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Die Grenzboten. Jg. 62, 1903, Drittes Vierteljahr.

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Der Marquis von Marigny

Das nicht. Aber es ist gewiß, daß Sie es waren, den sie suchten. Die
Beschreibung paßte fast in allen Punkten ganz genau. Nicht wahr, Sie kommen
von Mainz?

Nein, von Koblenz.

Die Wirtin lächelte in ihrer listigen Art.

Gewiß, sagte sie, ich verstehe schon. Also Sie kommen von Koblenz. Natür¬
lich, wenn man die Mosel hinausfährt, muß man von Koblenz kommen. Die
beiden fragten, ob ein Landsmann von ihnen bei uns zur Nacht eingekehrt wäre.
Ich sagte: ja. Aber in der sechsten Stunde sei er wieder abgereist. Ohne Gepäck,
wie er gekommen sei. Wahrscheinlich über den Berg nach Eller. Da sind sie
denn wieder fortgefahren. Der verfluchte Demokrat, sagte der eine, hetzt uns durch
Nacht und Nebel. Und wir glaubten ihn heute ganz sicher zu erwischen. Sehen
Sie, wäre mein Mann, der Faulpelz, nicht zu schläfrig gewesen, so wären Sie
jetzt wohl schon kalt wie eine tote Ratte. Aber weil ich ans Fenster ging und
sogleich begriff, was die beiden im Schilde führten, so ist die Geschichte noch mal
gut abgelaufen. Aber nehmen Sie sich in Zukunft in acht. Die Herren tragen
nicht zum Spaß Pistolen im Gürtel.

Ich danke Ihnen für Ihre Sorge um meine Person, gute Frau, entgegnete
der Marquis, aber ich glaube, Ihre Furcht ist unbegründet. Ich bin nicht der,
den jene suchen. Es muß sich hier um ein Mißverständnis, eine Verwechslung
handeln. Wenn von einem Demokraten die Rede war, so kann ich unmöglich ge¬
meint sein. Ich bin Royalist, verstehn Sie?

Die Fran zwinkerte wieder mit einem Auge und nickte. Ich verstehe. Sie
sind Royalist. Man siehts Ihnen ja auch an. Die weiße Kokarde an Ihrem
Hut -- l^ha! ... keine Augen im Kopfe haben, wenn man in
^ihnen nicht auf den ersten Blick den Royalisten erkennen wollte! Kleider machen
^ente, und an den Federn erkennt man den Vogel. Schön, mein Herr, ich weiß
^"u, was ich zu sagen habe, wenn wieder einmal ein paar Ihrer Landsleute nach
^hum fragen sollten. Sie sind Royalist! Und dabei stemmte sie die Arme in
die Seiten und schien sich vor Lachen ausschütten zu wollen.

Jetzt erschien der Postillon, um zu melden, daß die Pferde augeschirrt seien,
und sich zugleich von seinen, Passagier zu verabschieden, da er selbst die von Trier
eingetrosfne Postkutsche nach Koblenz zu bringen hatte, während sein Trierer
Kollege die Weiterbeförderung Marignys übernahm.

Der alte Edelmann empfand es wie eine Erlösung, als er glücklich wieder
im Wagen saß und das holprige Pflaster der Moselabderiten hinter sich ließ.
Ohne ein besondres Erlebnis gelangte er an diesem Tage nach Kues, wo die zweite
Nachtrast gehalten wurde. Das Quartier war hier freilich noch dürftiger als in
Kochen, da der Marquis aber der einzige Gast in dem kleinen Dvrfwirtshause
war, so brauchte er sich wenigstens nicht über die zudringliche Neugier fremder,
ihm gleichgiltiger Menschen zu beklagen. Ehe er am nächsten Morgen die Weiter¬
reise antrat, vernahm er durch einen von Trier gekommnen Schiffer, daß in Paris
die Verhandlung gegen Ludwig den Sechzehnten begonnen habe. Nun war keine
Zeit mehr zu verlieren! Wie langsam die Pferde gingen! Wie endlos sich der
Weg dehnte! Umsonst versuchte der ungeduldige Passagier, den Postillon durch
Trinkgelder zur Beschleunigung der Fahrt anzuspornen. Der Mann erklärte, daß
er vor sieben Uhr nicht in Trier eintreffen dürfe; auch könne er bei der Glätte
der Straße -- es hatte um die Mittagstunde zu eiseln begonnen -- die Knochen
seiner Tiere nicht aufs Spiel setzen. So langte man denn zur vorgeschriebnen Zeit
in der alten Metropole des Mosellandes an.

Als Marigny sich ans der Post nach der nächsten Gelegenheit zur Weiterfahrt
erkundigte, wurde ihm gesagt, daß schon in der Frühe des andern Tags ein Wagen
abgebe, daß es aber wenig Zweck habe, diesen zu benutzen, weil er an der Grenz¬
station Perl den Anschluß an die Diligence nach Diedenhofen doch nicht mehr er-


Grenzboten 111 1903 V,
Der Marquis von Marigny

Das nicht. Aber es ist gewiß, daß Sie es waren, den sie suchten. Die
Beschreibung paßte fast in allen Punkten ganz genau. Nicht wahr, Sie kommen
von Mainz?

