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Die Grenzboten. Jg. 61, 1902, Viertes Vierteljahr.

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Neben den obengenannten 750 000 Dollars (300000 Caldwell, 400 000
Mac Mahon. 50000 für die Kapelle) oder 3 Millionen Mark erhielt die
Universität folgende Stiftungen von einzelnen Persönlichkeiten oder Korpo¬
rationen: 1, Die Dotation von elf Lehrstühlen im Betrage von je 50000 Dol¬
lars gleich 200000 Mark, also zusammen 2200000 Mark. 2. Die Dotation
von zwei Fellowships im Gesamtbeträge von 80000 Mark. 3. Die Dotation
von achtzehn Stipendien oder Bursen im Gesamtbetrag von 360000 Mark.

Diese mir einzeln bekannt gewordnen Summen im ganzen von 5640000
Mark stellen nun nur den Teil der Zuwendungen dar, die in ganz großen
Summen zur freien Verwendung oder für bestimmt umschriebne Zwecke ge¬
geben wurden. Annähernd sechs Millionen Mark ergaben die allgemeinen
Sammlungen in den Vereinigten Staaten, sodaß ein verzinslich angelegtes
Kapital vou acht Millionen Mark übrig blieb, als man die sämtlichen Bau-
und Einrichtungskosten bestritten hatte.




Überschaut man die Gesamtleistungen der katholischen Universität von
Amerika seit der Eröffnung am 13. November 1889. so lautet das Urteil
nicht ganz so günstig, wie man nach Maßgabe der reichen Mittel hätte er¬
warten dürfen. Die Auswahl der Lehrkräfte kann man nur in seltenen Fällen
eine vorzügliche nennen, und dann handelt es sich immer um europäische
Gelehrte. Uuter den Amerikanern hat Professor Shahan eine solide Bildung
erworben, doch hat er uoch keine in weitern Kreisen bekannt gewordnen
größern Arbeiten herausgegeben. Der heutige Bestand an Lehrkräften ent¬
spricht im allgemeinen nicht den hohen Zielen, die sich die Universität ge¬
setzt hat.

Sieht man ans die Zahl und die Qualität der Studenten, so ist auch
dort kein wirklich bedeutsames Resultat gezeitigt worden. Der Besuch war
immer schwach und ist heute noch durchaus unbefriedigend. Die auf dem Papiere
stehenden Anforderungen, die man bei der Immatrikulation stellen soll, werden
dahin ausgelegt, daß man z. V. den Primaner eines deutschen Realgymnasiums
anstandslos immatrikulierte. Das steht in schneidendem Gegensatze zu den Para¬
graphen. Als mildernder Umstand hierfür muß allerdings angeführt werden,
daß die Universitäten Nordamerikas fast ausnahmlos in ähnlicher Weise bei
ihren Jmmatrikulatiouen vorgehn. sodaß man es drüben kaum anders kennt.
Es soll nun keineswegs geleugnet werden, daß die Universität eine ganze Zahl
tüchtiger, für die Wissenschaft begeisterter Männer herangebildet hat; jedoch
steht ihre Zahl in keinem Verhältnis zur Katholikenzahl der Staaten. Diese
privilegierte Hochschule sollte viele Hunderte von Studierenden zählen, nnter
denen das Laienelement sehr stark vertreten sein müßte. Statt dessen muß man
leider feststellen, daß eigentlich nur ausnahmsweise Laien nach Washington gehn,
wie denn auch nur fünfzehn Laien unter sämtlichen 41 Graduierten des Jahres
1901 waren.

Ich drücke den Wunsch ans, daß die junge Hochschule am Scheide¬
wege den richtigen Pfad in Zukunft verfolgen möge, damit die Ziele ver-


Neben den obengenannten 750 000 Dollars (300000 Caldwell, 400 000
Mac Mahon. 50000 für die Kapelle) oder 3 Millionen Mark erhielt die
Universität folgende Stiftungen von einzelnen Persönlichkeiten oder Korpo¬
rationen: 1, Die Dotation von elf Lehrstühlen im Betrage von je 50000 Dol¬
lars gleich 200000 Mark, also zusammen 2200000 Mark. 2. Die Dotation
von zwei Fellowships im Gesamtbeträge von 80000 Mark. 3. Die Dotation
von achtzehn Stipendien oder Bursen im Gesamtbetrag von 360000 Mark.

Diese mir einzeln bekannt gewordnen Summen im ganzen von 5640000
Mark stellen nun nur den Teil der Zuwendungen dar, die in ganz großen
Summen zur freien Verwendung oder für bestimmt umschriebne Zwecke ge¬
geben wurden. Annähernd sechs Millionen Mark ergaben die allgemeinen
Sammlungen in den Vereinigten Staaten, sodaß ein verzinslich angelegtes
Kapital vou acht Millionen Mark übrig blieb, als man die sämtlichen Bau-
und Einrichtungskosten bestritten hatte.




Überschaut man die Gesamtleistungen der katholischen Universität von
Amerika seit der Eröffnung am 13. November 1889. so lautet das Urteil
nicht ganz so günstig, wie man nach Maßgabe der reichen Mittel hätte er¬
warten dürfen. Die Auswahl der Lehrkräfte kann man nur in seltenen Fällen
eine vorzügliche nennen, und dann handelt es sich immer um europäische
Gelehrte. Uuter den Amerikanern hat Professor Shahan eine solide Bildung
erworben, doch hat er uoch keine in weitern Kreisen bekannt gewordnen
größern Arbeiten herausgegeben. Der heutige Bestand an Lehrkräften ent¬
spricht im allgemeinen nicht den hohen Zielen, die sich die Universität ge¬
setzt hat.

