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Die Grenzboten. Jg. 61, 1902, Viertes Vierteljahr.

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Skizzen aus unserm heutigen Volksleben

licher Grundlage mit dem Koeffizienten 0,8505, Ein kleiner, ganz moderner national-
ökonomischer Staat.

Es scheint mir aber, fuhr der Direktor fort, daß ich Ihren famosen Staat
eben gesprengt habe. Denn die Grosfi nehme ich gleich mit. Und Sie kriegen
sie auch nicht wieder. Also auf Wiedersehen fünf Uhr neunzehn zum Schnellzuge!
Habe die Ehre, meine Damen.

O weh! Das war freilich eine betrübende Folge des frohen Ereignisses.

Fräulein Scherbitz griff in die Tasche und brachte ihren Brief heraus, den
der Postbote gebracht hatte, und sagte etwas verlegen: Was ich sagen wollte, ich
habe hier meine Versetzung nach H. bekomme". Ich werde zum nächsten Ersten
mich aus der Genossenschaft ausscheiden müssen.

O weh! Ein einziger Augenblick, und die Wohnungsgenossenschaft zerfiel in
Atome. Und Trndchcn Leverkühn, die allein übrig blieb, saß da mit der Wohnung
und der Miete und der berühmte" Antonie. Würde es sich der Mühe verlohne",
die Genossenschaft zu rekonstruieren mit der gewissen Aussicht, daß sie über Nacht
doch wieder auseinander fliegen werde? Gab es denn für einzelne Damen keine
dauernden Bande als Ehebande? Gab es denn keinen soliden Parallelismus der
Kräfte in der Welt als das harte Muß?

Fräulein Scherbitz und Eleonore Grosfi waren mit ihren eignen Angelegen¬
heiten zu lebhaft beschäftigt, als daß sie sich hätten um Trndchen Leverkühn und
deren Sorgen bekümmern können, und so wandte sie sich traurig ihrer Arbeit wieder
zu. Was half ihr nun ihr Anstrich? Am liebsten hätte sie den Pinsel in die
Ecke geworfen. Aber das ging doch nicht. Die angefangne Arbeit mußte zu Ende
geführt werden. Und so setzte sie sich ans die Erde und strich ihre Farbe auf und
seufzte zum Erbarmen

Da seufzte es hinter ihr eben so tief. Trndchen sah sich erschrocken um. Wer
stand da in der Thür im Frack und weißer Binde? Herr Gustav Vulpins.

Wie mich das dauert, sagte Herr Gustav Vulpins, so jung und so hübsch und
so klug, und so arbeiten müsse", wie ein Dienstbote, und dabei so unglücklich! --
wie mich das dauert!

Dem guten Gustav Vulpius traten die hellen Thränen in die Augen.

Trndchen errötete vor Unwillen und rief: Was wollen Sie hier, wer hat
Ihnen erlaubt --

Aber Fräulein Leverkühn, sagte Gustav Vulpius demütig, Sie haben doch mein
Bvncmet und den Brief erhalten, worin ich geschrieben habe, ich würde mir die
Freiheit nehme", zu komme", wemi Sie es mir uicht verböte".

Was für ein Bouquet? Da lag das Paket, worin unzweifelhaft Vouquet und
Brief enthalten waren, noch uneröffnet auf dem Tisch. Mnu hatte es über deu schreck¬
liche" Ereignisse" der letzte" Stunde" völlig aus dem Auge verloren. Wenn nun Gustav
Vulpius kam, wenn er sich Hoffnung gemacht hatte, so war sie, Trudcheu, nicht ohne
Schuld. Sie durfte also ihren treuen Verehrer nicht ungnädig behandeln. So bat sie
ihn lachend, Platz zu nehmen, und man setzte sich auf das Kanapee, das auf einer
noch ungestrichnen Insel der Stube stand. Und Gustav Vulpins hätte seinen Cylinder
beinahe in die frische Farbe gesetzt. Und Trndchen, deren Herz übervoll war, erzählte
auf die Frage Gustavs, warum sie so geseufzt hätte, die traurige Geschichte von der
Wohuuugsgeuossenschaft, und daß sie jetzt auch ausziehn und zu einem Schuster im
vierten Stocke zurückkehren müsse. Denn sie allein könnte die große Wohnung uicht
brauche" und anch nicht bezahlen. Und es sei doch hier gar zu hübsch gewesen.

Fräulein Trndchen, sagte Herr Vulpius, der mit innigem Anteil zugehört hatte,
und der es schon wagte, Fräulein Trndchen zu sagen, Sie brauchen nicht ciuszu-
ziehn. Das Seifengeschäft muß sowieso vergrößert werden, und dazu kann ich meine
Wohnung sehr gut gebrauche". Nun will ich Ihnen was vorschlage". Sie bleibe"
wohne", "ud ich trete in die Ge"osse"schaft als zweiter Teilhaber el". Meinetwegen
gleich zum ersten Januar. Wollen Sie?


