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Die Grenzboten. Jg. 61, 1902, Viertes Vierteljahr.

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Ach, Mama, spanne doch den unglücklichen Viktor nicht so ans die Folter. Er
will ja die Messe wieder regelmäßig besuchen. Das ist ja doch die Hauptsache.

Das war in der That für die Gräfin die Hauptsache und -- für Komtesse
Paula auch, denn alles, was ihr den Grafen Viktor entfremdete, war ihr peinlich,
verursachte ihr wahren Seelenschmerz. Ihre Gefühle für ihn waren derart, daß sie es
-- vielleicht war das unrecht -- mit dem Glauben und der Kirchlichkeit nicht so
genau nahm. Sie würde sich, wenn es nur auf sie angekommen wäre, am Ende
sogar mit dem Gedanken, einen Ketzer zum Mnuue zu haben, ausgesöhnt haben,
aber es hatten ja auch noch andre ihr Jawort dazu zu geben, wenn sie die Seine
werden sollte: ihre Mutter, der Fürst, der .Kardinal und wer nicht alles. Und
von all denen waren, wenn Montenerv nicht mildere Saiten aufzog, mir Wider¬
spruch und Hindernisse zu erwarten, während sich alles noch machen konnte, wenn
er mit sich reden ließ und wenigstens jetzt im letzten Augenblick einlenkte.

Nicht viel anders dachte die Gräfin, die, so wenig sie es Wort haben durfte,
deu Geschmack ihrer Tochter teilte und nichts sehnlicher wünschte, als daß das ganze
Vermögen des Fürsten auf den Grafen Viktor übergehn und dieser dann ihrer
Tochter die Hand bieten möchte. Damit wäre auch ihr Gewissen der Kirche
gegenüber beruhigt gewesen, denn sie kannte den Einfluß ihrer Tochter auf den
Grafen zu gut, als daß sie nicht auch in Beziehung auf die kirchliche und kirchen-
freuudliche Gesinnung des jungen Ehegatten einen erfreulichen Ausgleich hätte hoffen
dürfen.

Wie der Graf über die Dogmen und Mysterien der Kirche dachte, war ihr
im Grunde genommen gleich, wenn er nur in der Form und in seiner Stellung
der Geistlichkeit gegenüber die nötige Rücksicht beobachtete und einiges Wohlwollen
zeigte, sodaß ihn die Freunde der Kirche nicht länger zu fürchten und zu bekämpfen
brauchten.

Von deu Plänen des Priors und der Äbtissin, die es ja doch in erster Reihe
darauf abgesehen hatten, sich des Monteneroschen Vermögens zu Gunsten des einen
oder des andern der beiden Stifter zu bemächtige", war ihr nichts bekannt. Sie
diente deu beiden und dem klugen Pater Aloysius nnr als Marionette. Wenn sie,
dachten diese, zur Einsicht kommen würde, welche Bestrebungen sie Wider Wissen
und Willen gefördert hatte, würde es zu spät sein, und man würde sie einfach bei¬
seite schieben, wie man sich andrer für ähnliche Zwecke gebrauchter Werkzeuge ohne
Gewissensbisse entledigt hatte.

Uuter solchen Erwägungen und Gesprächen hatte man den dem Hradschiner
Stift als Entree dienenden, übereck angeflickten kleinen Kuppelbau erreicht, und da die
Dame, die man besuchen wollte, zu Hanse war, so wurde Mouteuero mit hinein-
geuommen und mußte einen lehrreichen, aber nicht für jedermann interessanten
Kursus über die Aussichten und Pläne aller Stifts- und heiratsfähige" jungen Dame"
der österreichischen Gesamtmonarchie mit durchmachen.

Unterdessen war der Prior von dem Kardinal empfangen worden, und die
Unterhaltung hatte die besondre Wendung genommen, zu der es leicht kommt,
wenn ein hochbefähigter und kühner Geist, wie der Prior, einem Vorgesetzten
gegenübersteht, der ihm, wie es bei dem Kardinal der Fall war, nicht bloß an
kirchlichem Rung weit überlegen ist, sondern ihn noch obendrein dnrch gesellige
Sicherheit und klassische Ruhe dominiert. Der sonst so selbstbewußte und sichere
Mann empfand die ihm gezognen unübersteiglichen Schranken. Als Diplomat und
Politiker war ja vielleicht, was kühne Pläne und rücksichtslose Ausführung an¬
langte, der Prior der fähigere und genialere der beiden, aber der mächtigere,
der unbestrittenermaßen die Oberhand hatte, war der Kardinal. Bet seinem leicht¬
lebigen entgegenkommenden Charakter hätte der hohe geistliche Rang, den er be¬
kleidete, vielleicht nicht genügt, ihm dieses Übergewicht zu sichern; es kam etwas
rein weltliches dazu, was ihm gewissermaßen neben dem geistlichen Stützpunkt noch
el"en zweiten, außerhalb der Kirche liegeudeu verlieh. Er war in jeder Beziehung,


Ach, Mama, spanne doch den unglücklichen Viktor nicht so ans die Folter. Er
will ja die Messe wieder regelmäßig besuchen. Das ist ja doch die Hauptsache.

