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Die Grenzboten. Jg. 62, 1903, Drittes Vierteljahr.

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Die Attentate förderten die Abneigung gegen Falk. Sie erleichterten auch Bismarck
die Schwenkung, zumal dn die Liberalen das erste Sozialistengesetz abgelehnt hatten
und in der Reichstagsneuwahl schwere Einbuße an Mandaten erlitten. Die Kissinger
Verhandlungen zwischen Bismarck und Masella machten aller Welt den Umschwung
kund. Zu materiellen Vereinbarungen führten diese noch nicht; die sollten erst dnrch
die offiziellen Verhandlungen zwischen dem deutschen Botschafter in Wien und dem
dortigen päpstliche" Nuntius erzielt werden.

Der Friede mit Nom fiel nun allerdings wenig nach Bismnrcks Wünschen aus.
Die Kurie dachte nicht an Nachgiebigkeit und wurde darin augenscheinlich von
Windthorst bestärkt. Statt Zug um Zug (pari x-issa) zur Verständigung zu kommen,
mußte der Staat allein Opfer bringen. Falk schied aus dem Ministerium, neue
Bischöfe wurden wieder eingesetzt, sogar die zuvor vom Staate "abgesetzten" mit
Ausnahme zweier der kompromittiertesten durften in ihre Sprengel zurückkehren.
Ein einziges Zugeständnis schien der Papst machen zu wollen; er sprach in einer
Bulle aus, er könne es dulden, daß die anzustellenden Geistlichen zuvor den Staats¬
behörden namhaft gemacht würden. Dies wurde jedoch zurückgenommen, ehe es in
Kraft getreten war. Der Staat dagegen hob seinen Gerichtshof für kirchliche An¬
gelegenheiten auf, desgleichen die Temporaliensperre, das Gesetz über die Vorbil¬
dung der Geistlichen und das Ordensgesetz. In Kraft blieben im wesentlichen nur
das Zivilehegesetz und das Jesuitengesetz.

Vollständig mißlang der Plan, das Zentrum in einen Flügel der Regierungs¬
partei zu verwandeln. Es hielt sich vollständig unabhängig, nicht nur in Ver-
fassungs- und Steuerfrageu, sondern auch in deu Angelegenheiten der Wehrkraft.
In diesen appellierte Bismarck 1387 an den Papst. Der Staatssekretär Jaeobini
erfüllte seinen Wunsch und erklärte, es sei dem Papst lieb, daß das Zentrum mit
Rücksicht auf die bevorstehende Revision der preußischen Kirchengesetze die Vorlage
über das Septcnnat in jeder möglichen Weise begünstige. Aber das Zentrum wies
diese kirchliche Einmischung in weltliche Angelegenheiten rundweg ub. Seitdem
nahm die Stimmung Btsmarcks gegen das Zentrum wieder einen ganz andern
Charakter an. Daraus erklärt sich sein späterer Haß gegen die Partei Windthorst.
Und doch können wir von Glück sagen, daß der Appell an den Papst nicht zur
stehenden Institution in unsern Angelegenheiten geworden ist.

Die andern Länder waren im Kulturkampf nicht so weit gegangen, hatten
darum auch einen viel einfachern Frieden; namentlich Österreich und Belgien
hatten gar keine Schwierigkeiten, und auch die Schweiz vollzog ihn ohne große
Mühe. In Frankreich ging die Sache umgekehrt. Als Deutschland den Kultur-
kampf führte, war Frankreich klerikal. In den letzten Jahren find die deutsche und
die preußische Regierung auf sehr guten Fuß mit der Kurie gekommen, Frankreich
dagegen hat eine ausgesprochen antiklerikale Kammer. Es werden Gesetze gegen
die ultramontane Kirche durchgeführt, viel schärfer als die deutschen Maigesetze.
Trotzdem bleibt Frankreich immer die "älteste Tochter der Kirche"; gegen Wünsche,
die sogar von deutschen Katholiken eifrig unterstützt wurde", wie die Errichtung
einer katholischen Fakultät in Straßburg, macht sich die Franzvscnfrcundlichkeit im
Vatikan stark geltend. Mit Mühe erlaugt die preußische Regierung, daß ein Bischof
Korum in seine Schranken gewiesen wird.

An der beispiellosen Teilnahme der ganzen Welt an der Krankheit des
Papstes Leo zeigt sich die große Macht, die die Kirche gewonnen hat. In allen
Ländern, allen Parlamenten hat sie ihre Parteien. Im deutschen Reichstag ist die
römische Brigade die feste Truppe, mit der die Regierung rechnen muß, weil alle
übrigen völlig deroutiert sind. Das erregt Erbitterung; Vorschläge, wie dem bei¬
zukommen sei, sind uoch nicht gemacht. Ein lebhaftes Interesse an der Neuwahl
ist übel angebracht, Grund zu einer Änderung der Verhältnisse von Nom aus liegt
nicht vor. Welcher Kardinal auch den Stuhl Petri besetze" wird, er wird immer
ein Vertreter des im Kardinalkollegium, ja in der ganzen Kirche herrschenden jesui-


Die Attentate förderten die Abneigung gegen Falk. Sie erleichterten auch Bismarck
die Schwenkung, zumal dn die Liberalen das erste Sozialistengesetz abgelehnt hatten
und in der Reichstagsneuwahl schwere Einbuße an Mandaten erlitten. Die Kissinger
Verhandlungen zwischen Bismarck und Masella machten aller Welt den Umschwung
kund. Zu materiellen Vereinbarungen führten diese noch nicht; die sollten erst dnrch
die offiziellen Verhandlungen zwischen dem deutschen Botschafter in Wien und dem
dortigen päpstliche» Nuntius erzielt werden.

