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Die Grenzboten. Jg. 61, 1902, Viertes Vierteljahr.

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Düsseldorf im neunzehnten Jahrhundert. Düsseldorf, August Bagel, 1902). Er
wünscht mit diesem Versuch die Städte zur gemeinsamen und planmäßigen Benutzung
ihrer in der Verwaltung gemachten Erfahrungen für die praktische Nationalökonomie
anzuregen. 135 Seiten ' seines Buches sind der Zeit von 1800 bis 1870, die
übrigen 300 den letzten drei Jahrzehnten gewidmet. Wie Großes die Düssel¬
dorfer Stadtverwaltung geleistet hat, geht aus der einfachen Thatsache hervor, daß
Düsseldorf eine der schönsten, reichsten, ans allen Gebieten des industriellen und des
geistigen Lebens tüchtigste" Städte ist, obwohl sie ganz und gar eine Schöpfung des
neunzehnten Jahrhunderts ist. Mit 12000 Einwohnern -- jetzt hat sie 214000 --
ist sie in dieses eingetreten und hat aus dem Mittelalter nicht einmal den monu¬
mentalen Schmuck ansehnlicher Bauwerke geerbt. Das Bedürfnis des Großstädters
nach Natur durch Hineintragen der Natur in die Stadt zu befriedigen, hat sich die
"Gartenstadt am Rhein" mehr als irgend eine andre angelegen sein lassen (ihren
vielen Parks gedenkt sie nach Abbruch der Ansstellungsgebände einen neuen hinzu-
s"fügen auf der Ausstelluugsiusel). Zusammen mit einer vortrefflichen Bauordnung,
Wvhnuugspolizei. Arbeiterfürsorge und sonstigen Wohlfahrtsmaßregeln hat diese
gesundheitsfördernde Anlage die Sterbczahl auf 19,4 hinabgedrückt (gegen 25,4 in
Chemnitz, 26,2 in Vrcslan, 28.4 in Königsberg; nur von Aachen mit 18,4 wird
Düsseldorf übertroffen). Ausführlich wird dargelegt, wie wohlthätig Miguels Steuer¬
reform auch in dieser Stadt wirkt, und wie die Bürgerschaft selbst durch weise
Besteuerung des Grund und Bodens, durch Regelung des Baukredits und dnrch
eigne Bauthätigkeit praktische Vvdcnbesitzreform und Wohnnngspolitik treibt. Em
gwßer Teil des Buches ist natürlich dem Handelsverkehr und seinen Organen, der
Rheinschiffahrt und den Eisenbahnen, gewidmet. Wenn man liest, wie die Städte
und Staaten um Niederrhein einander bis in die Mitte des vorigen Jahrhunderts
mit Stapelrcchten und Zöllen bekämpft, gehemmt und eingeschränkt haben, und wie.
nachdem die Dampfkraft des modernen Verkehrs diese Schranken durchbrochen hat,
der Kampf in andrer Form fortlebt: in Tarifkriegen und in dem Kvnkurrenzslrcit
Wischer Wasserstraßen und Eisenbahnen -- auch die Stadt Düsseldorf gehört zu
denen, die sich vor dem Mittellandkanal fürchten --, dann kann man an der Be¬
rechtigung, ja an der Notwendigkeit des Sozialismus nicht mehr zweifeln. Nicht
eines utopischen, sondern eines theoretischen Sozialismus. der als Orientiernngsplan
dient und uuter Umständen einzelne sozialistische Maßregeln aurae. Jede Bcrlehrs-
erleichternng müßte doch ein Vorteil für alle sein, ebenso wie jede Vermehrung der
Gntermasse'. die ja natürlich den Preis der Güter ermäßigt. Wenn nnn Guter-
^mehrung und Verlehrserleichternngen mehr Schaden anrichten als Nutzen stiften.
s° kann an dieser widersinnigen Wirkung nur ein Konstruktionsfehler der Gesell¬
schaft schuld sei" Dieser Konstruktionsfehler besteht eben darin, daß Triebkraft der
Pwdnllion und des Verkehrs nicht die Absicht, Bedürfnisse der Gesellschaft zu be¬
ledigen, sondern die Absicht der konkurrierenden Individuen, zu erwerben, ist.