Das war in der That für die Gräfin die Hauptsache und — für Komtesse
Paula auch, denn alles, was ihr den Grafen Viktor entfremdete, war ihr peinlich,
verursachte ihr wahren Seelenschmerz. Ihre Gefühle für ihn waren derart, daß sie es
— vielleicht war das unrecht — mit dem Glauben und der Kirchlichkeit nicht so
genau nahm. Sie würde sich, wenn es nur auf sie angekommen wäre, am Ende
sogar mit dem Gedanken, einen Ketzer zum Mnuue zu haben, ausgesöhnt haben,
aber es hatten ja auch noch andre ihr Jawort dazu zu geben, wenn sie die Seine
werden sollte: ihre Mutter, der Fürst, der .Kardinal und wer nicht alles. Und
von all denen waren, wenn Montenerv nicht mildere Saiten aufzog, mir Wider¬
spruch und Hindernisse zu erwarten, während sich alles noch machen konnte, wenn
er mit sich reden ließ und wenigstens jetzt im letzten Augenblick einlenkte.

Nicht viel anders dachte die Gräfin, die, so wenig sie es Wort haben durfte,
deu Geschmack ihrer Tochter teilte und nichts sehnlicher wünschte, als daß das ganze
Vermögen des Fürsten auf den Grafen Viktor übergehn und dieser dann ihrer
Tochter die Hand bieten möchte. Damit wäre auch ihr Gewissen der Kirche
gegenüber beruhigt gewesen, denn sie kannte den Einfluß ihrer Tochter auf den
Grafen zu gut, als daß sie nicht auch in Beziehung auf die kirchliche und kirchen-
freuudliche Gesinnung des jungen Ehegatten einen erfreulichen Ausgleich hätte hoffen
dürfen.

Wie der Graf über die Dogmen und Mysterien der Kirche dachte, war ihr
im Grunde genommen gleich, wenn er nur in der Form und in seiner Stellung
der Geistlichkeit gegenüber die nötige Rücksicht beobachtete und einiges Wohlwollen
zeigte, sodaß ihn die Freunde der Kirche nicht länger zu fürchten und zu bekämpfen
brauchten.

Von deu Plänen des Priors und der Äbtissin, die es ja doch in erster Reihe
darauf abgesehen hatten, sich des Monteneroschen Vermögens zu Gunsten des einen
oder des andern der beiden Stifter zu bemächtige», war ihr nichts bekannt. Sie
diente deu beiden und dem klugen Pater Aloysius nnr als Marionette. Wenn sie,
dachten diese, zur Einsicht kommen würde, welche Bestrebungen sie Wider Wissen
und Willen gefördert hatte, würde es zu spät sein, und man würde sie einfach bei¬
seite schieben, wie man sich andrer für ähnliche Zwecke gebrauchter Werkzeuge ohne
Gewissensbisse entledigt hatte.

Uuter solchen Erwägungen und Gesprächen hatte man den dem Hradschiner
Stift als Entree dienenden, übereck angeflickten kleinen Kuppelbau erreicht, und da die
Dame, die man besuchen wollte, zu Hanse war, so wurde Mouteuero mit hinein-
geuommen und mußte einen lehrreichen, aber nicht für jedermann interessanten
Kursus über die Aussichten und Pläne aller Stifts- und heiratsfähige» jungen Dame«
der österreichischen Gesamtmonarchie mit durchmachen.

