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Die Grenzboten. Jg. 61, 1902, Viertes Vierteljahr.

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Die Entwicklung und Bedeutung der deutscheu Lebensversicherung

günstig. So giebt z, B. der letzte Jahresbericht des schweizerischen Versichernngs-
amtes über die in der Schweiz konzessionierten Versicherungsgesellschaften den
vorzeitigen Abgang der in Betracht kommenden deutschen Anstalten im Jahre
1900 mit 1/2 Prozent des mittlern Versicherungsbestandes an, dagegen den
der amerikanischen Gesellschaften im Durchschnitt mit 5,3, der französischen
"ut 4,4 und der englischen mit 3,8 Prozent.

Die finanziellen Resultate der deutschen Lebensversicherung zeigen trotz
der wirtschaftliche" Krise im Jahre 1901 wie in den Vorjahren im allgemeinen
wieder ein sehr günstiges Bild. Eine Gesamtübersicht darüber bietet die fol¬
gende kleine Zusammenstellung:

Gesamteinnahme........ Mark 390711847
darunter
Prämien.......... " 294 598 054
Zinsen und sonstige Einnahmen . , " 96113 798
Gesamtausgabe......... Mark 325995222
darunter
Zahlungen an Versicherte..... " 157 592 278
Erhöhung der Prämienrescrve und son¬
stige Ausgaben und Zurückstellungen " 132 998395
Verwnltungskosten....... " 35404549
Überschuß...........Mark "4716625

Unter den Ausgaben nehmen die Zahlungen an Versicherte und die Zurück¬
stellungen an die Prämienrescrve die wichtigste Stelle ein. In der Bildung
und Bedeutung der Prämienrcserve liegt der wesentliche Unterschied der Lebens¬
versicherung von andern Versicherungsbranchen und hauptsächlich ihre Sicher¬
et. Im Gegensatz zu andern Versicherungsarten ist das Risiko der Lebens¬
versicherung durch die auf langjährigen Erfahrungen aufgebunden Sterblichkeits¬
tafeln genau bestimmt. Die nach dem sogenannten Kapitaldeckungsversahren
gebildeten, auf Grundlage der Sterbetafeln berechneten Tarifprämien bestehn
"un aus drei Teilen: 1. der Reserveprümie, die für den Versicherten selbst
aufbewahrt wird und unter Annahme eines bestimmten Zinsfußes mit Zins
"ud Zinseszins die Prämienreserve ausmacht, die zu dem versicherten.Kapital
""Wächst, wenn der Versicherte das Fälligkeitsalter erreicht; 2. der Sterbefall-
"der Nisikoprnmie, die zur Auszahlung der Versicherungssumme an die all-
ehrlich Sterbenden rechnerisch notwendig ist, weil deren Prämienrescrve noch
'"ehe die Höhe des fälligen Kapitals erreicht hat; 3. aus einem Aufschlag zur
Deckung der Berwaltungskosten. Die Prämienrcserve bietet sonach die Sicher¬
et, daß eine Lebensversicherungsgesellschaft -- normale Sterblichkeit voraus¬
gesetzt -- alle in Zukunft anfallenden Versicherungssummen unter Zuhilfe¬
nahme der erwartungsmäßigen zukünftigen Prämieneinnahmen wird bestreiten
würm.

^ erwähnten Zusammensetzung der Prämie und in der Bildung der
-prämienrescrve beruht das ganze Geheimnis des Lebensversichernngsbetriebs.
^ sind damit auch unmittelbar die Gewinnqnellen der Lebensversicherung er¬
wart, nämlich: 1. der überrechnungsmäßige Zins, d. h. die Mehreinnahme um
"when, die dadurch entsteht, daß der thatsächlich erzielte Zinsfuß höher ist
als der für die Berechnung der Prämien und Prämienreserven zu Grunde ge-


Die Entwicklung und Bedeutung der deutscheu Lebensversicherung

günstig. So giebt z, B. der letzte Jahresbericht des schweizerischen Versichernngs-
amtes über die in der Schweiz konzessionierten Versicherungsgesellschaften den
vorzeitigen Abgang der in Betracht kommenden deutschen Anstalten im Jahre
1900 mit 1/2 Prozent des mittlern Versicherungsbestandes an, dagegen den
der amerikanischen Gesellschaften im Durchschnitt mit 5,3, der französischen
"ut 4,4 und der englischen mit 3,8 Prozent.

Die finanziellen Resultate der deutschen Lebensversicherung zeigen trotz
der wirtschaftliche» Krise im Jahre 1901 wie in den Vorjahren im allgemeinen
wieder ein sehr günstiges Bild. Eine Gesamtübersicht darüber bietet die fol¬
gende kleine Zusammenstellung:

Gesamteinnahme........ Mark 390711847
darunter
Prämien.......... „ 294 598 054
Zinsen und sonstige Einnahmen . , „ 96113 798
Gesamtausgabe......... Mark 325995222
darunter
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Erhöhung der Prämienrescrve und son¬
stige Ausgaben und Zurückstellungen „ 132 998395
Verwnltungskosten....... „ 35404549
Überschuß...........Mark «4716625

