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Die Grenzboten. Jg. 62, 1903, Erstes Vierteljahr.

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ebenso maulfaul und in sich versunken wie früher, Prorwin sah ebenso frisch, keck
und -- nichtssagend aus.

Ich sprach meine Anerkennung ihrer gestrigen Leistungen aus. Nemirow hörte
schweigend zu und suchte mit den Augen an der Wand umher, Prorwin winkte
verächtlich mit der Hand.

Hat was zu sagen! antwortete er. Gewohnheitsache. Aber Sie, Alexander
Andrejewitsch! Ich habe mit dem Brandmeister auf ein ganzes Faß Bier wetten
wollen, daß Sie hexen könnten. Die Wette kam aber nicht zustande, weil er das¬
selbe behauptete.

Ich sah ihn mißtrauisch an. Ich fürchtete eine Neckerei.

Nein, im Ernst, beteuerte er, in weniger als einer Viertelstunde einen solchen
Haufen von Leuten an die Spritzen zu bringen, das ist ein Kunststück, das man
sub ohne Hexerei nicht denken kann. Das hat vor Ihnen noch nie jemand zustande
gebracht, und so sagt leider der Brandmeister auch.

Es war wunderbar, bestätigte Nemirow und starrte in eine Ecke des Zimmers.

Es ist aber doch einfach, erklärte ich. Die Leute helfen gern. Sie fürchten
"ur Gewaltsamkeit. Ich redete ihnen freundlich. . .

Prorwin lachte. Ach, gehn Sie doch! sagte er. Halten Sie uns für Kinder?
Zureden, und noch sogar freundliches, soll ziehn bei dieser faulen, zuchtlosen Bande?
-"H, Alexander Andrejewitsch, spannen Sie um. Wir haben auch alles mögliche
Ersucht. Ohne Gewalt kann man mit dem Gesinde! nichts anfangen.

Schändliches Volk! sagte Nemirow zustimmend und ließ die Augen an dem
Ofen haften.

Sie tun unsern Städtern gewiß Unrecht, sagte ich ernst. Ich bin erst kurze
Zeit hier, aber ich habe mich schon überzeugt, daß die Mehrzahl. . .

Und so weiter, wie der Brandmeister sagt, fiel Prorwin ein. Streue" Sie
uns keinen Sand in die Augen. Wir haben uns mit dem Brandmeister schon aus¬
gerechnet, daß Sie das ganze Kunststück durch das Fräulein ins Werk gesetzt haben.
hat mit den Leuten gesprochen. Da steckt das Geheimnis. Und daß die Leute
>us von ihr haben erbitten lassen -- nun, wissen Sie, Alexander Andrejewitsch,
-es bin kein Verehrer von Unterröcken, aber ich kann Ihnen nur gratulieren. Wenn
Peter Arkadijewitsch dagewesen wäre, hätte ihn der Neid toll gemacht. Eine Bekannt¬
schaft von früher her, was? Zufällig hier in der Stadt wiedergefunden?

Guido hatte sich bis jetzt uicht an dem Gespräche beteiligt, nur einige ver¬
ächtliche Blicke auf uns geworfen und seinen Tee bereitet. Ich hatte ihn bei meinem
Eintritt auch freundlicher begrüßt als sonst. Was konnte ich wissen! Vielleicht
War auch er ein ganz brauchbarer Mensch, und ihm fehlte nur die richtige Be¬
lustigung. Als die Rede auf das Fräulein kam. erwachte seine Teilnahme. Er
,/igte uns zum Tee und erkundigte sich ausführlich nach den gestrigen Vor¬
gängen.

^ Aha, schmunzelte Iwan, indem er frische Kohlen in die Teemaschine tat,
^gorow wollte vorhin von dem gestrigen Feuer erzählen. Da hat Peter Arkadi-
x "Ich beliebt ihn hinauszujagen. Aber wie jetzt ein Fräulein dabei gewesen ist,
ör"ge er selbst.

Das geht dich nichts an, Dummkopf, fuhr Guido ihn an. Mach, daß du
fortkommst.

Der Krüppel stopfte mit Pfiffigen Lächeln seine Pfeife und ging hinaus.

Guido erhielt ausführlichen Bericht. Prorwin schilderte das Auftreten der
lungen Dame in seiner derben und lustigen Weise. Die Darstellung war nicht ganz
mehlig, denn nach seinen Worten wäre das Fräulein mit mir gekommen und von
nur z"in Regeln der Pumpzeit angestellt worden. Ich schwieg, da ich von der Un¬
möglichkeit überzeugt war, mit meinem Widerspruch Glauben zu finden, und da
Prorwin nichts äußerte, was eine Beleidigung oder eine Anzüglichkeit enthalten
hatte. Dazu setzte er das Fräulein in das beste Licht und bedauerte Guido, als


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ebenso maulfaul und in sich versunken wie früher, Prorwin sah ebenso frisch, keck
und — nichtssagend aus.

