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Die Grenzboten. Jg. 61, 1902, Viertes Vierteljahr.

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Die wirtschaftliche Lage Rußlands

Etappen dieses Fortschritts der hier in Betracht kommenden letzten Periode.
Auch das Bild der Entwicklung der russischen Staatsschuld ist an sich nicht
um erfreulich:

Die Staatsschuld betrug:Die Zinsen dafür:
in Millionen Rubel
18925389,2 (1935,0)*)262,6 (75,4)")
18935484,1 (2027,4)273,8 (75,5)
5880,6 (2219,5)1894277,5 (89,0)
18956592,6 (2333,1)285,0 (104,1)
6615,0 (2847,7)1896268,2 (113,1)
18976735,4 (2328,0)260,4 (114,8)
18986341,9 (2415,7)273,5 (114,6)
18996265,0 (2439,3)275,8 (117,3)
6233,7 (2784,5)267,0 (112,3)1900
1901
19026198,4 (2805,6)
6497,3 (8551,6)274,9 1 ,,,
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Dieses Bild erscheint ans den ersten Blick um so vorteilhafter, als erstens
die Verzinsung im letzten Jahrzehnt ganz unbedeutend gestiegen ist -- eine
Folge der in den Jahren 1894 bis 1897 vorgenommnett Konvertierungen; und
zweitens die Eisenbahnschuld 1902 fast das Doppelte der von 1892 betrügt,
während die Gesamtschuld nur um etwa 17 Prozent gestiegen ist; eine Eisen-
bahiianleihe ist aber für gewöhnlich eine produktive Anlage, Für eine Kritik
aber, die vorurteilslos der Sache auf den Grund geht, verändert sich das Bild
der russischen Finanzlage bedeutend.

Um in der Widerlegung mit dem letzten scheinbaren Vorzug anzufangen:
In Rußland rentieren sich die Eisenbahnen bis jetzt nicht, sie haben in den
ersten vierzehn Jahren ihres Großbetriebes (1387 bis 1900) einen Stants-
zuschuß von 200,1 Millionen Rudel gebraucht, und für die sieben Jahre 1896
bis 1902 (für das letzte Voranschlag) läßt sich sogar ein Staatszuschuß von
300 Millionen Rubeln herausrechnen.

Die Gründe hierfür liegen erstens in dem teuern Erlverb und Bau --
die Verstaatlichung erfolgte meist zu sehr hohem Kurs, der Bau kostet im
Durchschnitt 20 Prozent mehr als in Deutschland; zweitens in unrationeller
übereilter Anlage, woraus sich ständige sehr kostspielige Ausbesserungen er¬
geben -- so erhält z. B, scholl jetzt die sibirische Bahn stärkere Schiene", weil
die bisherigen nicht genügen --; drittens im geringen Frachtenverkehr, der in
Deutschland aus dieselbe Betriebslänge fast das Vierfache betrügt. Trotzdem
daß für absehbare Zeit eine Besserung der russischen Eisenbahnkonjunkturen nicht
zu erwarten ist, muß das Vahunetz doch immer noch weiter ausgebant werden,
wenn Rußland nichts a" seiner politischen und wirtschaftlichen Stellung ein¬
büßen will. Während in Deutschland nämlich auf ) 000 Quadratkilometer etwa
100, in Frankreich 84 Kilometer Eisenbahnen kommen, sind es in Rußland
nur 9 Kilometer!

Was nun die Hohe der Gesamtstaatsschuld betrifft, so muß man zunächst
feststellen, daß um ihrer absoluten Zahl fehlen 1, die dem Staat zur Ver¬
fügung stehenden Bardepots der Staatssparkassen (eingezahlte Ersparnisse der



') Die eingeklammerten Zahlen bedeuten die Eisenbahnschuld und -Zinsen und sind in
der nebenstehenden Zahl mit enthalten.
Die wirtschaftliche Lage Rußlands

Etappen dieses Fortschritts der hier in Betracht kommenden letzten Periode.
Auch das Bild der Entwicklung der russischen Staatsschuld ist an sich nicht
um erfreulich:

Die Staatsschuld betrug:Die Zinsen dafür:
in Millionen Rubel
18925389,2 (1935,0)*)262,6 (75,4)»)
18935484,1 (2027,4)273,8 (75,5)
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Dieses Bild erscheint ans den ersten Blick um so vorteilhafter, als erstens
die Verzinsung im letzten Jahrzehnt ganz unbedeutend gestiegen ist — eine
Folge der in den Jahren 1894 bis 1897 vorgenommnett Konvertierungen; und
zweitens die Eisenbahnschuld 1902 fast das Doppelte der von 1892 betrügt,
während die Gesamtschuld nur um etwa 17 Prozent gestiegen ist; eine Eisen-
bahiianleihe ist aber für gewöhnlich eine produktive Anlage, Für eine Kritik
aber, die vorurteilslos der Sache auf den Grund geht, verändert sich das Bild
der russischen Finanzlage bedeutend.

Um in der Widerlegung mit dem letzten scheinbaren Vorzug anzufangen:
In Rußland rentieren sich die Eisenbahnen bis jetzt nicht, sie haben in den
ersten vierzehn Jahren ihres Großbetriebes (1387 bis 1900) einen Stants-
zuschuß von 200,1 Millionen Rudel gebraucht, und für die sieben Jahre 1896
bis 1902 (für das letzte Voranschlag) läßt sich sogar ein Staatszuschuß von
300 Millionen Rubeln herausrechnen.

