser drang durch meine dünnen Kleider.
Was nun? Ich hatte wohl Mittel, einige Tage zu leben, aber was dann? Noch
war ich es nicht gewöhnt, selber herumzulaufen und um Arbeit zu bitten, sondern
immer hatten andre für mich gesorgt. Ach was, wer bekümmert sich um die
Zukunft. Stehts nicht irgendwo geschrieben, daß man nicht um deu andern Morgen
sorgen solle? Das Schicksal fährt ja doch immer wieder wie eine Windsbraut
durch die überlcgtesten Pläne und wirbelt sie wie einen Haufen dürrer Blätter
auseinander. Man soll nicht überlegen, sondern lieber den Augenblick genießen.

Ja, den Augenblick genießen! Aber wie ihn genießen? Wenn ich unruhig
werde, muß ich umherlaufen, unaufhörlich, bis ich müde zusammensinke. So begnuu
ich auch jetzt meinen Trott dnrch die morastigen Straßen, an gleichgiltigen
Häusern und Menschen vorüber, hinauf und herunter, gerade aus und seitwärts,
bis um die Grenzen der Stadt, wo die Häuser mitten im Felde standen, und wieder
zurück, immer fort dnrch Schnee und Straßenkot stapfend. Allmählich geriet ich
in einen Zustand der Gedankenleere, während ich in eins der schwarzen Gewässer
starrte, von denen die Stadt durchflossen wurde, wobei es in mir selber bunt'el
dahinfloß, bis aus der Finsternis ein Licht aufblitzte, eine Frage, die, ob es nicht
gut wäre, in dem Schmutzwasser mit allem, was mein Leben beschmutzt hatte und
uoch weiterhin besudeln werde, unterzugehn.

Und dann dachte ich daran, daß ich Hunger hätte. Es war ein Wirtshaus
in der Nähe, und ich hörte Musik darin. Ja, um wollen wir einmal lustig sein;
spielt auf, ihr Musikanten, wir werden tanzen, und wenn ihr wollt, werden wir
singen. Es war eine öde Gaststube. Ein junger Mann saß am Klavier und spielte,
die Kellnerin hatte sich neben ihn gesetzt und hörte zu. Als ich eintrat, wurde das
Spiel abgebrochen, und die beiden Leutchen setzten sich verstimmt in eine Ecke. Ich
bestellte mir zu trinken und war schon berauscht, ehe ich getrunken hatte, und als
ich getrunken hatte, geriet das ganze Zimmer in Bewegung und drehte sich um
mich herum. Dann aß ich etwas und trank wieder, und so ging es bis in den
Abend. Das Pärchen hatte sich, als es sah, daß ich mich fest vor Anker gelegt
hatte, wieder am Klavier zusammengefunden und flüsterte während des Spiels mit¬
einander. Andre Gäste kamen, der Wirt setzte sich zu mir und half mir trinken,
zuletzt erbarmte sich auch die Kellnerin, deren Galan sich verabschiedet hatte, meiner,
und obwohl sie mir trotz meines Rausches nicht um eine Spur liebenswürdiger
schien, erlaubte ich ihr doch, ans meine Kosten zu trinken. Ich aber saß wie ein
großes Tier an dem Tisch und war glücklich, ein paar vergnügte Gesichter um
mich zu sehen.

Als ich am andern Morgen erwachte und mich in dem vertommnen Quartier,
worin ich genächtet hatte, umsah, ergriff mich eine große Traurigkeit. Ich stand
auf und wandelte wieder durch die Straßen. Und dann stand ich wieder an dein
Wasser und dachte daran, was ich wohl an diesem Tage beginnen und womit ich
ihn enden würde. Wie viel Geld hatte ich uoch? Ich zählte es. Sehr lustig
konnte ich davon nicht werden, den Großen konnte ich nicht mehr spielen. Was


