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Die Grenzboten. Jg. 62, 1903, Erstes Vierteljahr.

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andern, was eineni durch den Kopf geht, nichts geworden wäre, wenn die beiden
jungen Mädchen die Sache nicht mit dem größten Eifer erfaßt und mit einer
Energie durchgesetzt hätten, die mir um so erstaunlicher erscheint, je mehr ich mich
bemühe, mir deu Zusammenhang der Dinge zu vergegenwärtigen. Da es bei solchen
Veranstaltungen immer jemand geben muß, dem zu Ehren die Sache stattfindet,
der überrascht zu sein vorgibt und gefeiert wird, so war diesesmal der Oheim der
hierzu ciuserseheue. Der Plan wurde vor ihm als Geheimnis verwahrt, und seine
Frau traf als Mitwisserin das schwere Los, den immer erneuten Anforderungen
gerecht zu werden, die wir an sie stellen mußten, um unsern Plan verwirklichen
zu köunen. Ich glaube, sie hätte ihn uns gern ausgeredet, wenn sie sich in
ihrer Herzensgüte hätte entschließen könne", uns um ein Vergnügen zu bringen,
und als sie dann einmal a gesagt hatte, blieb ihr freilich auch nichts übrig, als
das ganze Alphabet bis aufs dz durchzubuchstabieren. Als Thespiskarren stand
uns das ganze "drübensche" Haus zur Verfügung, wenn es uns gelang, die dort
einquartierten Gespenster zu vertreiben, und einen sehr schönen, großen, zweiteiligen
Vorhang, mit Hilfe dessen man von dem größten Zimmer des ersten Stockes ein
Drittel ableiten konnte, gab es auch. Das war freilich nicht viel, aber den Zuaven,
die sich bekanntlich in der Krim zu vorzüglichen Schauspielern und Schauspielerinnen
ausgebildet hatten, hatte ursprünglich auch das gefehlt; nur daß sie freilich über
begabte Kräfte verfügt hatten, und daß, die erste Bedingung mimischen Erfolgs,
ein zahlreiches, empfängliches, dankbares und beifnllfreudiges Publikum zur Stelle
gewesen war.

Was die Gespenster anlangte, so war es allerdings schwer, zu behaupten, daß
es nicht gespukt habe, da der alte Schäfer nach Dunkelwerden deutlich von außen
schwere Tritte auf der innern Holztreppe des Hauses gehört hatte. Niemand hätte
dem alten Manne, für den sogar die Zukunft keine Geheimnisse hatte, zutrauen
mögen, daß er sich geirrt, oder daß er gar geflunkert habe, und weder die beiden
jungen Damen noch meine kleinen Vettern fanden die Sache geheuer genug, daß
eins von ihnen abends allein hinüber in das verlassene Haus hätte gehn mögen.
Aber da ich dem, was an langen Winterabenden an Spukgeschichten erzählt worden
war, nicht beigewohnt hatte, so war es mir um so leichter, den Tapfern zu spielen,
als niir dnrch Wilhelm Friedrich, der am Tage meiner Ankunft den Spitzenreiter
gemacht hatte und was zimmern, leimen, schnitzen und anstreichen anlangte, ein
zweiter Mieding war, über die Vorgänge im "drübenschen" Hause beruhigende Aus¬
kunft erteilt worden war. Den alten Schäfer brauchte in der Tat sein Gehör nicht
getäuscht zu haben, er konnte mit den Schritten, die er auf der Treppe vernommen
haben wollte, im Rechte sein, nur daß die, deren Füße an dem Geräusch Schuld
hatten, keine Gespenster gewesen waren. Man brauchte sich vor ihnen, das wußte
Wilhelm Friedrich, nicht zu fürchten. Ein von ungefähr oder vielleicht auch nicht
ganz von ungefähr in die Hände des Hofgesindes gekommner Schlüssel, und Liebes¬
erklärungen, die auch in Forksdorf nicht a,Ä e^Isnäg." ^raeeas verschoben werden
konnten, waren das ganze Geheimnis, und solange wir drüben probiert haben, hat
sich denn auch keins der Gespenster hören oder sehen lassen.

Ohne den schauspielerischen Leistungen meiner Communen und den meinen zu
nahe treten zu wollen, muß ich doch sage", daß schließlich der Aufhalt der Bühne
bei der ganzen Sache das erstaunlichste und gelungenste gewesen sein dürfte, und
den hatten lauter Leute zuwege gebracht, von denen man, wenn man sie gehn und
stehn sah, geglaubt hätte, sie könnten nicht bis drei zählen. Glücklicherweise er¬
forderte das Stück weder Versenkungen noch Aufzüge (lites), sonst, davon bin ich
überzeugt, würden in dem Feuereifer, mit dem gearbeitet wurde, Decke und Diele,
Bretter und Balken ohne Erbarmen durchgesägt worden sein, damit Samiel in die
Unterwelt oder die Fee Paribanu in den Dachstuhl hätte fahren können. Es gab
ein Podium und einen Prospekt, es gab Kulissen, es gab Soffiten, und es gab
am Schluß bengalisches Feuer. Darüber, welcher Genius damit beleuchtet wurde,


