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Die Grenzboten. Jg. 61, 1902, Zweites Vierteljahr.

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Maßgebliches und Unmaßgebliches

Schweinen," floh ins Kloster, um als Mensch zu leben und als Bußprediger die
Schweine zu Mensche" zu machen. Auch seine Visionen und Prophetien beweisen
noch nichts gegen seine seelische Gesundheit; jene kann man als poetische Ein¬
kleidungen auffassen, mit denen er die Wirkung seiner Predigten verstärkte, indem
er z. B. Gespräche einfügte, die Gott und Christus mit ihm geführt hätten, seine
Vorhersagungen von Strafgerichten aber sind teils bei seinen Lebzeiten, teils nach
seinem Tode eingetroffen: in den folgenden Jahrzehnten haben Italien und Florenz,
die er mit heißer Inbrunst liebte, alles verloren, was im Mittelalter ihren Ruhm
ausgemacht hatte. Auch berechtigten ihn die Erfolge seiner diplomatischen Sendungen,
seiner politischen Thätigkeit und seiner Bußpredigt, sich für ein auserwähltes Werk¬
zeug Gottes anzusehen. Er hatte den Zorn des Franzosenkönigs von Florenz ab¬
gewandt,") hatte die demokratische Verfassung der Stadt wieder hergestellt und den
Lebenswandel der Florentiner augenfällig gebessert; er hatte das Volk, die jungen
Leute und die Kinder für sich, die als eifrigste Apostel für ihn wirkten (als es
zur Feuerprobe kam, bat ihn een Knabe fußfällig, für ihn durchs Feuer gehn zu
dürfen), und nur einige Vornehme und die in Lastern ergrauten alten Männer
und Weiber blieben seine unversöhnlichen Feinde, die, wie er einmal sagt, schon
ärgerlich wurden, wenn sie sahen, daß sich ein Mädchen ehrbar kleidete. Er be¬
zweifelte auch keine einzige Glaubenslehre. Seine ganze Ketzerei bestand in dem:
man muß Gott mehr gehorchen als den Mensche", was sich aber freilich keine
weltliche Obrigkeit gefalle" läßt, und die kirchliche ist ehe" auch eine weltliche
Obrigkeit. Weltliche Obrigkeit ist eine Tautologie, denn jede Obrigkeit ist welt¬
licher Natur; die inwendigen Herren, Gott und die autonome Vernunft, ver¬
körpern sich niemals vollständig in einer obrigkeitlichen Person. Wird nun der
Zwiespalt zwischen dem Beruf der Obrigkeit und ihrer Haltung augenfällig, und
setzt sich dagegen das Gewissen des Untergebnen offen zur Wehr, so kommt -- bei
der Reformation wie bei der Revolution -- auf den Erfolg alles an. Gelingt
beides, so hat man einen gefeierten Helden oder einen Reformator, im Falle des
Mißlingens einen Aufwiegler oder einen Ketzer. Luther hatte seinen Kurfürsten
und konnte unter dessen Schutz und mit seiner Hilfe die alte Kirche Sachsens in
Stücke schlagen und eine neue ausrichte", gegen die dann zwar gar bald ebenso
wie gegen die alte das "man "ins; Gott mehr gehorchen" geltend gemacht wurde,
mit der aber doch eine dauerhafte Neuschöpfung von weltgeschichtlicher Bedeutung
gegründet war. Savonarola hatte nur das wankelmütige Volk von Florenz. Schon
im Oktober des Jahres 1496 mußte er dein Volke vorwerfen, daß es in die Laster
zurückgefallen sei, denen es am Fasching entsagt hatte, und als nun die Signoren,
denen der Papst zusetzte, wankend wurde", und Savonarola ihnen sagte, sie ließen
ihn im Stich, um ihren Lastern froren und wieder eine Tyrannenherrschaft auf¬
richten zu können, da hatte er verspielt. Übrigens versicherte er, daß er niemals
den Papst angegriffen habe; er habe nur die Laster im allgemeine" gegeißelt, habe
niemals Namen genannt, wenn sich der und jener getroffen fühle, so könne er
nichts dafür. Aber freilich, daß der Papst kein Recht habe, ihm die Bußpredigt
zu wehren, daß der Papst, wenn er etwas Unrechtes gebiete, nicht als Papst,
sondern als sündhafter Mensch spreche, und daß man ihm in diesem Falle nicht
gehorchen dürfe, dabei bleibt er mit Hus und allen andern Ketzern bis zum letzten
Atemzug; irre ich, sagt er in seiner letzten Predigt, so hast dn, o Christus, mich
betrogen.