Sieht man ans die Zahl und die Qualität der Studenten, so ist auch
dort kein wirklich bedeutsames Resultat gezeitigt worden. Der Besuch war
immer schwach und ist heute noch durchaus unbefriedigend. Die auf dem Papiere
stehenden Anforderungen, die man bei der Immatrikulation stellen soll, werden
dahin ausgelegt, daß man z. V. den Primaner eines deutschen Realgymnasiums
anstandslos immatrikulierte. Das steht in schneidendem Gegensatze zu den Para¬
graphen. Als mildernder Umstand hierfür muß allerdings angeführt werden,
daß die Universitäten Nordamerikas fast ausnahmlos in ähnlicher Weise bei
ihren Jmmatrikulatiouen vorgehn. sodaß man es drüben kaum anders kennt.
Es soll nun keineswegs geleugnet werden, daß die Universität eine ganze Zahl
tüchtiger, für die Wissenschaft begeisterter Männer herangebildet hat; jedoch
steht ihre Zahl in keinem Verhältnis zur Katholikenzahl der Staaten. Diese
privilegierte Hochschule sollte viele Hunderte von Studierenden zählen, nnter
denen das Laienelement sehr stark vertreten sein müßte. Statt dessen muß man
leider feststellen, daß eigentlich nur ausnahmsweise Laien nach Washington gehn,
wie denn auch nur fünfzehn Laien unter sämtlichen 41 Graduierten des Jahres
1901 waren.

Ich drücke den Wunsch ans, daß die junge Hochschule am Scheide¬
wege den richtigen Pfad in Zukunft verfolgen möge, damit die Ziele ver-


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[0721] Neben den obengenannten 750 000 Dollars (300000 Caldwell, 400 000 Mac Mahon. 50000 für die Kapelle) oder 3 Millionen Mark erhielt die Universität folgende Stiftungen von einzelnen Persönlichkeiten oder Korpo¬ rationen: 1, Die Dotation von elf Lehrstühlen im Betrage von je 50000 Dol¬ lars gleich 200000 Mark, also zusammen 2200000 Mark. 2. Die Dotation von zwei Fellowships im Gesamtbeträge von 80000 Mark. 3. Die Dotation von achtzehn Stipendien oder Bursen im Gesamtbetrag von 360000 Mark. Diese mir einzeln bekannt gewordnen Summen im ganzen von 5640000 Mark stellen nun nur den Teil der Zuwendungen dar, die in ganz großen Summen zur freien Verwendung oder für bestimmt umschriebne Zwecke ge¬ geben wurden. Annähernd sechs Millionen Mark ergaben die allgemeinen Sammlungen in den Vereinigten Staaten, sodaß ein verzinslich angelegtes Kapital vou acht Millionen Mark übrig blieb, als man die sämtlichen Bau- und Einrichtungskosten bestritten hatte. Überschaut man die Gesamtleistungen der katholischen Universität von Amerika seit der Eröffnung am 13. November 1889. so lautet das Urteil nicht ganz so günstig, wie man nach Maßgabe der reichen Mittel hätte er¬ warten dürfen. Die Auswahl der Lehrkräfte kann man nur in seltenen Fällen eine vorzügliche nennen, und dann handelt es sich immer um europäische Gelehrte. Uuter den Amerikanern hat Professor Shahan eine solide Bildung erworben, doch hat er uoch keine in weitern Kreisen bekannt gewordnen größern Arbeiten herausgegeben. Der heutige Bestand an Lehrkräften ent¬ spricht im allgemeinen nicht den hohen Zielen, die sich die Universität ge¬ setzt hat. Sieht man ans die Zahl und die Qualität der Studenten, so ist auch dort kein wirklich bedeutsames Resultat gezeitigt worden. Der Besuch war immer schwach und ist heute noch durchaus unbefriedigend. Die auf dem Papiere stehenden Anforderungen, die man bei der Immatrikulation stellen soll, werden dahin ausgelegt, daß man z. V. den Primaner eines deutschen Realgymnasiums anstandslos immatrikulierte. Das steht in schneidendem Gegensatze zu den Para¬ graphen. Als mildernder Umstand hierfür muß allerdings angeführt werden, daß die Universitäten Nordamerikas fast ausnahmlos in ähnlicher Weise bei ihren Jmmatrikulatiouen vorgehn. sodaß man es drüben kaum anders kennt. Es soll nun keineswegs geleugnet werden, daß die Universität eine ganze Zahl tüchtiger, für die Wissenschaft begeisterter Männer herangebildet hat; jedoch steht ihre Zahl in keinem Verhältnis zur Katholikenzahl der Staaten. Diese privilegierte Hochschule sollte viele Hunderte von Studierenden zählen, nnter denen das Laienelement sehr stark vertreten sein müßte. Statt dessen muß man leider feststellen, daß eigentlich nur ausnahmsweise Laien nach Washington gehn, wie denn auch nur fünfzehn Laien unter sämtlichen 41 Graduierten des Jahres 1901 waren. Ich drücke den Wunsch ans, daß die junge Hochschule am Scheide¬ wege den richtigen Pfad in Zukunft verfolgen möge, damit die Ziele ver-

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 61, 1902, Viertes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341875_238787/721>, abgerufen am 01.09.2024.