Die Grenzboten. Jg. 62, 1903, Erstes Vierteljahr.und schwierigem Gelände umgeben ist und leicht durch provisorische Werte gegen Die gebirgs-, Wald- und felsreiche Beschaffenheit des mittlern, des nörd¬ Vor einiger Zeit wurde die Aufmerksamkeit Schwedens durch die Nach¬ Grenzboten I 1908
und schwierigem Gelände umgeben ist und leicht durch provisorische Werte gegen Die gebirgs-, Wald- und felsreiche Beschaffenheit des mittlern, des nörd¬ Vor einiger Zeit wurde die Aufmerksamkeit Schwedens durch die Nach¬ Grenzboten I 1908
<TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0405" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/239961"/> <fw type="header" place="top"/><lb/> <p xml:id="ID_2005" prev="#ID_2004"> und schwierigem Gelände umgeben ist und leicht durch provisorische Werte gegen<lb/> feindlichen Angriff verteidigt werden kann. Stockholm ist der zweite Kriegs¬<lb/> hafen Schwedens, hat zwei Trockendocks und alle Hilfsquellen eines großen<lb/> Hafens, sowie eine Geschützgießerei, die Marine- und Marineartillerieschule, die<lb/> Militürschnle und sonstige Marine- und Militäretablissements und wird unmittel¬<lb/> bar uur durch die veraltete Zitadelle von Kastellholmen verteidigt. Seine aus¬<lb/> gedehnten Befestigungen ans der Seeseite reiche» von der Ostspitze der Insel<lb/> Warmdö bis nordöstlich von der Insel Kukis, und obgleich noch nicht völlig voll¬<lb/> endet und armiert, sind die Verteidigungsanlagen Stockholms gegen die See<lb/> hin sehr stark, sodaß es zu ihrer Überwältigung einer vollständigen Belagerung<lb/> bedürfte. Bei seiner strategischen Bedeutung als Hauptstadt des Reiches sowie<lb/> durch seine Lage und die Befestigungen ist Stockholm der Schlüssel der Landes¬<lb/> verteidigung Schwedens. Hierbei handelt es sich darum: 1. die Haupthüfeu<lb/> und Reeber des Landes wie: Stockholm, Karlskrona, Göteborg, Mulus, Mar-<lb/> strnnd, Landskrona und Helsingborg zu schütze», 2. die Landung des Feindes,<lb/> wenn sie nicht völlig verhindert werden kann, zu erschweren, und 3. die Ver¬<lb/> bindungen eines gekanteten Gegners mit der Heimat zu unterbrechen.</p><lb/> <p xml:id="ID_2006"> Die gebirgs-, Wald- und felsreiche Beschaffenheit des mittlern, des nörd¬<lb/> lichen Schwedens und ganz Norwegens macheu beide Länder für eine hart¬<lb/> näckige Verteidigung des Landesinnern besonders geeignet, und Landungen<lb/> einer feindlichen Flotte und einer Armee sind durch die felsige, klippenreiche<lb/> Beschaffenheit der Küsten, etwa mit Ausnahme der des südlichen Schwedens<lb/> und einiger Stellen nordöstlich von Stockholm, sowie durch die Schären- und<lb/> Torpedobootflottille in den zugänglichen Buchte» der Küste sehr erschwert. Eine<lb/> etwaige russische Lnudoperation aber vom nördliche» Finnlmid und östlichen<lb/> Lappland her über die Torrea-Elf würde von Nleabvrg ab ans dreißig Meilen<lb/> bis Lutea an der Lutea-Elf über keine Eisenbahnverbindung verfügen, Hütte<lb/> auf einer Strecke von etwa sechzig deutschen Meilen mehr als ein Dutzend<lb/> verteidigungsfähiger, starker Flußnbschnitte zu überschreiten und hätte dabei<lb/> eine zum Teil nur eingleisige Bahn für den Nachschub zur Verfügung. Die<lb/> Schwierigkeiten der Zufuhr würden deshalb in den wenig fruchtbaren, menschen¬<lb/> armen Norrlaudprvvinzen ganz gewaltig sein.</p><lb/> <p xml:id="ID_2007" next="#ID_2008"> Vor einiger Zeit wurde die Aufmerksamkeit Schwedens durch die Nach¬<lb/> richt von einer Reise des russischen Generalgouverueurs von Finnland, Bo-<lb/> brikow, nach der Qunrken-Inselgruppe im Bodenlöcher Meerbusen aus diesen<lb/> gelenkt, und man betrachtet etwaige Bcfestigungspläne Rußlands im Bott-<lb/> uischeu Meerbusen als ein logisches Glied seiner gegen Schweden und Nor¬<lb/> wegen gerichteten Bestrebungen. Die vor drei Jahren an der Murmautuste<lb/> gegründete Hafenstadt Alexandrowsk wäre trotz ihres vorzüglichen Hafens jeden¬<lb/> falls nur ein schwacher Notbehelf als Kriegshafen, und bis jetzt sind dort noch<lb/> keinerlei Anstalten zur Einrichtung eines solchen getroffen worden. Seit<lb/> Rußland auch in militärischer Beziehung vollständig Herr in Finnland ge¬<lb/> worden ist, hat der Bottnische Meerbusen erhöhte strategische Bedeutung er¬<lb/> halten, besonders der „Quarren," der in der Mitte liegende, engste Teil mit<lb/> seiner Inselgruppe. Hier ging im Winter 1809 eine russische Armee nnter</p><lb/> <fw type="sig" place="bottom"> Grenzboten I 1908</fw><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0405]