Grenzboten IV 1902 98
Skizzen aus unserm heutigen Volksleben

licher Grundlage mit dem Koeffizienten 0,8505, Ein kleiner, ganz moderner national-
ökonomischer Staat.

Es scheint mir aber, fuhr der Direktor fort, daß ich Ihren famosen Staat
eben gesprengt habe. Denn die Grosfi nehme ich gleich mit. Und Sie kriegen
sie auch nicht wieder. Also auf Wiedersehen fünf Uhr neunzehn zum Schnellzuge!
Habe die Ehre, meine Damen.

O weh! Das war freilich eine betrübende Folge des frohen Ereignisses.

Fräulein Scherbitz griff in die Tasche und brachte ihren Brief heraus, den
der Postbote gebracht hatte, und sagte etwas verlegen: Was ich sagen wollte, ich
habe hier meine Versetzung nach H. bekomme». Ich werde zum nächsten Ersten
mich aus der Genossenschaft ausscheiden müssen.

O weh! Ein einziger Augenblick, und die Wohnungsgenossenschaft zerfiel in
Atome. Und Trndchcn Leverkühn, die allein übrig blieb, saß da mit der Wohnung
und der Miete und der berühmte» Antonie. Würde es sich der Mühe verlohne»,
die Genossenschaft zu rekonstruieren mit der gewissen Aussicht, daß sie über Nacht
doch wieder auseinander fliegen werde? Gab es denn für einzelne Damen keine
dauernden Bande als Ehebande? Gab es denn keinen soliden Parallelismus der
Kräfte in der Welt als das harte Muß?

Fräulein Scherbitz und Eleonore Grosfi waren mit ihren eignen Angelegen¬
heiten zu lebhaft beschäftigt, als daß sie sich hätten um Trndchen Leverkühn und
deren Sorgen bekümmern können, und so wandte sie sich traurig ihrer Arbeit wieder
zu. Was half ihr nun ihr Anstrich? Am liebsten hätte sie den Pinsel in die
Ecke geworfen. Aber das ging doch nicht. Die angefangne Arbeit mußte zu Ende
geführt werden. Und so setzte sie sich ans die Erde und strich ihre Farbe auf und
seufzte zum Erbarmen

Da seufzte es hinter ihr eben so tief. Trndchen sah sich erschrocken um. Wer
stand da in der Thür im Frack und weißer Binde? Herr Gustav Vulpins.

Wie mich das dauert, sagte Herr Gustav Vulpins, so jung und so hübsch und
so klug, und so arbeiten müsse», wie ein Dienstbote, und dabei so unglücklich! —
wie mich das dauert!

Dem guten Gustav Vulpius traten die hellen Thränen in die Augen.

Trndchen errötete vor Unwillen und rief: Was wollen Sie hier, wer hat
Ihnen erlaubt —

Aber Fräulein Leverkühn, sagte Gustav Vulpius demütig, Sie haben doch mein
Bvncmet und den Brief erhalten, worin ich geschrieben habe, ich würde mir die
Freiheit nehme», zu komme», wemi Sie es mir uicht verböte».

Was für ein Bouquet? Da lag das Paket, worin unzweifelhaft Vouquet und
Brief enthalten waren, noch uneröffnet auf dem Tisch. Mnu hatte es über deu schreck¬
liche» Ereignisse» der letzte» Stunde» völlig aus dem Auge verloren. Wenn nun Gustav
Vulpius kam, wenn er sich Hoffnung gemacht hatte, so war sie, Trudcheu, nicht ohne
Schuld. Sie durfte also ihren treuen Verehrer nicht ungnädig behandeln. So bat sie
ihn lachend, Platz zu nehmen, und man setzte sich auf das Kanapee, das auf einer
noch ungestrichnen Insel der Stube stand. Und Gustav Vulpins hätte seinen Cylinder
beinahe in die frische Farbe gesetzt. Und Trndchen, deren Herz übervoll war, erzählte
auf die Frage Gustavs, warum sie so geseufzt hätte, die traurige Geschichte von der
Wohuuugsgeuossenschaft, und daß sie jetzt auch ausziehn und zu einem Schuster im
vierten Stocke zurückkehren müsse. Denn sie allein könnte die große Wohnung uicht
brauche» und anch nicht bezahlen. Und es sei doch hier gar zu hübsch gewesen.

Fräulein Trndchen, sagte Herr Vulpius, der mit innigem Anteil zugehört hatte,
und der es schon wagte, Fräulein Trndchen zu sagen, Sie brauchen nicht ciuszu-
ziehn. Das Seifengeschäft muß sowieso vergrößert werden, und dazu kann ich meine
Wohnung sehr gut gebrauche». Nun will ich Ihnen was vorschlage». Sie bleibe»
wohne», »ud ich trete in die Ge»osse»schaft als zweiter Teilhaber el». Meinetwegen
gleich zum ersten Januar. Wollen Sie?