Herausgegeben von Johannes Grunow in Leipzig
Verlag von Fr. Will). Gruncnv in Leipzig -- Druck von Carl Mnrauart in Leipzig
*) Giuv Capponi schreibt, die florentiner Gesandtschaft, an deren Spitze Savonarola stand,
habe einen Vertrag von Karl Viti. nicht erlangt, Savonarola dagegen sagt in der Predigt vom
28. Oktober 1496, er habe den Vertrag in drei Exemplaren ausgefertigt erhallen.
Maßgebliches und Unmaßgebliches

Schweinen," floh ins Kloster, um als Mensch zu leben und als Bußprediger die
Schweine zu Mensche» zu machen. Auch seine Visionen und Prophetien beweisen
noch nichts gegen seine seelische Gesundheit; jene kann man als poetische Ein¬
kleidungen auffassen, mit denen er die Wirkung seiner Predigten verstärkte, indem
er z. B. Gespräche einfügte, die Gott und Christus mit ihm geführt hätten, seine
Vorhersagungen von Strafgerichten aber sind teils bei seinen Lebzeiten, teils nach
seinem Tode eingetroffen: in den folgenden Jahrzehnten haben Italien und Florenz,
die er mit heißer Inbrunst liebte, alles verloren, was im Mittelalter ihren Ruhm
ausgemacht hatte. Auch berechtigten ihn die Erfolge seiner diplomatischen Sendungen,
seiner politischen Thätigkeit und seiner Bußpredigt, sich für ein auserwähltes Werk¬
zeug Gottes anzusehen. Er hatte den Zorn des Franzosenkönigs von Florenz ab¬
gewandt,") hatte die demokratische Verfassung der Stadt wieder hergestellt und den
Lebenswandel der Florentiner augenfällig gebessert; er hatte das Volk, die jungen
Leute und die Kinder für sich, die als eifrigste Apostel für ihn wirkten (als es
zur Feuerprobe kam, bat ihn een Knabe fußfällig, für ihn durchs Feuer gehn zu
dürfen), und nur einige Vornehme und die in Lastern ergrauten alten Männer
und Weiber blieben seine unversöhnlichen Feinde, die, wie er einmal sagt, schon
ärgerlich wurden, wenn sie sahen, daß sich ein Mädchen ehrbar kleidete. Er be¬
zweifelte auch keine einzige Glaubenslehre. Seine ganze Ketzerei bestand in dem:
man muß Gott mehr gehorchen als den Mensche», was sich aber freilich keine
weltliche Obrigkeit gefalle» läßt, und die kirchliche ist ehe» auch eine weltliche
Obrigkeit. Weltliche Obrigkeit ist eine Tautologie, denn jede Obrigkeit ist welt¬
licher Natur; die inwendigen Herren, Gott und die autonome Vernunft, ver¬
körpern sich niemals vollständig in einer obrigkeitlichen Person. Wird nun der
Zwiespalt zwischen dem Beruf der Obrigkeit und ihrer Haltung augenfällig, und
setzt sich dagegen das Gewissen des Untergebnen offen zur Wehr, so kommt — bei
der Reformation wie bei der Revolution — auf den Erfolg alles an. Gelingt
beides, so hat man einen gefeierten Helden oder einen Reformator, im Falle des
Mißlingens einen Aufwiegler oder einen Ketzer. Luther hatte seinen Kurfürsten
und konnte unter dessen Schutz und mit seiner Hilfe die alte Kirche Sachsens in
Stücke schlagen und eine neue ausrichte», gegen die dann zwar gar bald ebenso
wie gegen die alte das „man »ins; Gott mehr gehorchen" geltend gemacht wurde,
mit der aber doch eine dauerhafte Neuschöpfung von weltgeschichtlicher Bedeutung
gegründet war. Savonarola hatte nur das wankelmütige Volk von Florenz. Schon
im Oktober des Jahres 1496 mußte er dein Volke vorwerfen, daß es in die Laster
zurückgefallen sei, denen es am Fasching entsagt hatte, und als nun die Signoren,
denen der Papst zusetzte, wankend wurde», und Savonarola ihnen sagte, sie ließen
ihn im Stich, um ihren Lastern froren und wieder eine Tyrannenherrschaft auf¬
richten zu können, da hatte er verspielt. Übrigens versicherte er, daß er niemals
den Papst angegriffen habe; er habe nur die Laster im allgemeine» gegeißelt, habe
niemals Namen genannt, wenn sich der und jener getroffen fühle, so könne er
nichts dafür. Aber freilich, daß der Papst kein Recht habe, ihm die Bußpredigt
zu wehren, daß der Papst, wenn er etwas Unrechtes gebiete, nicht als Papst,
sondern als sündhafter Mensch spreche, und daß man ihm in diesem Falle nicht
gehorchen dürfe, dabei bleibt er mit Hus und allen andern Ketzern bis zum letzten
Atemzug; irre ich, sagt er in seiner letzten Predigt, so hast dn, o Christus, mich
betrogen.