Tür die Eisenbahnen wird der Fehler immer mehr dnrch Verstacitlichnng, also dnrch
^"e sozialistische Maßregel beseitigt. Wenn alle Bahnen dem Staate gehören,
dann kann nicht mehr die eine Linie tund eine konkurrierende bankrott gemacht
werden; und der Staat vermag die Wohlthat dieses Verkehrsmittels auch dort zu
gewähren, wo die einzelne Linie vorläufig uicht rentiert. Wie Gewaltiges die in
^"er modernen Kommune zusammenwirkenden Kräfte zu schaffen vermögen, hat
Düsseldorf auch dadurch bewiesen, daß es nicht, wie z. B. Görlitz, einen Quadrat-
Meilen großen Grundbesitz von den Vätern ererbt, sondern, was es heut an Grund
und Boden besitzt, in der neuen Zeit hoher Bodenpreise erworben hat, trotzdem
Wh aber eines Vermögens von <>6 Millionen Mark erfreut, dem nur 44 Millionen
Schulden gegenüberstehn. Mit einer interessanten Betrachtung über den Unter-
Med zwischen der sich selbst genügenden mittelalterlichen und der heutigen, in das
Wirtschaftsleben des Staates als Organ eingegliederten und dnrch fortwährenden
i^nzug mit frischem Blute gespeisten 'Stadt schließt die verdienstvolle Arbeit, der


Düsseldorf im neunzehnten Jahrhundert. Düsseldorf, August Bagel, 1902). Er
wünscht mit diesem Versuch die Städte zur gemeinsamen und planmäßigen Benutzung
ihrer in der Verwaltung gemachten Erfahrungen für die praktische Nationalökonomie
anzuregen. 135 Seiten ' seines Buches sind der Zeit von 1800 bis 1870, die
übrigen 300 den letzten drei Jahrzehnten gewidmet. Wie Großes die Düssel¬
dorfer Stadtverwaltung geleistet hat, geht aus der einfachen Thatsache hervor, daß
Düsseldorf eine der schönsten, reichsten, ans allen Gebieten des industriellen und des
geistigen Lebens tüchtigste» Städte ist, obwohl sie ganz und gar eine Schöpfung des
neunzehnten Jahrhunderts ist. Mit 12000 Einwohnern — jetzt hat sie 214000 —
ist sie in dieses eingetreten und hat aus dem Mittelalter nicht einmal den monu¬
mentalen Schmuck ansehnlicher Bauwerke geerbt. Das Bedürfnis des Großstädters
nach Natur durch Hineintragen der Natur in die Stadt zu befriedigen, hat sich die
„Gartenstadt am Rhein" mehr als irgend eine andre angelegen sein lassen (ihren
vielen Parks gedenkt sie nach Abbruch der Ansstellungsgebände einen neuen hinzu-
s"fügen auf der Ausstelluugsiusel). Zusammen mit einer vortrefflichen Bauordnung,
Wvhnuugspolizei. Arbeiterfürsorge und sonstigen Wohlfahrtsmaßregeln hat diese
gesundheitsfördernde Anlage die Sterbczahl auf 19,4 hinabgedrückt (gegen 25,4 in
Chemnitz, 26,2 in Vrcslan, 28.4 in Königsberg; nur von Aachen mit 18,4 wird
Düsseldorf übertroffen). Ausführlich wird dargelegt, wie wohlthätig Miguels Steuer¬
reform auch in dieser Stadt wirkt, und wie die Bürgerschaft selbst durch weise
Besteuerung des Grund und Bodens, durch Regelung des Baukredits und dnrch
eigne Bauthätigkeit praktische Vvdcnbesitzreform und Wohnnngspolitik treibt. Em
gwßer Teil des Buches ist natürlich dem Handelsverkehr und seinen Organen, der
Rheinschiffahrt und den Eisenbahnen, gewidmet. Wenn man liest, wie die Städte
und Staaten um Niederrhein einander bis in die Mitte des vorigen Jahrhunderts
mit Stapelrcchten und Zöllen bekämpft, gehemmt und eingeschränkt haben, und wie.
