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Die Grenzboten. Jg. 61, 1902, Viertes Vierteljahr.

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Deutschland und Dänemark
H. petersen von

chon im März dieses Jahres erschien in der Kopenhagner "Na-
tionaltidende" eine kurze Mitteilung nnter der Überschrift "Ein
dreister Plan," die starkes Aufsehen erregte und in der Presse
Dänemarks und Nordschleswigs hin und her besprochen wurde.
Es hieß nämlich, daß in Kopenhagen ein Aufruf oder "offner
Brief" an das deutsche Volk zur Unterschrift zirkuliere, worin die Unterzeichner
auf Grund der letzten Wahl anerkannten, daß die Nordmark nunmehr von
einer stark national gemischten Bevölkerung bewohnt werde, und darum dem
Aufhören des Nationalitätenkampses dort das Wort redeten. Sie rieten den
Dänen im nördlichen Schleswig, sich offen und ehrlich dem stärksten der beiden
Nachbarstaaten ohne Hintergedanken anzuschließen. Als Entgelt sollten in
Schleswig mehr Milde und Schonung von den preußischen Staatsbehörden
geübt werden.

Der als Miturheber des Unternehmens genannte Pastor n. D. Affe Virkedal
berichtigte jedoch öffentlich die Mitteilung dahin, daß ihr nichts andres zu
Grunde liege, als daß er der Redaktion der Zeitschrift "Tilskuercn" einen
Artikel über Nordschleswig und Deutschland übergeben habe.

Dieser Aufsatz ist dann in "Tilskueren" erschienen und zugleich ein zweiter,
der dasselbe Thema behandelt, das Verhältnis zwischen Deutschland und Däne¬
mark. Beide Verfasser, Virkedal wie der Privatdozent Dr. Östrup, haben die
Aufmerksamkeit weiterer Kreise auf die von ihnen besprochne Sache gelenkt,
und ihre Artikel sind denn auch vielfach besprochen worden.

Auf die ersten kurzen Mitteilungen über den Inhalt der Aufsätze hat man
sie deutscherseits vielfach sympathisch, dünischerseits dagegen ebenso abweisend
aufgenommen. Nachdem man den ganzen Inhalt kennen gelernt hatte, mußte
sich das Urteil auf beiden Seiten moderieren, und für uns Deutsche bleibt
nicht viel andres von der Zustimmung übrig, als daß wir anerkennen müssen,
daß beide dänischen Männer insofern Recht haben, als sie das jetzige Ver¬
hältnis zwischen beiden Staaten als aus die Dauer unhaltbar und schädigend
ansehen. Daß Dünen besonders auf die Schädigungen sehen, die ihrem Vater¬
lande durch ein Mißverhältnis zu seinem großen Nachbar erwachsen, und daß
sie sich ihres Volkes und seiner Zukunft wegen bemühen, das Verhältnis zum
bessern zu wenden, wird niemand verwunderlich finden. Wir würde"? auch
unsrerseits gern ein besseres Verhältnis angebahnt sehen, weil auch Deutsch¬
land davon Vorteil haben würde.

Um ein Verständnis für die Vorschläge Birkedals und Östrups zu ge¬
winnen, muß man natürlich zunächst wissen, wie es zwischen den Nachbarn
an der Königsau steht.




Deutschland und Dänemark
H. petersen von

chon im März dieses Jahres erschien in der Kopenhagner „Na-
tionaltidende" eine kurze Mitteilung nnter der Überschrift „Ein
dreister Plan," die starkes Aufsehen erregte und in der Presse
Dänemarks und Nordschleswigs hin und her besprochen wurde.
Es hieß nämlich, daß in Kopenhagen ein Aufruf oder „offner
Brief" an das deutsche Volk zur Unterschrift zirkuliere, worin die Unterzeichner
auf Grund der letzten Wahl anerkannten, daß die Nordmark nunmehr von
einer stark national gemischten Bevölkerung bewohnt werde, und darum dem
Aufhören des Nationalitätenkampses dort das Wort redeten. Sie rieten den
Dänen im nördlichen Schleswig, sich offen und ehrlich dem stärksten der beiden
Nachbarstaaten ohne Hintergedanken anzuschließen. Als Entgelt sollten in
Schleswig mehr Milde und Schonung von den preußischen Staatsbehörden
geübt werden.

Der als Miturheber des Unternehmens genannte Pastor n. D. Affe Virkedal
berichtigte jedoch öffentlich die Mitteilung dahin, daß ihr nichts andres zu
Grunde liege, als daß er der Redaktion der Zeitschrift „Tilskuercn" einen
Artikel über Nordschleswig und Deutschland übergeben habe.

Dieser Aufsatz ist dann in „Tilskueren" erschienen und zugleich ein zweiter,
der dasselbe Thema behandelt, das Verhältnis zwischen Deutschland und Däne¬
mark. Beide Verfasser, Virkedal wie der Privatdozent Dr. Östrup, haben die
Aufmerksamkeit weiterer Kreise auf die von ihnen besprochne Sache gelenkt,
und ihre Artikel sind denn auch vielfach besprochen worden.

Auf die ersten kurzen Mitteilungen über den Inhalt der Aufsätze hat man
sie deutscherseits vielfach sympathisch, dünischerseits dagegen ebenso abweisend
aufgenommen. Nachdem man den ganzen Inhalt kennen gelernt hatte, mußte
sich das Urteil auf beiden Seiten moderieren, und für uns Deutsche bleibt
nicht viel andres von der Zustimmung übrig, als daß wir anerkennen müssen,
daß beide dänischen Männer insofern Recht haben, als sie das jetzige Ver¬
hältnis zwischen beiden Staaten als aus die Dauer unhaltbar und schädigend
ansehen. Daß Dünen besonders auf die Schädigungen sehen, die ihrem Vater¬
lande durch ein Mißverhältnis zu seinem großen Nachbar erwachsen, und daß
sie sich ihres Volkes und seiner Zukunft wegen bemühen, das Verhältnis zum
bessern zu wenden, wird niemand verwunderlich finden. Wir würde«? auch
unsrerseits gern ein besseres Verhältnis angebahnt sehen, weil auch Deutsch¬
land davon Vorteil haben würde.

Um ein Verständnis für die Vorschläge Birkedals und Östrups zu ge¬
winnen, muß man natürlich zunächst wissen, wie es zwischen den Nachbarn
an der Königsau steht.


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 61, 1902, Viertes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341875_238787/186>, abgerufen am 01.09.2024.