Der Friede mit Nom fiel nun allerdings wenig nach Bismnrcks Wünschen aus.
Die Kurie dachte nicht an Nachgiebigkeit und wurde darin augenscheinlich von
Windthorst bestärkt. Statt Zug um Zug (pari x-issa) zur Verständigung zu kommen,
mußte der Staat allein Opfer bringen. Falk schied aus dem Ministerium, neue
Bischöfe wurden wieder eingesetzt, sogar die zuvor vom Staate „abgesetzten" mit
Ausnahme zweier der kompromittiertesten durften in ihre Sprengel zurückkehren.
Ein einziges Zugeständnis schien der Papst machen zu wollen; er sprach in einer
Bulle aus, er könne es dulden, daß die anzustellenden Geistlichen zuvor den Staats¬
behörden namhaft gemacht würden. Dies wurde jedoch zurückgenommen, ehe es in
Kraft getreten war. Der Staat dagegen hob seinen Gerichtshof für kirchliche An¬
gelegenheiten auf, desgleichen die Temporaliensperre, das Gesetz über die Vorbil¬
dung der Geistlichen und das Ordensgesetz. In Kraft blieben im wesentlichen nur
das Zivilehegesetz und das Jesuitengesetz.

Vollständig mißlang der Plan, das Zentrum in einen Flügel der Regierungs¬
partei zu verwandeln. Es hielt sich vollständig unabhängig, nicht nur in Ver-
fassungs- und Steuerfrageu, sondern auch in deu Angelegenheiten der Wehrkraft.
In diesen appellierte Bismarck 1387 an den Papst. Der Staatssekretär Jaeobini
erfüllte seinen Wunsch und erklärte, es sei dem Papst lieb, daß das Zentrum mit
Rücksicht auf die bevorstehende Revision der preußischen Kirchengesetze die Vorlage
über das Septcnnat in jeder möglichen Weise begünstige. Aber das Zentrum wies
diese kirchliche Einmischung in weltliche Angelegenheiten rundweg ub. Seitdem
nahm die Stimmung Btsmarcks gegen das Zentrum wieder einen ganz andern
Charakter an. Daraus erklärt sich sein späterer Haß gegen die Partei Windthorst.
Und doch können wir von Glück sagen, daß der Appell an den Papst nicht zur
stehenden Institution in unsern Angelegenheiten geworden ist.

Die andern Länder waren im Kulturkampf nicht so weit gegangen, hatten
darum auch einen viel einfachern Frieden; namentlich Österreich und Belgien
hatten gar keine Schwierigkeiten, und auch die Schweiz vollzog ihn ohne große
Mühe. In Frankreich ging die Sache umgekehrt. Als Deutschland den Kultur-
kampf führte, war Frankreich klerikal. In den letzten Jahren find die deutsche und
die preußische Regierung auf sehr guten Fuß mit der Kurie gekommen, Frankreich
dagegen hat eine ausgesprochen antiklerikale Kammer. Es werden Gesetze gegen
die ultramontane Kirche durchgeführt, viel schärfer als die deutschen Maigesetze.
Trotzdem bleibt Frankreich immer die „älteste Tochter der Kirche"; gegen Wünsche,
die sogar von deutschen Katholiken eifrig unterstützt wurde«, wie die Errichtung
einer katholischen Fakultät in Straßburg, macht sich die Franzvscnfrcundlichkeit im
Vatikan stark geltend. Mit Mühe erlaugt die preußische Regierung, daß ein Bischof
Korum in seine Schranken gewiesen wird.

An der beispiellosen Teilnahme der ganzen Welt an der Krankheit des
Papstes Leo zeigt sich die große Macht, die die Kirche gewonnen hat. In allen
Ländern, allen Parlamenten hat sie ihre Parteien. Im deutschen Reichstag ist die
römische Brigade die feste Truppe, mit der die Regierung rechnen muß, weil alle
übrigen völlig deroutiert sind. Das erregt Erbitterung; Vorschläge, wie dem bei¬
zukommen sei, sind uoch nicht gemacht. Ein lebhaftes Interesse an der Neuwahl
ist übel angebracht, Grund zu einer Änderung der Verhältnisse von Nom aus liegt
nicht vor. Welcher Kardinal auch den Stuhl Petri besetze» wird, er wird immer
ein Vertreter des im Kardinalkollegium, ja in der ganzen Kirche herrschenden jesui-