nachdem die Dampfkraft des modernen Verkehrs diese Schranken durchbrochen hat,
der Kampf in andrer Form fortlebt: in Tarifkriegen und in dem Kvnkurrenzslrcit
Wischer Wasserstraßen und Eisenbahnen — auch die Stadt Düsseldorf gehört zu
denen, die sich vor dem Mittellandkanal fürchten —, dann kann man an der Be¬
rechtigung, ja an der Notwendigkeit des Sozialismus nicht mehr zweifeln. Nicht
eines utopischen, sondern eines theoretischen Sozialismus. der als Orientiernngsplan
dient und uuter Umständen einzelne sozialistische Maßregeln aurae. Jede Bcrlehrs-
erleichternng müßte doch ein Vorteil für alle sein, ebenso wie jede Vermehrung der
Gntermasse'. die ja natürlich den Preis der Güter ermäßigt. Wenn nnn Guter-
^mehrung und Verlehrserleichternngen mehr Schaden anrichten als Nutzen stiften.
s° kann an dieser widersinnigen Wirkung nur ein Konstruktionsfehler der Gesell¬
schaft schuld sei» Dieser Konstruktionsfehler besteht eben darin, daß Triebkraft der
Pwdnllion und des Verkehrs nicht die Absicht, Bedürfnisse der Gesellschaft zu be¬
ledigen, sondern die Absicht der konkurrierenden Individuen, zu erwerben, ist.
Tür die Eisenbahnen wird der Fehler immer mehr dnrch Verstacitlichnng, also dnrch
^«e sozialistische Maßregel beseitigt. Wenn alle Bahnen dem Staate gehören,
dann kann nicht mehr die eine Linie tund eine konkurrierende bankrott gemacht
werden; und der Staat vermag die Wohlthat dieses Verkehrsmittels auch dort zu
gewähren, wo die einzelne Linie vorläufig uicht rentiert. Wie Gewaltiges die in
^"er modernen Kommune zusammenwirkenden Kräfte zu schaffen vermögen, hat
Düsseldorf auch dadurch bewiesen, daß es nicht, wie z. B. Görlitz, einen Quadrat-
Meilen großen Grundbesitz von den Vätern ererbt, sondern, was es heut an Grund
und Boden besitzt, in der neuen Zeit hoher Bodenpreise erworben hat, trotzdem
Wh aber eines Vermögens von <>6 Millionen Mark erfreut, dem nur 44 Millionen
Schulden gegenüberstehn. Mit einer interessanten Betrachtung über den Unter-
Med zwischen der sich selbst genügenden mittelalterlichen und der heutigen, in das
Wirtschaftsleben des Staates als Organ eingegliederten und dnrch fortwährenden
i^nzug mit frischem Blute gespeisten 'Stadt schließt die verdienstvolle Arbeit, der


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[0455] Düsseldorf im neunzehnten Jahrhundert. Düsseldorf, August Bagel, 1902). Er wünscht mit diesem Versuch die Städte zur gemeinsamen und planmäßigen Benutzung ihrer in der Verwaltung gemachten Erfahrungen für die praktische Nationalökonomie anzuregen. 135 Seiten ' seines Buches sind der Zeit von 1800 bis 1870, die übrigen 300 den letzten drei Jahrzehnten gewidmet. Wie Großes die Düssel¬ dorfer Stadtverwaltung geleistet hat, geht aus der einfachen Thatsache hervor, daß Düsseldorf eine der schönsten, reichsten, ans allen Gebieten des industriellen und des geistigen Lebens tüchtigste» Städte ist, obwohl sie ganz und gar eine Schöpfung des neunzehnten Jahrhunderts ist. Mit 12000 Einwohnern — jetzt hat sie 214000 — ist sie in dieses eingetreten und hat aus dem Mittelalter nicht einmal den monu¬ mentalen Schmuck ansehnlicher Bauwerke geerbt. Das Bedürfnis des Großstädters nach Natur durch Hineintragen der Natur in die Stadt zu befriedigen, hat sich die „Gartenstadt am Rhein" mehr als irgend eine andre angelegen sein lassen (ihren vielen Parks gedenkt sie nach Abbruch der Ansstellungsgebände einen neuen hinzu- s"fügen auf der Ausstelluugsiusel). Zusammen mit einer