und schwierigem Gelände umgeben ist und leicht durch provisorische Werte gegen
feindlichen Angriff verteidigt werden kann. Stockholm ist der zweite Kriegs¬
hafen Schwedens, hat zwei Trockendocks und alle Hilfsquellen eines großen
Hafens, sowie eine Geschützgießerei, die Marine- und Marineartillerieschule, die
Militürschnle und sonstige Marine- und Militäretablissements und wird unmittel¬
bar uur durch die veraltete Zitadelle von Kastellholmen verteidigt. Seine aus¬
gedehnten Befestigungen ans der Seeseite reiche» von der Ostspitze der Insel
Warmdö bis nordöstlich von der Insel Kukis, und obgleich noch nicht völlig voll¬
endet und armiert, sind die Verteidigungsanlagen Stockholms gegen die See
hin sehr stark, sodaß es zu ihrer Überwältigung einer vollständigen Belagerung
bedürfte. Bei seiner strategischen Bedeutung als Hauptstadt des Reiches sowie
durch seine Lage und die Befestigungen ist Stockholm der Schlüssel der Landes¬
verteidigung Schwedens. Hierbei handelt es sich darum: 1. die Haupthüfeu
und Reeber des Landes wie: Stockholm, Karlskrona, Göteborg, Mulus, Mar-
strnnd, Landskrona und Helsingborg zu schütze», 2. die Landung des Feindes,
wenn sie nicht völlig verhindert werden kann, zu erschweren, und 3. die Ver¬
bindungen eines gekanteten Gegners mit der Heimat zu unterbrechen.
Die gebirgs-, Wald- und felsreiche Beschaffenheit des mittlern, des nörd¬
lichen Schwedens und ganz Norwegens macheu beide Länder für eine hart¬
näckige Verteidigung des Landesinnern besonders geeignet, und Landungen
einer feindlichen Flotte und einer Armee sind durch die felsige, klippenreiche
Beschaffenheit der Küsten, etwa mit Ausnahme der des südlichen Schwedens
und einiger Stellen nordöstlich von Stockholm, sowie durch die Schären- und
Torpedobootflottille in den zugänglichen Buchte» der Küste sehr erschwert. Eine
etwaige russische Lnudoperation aber vom nördliche» Finnlmid und östlichen
Lappland her über die Torrea-Elf würde von Nleabvrg ab ans dreißig Meilen
bis Lutea an der Lutea-Elf über keine Eisenbahnverbindung verfügen, Hütte
auf einer Strecke von etwa sechzig deutschen Meilen mehr als ein Dutzend
verteidigungsfähiger, starker Flußnbschnitte zu überschreiten und hätte dabei
eine zum Teil nur eingleisige Bahn für den Nachschub zur Verfügung. Die
Schwierigkeiten der Zufuhr würden deshalb in den wenig fruchtbaren, menschen¬
armen Norrlaudprvvinzen ganz gewaltig sein.
Vor einiger Zeit wurde die Aufmerksamkeit Schwedens durch die Nach¬
richt von einer Reise des russischen Generalgouverueurs von Finnland, Bo-
brikow, nach der Qunrken-Inselgruppe im Bodenlöcher Meerbusen aus diesen
gelenkt, und man betrachtet etwaige Bcfestigungspläne Rußlands im Bott-
uischeu Meerbusen als ein logisches Glied seiner gegen Schweden und Nor¬
wegen gerichteten Bestrebungen. Die vor drei Jahren an der Murmautuste
gegründete Hafenstadt Alexandrowsk wäre trotz ihres vorzüglichen Hafens jeden¬
falls nur ein schwacher Notbehelf als Kriegshafen, und bis jetzt sind dort noch
keinerlei Anstalten zur Einrichtung eines solchen getroffen worden. Seit
Rußland auch in militärischer Beziehung vollständig Herr in Finnland ge¬
worden ist, hat der Bottnische Meerbusen erhöhte strategische Bedeutung er¬
halten, besonders der „Quarren," der in der Mitte liegende, engste Teil mit
seiner Inselgruppe. Hier ging im Winter 1809 eine russische Armee nnter
Grenzboten I 1908
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