Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Die Grenzboten. Jg. 62, 1903, Erstes Vierteljahr.

Bild:
<< vorherige Seite
Moderne englische Zchutzzöllner

wurde, zumal da sich die Gefahr als drohender herausgestellt hatte, als er¬
wartet worden war!

Diese Forderungen fanden ihren Ausdruck in der Schrift: Ug,als in 6<zr-
mg-my von E. E. Williams (übersetzt von C, Wittmann; Dresden und Leipzig,
1896), Sie will das britische Publikum über die Bedeutung des deutschen
Handels mit Jndustriewaren aus dem englischen Markt, zum Teil auch auf
audern Märkten, aufklären, vor allem aber dnrch die Darstellung der deutschen
Methoden des Handels und der Industrie auch den englischen Kaufleuten und
Fabrikanten einen Ansporn zur Verbesserung ihrer eignen Methoden geben.
Diesen agitatorischen Charakter verleugnet die Schrift nirgends, obwohl der
Verfasser nach objektiver Darstellung strebt. Namentlich gelingt es Williams
nicht, die gewöhnlichen Vorurteile der Engländer gegenüber den Deutschen zu
überwinden. Er sieht in dem Vordringen des deutschen Handels zum großen
Teil den Erfolg der Nachahmung englischer Muster, der Fälschung von
Warenzeichen und Firmennamen und ähnlicher Kunstgriffe, die zwar vor
gekommen sein mögen, die aber doch nicht genügen, den Fortschritt einer
großen Industrie zu erklären, zumal da dieser Fortschritt nach den Zahlen
von Williams, der das Jahr 1895, ein Jahr der Depression des englischen
Handels, zum Vergleich gestellt hat, noch größer erscheint, als er in Wirt
lichkeit war.

Immerhin hat auch Williams ein Auge für die Vorzüge des deutsche!"
Handels, und gerade diese Darstellung der Ursachen des deutschen Vordringens
vom Standpunkte des patriotischen Engländers macht einen Hauptreiz des
Buches aus, während die praktischen Folgerungen nur ganz kurz skizziert sind.
Diese Ursachen sieht der Verfasser in folgenden Tntsachen: Der deutsche
Handel sei unternehmender und gewandter als der englische. Er passe sich
besser den Bedürfnissen des fremden Landes an, mache seine Offerten in
fremder Sprache und nach fremdem Maß und Gewicht. Der deutsche Kauf¬
mann berücksichtige jeden Wunsch seiner Kunden, auch in Bezug auf künst¬
lerische Ausstattung und Verpackung der Waren, er nehme auch die kleinsten
Bestellungen an, während der Engländer nur größere Auftrüge wünsche.
Anderseits sei auch die deutsche Industrie geneigt, jederzeit die Wünsche eines
Kunden zu berücksichtigen. Sie wende die neusten und besten Produktions
Methoden an, erziele nur wenig Abfälle, die oft noch zu andern Zwecken ver
warte würden, besonders in der chemischen Industrie, in der auch die Ver
bindnng mit der Wissenschaft, der Deutschland so große Erfolge verdanke, am
engsten sei. Dagegen ist Williams nicht der Ansicht, daß niedrige Löhne die
Ursache der billigen Produktion seien. Er kennt die Schwierigkeiten einer
richtigen Lohnstatistik und hält demgemäß mit seinem Urteil zurück, obwohl er
annimmt, daß im allgemeinen die Löhne in England höher seien als in
Deutschland. Er gibt aber zu, daß auch der umgekehrte Fall vorkomme. Auch
die englische Meinung von der Kapitalnrmnt der Deutschen hält Williams
für übertrieben. Jedenfalls zeige sie sich in der Ausstattung der Industrie
mit den nötigen Betriebsmitteln nicht. Hier seien vielmehr jederzeit die besten
Arbeitsmittel vorhanden, zumal da auch der Staat durch seiue Tätigkeit zur
Hebung der Industrie immer Arbeitsgelegenheit liefere.


Moderne englische Zchutzzöllner

wurde, zumal da sich die Gefahr als drohender herausgestellt hatte, als er¬
wartet worden war!