Die Gründe hierfür liegen erstens in dem teuern Erlverb und Bau —
die Verstaatlichung erfolgte meist zu sehr hohem Kurs, der Bau kostet im
Durchschnitt 20 Prozent mehr als in Deutschland; zweitens in unrationeller
übereilter Anlage, woraus sich ständige sehr kostspielige Ausbesserungen er¬
geben — so erhält z. B, scholl jetzt die sibirische Bahn stärkere Schiene», weil
die bisherigen nicht genügen —; drittens im geringen Frachtenverkehr, der in
Deutschland aus dieselbe Betriebslänge fast das Vierfache betrügt. Trotzdem
daß für absehbare Zeit eine Besserung der russischen Eisenbahnkonjunkturen nicht
zu erwarten ist, muß das Vahunetz doch immer noch weiter ausgebant werden,
wenn Rußland nichts a» seiner politischen und wirtschaftlichen Stellung ein¬
büßen will. Während in Deutschland nämlich auf ) 000 Quadratkilometer etwa
100, in Frankreich 84 Kilometer Eisenbahnen kommen, sind es in Rußland
nur 9 Kilometer!

Was nun die Hohe der Gesamtstaatsschuld betrifft, so muß man zunächst
feststellen, daß um ihrer absoluten Zahl fehlen 1, die dem Staat zur Ver¬
fügung stehenden Bardepots der Staatssparkassen (eingezahlte Ersparnisse der



') Die eingeklammerten Zahlen bedeuten die Eisenbahnschuld und -Zinsen und sind in
der nebenstehenden Zahl mit enthalten.
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[0068] Die wirtschaftliche Lage Rußlands Etappen dieses Fortschritts der hier in Betracht kommenden letzten Periode. Auch das Bild der Entwicklung der russischen Staatsschuld ist an sich nicht um erfreulich: Die Staatsschuld betrug:Die Zinsen dafür: in Millionen Rubel 18925389,2 (1935,0)*)262,6 (75,4)») 18935484,1 (2027,4)273,8 (75,5) 5880,6 (2219,5)1894277,5 (89,0) 18956592,6 (2333,1)285,0 (104,1) 6615,0 (2847,7)1896268,2 (113,1) 18976735,4 (2328,0)260,4 (114,8) 18986341,9 (2415,7)273,5 (114,6) 18996265,0 (2439,3)275,8 (117,3) 6233,7 (2784,5)267,0 (112,3)1900 1901 19026198,4 (2805,6) 6497,3 (8551,6)274,9 1 ,,, 286^5/^°^^^ Dieses Bild erscheint ans den ersten Blick um so vorteilhafter, als erstens die Verzinsung im letzten Jahrzehnt ganz unbedeutend gestiegen ist — eine Folge der in den Jahren 1894 bis 1897 vorgenommnett Konvertierungen; und zweitens die Eisenbahnschuld 1902 fast das Doppelte der von 1892 betrügt, während die Gesamtschuld nur um etwa 17 Prozent gestiegen ist; eine Eisen- bahiianleihe ist aber für gewöhnlich eine produktive Anlage, Für eine Kritik aber, die vorurteilslos der Sache auf den Grund geht, verändert sich das Bild der russischen Finanzlage bedeutend. Um in der Widerlegung mit dem letzten scheinbaren Vorzug anzufangen: In Rußland rentieren sich die Eisenbahnen bis jetzt nicht, sie haben in den ersten vierzehn Jahren ihres Großbetriebes (1387 bis 1900) einen Stants- zuschuß von 200,1 Millionen Rudel gebraucht, und für die sieben Jahre 1896 bis 1902 (für das letzte Voranschlag) läßt sich sogar ein Staatszuschuß von 300 Millionen Rubeln herausrechnen. Die Gründe hierfür liegen erstens in dem teuern Erlverb und Bau — die Verstaatlichung erfolgte meist zu sehr hohem Kurs, der Bau kostet im Durchschnitt 20 Prozent mehr als in Deutschland; zweitens in unrationeller übereilter Anlage, woraus sich ständige sehr kostspielige Ausbesserungen er¬ geben — so erhält z. B, scholl jetzt die sibirische Bahn stärkere Schiene», weil die bisherigen nicht genügen —; drittens im geringen Frachtenverkehr, der in Deutschland aus dieselbe Betriebslänge fast das Vierfache betrügt. Trotzdem daß für absehbare Zeit eine Besserung der russischen Eisenbahnkonjunkturen nicht zu erwarten ist, muß das Vahunetz doch immer noch weiter ausgebant werden, wenn Rußland nichts a» seiner politischen und wirtschaftlichen Stellung ein¬ büßen will. Während in Deutschland nämlich auf ) 000 Quadratkilometer etwa 100, in Frankreich 84 Kilometer Eisenbahnen kommen, sind es in Rußland nur 9 Kilometer! Was nun die Hohe der Gesamtstaatsschuld betrifft, so muß man zunächst feststellen, daß um ihrer absoluten Zahl fehlen 1, die dem Staat zur Ver¬ fügung stehenden Bardepots der Staatssparkassen (eingezahlte Ersparnisse der ') Die eingeklammerten Zahlen bedeuten die Eisenbahnschuld und -Zinsen und sind in der nebenstehenden Zahl mit enthalten.

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 61, 1902, Viertes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341875_238787/68>, abgerufen am 01.09.2024.