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Die Grenzboten. Jg. 61, 1902, Zweites Vierteljahr.

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Die Schleppe

bewährten schwarzen Handtücher in aufeinander folgenden Generationen alles erlebt
haben!

Es giebt auch die historische, selbstverständlich bunte Schleppe, Diese können
sich nur geistreiche und vermögende, über jedem Vorurteil stehende Frauen "leisten,"
Damen, denen es gleichgiltig ist, was der Schwarm von ihnen und von ihrer
Schleppe sagt. Es wird in solchen Fällen von der guten Sperberfels ihrer histo¬
rischen Schleppe wie von deren Haus oder deren Gut als von etwas der Ver-
cindrung nicht nnterworfnem gesprochen: jedermann weiß, wie sie aussieht, was
sie gekostet und was für Wandlungen sie durchgemacht hat; wenn das kostbare
Schaustück eines schönen Tags bei einer der Töchter in Form eines Mantels zum
Vorschein kommt, so heißt es: Wissen Sie schon, die gute Sperberfels geht nicht
mehr an Hof: sie hat Konstanzer aus ihrer Schleppe einen Mantel machen lassen.
Die allgemeine Überzeugung, daß keine Macht der Erde die gute Sperberfels ver¬
mögen könnte, sich eine neue Schleppe zu kaufen, steht ebenso fest, wie daß der
Mond zu- und abnimmt.

Unzureichend, aber nicht in der Richtung der Breite, sondern in der der Länge
ist auch die sogenannte Strippenschleppe. Man sieht leicht ein, daß eine Schleppe
eine gewisse Länge haben muß. Sie muß vom Gürtel bis auf die Erde reichen
und dann noch lang genug sein, daß sie in anmutigen Falten wieder aufgenommen
und mit ihrem untern Ende über den linken Arm "geworfen" werden kann: "ge¬
worfen" ist der in den höchsten Kreisen für diese letzte schwierige Manipulation all¬
gemein angenommne, obwohl nicht ganz bezeichnende Kunstausdruck. Auch wenn
das untere Ende über den linken Arm "geworfen" worden ist, muß man noch immer
den Eindruck hinlänglich vorhandnen, nicht gesparten Stoffes haben. Diesen Eindruck
gewährt um freilich die Strippenschleppe nicht. Sie ist so kurz, daß nur ein Aus¬
kunftsmittel, das Hackländcrs Artilleristen als miMWuvi'g as toroo bezeichnet haben
würden, Hilfe schaffen kann. Es werden ans der Fntterseite zwei Strippen an¬
genäht, durch die die Trägerin den Arm steckt. Auf die Weise wird etwas auf
ihrem Arm festgelegt, was an den Spiegel eines balzenden Auerhahns erinnert, und
was jeden Augenblick von neuem mit dem Fächer wieder flach und platt gedrückt
werden muß. Es giebt Eigentümerinnen von Strippenschleppen, denen die Geste
des mit dem Fächer Plattdrückens so zur andern Gewohnheit wird, daß sie sich,
auch wenn sie nicht su MÄntsan find, gewohnheitsmäßig mit dem Fächer ans den
linken Arm klopfen.

Es giebt, wie man uns versichert hat, "gewendete," "gestürzte" und "wieder-
vorgeschuhte" Schleppen: das Detail dieser Manipulationen geht leider über unser
Wissen und Verstehn. Früher wurde zu Schleppen Sammet oder schwerer ge¬
musterter Brokatstoff -- Nammeldainast, wie man sich ausdrückte -- gebraucht;
später schraubten sich die Ansprüche namentlich infolge der napoleonischen Segnungen
-- wir meinen hier den ersten, sogenannten großen Napoleon -- soweit herunter,
daß mau jeden Stoff, auch den leichtesten erlaubte, wenn es nur wenigstens Seide
war. Nur einigen "reizenden" jungen Amerikanerinnen und Engländerinnen sagte
man an einem der deutschen Höfe nach, daß sie Schleppen von "Bvomwulle" ge¬
tragen hätten, ohne daß jedoch deshalb die Wände der Empfangssäle zusammengestürzt
wären und sie samt den Echtseidnen begraben hätten.

Diese baumwollner Schleppen scheinen uns ein von der Hand der Moderne
um die zeitergranten Wände des Fürstenschlosses geschriebnes Nsno I'oKel gewesen zu
sein, und um nicht mit diesem Mißtöne zu schließen, bemerken wir noch, daß es auch
geradezu ans Feenreich erinnernde Schleppen giebt. Man sieht sie an jungen Dame",
die von der liebenden Mutter zum erstenmal vor die Stufen des Thrones geführt
werden, und Titania selbst würde sich ihrer nicht schämen. Ein unglaublich zartes
und duftiges Durcheinander von Blumen und tnlls illusion, und wenn so ein Kunst-
werk zum Schmuck eines eben aufspringenden Nosenknöspchens verwandt ist, so
bekommt sogar das Lächeln der ältern Hof- und Zutrittsdamen etwas anmutig


Die Schleppe

bewährten schwarzen Handtücher in aufeinander folgenden Generationen alles erlebt
haben!