Diese Forderungen fanden ihren Ausdruck in der Schrift: Ug,als in 6<zr-
mg-my von E. E. Williams (übersetzt von C, Wittmann; Dresden und Leipzig,
1896), Sie will das britische Publikum über die Bedeutung des deutschen
Handels mit Jndustriewaren aus dem englischen Markt, zum Teil auch auf
audern Märkten, aufklären, vor allem aber dnrch die Darstellung der deutschen
Methoden des Handels und der Industrie auch den englischen Kaufleuten und
Fabrikanten einen Ansporn zur Verbesserung ihrer eignen Methoden geben.
Diesen agitatorischen Charakter verleugnet die Schrift nirgends, obwohl der
Verfasser nach objektiver Darstellung strebt. Namentlich gelingt es Williams
nicht, die gewöhnlichen Vorurteile der Engländer gegenüber den Deutschen zu
überwinden. Er sieht in dem Vordringen des deutschen Handels zum großen
Teil den Erfolg der Nachahmung englischer Muster, der Fälschung von
Warenzeichen und Firmennamen und ähnlicher Kunstgriffe, die zwar vor
gekommen sein mögen, die aber doch nicht genügen, den Fortschritt einer
großen Industrie zu erklären, zumal da dieser Fortschritt nach den Zahlen
von Williams, der das Jahr 1895, ein Jahr der Depression des englischen
Handels, zum Vergleich gestellt hat, noch größer erscheint, als er in Wirt
lichkeit war.

Immerhin hat auch Williams ein Auge für die Vorzüge des deutsche!»
Handels, und gerade diese Darstellung der Ursachen des deutschen Vordringens
vom Standpunkte des patriotischen Engländers macht einen Hauptreiz des
Buches aus, während die praktischen Folgerungen nur ganz kurz skizziert sind.
Diese Ursachen sieht der Verfasser in folgenden Tntsachen: Der deutsche
Handel sei unternehmender und gewandter als der englische. Er passe sich
besser den Bedürfnissen des fremden Landes an, mache seine Offerten in
fremder Sprache und nach fremdem Maß und Gewicht. Der deutsche Kauf¬
mann berücksichtige jeden Wunsch seiner Kunden, auch in Bezug auf künst¬
lerische Ausstattung und Verpackung der Waren, er nehme auch die kleinsten
Bestellungen an, während der Engländer nur größere Auftrüge wünsche.
Anderseits sei auch die deutsche Industrie geneigt, jederzeit die Wünsche eines
Kunden zu berücksichtigen. Sie wende die neusten und besten Produktions
Methoden an, erziele nur wenig Abfälle, die oft noch zu andern Zwecken ver
warte würden, besonders in der chemischen Industrie, in der auch die Ver
bindnng mit der Wissenschaft, der Deutschland so große Erfolge verdanke, am
engsten sei. Dagegen ist Williams nicht der Ansicht, daß niedrige Löhne die
Ursache der billigen Produktion seien. Er kennt die Schwierigkeiten einer
richtigen Lohnstatistik und hält demgemäß mit seinem Urteil zurück, obwohl er
annimmt, daß im allgemeinen die Löhne in England höher seien als in
Deutschland. Er gibt aber zu, daß auch der umgekehrte Fall vorkomme. Auch
die englische Meinung von der Kapitalnrmnt der Deutschen hält Williams
für übertrieben. Jedenfalls zeige sie sich in der Ausstattung der Industrie
mit den nötigen Betriebsmitteln nicht. Hier seien vielmehr jederzeit die besten
Arbeitsmittel vorhanden, zumal da auch der Staat durch seiue Tätigkeit zur
Hebung der Industrie immer Arbeitsgelegenheit liefere.