vortrefflichen Bauordnung, Wvhnuugspolizei. Arbeiterfürsorge und sonstigen Wohlfahrtsmaßregeln hat diese gesundheitsfördernde Anlage die Sterbczahl auf 19,4 hinabgedrückt (gegen 25,4 in Chemnitz, 26,2 in Vrcslan, 28.4 in Königsberg; nur von Aachen mit 18,4 wird Düsseldorf übertroffen). Ausführlich wird dargelegt, wie wohlthätig Miguels Steuer¬ reform auch in dieser Stadt wirkt, und wie die Bürgerschaft selbst durch weise Besteuerung des Grund und Bodens, durch Regelung des Baukredits und dnrch eigne Bauthätigkeit praktische Vvdcnbesitzreform und Wohnnngspolitik treibt. Em gwßer Teil des Buches ist natürlich dem Handelsverkehr und seinen Organen, der Rheinschiffahrt und den Eisenbahnen, gewidmet. Wenn man liest, wie die Städte und Staaten um Niederrhein einander bis in die Mitte des vorigen Jahrhunderts mit Stapelrcchten und Zöllen bekämpft, gehemmt und eingeschränkt haben, und wie. nachdem die Dampfkraft des modernen Verkehrs diese Schranken durchbrochen hat, der Kampf in andrer Form fortlebt: in Tarifkriegen und in dem Kvnkurrenzslrcit Wischer Wasserstraßen und Eisenbahnen — auch die Stadt Düsseldorf gehört zu denen, die sich vor dem Mittellandkanal fürchten —, dann kann man an der Be¬ rechtigung, ja an der Notwendigkeit des Sozialismus nicht mehr zweifeln. Nicht eines utopischen, sondern eines theoretischen Sozialismus. der als Orientiernngsplan dient und uuter Umständen einzelne sozialistische Maßregeln aurae. Jede Bcrlehrs- erleichternng müßte doch ein Vorteil für alle sein, ebenso wie jede Vermehrung der Gntermasse'. die ja natürlich den Preis der Güter ermäßigt. Wenn nnn Guter- ^mehrung und Verlehrserleichternngen mehr Schaden anrichten als Nutzen stiften. s° kann an dieser widersinnigen Wirkung nur ein Konstruktionsfehler der Gesell¬ schaft schuld sei» Dieser Konstruktionsfehler besteht eben darin, daß Triebkraft der Pwdnllion und des Verkehrs nicht die Absicht, Bedürfnisse der Gesellschaft zu be¬ ledigen, sondern die Absicht der konkurrierenden Individuen, zu erwerben, ist. Tür die Eisenbahnen wird der Fehler immer mehr dnrch Verstacitlichnng, also dnrch ^«e sozialistische Maßregel beseitigt. Wenn alle Bahnen dem Staate gehören, dann kann nicht mehr die eine Linie tund eine konkurrierende bankrott gemacht werden; und der Staat vermag die Wohlthat dieses Verkehrsmittels auch dort zu gewähren, wo die einzelne Linie vorläufig uicht rentiert. Wie Gewaltiges die in ^"er modernen Kommune zusammenwirkenden Kräfte zu schaffen vermögen, hat Düsseldorf auch dadurch bewiesen, daß es nicht, wie z. B. Görlitz, einen Quadrat- Meilen großen Grundbesitz von den Vätern ererbt, sondern, was es heut an Grund und Boden besitzt, in der neuen Zeit hoher Bodenpreise erworben hat, trotzdem Wh aber eines Vermögens von <>6 Millionen Mark erfreut, dem nur 44 Millionen Schulden gegenüberstehn. Mit einer interessanten Betrachtung über den Unter- Med zwischen der sich selbst genügenden mittelalterlichen und der heutigen, in das Wirtschaftsleben des Staates als Organ eingegliederten und dnrch fortwährenden i^nzug mit frischem Blute gespeisten 'Stadt schließt die verdienstvolle Arbeit, der

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Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (&#xa75b;): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja;

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 61, 1902, Viertes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341875_238787/455>, abgerufen am 01.09.2024.