Ich sprach meine Anerkennung ihrer gestrigen Leistungen aus. Nemirow hörte
schweigend zu und suchte mit den Augen an der Wand umher, Prorwin winkte
verächtlich mit der Hand.

Hat was zu sagen! antwortete er. Gewohnheitsache. Aber Sie, Alexander
Andrejewitsch! Ich habe mit dem Brandmeister auf ein ganzes Faß Bier wetten
wollen, daß Sie hexen könnten. Die Wette kam aber nicht zustande, weil er das¬
selbe behauptete.

Ich sah ihn mißtrauisch an. Ich fürchtete eine Neckerei.

Nein, im Ernst, beteuerte er, in weniger als einer Viertelstunde einen solchen
Haufen von Leuten an die Spritzen zu bringen, das ist ein Kunststück, das man
sub ohne Hexerei nicht denken kann. Das hat vor Ihnen noch nie jemand zustande
gebracht, und so sagt leider der Brandmeister auch.

Es war wunderbar, bestätigte Nemirow und starrte in eine Ecke des Zimmers.

Es ist aber doch einfach, erklärte ich. Die Leute helfen gern. Sie fürchten
"ur Gewaltsamkeit. Ich redete ihnen freundlich. . .

Prorwin lachte. Ach, gehn Sie doch! sagte er. Halten Sie uns für Kinder?
Zureden, und noch sogar freundliches, soll ziehn bei dieser faulen, zuchtlosen Bande?
-"H, Alexander Andrejewitsch, spannen Sie um. Wir haben auch alles mögliche
Ersucht. Ohne Gewalt kann man mit dem Gesinde! nichts anfangen.

Schändliches Volk! sagte Nemirow zustimmend und ließ die Augen an dem
Ofen haften.

Sie tun unsern Städtern gewiß Unrecht, sagte ich ernst. Ich bin erst kurze
Zeit hier, aber ich habe mich schon überzeugt, daß die Mehrzahl. . .

Und so weiter, wie der Brandmeister sagt, fiel Prorwin ein. Streue» Sie
uns keinen Sand in die Augen. Wir haben uns mit dem Brandmeister schon aus¬
gerechnet, daß Sie das ganze Kunststück durch das Fräulein ins Werk gesetzt haben.
hat mit den Leuten gesprochen. Da steckt das Geheimnis. Und daß die Leute
>us von ihr haben erbitten lassen — nun, wissen Sie, Alexander Andrejewitsch,
-es bin kein Verehrer von Unterröcken, aber ich kann Ihnen nur gratulieren. Wenn
Peter Arkadijewitsch dagewesen wäre, hätte ihn der Neid toll gemacht. Eine Bekannt¬
schaft von früher her, was? Zufällig hier in der Stadt wiedergefunden?

Guido hatte sich bis jetzt uicht an dem Gespräche beteiligt, nur einige ver¬
ächtliche Blicke auf uns geworfen und seinen Tee bereitet. Ich hatte ihn bei meinem
Eintritt auch freundlicher begrüßt als sonst. Was konnte ich wissen! Vielleicht
War auch er ein ganz brauchbarer Mensch, und ihm fehlte nur die richtige Be¬
lustigung. Als die Rede auf das Fräulein kam. erwachte seine Teilnahme. Er
,/igte uns zum Tee und erkundigte sich ausführlich nach den gestrigen Vor¬
gängen.

^ Aha, schmunzelte Iwan, indem er frische Kohlen in die Teemaschine tat,
^gorow wollte vorhin von dem gestrigen Feuer erzählen. Da hat Peter Arkadi-
x "Ich beliebt ihn hinauszujagen. Aber wie jetzt ein Fräulein dabei gewesen ist,
ör"ge er selbst.

Das geht dich nichts an, Dummkopf, fuhr Guido ihn an. Mach, daß du
fortkommst.

Der Krüppel stopfte mit Pfiffigen Lächeln seine Pfeife und ging hinaus.