Es giebt auch die historische, selbstverständlich bunte Schleppe, Diese können
sich nur geistreiche und vermögende, über jedem Vorurteil stehende Frauen „leisten,"
Damen, denen es gleichgiltig ist, was der Schwarm von ihnen und von ihrer
Schleppe sagt. Es wird in solchen Fällen von der guten Sperberfels ihrer histo¬
rischen Schleppe wie von deren Haus oder deren Gut als von etwas der Ver-
cindrung nicht nnterworfnem gesprochen: jedermann weiß, wie sie aussieht, was
sie gekostet und was für Wandlungen sie durchgemacht hat; wenn das kostbare
Schaustück eines schönen Tags bei einer der Töchter in Form eines Mantels zum
Vorschein kommt, so heißt es: Wissen Sie schon, die gute Sperberfels geht nicht
mehr an Hof: sie hat Konstanzer aus ihrer Schleppe einen Mantel machen lassen.
Die allgemeine Überzeugung, daß keine Macht der Erde die gute Sperberfels ver¬
mögen könnte, sich eine neue Schleppe zu kaufen, steht ebenso fest, wie daß der
Mond zu- und abnimmt.

Unzureichend, aber nicht in der Richtung der Breite, sondern in der der Länge
ist auch die sogenannte Strippenschleppe. Man sieht leicht ein, daß eine Schleppe
eine gewisse Länge haben muß. Sie muß vom Gürtel bis auf die Erde reichen
und dann noch lang genug sein, daß sie in anmutigen Falten wieder aufgenommen
und mit ihrem untern Ende über den linken Arm „geworfen" werden kann: „ge¬
worfen" ist der in den höchsten Kreisen für diese letzte schwierige Manipulation all¬
gemein angenommne, obwohl nicht ganz bezeichnende Kunstausdruck. Auch wenn
das untere Ende über den linken Arm „geworfen" worden ist, muß man noch immer
den Eindruck hinlänglich vorhandnen, nicht gesparten Stoffes haben. Diesen Eindruck
gewährt um freilich die Strippenschleppe nicht. Sie ist so kurz, daß nur ein Aus¬
kunftsmittel, das Hackländcrs Artilleristen als miMWuvi'g as toroo bezeichnet haben
würden, Hilfe schaffen kann. Es werden ans der Fntterseite zwei Strippen an¬
genäht, durch die die Trägerin den Arm steckt. Auf die Weise wird etwas auf
ihrem Arm festgelegt, was an den Spiegel eines balzenden Auerhahns erinnert, und
was jeden Augenblick von neuem mit dem Fächer wieder flach und platt gedrückt
werden muß. Es giebt Eigentümerinnen von Strippenschleppen, denen die Geste
des mit dem Fächer Plattdrückens so zur andern Gewohnheit wird, daß sie sich,
auch wenn sie nicht su MÄntsan find, gewohnheitsmäßig mit dem Fächer ans den
linken Arm klopfen.

Es giebt, wie man uns versichert hat, „gewendete," „gestürzte" und „wieder-
vorgeschuhte" Schleppen: das Detail dieser Manipulationen geht leider über unser
Wissen und Verstehn. Früher wurde zu Schleppen Sammet oder schwerer ge¬
musterter Brokatstoff — Nammeldainast, wie man sich ausdrückte — gebraucht;
später schraubten sich die Ansprüche namentlich infolge der napoleonischen Segnungen
— wir meinen hier den ersten, sogenannten großen Napoleon — soweit herunter,
daß mau jeden Stoff, auch den leichtesten erlaubte, wenn es nur wenigstens Seide
war. Nur einigen „reizenden" jungen Amerikanerinnen und Engländerinnen sagte
man an einem der deutschen Höfe nach, daß sie Schleppen von „Bvomwulle" ge¬
tragen hätten, ohne daß jedoch deshalb die Wände der Empfangssäle zusammengestürzt
wären und sie samt den Echtseidnen begraben hätten.

Diese baumwollner Schleppen scheinen uns ein von der Hand der Moderne
um die zeitergranten Wände des Fürstenschlosses geschriebnes Nsno I'oKel gewesen zu
sein, und um nicht mit diesem Mißtöne zu schließen, bemerken wir noch, daß es auch
geradezu ans Feenreich erinnernde Schleppen giebt. Man sieht sie an jungen Dame»,
die von der liebenden Mutter zum erstenmal vor die Stufen des Thrones geführt
werden, und Titania selbst würde sich ihrer nicht schämen. Ein unglaublich zartes
und duftiges Durcheinander von Blumen und tnlls illusion, und wenn so ein Kunst-
werk zum Schmuck eines eben aufspringenden Nosenknöspchens verwandt ist, so
bekommt sogar das Lächeln der ältern Hof- und Zutrittsdamen etwas anmutig