Herausgegeben von Johannes Grunow in Leipzig
Verlag von Fr. Will). Gruncnv in Leipzig — Druck von Carl Mnrauart in Leipzig
*) Giuv Capponi schreibt, die florentiner Gesandtschaft, an deren Spitze Savonarola stand,
habe einen Vertrag von Karl Viti. nicht erlangt, Savonarola dagegen sagt in der Predigt vom
28. Oktober 1496, er habe den Vertrag in drei Exemplaren ausgefertigt erhallen.
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[0064] Maßgebliches und Unmaßgebliches Schweinen," floh ins Kloster, um als Mensch zu leben und als Bußprediger die Schweine zu Mensche» zu machen. Auch seine Visionen und Prophetien beweisen noch nichts gegen seine seelische Gesundheit; jene kann man als poetische Ein¬ kleidungen auffassen, mit denen er die Wirkung seiner Predigten verstärkte, indem er z. B. Gespräche einfügte, die Gott und Christus mit ihm geführt hätten, seine Vorhersagungen von Strafgerichten aber sind teils bei seinen Lebzeiten, teils nach seinem Tode eingetroffen: in den folgenden Jahrzehnten haben Italien und Florenz, die er mit heißer Inbrunst liebte, alles verloren, was im Mittelalter ihren Ruhm ausgemacht hatte. Auch berechtigten ihn die Erfolge seiner diplomatischen Sendungen, seiner politischen Thätigkeit und seiner Bußpredigt, sich für ein auserwähltes Werk¬ zeug Gottes anzusehen. Er hatte den Zorn des Franzosenkönigs von Florenz ab¬ gewandt,") hatte die demokratische Verfassung der Stadt wieder hergestellt und den Lebenswandel der Florentiner augenfällig gebessert; er hatte das Volk, die jungen Leute und die Kinder für sich, die als eifrigste Apostel für ihn wirkten (als es zur Feuerprobe kam, bat ihn een Knabe fußfällig, für ihn durchs Feuer gehn zu dürfen), und nur einige Vornehme und die in Lastern ergrauten alten Männer und Weiber blieben seine unversöhnlichen Feinde, die, wie er einmal sagt, schon ärgerlich wurden, wenn sie sahen, daß sich ein Mädchen ehrbar kleidete. Er be¬ zweifelte auch keine einzige Glaubenslehre. Seine ganze Ketzerei bestand in dem: man muß Gott mehr gehorchen als den Mensche», was sich aber freilich keine weltliche Obrigkeit gefalle» läßt, und die kirchliche ist ehe» auch eine weltliche Obrigkeit. Weltliche Obrigkeit ist eine Tautologie, denn jede Obrigkeit ist welt¬ licher Natur; die inwendigen Herren, Gott und die autonome Vernunft, ver¬ körpern sich niemals vollständig in einer obrigkeitlichen Person. Wird nun der Zwiespalt zwischen dem Beruf der Obrigkeit und ihrer Haltung augenfällig, und setzt sich dagegen das Gewissen des Untergebnen offen zur Wehr, so kommt — bei der Reformation wie bei der Revolution — auf den Erfolg alles an. Gelingt beides, so hat man einen gefeierten Helden oder einen Reformator, im Falle des Mißlingens einen Aufwiegler oder einen Ketzer. Luther hatte seinen Kurfürsten und konnte unter dessen Schutz und mit seiner Hilfe die alte Kirche Sachsens in Stücke schlagen und eine neue ausrichte», gegen die dann zwar gar bald ebenso wie gegen die alte das „man »ins; Gott mehr gehorchen" geltend gemacht wurde, mit der aber doch eine dauerhafte Neuschöpfung von weltgeschichtlicher Bedeutung gegründet war. Savonarola hatte nur das wankelmütige Volk von Florenz. Schon im Oktober des Jahres 1496 mußte er dein Volke vorwerfen, daß es in die Laster zurückgefallen sei, denen es am Fasching entsagt hatte, und als nun die Signoren, denen der Papst zusetzte, wankend wurde», und Savonarola ihnen sagte, sie ließen ihn im Stich, um ihren Lastern froren und wieder eine Tyrannenherrschaft auf¬ richten zu können, da hatte er verspielt. Übrigens versicherte er, daß er niemals den Papst angegriffen habe; er habe nur die Laster im allgemeine» gegeißelt, habe niemals Namen genannt, wenn sich der und jener getroffen fühle, so könne er nichts dafür. Aber freilich, daß der Papst kein Recht habe, ihm die Bußpredigt zu wehren, daß der Papst, wenn er etwas Unrechtes gebiete, nicht als Papst, sondern als sündhafter Mensch spreche, und daß man ihm in diesem Falle nicht gehorchen dürfe, dabei bleibt er mit Hus und allen andern Ketzern bis zum letzten Atemzug; irre ich, sagt er in seiner letzten Predigt, so hast dn, o Christus, mich betrogen. Herausgegeben von Johannes Grunow in Leipzig Verlag von Fr. Will). Gruncnv in Leipzig — Druck von Carl Mnrauart in Leipzig *) Giuv Capponi schreibt, die florentiner Gesandtschaft, an deren Spitze Savonarola stand, habe einen Vertrag von Karl Viti. nicht erlangt, Savonarola dagegen sagt in der Predigt vom 28. Oktober 1496, er habe den Vertrag in drei Exemplaren ausgefertigt erhallen.

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 61, 1902, Zweites Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341875_237285/64>, abgerufen am 01.07.2024.