Guido erhielt ausführlichen Bericht. Prorwin schilderte das Auftreten der
lungen Dame in seiner derben und lustigen Weise. Die Darstellung war nicht ganz
mehlig, denn nach seinen Worten wäre das Fräulein mit mir gekommen und von
nur z»in Regeln der Pumpzeit angestellt worden. Ich schwieg, da ich von der Un¬
möglichkeit überzeugt war, mit meinem Widerspruch Glauben zu finden, und da
Prorwin nichts äußerte, was eine Beleidigung oder eine Anzüglichkeit enthalten
hatte. Dazu setzte er das Fräulein in das beste Licht und bedauerte Guido, als


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[0741] Feuerl ebenso maulfaul und in sich versunken wie früher, Prorwin sah ebenso frisch, keck und — nichtssagend aus. Ich sprach meine Anerkennung ihrer gestrigen Leistungen aus. Nemirow hörte schweigend zu und suchte mit den Augen an der Wand umher, Prorwin winkte verächtlich mit der Hand. Hat was zu sagen! antwortete er. Gewohnheitsache. Aber Sie, Alexander Andrejewitsch! Ich habe mit dem Brandmeister auf ein ganzes Faß Bier wetten wollen, daß Sie hexen könnten. Die Wette kam aber nicht zustande, weil er das¬ selbe behauptete. Ich sah ihn mißtrauisch an. Ich fürchtete eine Neckerei. Nein, im Ernst, beteuerte er, in weniger als einer Viertelstunde einen solchen Haufen von Leuten an die Spritzen zu bringen, das ist ein Kunststück, das man sub ohne Hexerei nicht denken kann. Das hat vor Ihnen noch nie jemand zustande gebracht, und so sagt leider der Brandmeister auch. Es war wunderbar, bestätigte Nemirow und starrte in eine Ecke des Zimmers. Es ist aber doch einfach, erklärte ich. Die Leute helfen gern. Sie fürchten "ur Gewaltsamkeit. Ich redete ihnen freundlich. . . Prorwin lachte. Ach, gehn Sie doch! sagte er. Halten Sie uns für Kinder? Zureden, und noch sogar freundliches, soll ziehn bei dieser faulen, zuchtlosen Bande? -"H, Alexander Andrejewitsch, spannen Sie um. Wir haben auch alles mögliche Ersucht. Ohne Gewalt kann man mit dem Gesinde! nichts anfangen. Schändliches Volk! sagte Nemirow zustimmend und ließ die Augen an dem Ofen haften. Sie tun unsern Städtern gewiß Unrecht, sagte ich ernst. Ich bin erst kurze Zeit hier, aber ich habe mich schon überzeugt, daß die Mehrzahl. . . Und so weiter, wie der Brandmeister sagt, fiel Prorwin ein. Streue» Sie uns keinen Sand in die Augen. Wir haben uns mit dem Brandmeister schon aus¬ gerechnet, daß Sie das ganze Kunststück durch das Fräulein ins Werk gesetzt haben. hat mit den Leuten gesprochen. Da steckt das Geheimnis. Und daß die Leute >us von ihr haben erbitten lassen — nun, wissen Sie, Alexander Andrejewitsch, -es bin kein Verehrer von Unterröcken, aber ich kann Ihnen nur gratulieren. Wenn Peter Arkadijewitsch dagewesen wäre, hätte ihn der Neid toll gemacht. Eine Bekannt¬ schaft von früher her, was? Zufällig hier in der Stadt wiedergefunden? Guido hatte sich bis jetzt uicht an dem Gespräche beteiligt, nur einige ver¬ ächtliche Blicke auf uns geworfen und seinen Tee bereitet. Ich hatte ihn bei meinem Eintritt auch freundlicher begrüßt als sonst. Was konnte ich wissen! Vielleicht War auch er ein ganz brauchbarer Mensch, und ihm fehlte nur die richtige Be¬ lustigung. Als die Rede auf das Fräulein kam. erwachte seine Teilnahme. Er ,/igte uns zum Tee und erkundigte sich ausführlich nach den gestrigen Vor¬ gängen. ^ Aha, schmunzelte Iwan, indem er frische Kohlen in die Teemaschine tat, ^gorow wollte vorhin von dem gestrigen Feuer erzählen. Da hat Peter Arkadi- x "Ich beliebt ihn hinauszujagen. Aber wie jetzt ein Fräulein dabei gewesen ist, ör"ge er selbst. Das geht dich nichts an, Dummkopf, fuhr Guido ihn an. Mach, daß du fortkommst. Der Krüppel stopfte mit Pfiffigen Lächeln seine Pfeife und ging hinaus. Guido erhielt ausführlichen Bericht. Prorwin schilderte das Auftreten der lungen Dame in seiner derben und lustigen Weise. Die Darstellung war nicht ganz mehlig, denn nach seinen Worten wäre das Fräulein mit mir gekommen und von nur z»in Regeln der Pumpzeit angestellt worden. Ich schwieg, da ich von der Un¬ möglichkeit überzeugt war, mit meinem Widerspruch Glauben zu finden, und da Prorwin nichts äußerte, was eine Beleidigung oder eine Anzüglichkeit enthalten hatte. Dazu setzte er das Fräulein in das beste Licht und bedauerte Guido, als

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 62, 1903, Erstes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341877_239555/741>, abgerufen am 24.11.2024.