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[0336] denn dazu beigetragen habe, beiß bei seiner Geburt eine goldne Wiege bereit gestunden hätte? Wels er jetzt Ware, das sei doch nur das Ergebnis seiner Verhältnisse, auf die er sich nichts einzubilden habe. Wenn er in meinen Schuhen gestanden hätte, wer weiß, ob dann nicht vielleicht ein größerer Lump aus ihm geworden wäre, als ich es in seinen Augen sei. Das war weder fein noch klug gesagt, und die Folge war denn auch, daß mich der junge Herr zornig hinanswics, und als ich nicht sogleich gehn wollte, mit Hilfe einiger seiner Leute hinaus beförderte. Da stand ich nun uns der Straße, das Herz voll Grimm und Bitterkeit; ich war zornig auf meinen Beleidiger, fast mehr aber noch ans mich selber, der ich mich noch immer nicht zu beherrsche» ver¬ stand, sondern immer sogleich aus dem Häuschen geriet. Es war ein nasses Schneetreiben auf der Straße, und ich fror. Der Wind schlug mir ins Gesicht, und das Wasser drang durch meine dünnen Kleider. Was nun? Ich hatte wohl Mittel, einige Tage zu leben, aber was dann? Noch war ich es nicht gewöhnt, selber herumzulaufen und um Arbeit zu bitten, sondern immer hatten andre für mich gesorgt. Ach was, wer bekümmert sich um die Zukunft. Stehts nicht irgendwo geschrieben, daß man nicht um deu andern Morgen sorgen solle? Das Schicksal fährt ja doch immer wieder wie eine Windsbraut durch die überlcgtesten Pläne und wirbelt sie wie einen Haufen dürrer Blätter auseinander. Man soll nicht überlegen, sondern lieber den Augenblick genießen. Ja, den Augenblick genießen! Aber wie ihn genießen? Wenn ich unruhig werde, muß ich umherlaufen, unaufhörlich, bis ich müde zusammensinke. So begnuu ich auch jetzt meinen Trott dnrch die morastigen Straßen, an gleichgiltigen Häusern und Menschen vorüber, hinauf und herunter, gerade aus und seitwärts, bis um die Grenzen der Stadt, wo die Häuser mitten im Felde standen, und wieder zurück, immer fort dnrch Schnee und Straßenkot stapfend. Allmählich geriet ich in einen Zustand der Gedankenleere, während ich in eins der schwarzen Gewässer starrte, von denen die Stadt durchflossen wurde, wobei es in mir selber bunt'el dahinfloß, bis aus der Finsternis ein Licht aufblitzte, eine Frage, die, ob es nicht gut wäre, in dem Schmutzwasser mit allem, was mein Leben beschmutzt hatte und uoch weiterhin besudeln werde, unterzugehn. Und dann dachte ich daran, daß ich Hunger hätte. Es war ein Wirtshaus in der Nähe, und ich hörte Musik darin. Ja, um wollen wir einmal lustig sein; spielt auf, ihr Musikanten, wir werden tanzen, und wenn ihr wollt, werden wir singen. Es war eine öde Gaststube. Ein junger Mann saß am Klavier und spielte, die Kellnerin hatte sich neben ihn gesetzt und hörte zu. Als ich eintrat, wurde das Spiel abgebrochen, und die beiden Leutchen setzten sich verstimmt in eine Ecke. Ich bestellte mir zu trinken und war schon berauscht, ehe ich getrunken hatte, und als ich getrunken hatte, geriet das ganze Zimmer in Bewegung und drehte sich um mich herum. Dann aß ich etwas und trank wieder, und so ging es bis in den Abend. Das Pärchen hatte sich, als es sah, daß ich mich fest vor Anker gelegt hatte, wieder am Klavier zusammengefunden und flüsterte während des Spiels mit¬ einander. Andre Gäste kamen, der Wirt setzte sich zu mir und half mir trinken, zuletzt erbarmte sich auch die Kellnerin, deren Galan sich verabschiedet hatte, meiner, und obwohl sie mir trotz meines Rausches nicht um eine Spur liebenswürdiger schien, erlaubte ich ihr doch, ans meine Kosten zu trinken. Ich aber saß wie ein großes Tier an dem Tisch und war glücklich, ein paar vergnügte Gesichter um mich zu sehen. Als ich am andern Morgen erwachte und mich in dem vertommnen Quartier, worin ich genächtet hatte, umsah, ergriff mich eine große Traurigkeit. Ich stand auf und wandelte wieder durch die Straßen. Und dann stand ich wieder an dein Wasser und dachte daran, was ich wohl an diesem Tage beginnen und womit ich ihn enden würde. Wie viel Geld hatte ich uoch? Ich zählte es. Sehr lustig konnte ich davon nicht werden, den Großen konnte ich nicht mehr spielen. Was

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 62, 1903, Viertes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341877_242067/336>, abgerufen am 01.07.2024.