Grenzboten IV 1902 98
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[0747] Skizzen aus unserm heutigen Volksleben licher Grundlage mit dem Koeffizienten 0,8505, Ein kleiner, ganz moderner national- ökonomischer Staat. Es scheint mir aber, fuhr der Direktor fort, daß ich Ihren famosen Staat eben gesprengt habe. Denn die Grosfi nehme ich gleich mit. Und Sie kriegen sie auch nicht wieder. Also auf Wiedersehen fünf Uhr neunzehn zum Schnellzuge! Habe die Ehre, meine Damen. O weh! Das war freilich eine betrübende Folge des frohen Ereignisses. Fräulein Scherbitz griff in die Tasche und brachte ihren Brief heraus, den der Postbote gebracht hatte, und sagte etwas verlegen: Was ich sagen wollte, ich habe hier meine Versetzung nach H. bekomme». Ich werde zum nächsten Ersten mich aus der Genossenschaft ausscheiden müssen. O weh! Ein einziger Augenblick, und die Wohnungsgenossenschaft zerfiel in Atome. Und Trndchcn Leverkühn, die allein übrig blieb, saß da mit der Wohnung und der Miete und der berühmte» Antonie. Würde es sich der Mühe verlohne», die Genossenschaft zu rekonstruieren mit der gewissen Aussicht, daß sie über Nacht doch wieder auseinander fliegen werde? Gab es denn für einzelne Damen keine dauernden Bande als Ehebande? Gab es denn keinen soliden Parallelismus der Kräfte in der Welt als das harte Muß? Fräulein Scherbitz und Eleonore Grosfi waren mit ihren eignen Angelegen¬ heiten zu lebhaft beschäftigt, als daß sie sich hätten um Trndchen Leverkühn und deren Sorgen bekümmern können, und so wandte sie sich traurig ihrer Arbeit wieder zu. Was half ihr nun ihr Anstrich? Am liebsten hätte sie den Pinsel in die Ecke geworfen. Aber das ging doch nicht. Die angefangne Arbeit mußte zu Ende geführt werden. Und so setzte sie sich ans die Erde und strich ihre Farbe auf und seufzte zum Erbarmen Da seufzte es hinter ihr eben so tief. Trndchen sah sich erschrocken um. Wer stand da in der Thür im Frack und weißer Binde? Herr Gustav Vulpins. Wie mich das dauert, sagte Herr Gustav Vulpins, so jung und so hübsch und so klug, und so arbeiten müsse», wie ein Dienstbote, und dabei so unglücklich! — wie mich das dauert! Dem guten Gustav Vulpius traten die hellen Thränen in die Augen. Trndchen errötete vor Unwillen und rief: Was wollen Sie hier, wer hat Ihnen erlaubt — Aber Fräulein Leverkühn, sagte Gustav Vulpius demütig, Sie haben doch mein Bvncmet und den Brief erhalten, worin ich geschrieben habe, ich würde mir die Freiheit nehme», zu komme», wemi Sie es mir uicht verböte». Was für ein Bouquet? Da lag das Paket, worin unzweifelhaft Vouquet und Brief enthalten waren, noch uneröffnet auf dem Tisch. Mnu hatte es über deu schreck¬ liche» Ereignisse» der letzte» Stunde» völlig aus dem Auge verloren. Wenn nun Gustav Vulpius kam, wenn er sich Hoffnung gemacht hatte, so war sie, Trudcheu, nicht ohne Schuld. Sie durfte also ihren treuen Verehrer nicht ungnädig behandeln. So bat sie ihn lachend, Platz zu nehmen, und man setzte sich auf das Kanapee, das auf einer noch ungestrichnen Insel der Stube stand. Und Gustav Vulpins hätte seinen Cylinder beinahe in die frische Farbe gesetzt. Und Trndchen, deren Herz übervoll war, erzählte auf die Frage Gustavs, warum sie so geseufzt hätte, die traurige Geschichte von der Wohuuugsgeuossenschaft, und daß sie jetzt auch ausziehn und zu einem Schuster im vierten Stocke zurückkehren müsse. Denn sie allein könnte die große Wohnung uicht brauche» und anch nicht bezahlen. Und es sei doch hier gar zu hübsch gewesen. Fräulein Trndchen, sagte Herr Vulpius, der mit innigem Anteil zugehört hatte, und der es schon wagte, Fräulein Trndchen zu sagen, Sie brauchen nicht ciuszu- ziehn. Das Seifengeschäft muß sowieso vergrößert werden, und dazu kann ich meine Wohnung sehr gut gebrauche». Nun will ich Ihnen was vorschlage». Sie bleibe» wohne», »ud ich trete in die Ge»osse»schaft als zweiter Teilhaber el». Meinetwegen gleich zum ersten Januar. Wollen Sie? Grenzboten IV 1902 98

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 61, 1902, Viertes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341875_238787/747>, abgerufen am 01.09.2024.