Die Grenzboten. Jg. 62, 1903, Drittes Vierteljahr.prozeßverschleppungen Prozeßordnung erfolgen müsse. Diese Frage wurde im Hinblick darauf verneint, Die Verhütung von Terminkollisionen an den Landgerichten und Ober¬ Die stramme Durchführung des Lokalisierungsprinzips und die Neu¬ prozeßverschleppungen Prozeßordnung erfolgen müsse. Diese Frage wurde im Hinblick darauf verneint, Die Verhütung von Terminkollisionen an den Landgerichten und Ober¬ Die stramme Durchführung des Lokalisierungsprinzips und die Neu¬ <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0612" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/241828"/> <fw type="header" place="top"> prozeßverschleppungen</fw><lb/> <p xml:id="ID_2477" prev="#ID_2476"> Prozeßordnung erfolgen müsse. Diese Frage wurde im Hinblick darauf verneint,<lb/> daß man nicht die erst vor drei Jahren revidierten Gesetze schon wieder ab¬<lb/> ändern könne, aus Gründen, die schon vor der Revision bestanden haben und<lb/> Gegenstand eingehender Erörterungen gewesen sind. Sodann wurde betont,<lb/> daß keineswegs die in der Rechtsanwaltschaft bestehenden Verhältnisse allein<lb/> an der Verlangsamung der Prozesse schuld seien, sondern hier beide Seiten<lb/> der Rechtspflege, die Richter und die Anwälte, eine Rolle spielten. Es kommt<lb/> sehr darauf an, wie der Richter die Sache anpackt, ob er einen Überblick<lb/> über den Prozeß hat, das Wesentliche leicht herausfindet und den Geschäfts¬<lb/> gang richtig zu gestalten weiß. Von besondrer Wichtigkeit ist sein Verhalten<lb/> im Beweisverfahren, namentlich ob er es umstündlicher oder einfacher einrichtet<lb/> und so Zeit und Kraft spart. Bei den Anwälten kommt es darauf an, ob<lb/> sie genügend Zeit haben, die Prozesse vorzubereiten und nicht durch andre<lb/> Geschäfte an der Wahrnehmung der Termine verhindert sind. Besonders ge¬<lb/> fährlich ist einer raschen Erledigung der Prozesse die Konzentration der Praxis<lb/> in den Händen weniger. Ein ausgezeichnetes Mittel zur Beseitigung dieses<lb/> Übelstandes liegt in der Zulassung auswärtiger Amtsgerichtsanwülte beim über¬<lb/> geordneten Landgericht. Außerdem wird durch eine solche Simultanznlassung<lb/> ein direkter Verkehr zwischen Gericht und Prozeßgcgner mit dem auswärtigen<lb/> Anwalt herbeigeführt, die lähmende Tätigkeit des Korrespondenzmandatars<lb/> wird beseitigt, die Jnfvrmationsaufnahme erleichtert, und die Prozeßführung<lb/> wesentlich beschleunigt.</p><lb/> <p xml:id="ID_2478"> Die Verhütung von Terminkollisionen an den Landgerichten und Ober¬<lb/> landesgerichten setzt die strenge Durchführung des Lokalisierungsprinzips voraus.<lb/> Umgehungen zu verhüten wäre eine Änderung des Paragraphen 27 der Rechts-<lb/> auwaltsordnnng dahin geboten, daß die Vertretung der Parteien und die<lb/> Ausführung der Parteirechte vor einem Kollegialgerichte dnrch einen nicht bei<lb/> diesem zugelassenen Anwalt, wenn die tatsächlichen und rechtlichen Verhältnisse<lb/> dies verlangen, nur mit Genehmigung des Gerichts zulässig sein soll. Ein<lb/> zurzeit bei mehreren Kollegialgerichten zugelassener Anwalt hätte sich dann zu<lb/> entscheiden, bei welchem von diesen er seine Praxis ausüben will. Im Zweifel<lb/> würde das Landgericht, in dessen Bezirk sein Bureau liegt, als Gericht der<lb/> Zulassung zu gelten haben. Hand in Hand damit hätte eine Verkleinerung<lb/> übergroßer Obcrlandesgerichtsbezirke zu erfolgen.</p><lb/> <p xml:id="ID_2479" next="#ID_2480"> Die stramme Durchführung des Lokalisierungsprinzips und die Neu¬<lb/> schaffung von Oberlandesgerichten bedürfen der Mitwirkung verschiedner Kräfte.<lb/> Allerlei Interessen kommen dabei ins Spiel, und darum erscheint der Aus¬<lb/> gang zweifelhaft. Dagegen können die Justizverwaltungen sofort die Kräfte,<lb/> die jetzt in der Führung landgerichtlicher Prozesse in der untergeordneten<lb/> Stellung eines Korrespondenzmandatars tütig sind, für diese Prozeßführung in<lb/> ihrem vollen Umfange nutzbar machen und so die freie Advokatur zur Wahr¬<lb/> heit machen, indem sie, unbekümmert um die Einwendungen der Vorstünde<lb/> der Anwaltskammern, sämtliche auswärtigen Amtsgerichtsanwülte bei den über¬<lb/> geordneten Landgerichten zulassen. Zweifellos werden, wo nicht lokale Gründe<lb/> entgegenstehn, wie in Braunschweig, dadurch gesundere Verhältnisse geschaffen,</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0612]