Unterdessen war der Prior von dem Kardinal empfangen worden, und die
Unterhaltung hatte die besondre Wendung genommen, zu der es leicht kommt,
wenn ein hochbefähigter und kühner Geist, wie der Prior, einem Vorgesetzten
gegenübersteht, der ihm, wie es bei dem Kardinal der Fall war, nicht bloß an
kirchlichem Rung weit überlegen ist, sondern ihn noch obendrein dnrch gesellige
Sicherheit und klassische Ruhe dominiert. Der sonst so selbstbewußte und sichere
Mann empfand die ihm gezognen unübersteiglichen Schranken. Als Diplomat und
Politiker war ja vielleicht, was kühne Pläne und rücksichtslose Ausführung an¬
langte, der Prior der fähigere und genialere der beiden, aber der mächtigere,
der unbestrittenermaßen die Oberhand hatte, war der Kardinal. Bet seinem leicht¬
lebigen entgegenkommenden Charakter hätte der hohe geistliche Rang, den er be¬
kleidete, vielleicht nicht genügt, ihm dieses Übergewicht zu sichern; es kam etwas
rein weltliches dazu, was ihm gewissermaßen neben dem geistlichen Stützpunkt noch
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[0561] Ach, Mama, spanne doch den unglücklichen Viktor nicht so ans die Folter. Er will ja die Messe wieder regelmäßig besuchen. Das ist ja doch die Hauptsache. Das war in der That für die Gräfin die Hauptsache und — für Komtesse Paula auch, denn alles, was ihr den Grafen Viktor entfremdete, war ihr peinlich, verursachte ihr wahren Seelenschmerz. Ihre Gefühle für ihn waren derart, daß sie es — vielleicht war das unrecht — mit dem Glauben und der Kirchlichkeit nicht so genau nahm. Sie würde sich, wenn es nur auf sie angekommen wäre, am Ende sogar mit dem Gedanken, einen Ketzer zum Mnuue zu haben, ausgesöhnt haben, aber es hatten ja auch noch andre ihr Jawort dazu zu geben, wenn sie die Seine werden sollte: ihre Mutter, der Fürst, der .Kardinal und wer nicht alles. Und von all denen waren, wenn Montenerv nicht mildere Saiten aufzog, mir Wider¬ spruch und Hindernisse zu erwarten, während sich alles noch machen konnte, wenn er mit sich reden ließ und wenigstens jetzt im letzten Augenblick einlenkte. Nicht viel anders dachte die Gräfin, die, so wenig sie es Wort haben durfte, deu Geschmack ihrer Tochter teilte und nichts sehnlicher wünschte, als daß das ganze Vermögen des Fürsten auf den Grafen Viktor übergehn und dieser dann ihrer Tochter die Hand bieten möchte. Damit wäre auch ihr Gewissen der Kirche gegenüber beruhigt gewesen, denn sie kannte den Einfluß ihrer Tochter auf den Grafen zu gut, als daß sie nicht auch in Beziehung auf die kirchliche und kirchen- freuudliche Gesinnung des jungen Ehegatten einen erfreulichen Ausgleich hätte hoffen dürfen. Wie der Graf über die Dogmen und Mysterien der Kirche dachte, war ihr im Grunde genommen gleich, wenn er nur in der Form und in seiner Stellung der Geistlichkeit gegenüber die nötige Rücksicht beobachtete und einiges Wohlwollen zeigte, sodaß ihn die Freunde der Kirche nicht länger zu fürchten und zu bekämpfen brauchten. Von deu Plänen des Priors und der Äbtissin, die es ja doch in erster Reihe darauf abgesehen hatten, sich des Monteneroschen Vermögens zu Gunsten des einen oder des andern der beiden Stifter zu bemächtige», war ihr nichts bekannt. Sie diente deu beiden und dem klugen Pater Aloysius nnr als Marionette. Wenn sie, dachten diese, zur Einsicht kommen würde, welche Bestrebungen sie Wider Wissen und Willen gefördert hatte, würde es zu spät sein, und man würde sie einfach bei¬ seite schieben, wie man sich andrer für ähnliche Zwecke gebrauchter Werkzeuge ohne Gewissensbisse entledigt hatte. Uuter solchen Erwägungen und Gesprächen hatte man den dem Hradschiner Stift als Entree dienenden, übereck angeflickten kleinen Kuppelbau erreicht, und da die Dame, die man besuchen wollte, zu Hanse war, so wurde Mouteuero mit hinein- geuommen und mußte einen lehrreichen, aber nicht für jedermann interessanten Kursus über die Aussichten und Pläne aller Stifts- und heiratsfähige» jungen Dame« der österreichischen Gesamtmonarchie mit durchmachen. Unterdessen war der Prior von dem Kardinal empfangen worden, und die Unterhaltung hatte die besondre Wendung genommen, zu der es leicht kommt, wenn ein hochbefähigter und kühner Geist, wie der Prior, einem Vorgesetzten gegenübersteht, der ihm, wie es bei dem Kardinal der Fall war, nicht bloß an kirchlichem Rung weit überlegen ist, sondern ihn noch obendrein dnrch gesellige Sicherheit und klassische Ruhe dominiert. Der sonst so selbstbewußte und sichere Mann empfand die ihm gezognen unübersteiglichen Schranken. Als Diplomat und Politiker war ja vielleicht, was kühne Pläne und rücksichtslose Ausführung an¬ langte, der Prior der fähigere und genialere der beiden, aber der mächtigere, der unbestrittenermaßen die Oberhand hatte, war der Kardinal. Bet seinem leicht¬ lebigen entgegenkommenden Charakter hätte der hohe geistliche Rang, den er be¬ kleidete, vielleicht nicht genügt, ihm dieses Übergewicht zu sichern; es kam etwas rein weltliches dazu, was ihm gewissermaßen neben dem geistlichen Stützpunkt noch el»en zweiten, außerhalb der Kirche liegeudeu verlieh. Er war in jeder Beziehung,

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 61, 1902, Viertes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341875_238787/561>, abgerufen am 01.09.2024.