Nein, von Koblenz.

Die Wirtin lächelte in ihrer listigen Art.

Gewiß, sagte sie, ich verstehe schon. Also Sie kommen von Koblenz. Natür¬
lich, wenn man die Mosel hinausfährt, muß man von Koblenz kommen. Die
beiden fragten, ob ein Landsmann von ihnen bei uns zur Nacht eingekehrt wäre.
Ich sagte: ja. Aber in der sechsten Stunde sei er wieder abgereist. Ohne Gepäck,
wie er gekommen sei. Wahrscheinlich über den Berg nach Eller. Da sind sie
denn wieder fortgefahren. Der verfluchte Demokrat, sagte der eine, hetzt uns durch
Nacht und Nebel. Und wir glaubten ihn heute ganz sicher zu erwischen. Sehen
Sie, wäre mein Mann, der Faulpelz, nicht zu schläfrig gewesen, so wären Sie
jetzt wohl schon kalt wie eine tote Ratte. Aber weil ich ans Fenster ging und
sogleich begriff, was die beiden im Schilde führten, so ist die Geschichte noch mal
gut abgelaufen. Aber nehmen Sie sich in Zukunft in acht. Die Herren tragen
nicht zum Spaß Pistolen im Gürtel.

Ich danke Ihnen für Ihre Sorge um meine Person, gute Frau, entgegnete
der Marquis, aber ich glaube, Ihre Furcht ist unbegründet. Ich bin nicht der,
den jene suchen. Es muß sich hier um ein Mißverständnis, eine Verwechslung
handeln. Wenn von einem Demokraten die Rede war, so kann ich unmöglich ge¬
meint sein. Ich bin Royalist, verstehn Sie?

Die Fran zwinkerte wieder mit einem Auge und nickte. Ich verstehe. Sie
sind Royalist. Man siehts Ihnen ja auch an. Die weiße Kokarde an Ihrem
Hut — l^ha! ... keine Augen im Kopfe haben, wenn man in
^ihnen nicht auf den ersten Blick den Royalisten erkennen wollte! Kleider machen
^ente, und an den Federn erkennt man den Vogel. Schön, mein Herr, ich weiß
^"u, was ich zu sagen habe, wenn wieder einmal ein paar Ihrer Landsleute nach
^hum fragen sollten. Sie sind Royalist! Und dabei stemmte sie die Arme in
die Seiten und schien sich vor Lachen ausschütten zu wollen.

Jetzt erschien der Postillon, um zu melden, daß die Pferde augeschirrt seien,
und sich zugleich von seinen, Passagier zu verabschieden, da er selbst die von Trier
eingetrosfne Postkutsche nach Koblenz zu bringen hatte, während sein Trierer
Kollege die Weiterbeförderung Marignys übernahm.

Der alte Edelmann empfand es wie eine Erlösung, als er glücklich wieder
im Wagen saß und das holprige Pflaster der Moselabderiten hinter sich ließ.
Ohne ein besondres Erlebnis gelangte er an diesem Tage nach Kues, wo die zweite
Nachtrast gehalten wurde. Das Quartier war hier freilich noch dürftiger als in
Kochen, da der Marquis aber der einzige Gast in dem kleinen Dvrfwirtshause
war, so brauchte er sich wenigstens nicht über die zudringliche Neugier fremder,
ihm gleichgiltiger Menschen zu beklagen. Ehe er am nächsten Morgen die Weiter¬
reise antrat, vernahm er durch einen von Trier gekommnen Schiffer, daß in Paris
die Verhandlung gegen Ludwig den Sechzehnten begonnen habe. Nun war keine
Zeit mehr zu verlieren! Wie langsam die Pferde gingen! Wie endlos sich der
Weg dehnte! Umsonst versuchte der ungeduldige Passagier, den Postillon durch
Trinkgelder zur Beschleunigung der Fahrt anzuspornen. Der Mann erklärte, daß
er vor sieben Uhr nicht in Trier eintreffen dürfe; auch könne er bei der Glätte
der Straße — es hatte um die Mittagstunde zu eiseln begonnen — die Knochen
seiner Tiere nicht aufs Spiel setzen. So langte man denn zur vorgeschriebnen Zeit
in der alten Metropole des Mosellandes an.