prozeßverschleppungen
Prozeßordnung erfolgen müsse. Diese Frage wurde im Hinblick darauf verneint,
daß man nicht die erst vor drei Jahren revidierten Gesetze schon wieder ab¬
ändern könne, aus Gründen, die schon vor der Revision bestanden haben und
Gegenstand eingehender Erörterungen gewesen sind. Sodann wurde betont,
daß keineswegs die in der Rechtsanwaltschaft bestehenden Verhältnisse allein
an der Verlangsamung der Prozesse schuld seien, sondern hier beide Seiten
der Rechtspflege, die Richter und die Anwälte, eine Rolle spielten. Es kommt
sehr darauf an, wie der Richter die Sache anpackt, ob er einen Überblick
über den Prozeß hat, das Wesentliche leicht herausfindet und den Geschäfts¬
gang richtig zu gestalten weiß. Von besondrer Wichtigkeit ist sein Verhalten
im Beweisverfahren, namentlich ob er es umstündlicher oder einfacher einrichtet
und so Zeit und Kraft spart. Bei den Anwälten kommt es darauf an, ob
sie genügend Zeit haben, die Prozesse vorzubereiten und nicht durch andre
Geschäfte an der Wahrnehmung der Termine verhindert sind. Besonders ge¬
fährlich ist einer raschen Erledigung der Prozesse die Konzentration der Praxis
in den Händen weniger. Ein ausgezeichnetes Mittel zur Beseitigung dieses
Übelstandes liegt in der Zulassung auswärtiger Amtsgerichtsanwülte beim über¬
geordneten Landgericht. Außerdem wird durch eine solche Simultanznlassung
ein direkter Verkehr zwischen Gericht und Prozeßgcgner mit dem auswärtigen
Anwalt herbeigeführt, die lähmende Tätigkeit des Korrespondenzmandatars
wird beseitigt, die Jnfvrmationsaufnahme erleichtert, und die Prozeßführung
wesentlich beschleunigt.
Die Verhütung von Terminkollisionen an den Landgerichten und Ober¬
landesgerichten setzt die strenge Durchführung des Lokalisierungsprinzips voraus.
Umgehungen zu verhüten wäre eine Änderung des Paragraphen 27 der Rechts-
auwaltsordnnng dahin geboten, daß die Vertretung der Parteien und die
Ausführung der Parteirechte vor einem Kollegialgerichte dnrch einen nicht bei
diesem zugelassenen Anwalt, wenn die tatsächlichen und rechtlichen Verhältnisse
dies verlangen, nur mit Genehmigung des Gerichts zulässig sein soll. Ein
zurzeit bei mehreren Kollegialgerichten zugelassener Anwalt hätte sich dann zu
entscheiden, bei welchem von diesen er seine Praxis ausüben will. Im Zweifel
würde das Landgericht, in dessen Bezirk sein Bureau liegt, als Gericht der
Zulassung zu gelten haben. Hand in Hand damit hätte eine Verkleinerung
übergroßer Obcrlandesgerichtsbezirke zu erfolgen.
Die stramme Durchführung des Lokalisierungsprinzips und die Neu¬
schaffung von Oberlandesgerichten bedürfen der Mitwirkung verschiedner Kräfte.
Allerlei Interessen kommen dabei ins Spiel, und darum erscheint der Aus¬
gang zweifelhaft. Dagegen können die Justizverwaltungen sofort die Kräfte,
die jetzt in der Führung landgerichtlicher Prozesse in der untergeordneten
Stellung eines Korrespondenzmandatars tütig sind, für diese Prozeßführung in
ihrem vollen Umfange nutzbar machen und so die freie Advokatur zur Wahr¬
heit machen, indem sie, unbekümmert um die Einwendungen der Vorstünde
der Anwaltskammern, sämtliche auswärtigen Amtsgerichtsanwülte bei den über¬
geordneten Landgerichten zulassen. Zweifellos werden, wo nicht lokale Gründe
entgegenstehn, wie in Braunschweig, dadurch gesundere Verhältnisse geschaffen,
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