<TEI>
  <text>
    <body>
      <div>
        <div n="1">
          <pb facs="#f0514" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/240070"/>
          <fw type="header" place="top"> Moderne englische Zchutzzöllner</fw><lb/>
          <p xml:id="ID_2739" prev="#ID_2738"> wurde, zumal da sich die Gefahr als drohender herausgestellt hatte, als er¬<lb/>
wartet worden war!</p><lb/>
          <p xml:id="ID_2740"> Diese Forderungen fanden ihren Ausdruck in der Schrift: Ug,als in 6&lt;zr-<lb/>
mg-my von E. E. Williams (übersetzt von C, Wittmann; Dresden und Leipzig,<lb/>
1896), Sie will das britische Publikum über die Bedeutung des deutschen<lb/>
Handels mit Jndustriewaren aus dem englischen Markt, zum Teil auch auf<lb/>
audern Märkten, aufklären, vor allem aber dnrch die Darstellung der deutschen<lb/>
Methoden des Handels und der Industrie auch den englischen Kaufleuten und<lb/>
Fabrikanten einen Ansporn zur Verbesserung ihrer eignen Methoden geben.<lb/>
Diesen agitatorischen Charakter verleugnet die Schrift nirgends, obwohl der<lb/>
Verfasser nach objektiver Darstellung strebt. Namentlich gelingt es Williams<lb/>
nicht, die gewöhnlichen Vorurteile der Engländer gegenüber den Deutschen zu<lb/>
überwinden. Er sieht in dem Vordringen des deutschen Handels zum großen<lb/>
Teil den Erfolg der Nachahmung englischer Muster, der Fälschung von<lb/>
Warenzeichen und Firmennamen und ähnlicher Kunstgriffe, die zwar vor<lb/>
gekommen sein mögen, die aber doch nicht genügen, den Fortschritt einer<lb/>
großen Industrie zu erklären, zumal da dieser Fortschritt nach den Zahlen<lb/>
von Williams, der das Jahr 1895, ein Jahr der Depression des englischen<lb/>
Handels, zum Vergleich gestellt hat, noch größer erscheint, als er in Wirt<lb/>
lichkeit war.</p><lb/>
          <p xml:id="ID_2741"> Immerhin hat auch Williams ein Auge für die Vorzüge des deutsche!»<lb/>
Handels, und gerade diese Darstellung der Ursachen des deutschen Vordringens<lb/>
vom Standpunkte des patriotischen Engländers macht einen Hauptreiz des<lb/>
Buches aus, während die praktischen Folgerungen nur ganz kurz skizziert sind.<lb/>
Diese Ursachen sieht der Verfasser in folgenden Tntsachen: Der deutsche<lb/>
Handel sei unternehmender und gewandter als der englische. Er passe sich<lb/>
besser den Bedürfnissen des fremden Landes an, mache seine Offerten in<lb/>
fremder Sprache und nach fremdem Maß und Gewicht. Der deutsche Kauf¬<lb/>
mann berücksichtige jeden Wunsch seiner Kunden, auch in Bezug auf künst¬<lb/>
lerische Ausstattung und Verpackung der Waren, er nehme auch die kleinsten<lb/>
Bestellungen an, während der Engländer nur größere Auftrüge wünsche.<lb/>
Anderseits sei auch die deutsche Industrie geneigt, jederzeit die Wünsche eines<lb/>
Kunden zu berücksichtigen. Sie wende die neusten und besten Produktions<lb/>
Methoden an, erziele nur wenig Abfälle, die oft noch zu andern Zwecken ver<lb/>
warte würden, besonders in der chemischen Industrie, in der auch die Ver<lb/>
bindnng mit der Wissenschaft, der Deutschland so große Erfolge verdanke, am<lb/>
engsten sei. Dagegen ist Williams nicht der Ansicht, daß niedrige Löhne die<lb/>
Ursache der billigen Produktion seien. Er kennt die Schwierigkeiten einer<lb/>
richtigen Lohnstatistik und hält demgemäß mit seinem Urteil zurück, obwohl er<lb/>
annimmt, daß im allgemeinen die Löhne in England höher seien als in<lb/>
Deutschland. Er gibt aber zu, daß auch der umgekehrte Fall vorkomme. Auch<lb/>
die englische Meinung von der Kapitalnrmnt der Deutschen hält Williams<lb/>
für übertrieben. Jedenfalls zeige sie sich in der Ausstattung der Industrie<lb/>
mit den nötigen Betriebsmitteln nicht. Hier seien vielmehr jederzeit die besten<lb/>
Arbeitsmittel vorhanden, zumal da auch der Staat durch seiue Tätigkeit zur<lb/>