Als Marigny sich ans der Post nach der nächsten Gelegenheit zur Weiterfahrt
erkundigte, wurde ihm gesagt, daß schon in der Frühe des andern Tags ein Wagen
abgebe, daß es aber wenig Zweck habe, diesen zu benutzen, weil er an der Grenz¬
station Perl den Anschluß an die Diligence nach Diedenhofen doch nicht mehr er-


Grenzboten 111 1903 V,
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[0313] Der Marquis von Marigny Das nicht. Aber es ist gewiß, daß Sie es waren, den sie suchten. Die Beschreibung paßte fast in allen Punkten ganz genau. Nicht wahr, Sie kommen von Mainz? Nein, von Koblenz. Die Wirtin lächelte in ihrer listigen Art. Gewiß, sagte sie, ich verstehe schon. Also Sie kommen von Koblenz. Natür¬ lich, wenn man die Mosel hinausfährt, muß man von Koblenz kommen. Die beiden fragten, ob ein Landsmann von ihnen bei uns zur Nacht eingekehrt wäre. Ich sagte: ja. Aber in der sechsten Stunde sei er wieder abgereist. Ohne Gepäck, wie er gekommen sei. Wahrscheinlich über den Berg nach Eller. Da sind sie denn wieder fortgefahren. Der verfluchte Demokrat, sagte der eine, hetzt uns durch Nacht und Nebel. Und wir glaubten ihn heute ganz sicher zu erwischen. Sehen Sie, wäre mein Mann, der Faulpelz, nicht zu schläfrig gewesen, so wären Sie jetzt wohl schon kalt wie eine tote Ratte. Aber weil ich ans Fenster ging und sogleich begriff, was die beiden im Schilde führten, so ist die Geschichte noch mal gut abgelaufen. Aber nehmen Sie sich in Zukunft in acht. Die Herren tragen nicht zum Spaß Pistolen im Gürtel. Ich danke Ihnen für Ihre Sorge um meine Person, gute Frau, entgegnete der Marquis, aber ich glaube, Ihre Furcht ist unbegründet. Ich bin nicht der, den jene suchen. Es muß sich hier um ein Mißverständnis, eine Verwechslung handeln. Wenn von einem Demokraten die Rede war, so kann ich unmöglich ge¬ meint sein. Ich bin Royalist, verstehn Sie? Die Fran zwinkerte wieder mit einem Auge und nickte. Ich verstehe. Sie sind Royalist. Man siehts Ihnen ja auch an. Die weiße Kokarde an Ihrem Hut — l^ha! ... keine Augen im Kopfe haben, wenn man in ^ihnen nicht auf den ersten Blick den Royalisten erkennen wollte! Kleider machen ^ente, und an den Federn erkennt man den Vogel. Schön, mein Herr, ich weiß ^"u, was ich zu sagen habe, wenn wieder einmal ein paar Ihrer Landsleute nach ^hum fragen sollten. Sie sind Royalist! Und dabei stemmte sie die Arme in die Seiten und schien sich vor Lachen ausschütten zu wollen. Jetzt erschien der Postillon, um zu melden, daß die Pferde augeschirrt seien, und sich zugleich von seinen, Passagier zu verabschieden, da er selbst die von Trier eingetrosfne Postkutsche nach Koblenz zu bringen hatte, während sein Trierer Kollege die Weiterbeförderung Marignys übernahm. Der alte Edelmann empfand es wie eine Erlösung, als er glücklich wieder im Wagen saß und das holprige Pflaster der Moselabderiten hinter sich ließ. Ohne ein besondres Erlebnis gelangte er an diesem Tage nach Kues, wo die zweite Nachtrast gehalten wurde. Das Quartier war hier freilich noch dürftiger als in Kochen, da der Marquis aber der einzige Gast in dem kleinen Dvrfwirtshause war, so brauchte er sich wenigstens nicht über die zudringliche Neugier fremder, ihm gleichgiltiger Menschen zu beklagen. Ehe er am nächsten Morgen die Weiter¬ reise antrat, vernahm er durch einen von Trier gekommnen Schiffer, daß in Paris die Verhandlung gegen Ludwig den Sechzehnten begonnen habe. Nun war keine Zeit mehr zu verlieren! Wie langsam die Pferde gingen! Wie endlos sich der Weg dehnte! Umsonst versuchte der ungeduldige Passagier, den Postillon durch Trinkgelder zur Beschleunigung der Fahrt anzuspornen. Der Mann erklärte, daß er vor sieben Uhr nicht in Trier eintreffen dürfe; auch könne er bei der Glätte der Straße — es hatte um die Mittagstunde zu eiseln begonnen — die Knochen seiner Tiere nicht aufs Spiel setzen. So langte man denn zur vorgeschriebnen Zeit in der alten Metropole des Mosellandes an. Als Marigny sich ans der Post nach der nächsten Gelegenheit zur Weiterfahrt erkundigte, wurde ihm gesagt, daß schon in der Frühe des andern Tags ein Wagen abgebe, daß es aber wenig Zweck habe, diesen zu benutzen, weil er an der Grenz¬ station Perl den Anschluß an die Diligence nach Diedenhofen doch nicht mehr er- Grenzboten 111 1903 V,

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 62, 1903, Drittes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341877_241213/313>, abgerufen am 25.11.2024.