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andern, was eineni durch den Kopf geht, nichts geworden wäre, wenn die beiden
jungen Mädchen die Sache nicht mit dem größten Eifer erfaßt und mit einer
Energie durchgesetzt hätten, die mir um so erstaunlicher erscheint, je mehr ich mich
bemühe, mir deu Zusammenhang der Dinge zu vergegenwärtigen. Da es bei solchen
Veranstaltungen immer jemand geben muß, dem zu Ehren die Sache stattfindet,
der überrascht zu sein vorgibt und gefeiert wird, so war diesesmal der Oheim der
hierzu ciuserseheue. Der Plan wurde vor ihm als Geheimnis verwahrt, und seine
Frau traf als Mitwisserin das schwere Los, den immer erneuten Anforderungen
gerecht zu werden, die wir an sie stellen mußten, um unsern Plan verwirklichen
zu köunen. Ich glaube, sie hätte ihn uns gern ausgeredet, wenn sie sich in
ihrer Herzensgüte hätte entschließen könne», uns um ein Vergnügen zu bringen,
und als sie dann einmal a gesagt hatte, blieb ihr freilich auch nichts übrig, als
das ganze Alphabet bis aufs dz durchzubuchstabieren. Als Thespiskarren stand
uns das ganze „drübensche" Haus zur Verfügung, wenn es uns gelang, die dort
einquartierten Gespenster zu vertreiben, und einen sehr schönen, großen, zweiteiligen
Vorhang, mit Hilfe dessen man von dem größten Zimmer des ersten Stockes ein
Drittel ableiten konnte, gab es auch. Das war freilich nicht viel, aber den Zuaven,
die sich bekanntlich in der Krim zu vorzüglichen Schauspielern und Schauspielerinnen
ausgebildet hatten, hatte ursprünglich auch das gefehlt; nur daß sie freilich über
begabte Kräfte verfügt hatten, und daß, die erste Bedingung mimischen Erfolgs,
ein zahlreiches, empfängliches, dankbares und beifnllfreudiges Publikum zur Stelle
gewesen war.

Was die Gespenster anlangte, so war es allerdings schwer, zu behaupten, daß
es nicht gespukt habe, da der alte Schäfer nach Dunkelwerden deutlich von außen
schwere Tritte auf der innern Holztreppe des Hauses gehört hatte. Niemand hätte
dem alten Manne, für den sogar die Zukunft keine Geheimnisse hatte, zutrauen
mögen, daß er sich geirrt, oder daß er gar geflunkert habe, und weder die beiden
jungen Damen noch meine kleinen Vettern fanden die Sache geheuer genug, daß
eins von ihnen abends allein hinüber in das verlassene Haus hätte gehn mögen.
Aber da ich dem, was an langen Winterabenden an Spukgeschichten erzählt worden
war, nicht beigewohnt hatte, so war es mir um so leichter, den Tapfern zu spielen,
als niir dnrch Wilhelm Friedrich, der am Tage meiner Ankunft den Spitzenreiter
gemacht hatte und was zimmern, leimen, schnitzen und anstreichen anlangte, ein
zweiter Mieding war, über die Vorgänge im „drübenschen" Hause beruhigende Aus¬
kunft erteilt worden war. Den alten Schäfer brauchte in der Tat sein Gehör nicht
getäuscht zu haben, er konnte mit den Schritten, die er auf der Treppe vernommen
haben wollte, im Rechte sein, nur daß die, deren Füße an dem Geräusch Schuld
hatten, keine Gespenster gewesen waren. Man brauchte sich vor ihnen, das wußte
Wilhelm Friedrich, nicht zu fürchten. Ein von ungefähr oder vielleicht auch nicht
ganz von ungefähr in die Hände des Hofgesindes gekommner Schlüssel, und Liebes¬
erklärungen, die auch in Forksdorf nicht a,Ä e^Isnäg.« ^raeeas verschoben werden
konnten, waren das ganze Geheimnis, und solange wir drüben probiert haben, hat
sich denn auch keins der Gespenster hören oder sehen lassen.

Ohne den schauspielerischen Leistungen meiner Communen und den meinen zu
nahe treten zu wollen, muß ich doch sage», daß schließlich der Aufhalt der Bühne
bei der ganzen Sache das erstaunlichste und gelungenste gewesen sein dürfte, und
den hatten lauter Leute zuwege gebracht, von denen man, wenn man sie gehn und
stehn sah, geglaubt hätte, sie könnten nicht bis drei zählen. Glücklicherweise er¬
forderte das Stück weder Versenkungen noch Aufzüge (lites), sonst, davon bin ich
überzeugt, würden in dem Feuereifer, mit dem gearbeitet wurde, Decke und Diele,
Bretter und Balken ohne Erbarmen durchgesägt worden sein, damit Samiel in die
Unterwelt oder die Fee Paribanu in den Dachstuhl hätte fahren können. Es gab
ein Podium und einen Prospekt, es gab Kulissen, es gab Soffiten, und es gab
am Schluß bengalisches Feuer. Darüber, welcher Genius damit beleuchtet wurde,


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 62, 1903, Erstes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341877_239555/736>, abgerufen am 28.07.2024.