Unter den Ausgaben nehmen die Zahlungen an Versicherte und die Zurück¬
stellungen an die Prämienrescrve die wichtigste Stelle ein. In der Bildung
und Bedeutung der Prämienrcserve liegt der wesentliche Unterschied der Lebens¬
versicherung von andern Versicherungsbranchen und hauptsächlich ihre Sicher¬
et. Im Gegensatz zu andern Versicherungsarten ist das Risiko der Lebens¬
versicherung durch die auf langjährigen Erfahrungen aufgebunden Sterblichkeits¬
tafeln genau bestimmt. Die nach dem sogenannten Kapitaldeckungsversahren
gebildeten, auf Grundlage der Sterbetafeln berechneten Tarifprämien bestehn
«un aus drei Teilen: 1. der Reserveprümie, die für den Versicherten selbst
aufbewahrt wird und unter Annahme eines bestimmten Zinsfußes mit Zins
"ud Zinseszins die Prämienreserve ausmacht, die zu dem versicherten.Kapital
"«Wächst, wenn der Versicherte das Fälligkeitsalter erreicht; 2. der Sterbefall-
"der Nisikoprnmie, die zur Auszahlung der Versicherungssumme an die all-
ehrlich Sterbenden rechnerisch notwendig ist, weil deren Prämienrescrve noch
'"ehe die Höhe des fälligen Kapitals erreicht hat; 3. aus einem Aufschlag zur
Deckung der Berwaltungskosten. Die Prämienrcserve bietet sonach die Sicher¬
et, daß eine Lebensversicherungsgesellschaft — normale Sterblichkeit voraus¬
gesetzt — alle in Zukunft anfallenden Versicherungssummen unter Zuhilfe¬
nahme der erwartungsmäßigen zukünftigen Prämieneinnahmen wird bestreiten
würm.

^ erwähnten Zusammensetzung der Prämie und in der Bildung der
-prämienrescrve beruht das ganze Geheimnis des Lebensversichernngsbetriebs.
^ sind damit auch unmittelbar die Gewinnqnellen der Lebensversicherung er¬
wart, nämlich: 1. der überrechnungsmäßige Zins, d. h. die Mehreinnahme um
«when, die dadurch entsteht, daß der thatsächlich erzielte Zinsfuß höher ist
als der für die Berechnung der Prämien und Prämienreserven zu Grunde ge-


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[0535] Die Entwicklung und Bedeutung der deutscheu Lebensversicherung günstig. So giebt z, B. der letzte Jahresbericht des schweizerischen Versichernngs- amtes über die in der Schweiz konzessionierten Versicherungsgesellschaften den vorzeitigen Abgang der in Betracht kommenden deutschen Anstalten im Jahre 1900 mit 1/2 Prozent des mittlern Versicherungsbestandes an, dagegen den der amerikanischen Gesellschaften im Durchschnitt mit 5,3, der französischen "ut 4,4 und der englischen mit 3,8 Prozent. Die finanziellen Resultate der deutschen Lebensversicherung zeigen trotz der wirtschaftliche» Krise im Jahre 1901 wie in den Vorjahren im allgemeinen wieder ein sehr günstiges Bild. Eine Gesamtübersicht darüber bietet die fol¬ gende kleine Zusammenstellung: Gesamteinnahme........ Mark 390711847 darunter Prämien.......... „ 294 598 054 Zinsen und sonstige Einnahmen . , „ 96113 798 Gesamtausgabe......... Mark 325995222 darunter Zahlungen an Versicherte..... „ 157 592 278 Erhöhung der Prämienrescrve und son¬ stige Ausgaben und Zurückstellungen „ 132 998395 Verwnltungskosten....... „ 35404549 Überschuß...........Mark «4716625 Unter den Ausgaben nehmen die Zahlungen an Versicherte und die Zurück¬ stellungen an die Prämienrescrve die wichtigste Stelle ein. In der Bildung und Bedeutung der Prämienrcserve liegt der wesentliche Unterschied der Lebens¬ versicherung von andern Versicherungsbranchen und hauptsächlich ihre Sicher¬ et. Im Gegensatz zu andern Versicherungsarten ist das Risiko der Lebens¬ versicherung durch die auf langjährigen Erfahrungen aufgebunden Sterblichkeits¬ tafeln genau bestimmt. Die nach dem sogenannten Kapitaldeckungsversahren gebildeten, auf Grundlage der Sterbetafeln berechneten Tarifprämien bestehn «un aus drei Teilen: 1. der Reserveprümie, die für den Versicherten selbst aufbewahrt wird und unter Annahme eines bestimmten Zinsfußes mit Zins "ud Zinseszins die Prämienreserve ausmacht, die zu dem versicherten.Kapital "«Wächst, wenn der Versicherte das Fälligkeitsalter erreicht; 2. der Sterbefall- "der Nisikoprnmie, die zur Auszahlung der Versicherungssumme an die all- ehrlich Sterbenden rechnerisch notwendig ist, weil deren Prämienrescrve noch '"ehe die Höhe des fälligen Kapitals erreicht hat; 3. aus einem Aufschlag zur Deckung der Berwaltungskosten. Die Prämienrcserve bietet sonach die Sicher¬ et, daß eine Lebensversicherungsgesellschaft — normale Sterblichkeit voraus¬ gesetzt — alle in Zukunft anfallenden Versicherungssummen unter Zuhilfe¬ nahme der erwartungsmäßigen zukünftigen Prämieneinnahmen wird bestreiten würm. ^ erwähnten Zusammensetzung der Prämie und in der Bildung der -prämienrescrve beruht das ganze Geheimnis des Lebensversichernngsbetriebs. ^ sind damit auch unmittelbar die Gewinnqnellen der Lebensversicherung er¬ wart, nämlich: 1. der überrechnungsmäßige Zins, d. h. die Mehreinnahme um «when, die dadurch entsteht, daß der thatsächlich erzielte Zinsfuß höher ist als der für die Berechnung der Prämien und Prämienreserven zu Grunde ge-

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 61, 1902, Viertes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341875_238787/535>, abgerufen am 01.09.2024.