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[0102] Die Schleppe bewährten schwarzen Handtücher in aufeinander folgenden Generationen alles erlebt haben! Es giebt auch die historische, selbstverständlich bunte Schleppe, Diese können sich nur geistreiche und vermögende, über jedem Vorurteil stehende Frauen „leisten," Damen, denen es gleichgiltig ist, was der Schwarm von ihnen und von ihrer Schleppe sagt. Es wird in solchen Fällen von der guten Sperberfels ihrer histo¬ rischen Schleppe wie von deren Haus oder deren Gut als von etwas der Ver- cindrung nicht nnterworfnem gesprochen: jedermann weiß, wie sie aussieht, was sie gekostet und was für Wandlungen sie durchgemacht hat; wenn das kostbare Schaustück eines schönen Tags bei einer der Töchter in Form eines Mantels zum Vorschein kommt, so heißt es: Wissen Sie schon, die gute Sperberfels geht nicht mehr an Hof: sie hat Konstanzer aus ihrer Schleppe einen Mantel machen lassen. Die allgemeine Überzeugung, daß keine Macht der Erde die gute Sperberfels ver¬ mögen könnte, sich eine neue Schleppe zu kaufen, steht ebenso fest, wie daß der Mond zu- und abnimmt. Unzureichend, aber nicht in der Richtung der Breite, sondern in der der Länge ist auch die sogenannte Strippenschleppe. Man sieht leicht ein, daß eine Schleppe eine gewisse Länge haben muß. Sie muß vom Gürtel bis auf die Erde reichen und dann noch lang genug sein, daß sie in anmutigen Falten wieder aufgenommen und mit ihrem untern Ende über den linken Arm „geworfen" werden kann: „ge¬ worfen" ist der in den höchsten Kreisen für diese letzte schwierige Manipulation all¬ gemein angenommne, obwohl nicht ganz bezeichnende Kunstausdruck. Auch wenn das untere Ende über den linken Arm „geworfen" worden ist, muß man noch immer den Eindruck hinlänglich vorhandnen, nicht gesparten Stoffes haben. Diesen Eindruck gewährt um freilich die Strippenschleppe nicht. Sie ist so kurz, daß nur ein Aus¬ kunftsmittel, das Hackländcrs Artilleristen als miMWuvi'g as toroo bezeichnet haben würden, Hilfe schaffen kann. Es werden ans der Fntterseite zwei Strippen an¬ genäht, durch die die Trägerin den Arm steckt. Auf die Weise wird etwas auf ihrem Arm festgelegt, was an den Spiegel eines balzenden Auerhahns erinnert, und was jeden Augenblick von neuem mit dem Fächer wieder flach und platt gedrückt werden muß. Es giebt Eigentümerinnen von Strippenschleppen, denen die Geste des mit dem Fächer Plattdrückens so zur andern Gewohnheit wird, daß sie sich, auch wenn sie nicht su MÄntsan find, gewohnheitsmäßig mit dem Fächer ans den linken Arm klopfen. Es giebt, wie man uns versichert hat, „gewendete," „gestürzte" und „wieder- vorgeschuhte" Schleppen: das Detail dieser Manipulationen geht leider über unser Wissen und Verstehn. Früher wurde zu Schleppen Sammet oder schwerer ge¬ musterter Brokatstoff — Nammeldainast, wie man sich ausdrückte — gebraucht; später schraubten sich die Ansprüche namentlich infolge der napoleonischen Segnungen — wir meinen hier den ersten, sogenannten großen Napoleon — soweit herunter, daß mau jeden Stoff, auch den leichtesten erlaubte, wenn es nur wenigstens Seide war. Nur einigen „reizenden" jungen Amerikanerinnen und Engländerinnen sagte man an einem der deutschen Höfe nach, daß sie Schleppen von „Bvomwulle" ge¬ tragen hätten, ohne daß jedoch deshalb die Wände der Empfangssäle zusammengestürzt wären und sie samt den Echtseidnen begraben hätten. Diese baumwollner Schleppen scheinen uns ein von der Hand der Moderne um die zeitergranten Wände des Fürstenschlosses geschriebnes Nsno I'oKel gewesen zu sein, und um nicht mit diesem Mißtöne zu schließen, bemerken wir noch, daß es auch geradezu ans Feenreich erinnernde Schleppen giebt. Man sieht sie an jungen Dame», die von der liebenden Mutter zum erstenmal vor die Stufen des Thrones geführt werden, und Titania selbst würde sich ihrer nicht schämen. Ein unglaublich zartes und duftiges Durcheinander von Blumen und tnlls illusion, und wenn so ein Kunst- werk zum Schmuck eines eben aufspringenden Nosenknöspchens verwandt ist, so bekommt sogar das Lächeln der ältern Hof- und Zutrittsdamen etwas anmutig

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 61, 1902, Zweites Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341875_237285/102>, abgerufen am 22.07.2024.