Hebung der Industrie immer Arbeitsgelegenheit liefere.</p><lb/>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0514] Moderne englische Zchutzzöllner wurde, zumal da sich die Gefahr als drohender herausgestellt hatte, als er¬ wartet worden war! Diese Forderungen fanden ihren Ausdruck in der Schrift: Ug,als in 6<zr- mg-my von E. E. Williams (übersetzt von C, Wittmann; Dresden und Leipzig, 1896), Sie will das britische Publikum über die Bedeutung des deutschen Handels mit Jndustriewaren aus dem englischen Markt, zum Teil auch auf audern Märkten, aufklären, vor allem aber dnrch die Darstellung der deutschen Methoden des Handels und der Industrie auch den englischen Kaufleuten und Fabrikanten einen Ansporn zur Verbesserung ihrer eignen Methoden geben. Diesen agitatorischen Charakter verleugnet die Schrift nirgends, obwohl der Verfasser nach objektiver Darstellung strebt. Namentlich gelingt es Williams nicht, die gewöhnlichen Vorurteile der Engländer gegenüber den Deutschen zu überwinden. Er sieht in dem Vordringen des deutschen Handels zum großen Teil den Erfolg der Nachahmung englischer Muster, der Fälschung von Warenzeichen und Firmennamen und ähnlicher Kunstgriffe, die zwar vor gekommen sein mögen, die aber doch nicht genügen, den Fortschritt einer großen Industrie zu erklären, zumal da dieser Fortschritt nach den Zahlen von Williams, der das Jahr 1895, ein Jahr der Depression des englischen Handels, zum Vergleich gestellt hat, noch größer erscheint, als er in Wirt lichkeit war. Immerhin hat auch Williams ein Auge für die Vorzüge des deutsche!» Handels, und gerade diese Darstellung der Ursachen des deutschen Vordringens vom Standpunkte des patriotischen Engländers macht einen Hauptreiz des Buches aus, während die praktischen Folgerungen nur ganz kurz skizziert sind. Diese Ursachen sieht der Verfasser in folgenden Tntsachen: Der deutsche Handel sei unternehmender und gewandter als der englische. Er passe sich besser den Bedürfnissen des fremden Landes an, mache seine Offerten in fremder Sprache und nach fremdem Maß und Gewicht. Der deutsche Kauf¬ mann berücksichtige jeden Wunsch seiner Kunden, auch in Bezug auf künst¬ lerische Ausstattung und Verpackung der Waren, er nehme auch die kleinsten Bestellungen an, während der Engländer nur größere Auftrüge wünsche. Anderseits sei auch die deutsche Industrie geneigt, jederzeit die Wünsche eines Kunden zu berücksichtigen. Sie wende die neusten und besten Produktions Methoden an, erziele nur wenig Abfälle, die oft noch zu andern Zwecken ver warte würden, besonders in der chemischen Industrie, in der auch die Ver bindnng mit der Wissenschaft, der Deutschland so große Erfolge verdanke, am engsten sei. Dagegen ist Williams nicht der Ansicht, daß niedrige Löhne die Ursache der billigen Produktion seien. Er kennt die Schwierigkeiten einer richtigen Lohnstatistik und hält demgemäß mit seinem Urteil zurück, obwohl er annimmt, daß im allgemeinen die Löhne in England höher seien als in Deutschland. Er gibt aber zu, daß auch der umgekehrte Fall vorkomme. Auch die englische Meinung von der Kapitalnrmnt der Deutschen hält Williams für übertrieben. Jedenfalls zeige sie sich in der Ausstattung der Industrie mit den nötigen Betriebsmitteln nicht. Hier seien vielmehr jederzeit die besten Arbeitsmittel vorhanden, zumal da auch der Staat durch seiue Tätigkeit zur Hebung der Industrie immer Arbeitsgelegenheit liefere.

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.

Weitere Informationen:

Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur.

Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (&#xa75b;): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja;

Nachkorrektur erfolgte automatisch.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341877_239555
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341877_239555/514
Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 62, 1903, Erstes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341877_239555/514>, abgerufen am 28.07.2024.