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[0192] Die Attentate förderten die Abneigung gegen Falk. Sie erleichterten auch Bismarck die Schwenkung, zumal dn die Liberalen das erste Sozialistengesetz abgelehnt hatten und in der Reichstagsneuwahl schwere Einbuße an Mandaten erlitten. Die Kissinger Verhandlungen zwischen Bismarck und Masella machten aller Welt den Umschwung kund. Zu materiellen Vereinbarungen führten diese noch nicht; die sollten erst dnrch die offiziellen Verhandlungen zwischen dem deutschen Botschafter in Wien und dem dortigen päpstliche» Nuntius erzielt werden. Der Friede mit Nom fiel nun allerdings wenig nach Bismnrcks Wünschen aus. Die Kurie dachte nicht an Nachgiebigkeit und wurde darin augenscheinlich von Windthorst bestärkt. Statt Zug um Zug (pari x-issa) zur Verständigung zu kommen, mußte der Staat allein Opfer bringen. Falk schied aus dem Ministerium, neue Bischöfe wurden wieder eingesetzt, sogar die zuvor vom Staate „abgesetzten" mit Ausnahme zweier der kompromittiertesten durften in ihre Sprengel zurückkehren. Ein einziges Zugeständnis schien der Papst machen zu wollen; er sprach in einer Bulle aus, er könne es dulden, daß die anzustellenden Geistlichen zuvor den Staats¬ behörden namhaft gemacht würden. Dies wurde jedoch zurückgenommen, ehe es in Kraft getreten war. Der Staat dagegen hob seinen Gerichtshof für kirchliche An¬ gelegenheiten auf, desgleichen die Temporaliensperre, das Gesetz über die Vorbil¬ dung der Geistlichen und das Ordensgesetz. In Kraft blieben im wesentlichen nur das Zivilehegesetz und das Jesuitengesetz. Vollständig mißlang der Plan, das Zentrum in einen Flügel der Regierungs¬ partei zu verwandeln. Es hielt sich vollständig unabhängig, nicht nur in Ver- fassungs- und Steuerfrageu, sondern auch in deu Angelegenheiten der Wehrkraft. In diesen appellierte Bismarck 1387 an den Papst. Der Staatssekretär Jaeobini erfüllte seinen Wunsch und erklärte, es sei dem Papst lieb, daß das Zentrum mit Rücksicht auf die bevorstehende Revision der preußischen Kirchengesetze die Vorlage über das Septcnnat in jeder möglichen Weise begünstige. Aber das Zentrum wies diese kirchliche Einmischung in weltliche Angelegenheiten rundweg ub. Seitdem nahm die Stimmung Btsmarcks gegen das Zentrum wieder einen ganz andern Charakter an. Daraus erklärt sich sein späterer Haß gegen die Partei Windthorst. Und doch können wir von Glück sagen, daß der Appell an den Papst nicht zur stehenden Institution in unsern Angelegenheiten geworden ist. Die andern Länder waren im Kulturkampf nicht so weit gegangen, hatten darum auch einen viel einfachern Frieden; namentlich Österreich und Belgien hatten gar keine Schwierigkeiten, und auch die Schweiz vollzog ihn ohne große Mühe. In Frankreich ging die Sache umgekehrt. Als Deutschland den Kultur- kampf führte, war Frankreich klerikal. In den letzten Jahren find die deutsche und die preußische Regierung auf sehr guten Fuß mit der Kurie gekommen, Frankreich dagegen hat eine ausgesprochen antiklerikale Kammer. Es werden Gesetze gegen die ultramontane Kirche durchgeführt, viel schärfer als die deutschen Maigesetze. Trotzdem bleibt Frankreich immer die „älteste Tochter der Kirche"; gegen Wünsche, die sogar von deutschen Katholiken eifrig unterstützt wurde«, wie die Errichtung einer katholischen Fakultät in Straßburg, macht sich die Franzvscnfrcundlichkeit im Vatikan stark geltend. Mit Mühe erlaugt die preußische Regierung, daß ein Bischof Korum in seine Schranken gewiesen wird. An der beispiellosen Teilnahme der ganzen Welt an der Krankheit des Papstes Leo zeigt sich die große Macht, die die Kirche gewonnen hat. In allen Ländern, allen Parlamenten hat sie ihre Parteien. Im deutschen Reichstag ist die römische Brigade die feste Truppe, mit der die Regierung rechnen muß, weil alle übrigen völlig deroutiert sind. Das erregt Erbitterung; Vorschläge, wie dem bei¬ zukommen sei, sind uoch nicht gemacht. Ein lebhaftes Interesse an der Neuwahl ist übel angebracht, Grund zu einer Änderung der Verhältnisse von Nom aus liegt nicht vor. Welcher Kardinal auch den Stuhl Petri besetze» wird, er wird immer ein Vertreter des im Kardinalkollegium, ja in der ganzen Kirche herrschenden jesui-

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 62, 1903, Drittes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341877_241213/192>, abgerufen am 09.11.2024.